Durische Postille

Das ernste Spiel - Teil II
16. Woche des 4. Jahres

…..Geduldig blickte der Fey und wartete auf den nächsten Zug des Zwerges.

Der Zwerg sah zum ersten Mal auf und starrte nicht mehr auf das Schlachtfeld, sondern blickte dem hoch gewachsenen Elfen mitten ins Gesicht. Nur mehr ein stechendes Auge suchte die regungslose Mimik des Elfen ab, um Hinweise auf die Hintergründe seiner seltsamen Worte zu finden. Nur mehr ein Auge war dazu im Stande, denn eine tiefe, knöcherne Höhle mit einer großen Narbe war dort, wo sich einst das zweite Auge befand. Die Wunde war fein säuberlich zusammengenäht, doch auch der beste Heiler konnte diese Verwundung nicht ungeschehen machen. Dies ergab ein fast schon furchterregendes Bild, denn der schwarze, lange Bart stellte alleine schon kein gütiges Aussehen dar.
Der Zwerg spannte kurz seine Backenmuskulatur an und sprach im selben Tonfall, der ein wenig sarkastischer wurde weiter:
„Was soll die Frage. Du weißt genau, dass … Ach was. Du willst mich nur Ärgern, damit ich einen Fehler mache. Vergiss es, das hat noch keiner im richtigen Leben geschafft und dies hier ist schließlich nur ein verdammtes Spiel. Da stirbt keiner, … absolut unwichtig. Nur der Stolz steht auf dem Spiel. Die Figuren werden danach wieder hingestellt und warten ewig darauf wieder eine neue Schlacht zu schlagen, als Einsatz nur der verdammte Stolz. Ich hab schon Männer gesehen, die zornig wurden, die all ihre Emotionen hineingesteckt haben, für die es nichts Anderes mehr gab und die danach nicht mehr miteinander geredet haben. Die Götter wissen warum. Welch Irrsinn. Das hier ist ein verdammtes Spiel.... Und ich mach dich fertig.“ Der Zwerg grinst zum ersten Mal als er die letzten Worte sprach und sein Witz erreichte den Elfen, der fast unmerklich ausatmete. Sein Gegenspieler erkannte dies als Zustimmung, denn er hatte genug Zeit gehabt diesen speziellen Elfen kennen zu lernen.
„Weißt du ich hab über deine Worte gründlich nachgedacht und schmettere dir meine Gedanken dazu entgegen. Erstens, kannst du das mit dem Sie endlich lassen? Seit Monaten sitzen wir hier und dies ist die erste, verdammte Partie, ja die Erste und du weißt das ganz genau. Dinge die klar sind braucht man nicht zu wiederholen. Das Zweite ist und das ärgert mich fast, dass du meine Ehre erheiternd findest. Nichts, absolut Nichts daran ist erheiternd. Ich habe noch nie mein Wort gebrochen und ich habe das auch nicht vor. Meine Freunde sind Freunde und nicht so wie andere, die ihre sogenannten Freunde nur benutzen. Das ist so niedrig und rückgratlos.“
Ein Elf betritt wieder den Raum und bringt Pergament rollen unter seinem Arm mit. Eine davon überreicht er dem kleinen Mann und dieser überfliegt sie kurz, schreibt währenddessen ein paar Zeilen und gibt es dem Elfen zurück. Leicht fängt er an zu grinsen und spricht weiter: „Ha, da will doch einer wieder dazwischenfunken. So leicht mach ich ihm das nicht.
Aber zurück zudem was ich sagen wollte. Warum zur Hölle brauchst du zuerst Wochen für einen Zug und jetzt hast du anscheinend meine Taktik durchschaut? So schnell hast du noch nie eine Figur bewegt. Aber ich will dich nicht im Nachteil wissen.“
Scheinbar wahllos nimmt der Zwerg eine Figur und donnert sie auf eine neue Position, diesmal ohne zu zögern mit dem unverletzten Arm. Und nachdem der Elf in nur kurzer Stille, knappe zwei Stunden später die nächste Figur lautlos über das Spielbrett verschiebt begann er ernster gefasster Worte: „Die Zeiten ändern sich alter Freund. Die Geschehnisse des Weltgefüges verschieben sich. So schnell wie sich hier unserer Figuren bewegen. Nützliche Bauern werden zu gerne geopfert, um sich einen schnellen unbedachten Vorteil zu erspielen. Ebenso wertvolle Verbündete wie dieser Turm um das Schachmatt möglichst einfach zu erreichen. Das wahre Übel, das Cheton selbst wird vielerorts übersehen. Gar schleicht sich die finstere Seite in die hohen Führungspositionen vieler Völker selbst. Das Land, die Bevölkerung Duriens schreit nach Frieden und Geschlossenheit, dennoch scheint es nur noch um Gier und Machtgewinn zu gehen. Ein Wort selbst ist schneller gebrochen als gegeben. Und alte Schwüre verlieren mittels einen Augenzwinkern an ihrer Kraft. Heutzutage werden Kriegserklärungen öfter verteilt als Friedensschlüsse. Versteht ihr“ , sichtlich angestrengt korrigierte sich der bisweilen kontrollierte Elf. „Verstehst du, es erheitert mein Gemüt, wenn ich sehen kann, dass du an deinem Wort hängst. Das deine Ehre trotz deiner Vergangenheit erhalten bleibt, obwohl deine Geschichte geprägt war vom Verrat, Lügen und Hinterlist anderer auf deine Kosten und jene die du zu Schützen vermochtest.
So zeigt diese Partie nicht nur euer Ehrgefühl. Nein man kann sehr wohl erkennen, wie ihr eure Figuren nützt. Welche Opfer ihr in Kauf nehmt und ob eure Strategie es mit der Meinigen aufnehmen kann. Doch mit dem einem Unterschied das bei diesem Spiel nicht Tausende den Tod finden. Der einzige Verlust hier ist eine Partie, wobei unzählige Folgen können“, zufrieden lehnt sich der großgewachsene Elf zurück und wartet auf die nächste Überraschung. Kurz darauf konnte man kaum die zarte, leise Stimme hinter dem grübelten Zwerg hören: „Mein Herr ich glaube ihr solltet ein wenig ruhen, eurer Leib benötigt doch noch Erholung. Es ist an der Zeit eure Verbände zu wechseln“...

(Gerücht)