Durische Postille

Eine Frage des Stils
28. Woche des 2. Jahres

„Warum packt niemand meine Habe? … Wo sind meine Diener?“

Wie ein Peitschenschlag erfüllte die unangenehm hohe Stimme die Luft. Unterbrochen wurde sie allein von rasselnden Atemzügen. Bestürzt starrte der Wächter auf seine Herrin. Diese wuchtete gerade mühsam ihren massigen Leib in eine sitzende Position. Das Smaragdgrüne Diadem schwankte bedrohlich auf der aufwändigen Hochsteckfrisur. Verbunden mit dem beinahe runden Gesicht und den abstehenden, spitzen Ohren ergab sich eine seltsame Kopfform.
Unter dem schweren, dunkelroten Brokatgewand gelang es dem Waldläufer kaum eine einzelne Körperform zu erkennen. Der Saphirgeschmückte Diwan aus dunklem Holz knarrte bedrohlich. Gefolgt von weiteren schweren Atemzügen und Ächzen schob sich eine wulstige, Ringbewehrte Hand aus dem beinah Sackförmigen Gewandt und griff nach einem Stück Torte auf einem vergoldeten Beistelltisch. Die Hängebacken der Hohen Dame folgten dem Rhythmus der Worte, während sie fluchend Tortenkrümel auf den erstarrten Wächter spuckte.

„Sprich schon du nichtsnutziger Bastard, oder hat es dir die Sprache verschlagen?“

Die Antwort war beinahe ein Flüstern: „Sie sind geflohen, Herrin. Nur noch Eure Leibgarde hält die Wacht in Eurem Sommerpalast.“

„Waas?“ Die Stimme steigerte sich in kaum zu ertragende Höhen. „Und der Hauptmann hat sie nicht aufgehalten? Dieser verblödete Schwachkopf! Und wer soll nun meine falduranischen Spiegel oder das Geschirr aus Zwergengold in die Karren laden? Meint der Hauptmann etwa, ich lasse meine geliebten Porzellankaraffen diesen schwarzgewandeten Wilden? Oder gar meine Pelze? Ohh, nein!“
Mittlerweile hatte die Stimme eine bedrohliche Schärfe angenommen, wobei sie nichts von ihrer Tonhöhe einbüßte. Nach einer kurzen Pause grollte die kräftige Albin weiter.

„Ich habe eine bessere Idee! Wie ist dein Name?“

Wieder ein krächzenden Flüstern: „Brogur, hohe Herrin.“

Sehr gut! Brogur vom Sonnenhain, ich ernenne dich hiermit zum Ersten Friedenwächter, nachdem dein unnützer Vorgänger nicht einmal mit einer Mauer unsere geliebte Stadt halten konnte. Mein erster Befehl an dich: lass deinen alten Hauptmann als Staatsverräter standrechtlich hinrichten! Ooh ja, das ist gut! Und dann werden deine Männer den Inhalt meines Schlosses in Kisten laden, und sie solle ja vorsichtig sein! Ach, und lass die grünen Mäntel von dem Mauern entfernen. Ich habe nicht heimlich Marmor von den Nordzwergen herschaffen lassen, um diesen nun unter verlausten Decken zu verstecken. Nur weil man uns finden könnte…verweichlichte Hunde!
Und dann…. und dann gehst du zu meinem nichtsnutzigem Mann in den Weinkeller und bestellst dem alten Säufer, dass wir bald aufbrechen werden. Er kann sich überlegen, ob er es bis dahin die Treppen hoch schafft… Und du schwatzt ihm etwas von dem Aatarazianischem Grünen ab und kommst dann zu mir.“

Nun bemühte sich die Elfe scheinbar verführerisch zu säuseln, unterbrochen von schnappenden Atemzügen aus dem hochrotem Gesicht.

„Du hast mir einen letzten Dienst zu erweisen, mein großer Friedenswächter! Dein ach so starker Herr ist schon lange nicht mehr seinen Pflichten als Ehemann nachgekommen. Wenn, dann will ich mit Stil untergehen, so wahr ich Rubinia Seelensang heiße!
Nun, hopp hopp. Wirst du wohl meinen Befehlen gehorchen?“

Erst nach einer langen Pause erfolgte die Antwort. Auch wenn geflüstert, durchschnitten die Worte wie ein Schwert die Luft.

„Nein, Herrin!“

(Gerücht)