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Durische Postille |
Im Herzen der Wadi-Hallah 27. Woche des 1. Jahres Die großen Lagerfeuer inmitten der Stadt, die sich in ein wahres Heerlager verwandelt hatte, spendeten ein geisterhaft flackerndes Licht an den hohen Balustraden der Mezada.
Von weit unten waren die Gesänge und die Feiern der Krieger der Wüste zu hören. Irgendwo dort im Zwielicht zwischen mondheller Wüstennacht und den verwinkelten, düsteren Gassen der Oase Wadi-Hallah knallten Peitschen.
Das schmerzerfüllte Geschrei von gepeinigten Männern wie Frauen war gleichermaßen zu hören, als sich die Stammesleute Hebeseths an ihnen vergingen. Auch Gelächter der Krieger und der Feiernden dröhnte von unten über die Dächer des Palastes bis hin zur Festung Rakash ibn Jessaf al Amenars hinauf. Zwischen den einfachen Soldaten und den vielen hundert Sklaven stolzierten die Söhne der Wüste. Und die in im Sandmeer legendären Kulhamin. Die meisterhaften Kamelreiter der Armee des Archontats.
Die Festung des Herrschers war zum Teil in einem Tafelberg errichtet worden. Die Kletterei, das Schleichen über die Wälle und das überwinden des letzten Mauerstück der Balustrade hatte ihr fast alle Kraft gekostet. Ihre Muskeln zitterten vor Anstrengung. Aber jeder Schritt, der sie lautlos diesen Gang entlang führte, war ein Schritt mehr der sie an das Ende ihrer Reise führen sollte.
Ein leises aber intensives Gurren, wie von einer großen Katze, ließ sie innehalten. Eine Warnung. Ja, jetzt hörte sie es auch. Ein handvoll Wächter marschierten durch den marmornen Nebengang.
Dankbar streichelte sie den rauen Kopf des wundervollen Wesens an ihrer Seite. Der einzige Freund der den Mut, und das Durchhaltevermögen gehabt hatte, ihr in den Rachen dieses finsteren Ungetüms an Festung, zu folgen. All die vielen Meilen durch die todbringende Wüstenei, seit sie sich getroffen hatten. Seit den Tagen der großen Sandstürme. Wasser, Merach Knollen und ein Bündel an Decken hatten sie sich geteilt.
Die Sonne hatte sie beide verbrannt. Doch sie hatten nie aufgegeben. Bis zuletzt.
“Wie viel Blut und Leid diese prachtvollen Gänge wohl schon hatten sehen müssen?” Mit der Disziplin ihres Geistes schaffte sie es noch einmal die dunklen Gedanken und die Angst, die ihr wie eine stählerne Faust die Kehle zuschnürte beiseite zu schieben. In sich zu verschließen. Sie huschte weiter ihrem Ziel entgegen.
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Der großgewachsene, schlanke Mann, in gänzlich violetten Stoffe gehüllt, mit einem ebenso violetten Turban auf seinem Haupt den ein blauer, großer Edelstein trohnte, begab sich mit sicheren weit ausholenden Schritten in sein Schlafgemach. Die riesige, prachtvolle Raum, mit den dicken Teppichen der Shalifraas, wurde durch die großen geschwungenen, glaslosen Fenster hell vom Licht des Mondes beleuchtet.
“Was für ein Tag...” dachte der Großmeister bei sich. Seid die sich der Belagerungsring der Feinde Hebeseths um die Oase geschlossen hatte, gönnte ihm sein Herr kaum noch Ruhe. So viel gab es zu tun.
Mit seinem untrüglichen Gespür für Gefahr wirbelte er herum. Schneller als die Augen einfacher Sterblicher seinen Bewegungen folgen konnten glänzte eine lange, gebogene Klinge in seiner Hand. Bereit jeden zu töten, der Hand an ihn legen wollte.
