Durische Postille

Die Stunde des Schicksals
24. Woche des 1. Jahres

Aufgebracht und unruhig rennt der Großwesir rund um einen großen, steinernen Tisch im Audienzsaal des neuen Palastes des allherrlichen Archonten.
Auf einer großen, ledernen Karte sind dutzende Figuren in allen möglichen Farben aufgestellt. Berichte aus allen Teilen der Wüste liegen quer über die freien Flächen verteilt.

Verzweifelt schiebt der Großwesir die Figürchen umher, Schweiß perlt von seinen Fingern.

"Oh allweiser Archont, sie kommen, sie kommen alle! Orks, Elfen, Pilze, Menschen! In riesigen Truppenverbänden stürmen sie unsere Grenzen. Wie ich es dreh und wende, unsere Männer und Frauen werden überall dahingemetzelt. Was noch nicht in Bedrängnis geraten ist habe ich hierher zurückbeordert, um euch zu verteidigen.
Die Berichte überschlagen sich, niemand hätte mit einer solchen Masse an Feinden rechnen können. Was, oh gnädiger, sollen wir tun?"

Der Archont, welcher in seinem neuen, steinernen Thron Platz gefunden hatte, lächelte wie beiläufig zu den nervösen Worten seines Großwesirs, bevor er anhob zu sprechen:

"Gemach, treuer Kulhamin, Gemach. Nichts von alledem geschieht ohne meinem Willen."
Ein dunkelvioletter Blitz zuckt kurz über dem Edelstein seines Turbans.
"Die Männer und Frauen, die heute Nacht dort draußen sterben, hinterlassen verbitterte Söhne und Töchter, denen ich nicht einmal erklären muss, warum wir diese Völker unterjochen werden. Mit Freude werden sie ihre Leiber peitschen und ihre Knochen brechen, wenn sie dereinst zu unseren Füßen kriechen. Ein Opfer, das erbracht werden muss, um die Zukunft der Wüste zu festigen.

Lass sie kommen, Großwesir. Jubelnd und feiernd werden sie den Wüstensand um Wadi-Hallah mit ihrem Blut benetzen und so den Grundstein legen für den wahren Sonnenaufgang über dem Archontat. Wir werden sie vor den Augen jener abschlachten, die in Zukunft die Sklavenherren ihrer Kinder und Kindeskinder sein werden.

Und wenn wir die Fassungslosigkeit in ihren Augen sehen, wenn ihre Truppen sich gegenseitig vernichten zu meiner Ehr, als ob sie Gladiatoren zu meiner Belustigung wären, wenn sie den Verrat erblicken können, wenn sie die Niedertracht in ihren eigenen Herzen spüren, die bisher glaubten der Feind eines Feindes sei ihr Verbündeter, dann werden wir lachend zu ihnen blicken, Gnade in der Hand für die einen, Vergeltung und Knechtschaft für die anderen.

Dann wird die Sonne über der Saffachwüste nach meinem Willen erstrahlen, der Tod tausender vergessen werden in meiner Pracht.

Und dann, ergebener Kulhamin, dann werden wir unsere Sklavenheere wie zum Hohn unter den Bannern derer gen Norden schicken, die uns nun zu belagern glauben, und werden jene zur Rechenschaft ziehen, die uns spotteten. Dann werden wir meine Allmacht einläuten und ich, wie ein Gott dieser Welt, werde alles Leben Duriens beherrschen.

Und nun räum dein Spielzeug weg und lass uns den Altar dafür nutzen, wofür er erbaut wurde. Der Speer hat seine Bestimmung lange genug unerfüllt gelassen. Es wird Zeit..."

Der Archont erhebt sich aus seinem Thron und zieht langsam und bedächtig ein runenverziertes Messer aus seinem Gürtel.

Zum Schlag eines Gongs werden fünf kleine Kinder in einfachen, weißen Tuniken in den Saal geführt, während dem Großwesir aus der Ecke seiner Auges leise eine einzelne Träne über die Wange herab entflieht.

Archontat Hebeseth