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Durische Postille |
FFV: SONDERAUSGABE - Sichelzwerge erschlagen Legaten von Donnerlütt 17. Woche des 1. Jahres Ausschnitt aus dem Reichsblatt:
Fürstköniglich Faldûranische Volkszeitung
politisch - patriotisch - pflichtgetreu
***SONDERAUSGABE***
(herausgegeben durch die Zentralconsiley für Preßangelegenheiten im Herbst 1111 AID im 3. Jahre der ersprießlichen Herrschaft seiner fürstköniglichen Majestät, Ettel XII. von Falkensteyn zu Falderath)
Zweiter Friedensappell mit entsetzlicher Bluttat beantwortet:
SICHELZWERGE VON ZHARR’ MOROTH ERSCHLAGEN LEGAT MAXIMILIAN VON DONNERLÜTT!!!
Falderath – Aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse der letzten Tage ist die gewohnt analytisch ordnende Berichterstattung, auf die unser Blatt sonst stets mit Stolz verweist, in dieser Sonderausgabe leider kaum möglich. Stattdessen sollen die Schilderungen der Eindrücke unseres Investigativ-Korrespondenten Hubert von Schmöck dem geneigten Leser ein Bild der Geschehnisse vermitteln, welche die Hauptstadt in den zurückliegenden Tagen in Atem hielten.
„Nachdem der Friedensrichter und Gesandter der Dur-Kirche in Homber die Krieger des Zwergenstammes Zharr’ Moroth immer wieder ermahnt hatte, das Morden in Homber einzustellen, fiel der Legat der von ihm angeprangerten Gewalt in der zurückliegenden Woche nun selbst zum Opfer. Zwergische Krieger erschlugen den als Friedensrichter bestellten Legaten bei dem Versuch, die Homber Bürger vor weiteren Übergriffen der zwergischen Invasoren zu beschützen.
Leset nun, wie die Reichskapitale auf die Meldung der entsetzlichen Bluttat reagierte!
Es versprach, ein schöner Spätsommernachmittag werden. Der wolkenlose Himmel erstrahlte in einem tiefen Blau und eine warme angenehme Brise kühlte die sonnenerhitzte Nachmittagsluft der geschäftigen Kapitale, deren eifriges Summen fast gänzlich hinter den hohen Steinmauern des Tempelberges erstarb. Im Durkhon, der uralten Tempelanlage Falderaths mit ihren zahlosen sandsteinfarbenen Säulengängen und dunkelgrüne Schatten spendenden Bäumen, herrschte wie stets gebieterische Ruhe. Nur aus dem Haupttempel der Tempelstadt drangen leise die freudigen Worte eines Priesters.
Nicht irgendeines Priesters! Nein, es war die donnernde Stimme seiner heiligen Exzellenz, Ecoranus III., des Sonnenhüters, welcher hier – vor den wichtigsten Häuptern des Reiches, den Fürsten und Freiherren der Stadt, den Consiliaren nebst ihren zahllosen Stäben und Räten, den Botschaftern und Diplomaten fremder Reiche und sogar, erhaben in der ersten Reihe thronend, seine fürstkönigliche Majestät, Ettel XII. höchstselbst! – die Predigt las. Der freudige Anlass dieser Zusammenkunft hatte schon seit Woche die Gespräche ganz Falderaths bestimmt: Prinzessin Tusnelda, die liebliche Tochter des Fürstkönigs, hatte sich unsterblich in den Grafen Traudur von Lichtenau verliebt und gedachte nun, sich mit dem strahlenden Helden Faldûriens auf ewig zu vermählen! War das eine Pracht, wie die Prinzessin dort mit ihrem schönsten aller Kleider vor der ehrwürdigen Gestalt des Dur-Priesters stand, war es eine Wonne, den aufrechten Recken Traudur zu blicken! Die Mütter weinten, die Väter blickten stolz, die unverheirateten Ritter waren grün vor Neid – kurzum: es hätte alles so schön sein können, als der höchste Diener des Göttervaters anhob, um beide mit dem heiligen Schwur auf immer aneinander zu binden.
Doch da – wie konnte er es wagen! – trat auf einmal ein junger Priester aus dem Hintergrund des Altares an den Sonnenhüter heran und begann, zitternd vor Angst und Aufregung, in das Ohr des alten Mannes zu flüstern. Dieser hielt inne. Sein Blick wurde starr, seine zum Schwur gehobene Hand erstarrte in der Luft!
Erstes Gemurmel begann sich auszubreiten, als eine der Tempeltüren aufschlug und mit laut hallenden Schritt auch noch ein Bote über die Marmorplatten des Hohetempels hastete und zu einem der Consiliare eilte. Wieder schlug eine Tür auf und wieder eilte ein, nein, zwei Boten herein, jeder zu einem der in dem Raum verstreut sitzenden hohen Leiter der fürstköniglichen Administration. Wie in einem Taubenschlag begannen plötzlich, weitere Türen der Seitenportale aufzufliegen und Dutzende von Eilboten in den Hohetempel zu stürmen. Das Tuscheln hob an, wurde zu lautem Gerede. Irritiert blickte das Brautpaar auf die aufgebrachte Menge. Den flehenden Blick seiner geliebten Tochter bemerkend, erhob sich nun auch seine fürstkönigliche Majestät und blickte gebieterisch in die Runde. Augenblicklich erstarb das Getuschel. Totenstille herrschte in der Halle, nur ein im Lauf erstarrter Eilbote kippte langsam zur Seite und fiel mit einem lauten Klatschen zu Boden.
