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Durische Postille |
Doch die Götter schweigen 18. Woche des 2. Jahres Der Thronsaal Sharikas war gut gefüllt mit Höflingen, Beratern, Diplomaten, Adeligen, einfachem Gesinde und Palastwachen, die Luft erfüllt von verschiedenen Gesprächen: Die neuesten Gerüchte wurden ausgetauscht, Intrigen gesponnen, Scherze und Komplimente gemacht. Der ein oder andere verstieg sich nach mehreren Kelchen Wein zu Aussagen, die gravierende oder unbedeutende Verwicklungen nach sich ziehen sollten. Ein Gaukler äffte Anwesende hinter ihrem Rücken nach, was Umstehende in Gelächter ausbrechen ließ, was wiederum gravierende oder unbedeutende Eklats verursachte. In all dem fiel nur der leere Thron in der Mitte des Saals auf.
Nach und nach verstummten die Gespräche. Die Augen aller Anwesenden richteten sich auf den Eingang zum Thronsaal, durch den langsamen Schrittes wie in Trance die Stimme Pyliens schritt. Elema war vor Tagen in die Kavernen tief unter der Stadt gegangen, um das Orakel von Sharika zu den beunruhigenden Nachrichten aus dem Süden zu befragen - zu der Gefahr durch das Cheton, die nach den Weissagungen von Dorescha Pollenstaub-im-Haar bald heraufziehen sollte. Welcher Gestalt war diese Gefahr? Konnte ein Pylier ihr mit dem Schwert entgegentreten? War der Krieg im Süden Teil des ausbrechenden Chaos? Bereiteten die Schergen der Dunkelheit gar eine Ablenkung vor, um den Schutz des Wächters des Waldes zu schwächen? Auf all diese Fragen suchte Elema Antwort.
Und so mag es nicht verwundern, dass die Abgesandten fremder Länder, die Bediensteten, die Berater, die Generäle und selbst der einfachste Laufbursche den Atem anhielten, um den Worten der pylischen Anführerin zu lauschen.
"Welchen Tag haben wir heute?"
Man tauschte erstaunte Blicke aus und räusperte sich; die ersten Worte Elemas hatten sich die meisten Anwesenden anders vorgestellt.
Ein Mundschenk in der Nähe wisperte: "Der zweite Tag der 18. Woche des zweiten Jahres, oh Herrin."
"Wie seltsam, ich dachte ich wäre so lange dort unten gewesen. Und doch waren es nur wenige Tage..." Elema ließ den Blick schweifen.
"Ich bringe schlechte Kunde: Die Götter verkünden nichts. Sie schweigen auf meine Fragen. Ich kann nicht einmal ihre Gegenwart erfühlen. Wir sind auf uns allein gestellt, ohne Führung und ohne Beistand. Deswegen müssen wir uns für das Schlimmste wappnen. Entsendet Truppen in den Süden. Die Wacht in Raylethnor soll verstärkt werden. Entsendet die Exorzisten! Hoffen wir, dass dies genügt und die Maßnahmen nicht zu spät erfolgen."
Pylien
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