Überrascht weiteten sich seine Augen. Nur ein halbes Dutzend Schritt vor ihm, stand eine junge Frau. Sie blickte ihn aus großen blauen Augen abschätzend an. Ihre zierliche Gestalt, wie die einer durchtrainierten Tänzerin, oder Assassine war in einen dunklen Kaftan gehüllt. Grau und dunkelgrün. Ein betörender Geruch nach Lilien und Weiblichkeit stieg ihm in die Nase. Ihr Antlitz war sanft und wirkte im Licht des Mondes wunderschön, fast makellos. Über ihren meerblauen Augen lag ein leichter Nebel. Eine kleines silbernes Medaillon mit dem Zeichen Daleas zierte ihren Hals. An der Seite der Frau hüpfte, aufgeregt und kaum zu hören, eine Spore der Vorx-Myzel auf und ab. Ihre Augen blickten traurig und unsicher.
“Tai-shan halud Großwesir Kulhamin.... haltet ein... gebt mir einen Moment zu sprechen. Ich bitte Euch.” sprach die junge Frau schnell. Beide Hände hatte sie einer offenen Geste waffenlos vor sich gestreckt.
Der Großmeister des Archonten zögerte. Die Leibwächter, die vor der Türe postiert standen, wären schneller im Raum als er “Alarm” rufen konnte. Außerdem sah er sich selbst jederzeit in der Lage mit dieser minderen Gefahr umzugehen. Aber er war neugierig was sie zu sagen hatte.
“Tritt zurück Schlampe, lass die Hände so, dass ich sie sehen kann und halte diese Bestie im Zaum.” sprach Kulhamin leise mit harten Worten.
Sein stechender Blick folgte jeder ihrer grazilen Bewegungen mit denen sie sich noch zwei Schritt zurück trat.
“Es reicht. Sprich deine Worte Weib aus Keltaraun.”
Sie hielt inne, nickte und begann leise zu sprechen. “Kulhamin... ihr seid der Großwesir Hebeseths. Mein Name ist Illyria. Und diese wundervolle Spore an meiner Seite ist ein Freund, den ich Zir-cienar nenne. Das bedeutet in meiner Sprache Blüte der Freundschaft / Hoffnung."
Als sie ihre ersten Worte formte hörte der Mann, der tausende Verhandlungen geführt hatte, das verhaltene Zittern in ihrer ansonsten klaren Stimme. Auch ihre Hände und ihr ganzer Körper sprachen eine eigene Sprache. Sie hatte Angst. An der Grenze zur Panik. Doch sie hielt sich aufrecht.
“Ihr seid der Mann im Herzen dieses Reiches. Steht dem Archonten und den Herrschern der einzelnen Stämme näher als jeder Andere. Ihr seid das Bindeglied zwischen den Clans, Familien, der Bevölkerung und dem Archonten.
Ihr seht das Unrecht, die Grausamkeit und das Morden das jeden Tag in diesen Ländern geschieht. Nun haben sich die Reiche von jenseits der Wüste vereint in ihrem Krieg gegen das Archontat.
Sie haben genug davon sich von den Truppen des Archonten plündern und versklaven zu lassen.
Der Krieg steht kurz vor seinem Ende. Auch wenn sich die Belagerung hinziehen mag... so wie es jetzt steht.... niemand von Hebeseth wird diesen Krieg überleben.
Ihr seid auch ein Mann von großer Weisheit. Von großem Wissen. Ich bitte euch diesen Krieg zu beenden. Ihr seid dazu in der Lage.
Lasst die Soldaten ihre Waffen ablegen und zu ihren Familien zurückkehren.
Es muss kein weiteres Blut mehr vergossen werden. Schickt die Krieger nach Hause. Öffnet die Tore Wadi-Hallahs in Frieden. Und niemand muss mehr sterben.
Auch ihr nicht.
Euer Clan kann weiter bestehen. Gebt die Macht ab, legt alle die Waffen nieder und kehrt der Tyrranei den Rücken. Lasst uns das Blutvergießen beenden. Lasst uns den Ort von der Macht und Krankheit des Cheton reinigen.”
Sie starrte ihn weiter aus ihren glänzenden, tiefblauen Augen an. Die Hände immer noch in offener Geste von sich gestreckt. Unzweifelhaft hatte sie ein paar kurze Klingen in ihrer Kleidung verborgen. Die sie rasend schnell ziehen konnte. Aber diese waren kaum eine Gefahr für ihn. Die Spore blickte aufgeregt zwischen ihnen hin und her.
Môr`Kishai Keltaraun
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