„Wir verlangen zu erfahren, welch Ereignis als Anlass dienet, die Hochzeit Unserer geliebten Tochter, Prinzessin Tusnelda, in eine derart unwürdiges Schauspiel zu verwandeln!“, gebot seine Majestät mit strenger Miene da.
„Majestät!“, trat Reichsgeneralconsiliar Blasius von Rothenwulff da zögernd hervor. „Die Sichelzwerge setzen ihren blutigen Marsch fort! Sie haben...“ er stockte und schluckte. „Sie haben nun auch den Legaten von Donnerlütt ermordet!! “
Ein lautes Raunen ging da durch die Menge. Alles sprach nun durcheinander, entsetzt, erschrocken ob der unglaublichen Tat! Mit schrillem Kreischen rannte die liebliche Prinzessin Tusnelda aus der Tempelhalle, eilig gefolgt von ihren ein Dutzend Zofen und dem weiteren Dutzend Trauzeuginnen. Ungewohnt verdattert blickte da Graf Traudur – was natürlich völlig gerechtfertigt und nichts desto weniger unnachahmlich heldenhaft war – und sein fassungsloses Gestotter ging im lauter werdenden Gedröhne der Stimmen unter. Schon eilten die ersten Consiliare, umgeben mit Trauben von Beratern und Sekretären zu ihren Kutschen, um schleunigst ihre Consileyen zu erreichen und über die Folgen der grauenhaften Bluttat zu beraten. Donnernd rollte die fürstkönigliche Kutsche durch die nun auf dem Tempelvorplatz versammelte Menge – das verfinsterte Gesicht seiner Majestät erschien unheilsvoll am Fenster, bevor mit einem Ruck der Vorhang des Kutschenfensters zugezogen ward.
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Wenige Stunden später hatte die Nachricht ganz Falderath erfasst und jagte bereits als Eildepesche in den Taschen der Eilboten und Schnellkutschen in die umliegenden Ortschaften und Grafschaften. Fassungslosigkeit machte sich allerorten breit. Wie hatten sie es wagen können? Wie konnten sie einen heiligen Mann der Durkirche – den Vertreter seiner heiligen Exzellenz, einen Gesandten des Götterfürsten, einen Mann des Friedens und der Gerechtigkeit – anrühren, erschlagen, ermorden?! Ein fernes Donnergrollen ertönte am Horizont, als hitzige Diskussionen in den Häusern und Handwerksbetrieben ausbrachen. Hatte der Legat den Invasoren von Homber – ein Drecksloch, ohne Frage, aber eben ein Drecksloch des Reiches – nicht gerechte Gespräche angeboten? Hatte er nicht zum Frieden aufgerufen? Zwei Mal? Und nun musste er dafür sterben – für die Blut- und Machtgier der wilden Zwerge aus dem Sichelgebirge? Strömender Regen setzte ein, als die Unterfachkomitees der Consileyen ihre ersten Beschlussvorlagen und Referentenentwürfe besprachen. Ein Blitz durchzuckte die dunklen Wolken, welche nun tief und schwer hängend den Himmel über der alten Reichshauptstadt verdunkelten. Der Planungsstab Heereslage Ost sei zusammen gekommen!, hieß es nun auf den Straßen. Knallender Donner erschütterte die Mauern der Stadt. Seine Majestät habe den Kronrat einberufen! Wieder ließ das Donnern des schweren Gewitters die Stadt erzittern, als immer mehr Menschen auf den Straßen und Plätzen zusammenkamen, um wutentbrannt ihrem Ärger Luft zu machen. Das kalte Licht der Blitze zuckte grell durch die Gassen, welche nun voller schreiender Menschen waren. Zornige Rufe hallten von den mächtigen Stadtmauern wieder, wütend wurden Fäuste geballt, immer öfter waren Mistgabeln und Forken in der Menge zu entdecken. Unter dem prasselnden Regen und dem Geäst eines vielfach verzweigten blaustrahlenden Blitzes strömten die wutentbrannte Massen zum Fürst-Folmian-Platz, der Adresse der wichtigsten Consileyn und Sitz der fürstköniglichen Residenz, wo bereits tausende aufgebrachter Bürger der Stadt von der eilig aufmarschierenden Gardisten der Falkengarde zurückgedrängt wurden.
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Vorsichtig schob eine schmale Hand de Vorhang beiseite und gab kurz den Blick auf das Gewühl der aufgebrachten Menschenmenge frei, die immer wieder vom Zucken der bleichen Blitzen erhellt wurde.
„Was ruft das Volk?“, fragte eine Stimme aus der Tiefe des Raumes.
„Mit Verlaub, sie fordern den Kopf der blasphemischen Mörder, Majestät!“
„Den Kopf der Zwerge zu Homber?“
„Ganz recht, Majestät!“
„Beruft die hohen Consiliare ein – alle!“
„Alle? Du liebe Güte..., Majestät!“
„Sofort!“
„Ja-Jawohl, Majestät!“
„Die Menge hat Recht. Diesmal sind diese Zwerge zu weit gegangen.“
Mór´kishai Báofu Sun
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