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Durische Postille |
Der Wächterbann 29. Woche des 3. Jahres Muraxa weinte. Weinte vor Angst und Verzweiflung.
So lange hatte sie mit ihren Lebenssängern über den heiligen Hain von Vordruk gewacht. Selbst als die schwarze Baum-Frau die Würmer der Verderbnis nicht länger halten konnte, hatte sie Mut in ihrem Herzen bewahrt und den Sang des Verbergens angestimmt. Und andere Brüdervölker waren ihrem Ruf gefolgt! Aus weißem äternischen Marmor und dem rötlichem Stein der Berge Sashnadâr’s hatte die Elfen in beinahe zwei Mondläufen eine gewaltige Kuppel um die verwirrte Waldwächterin errichtet. Eine riesenhafte, steinerne Halle. Stein um Stein mit Kunstfertigkeit aufgetürmt und mit alter Macht verfugt. Das größte Geschenk aber war das geheiligte Salz der Vorx gewesen. Angespornt durch die Erfolge ihrer Brüder und Schwestern hatten die erfahrensten Lebenssänger mit Vorsicht und Bedacht die alten Runen ihres Volkes in den Stein gemeißelt und mit geweihtem Saffachsalz gefüllt.
Und als der letzte Deckstein auf den Wächterbann gesetzt wurde, meinte die Elfe ein Blätterrauschen von Marlana Dunkelholz zu vernehmen. Wie ein erleichtertes Seufzen des Baumes.
Nun aber hörte die Lebenssängerin allein das schwere Atmen ihrer Brüder und Schwestern und der Abgesandten der übrigen Völker im heiligen Hain. Bedrückende Kühle und Dunkelheit umgab sie. Ob sie hier vor den anstürmenden Wesen der Verderbnis sicher waren, konnte sie nicht sagen. Beinah hätte die Elfe gelacht. So lange errichteten sie den Bann, um das Übel darin zu halten. Und nun flohen sie selbst hinein, um nicht zu sterben. Doch waren sie hier sicher?
Mit einem Mal zeichneten sich im letzten Licht die Gestalten zweier Elfen vor dem Durchgang in die finstere Kuppel ab. Mit einem beinah ohrenbetäubenden Scharren wurde die steinerne Tür von außen vor den Eingang in den Wächterbann geschoben. Ein letztes Mal sah Muraxa das Licht als feine rechteckige Linien des sich schließenden Tores.
Dann war nur noch Finsternis.
(Gerücht)
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