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Durische Postille |
Die Kammer 8. Woche des 1. Jahres Marlana sieht sich ehrfürchtig in der riesigen, nur spärlich von Fackeln und Öllampen beleuchteten Höhle um. Gewaltige Reichtümer müssen hier liegen, und inmitten all der aufgetürmten Schätze, auf Thronen aus lauterem Gold, die toten Könige längst vergangener Reiche! Und doch vermag alles funkeln und glitzern die düstere Aura nicht zu erhellen, die all das umgibt.
Die Spore wankt zielstrebig auf einen steinernen Podest zu, auf dem aufgebahrt ein uralter Speer unbekannter Machart liegt. Sie greift neugierig danach, zuckt dann aber zurück und blickt fragend zu ihr. Marlana nähert sich zögernd dem Podest. Die düstere Aura des Ortes scheint sich um den Speer zu verdichten. Erschrocken beobachtet sie ihre eigene Hand, die sich langsam diesem seltsamen Objekt nähert. Sie zögert, doch dann beugt sie das Knie und nimmt den Speer ehrfürchtig auf...
(Gerücht)
Zwei Wochen später... 8. Woche des 1. Jahres ... tief in den Gemächern des Archont von Hebeseth.
Ilyria aus Keltaraun hatte lautlos ihre beiden dunklen Klingen gezogen und baute sich mit Zorn in den Augen vor dem Herrscher Hebeseths auf: "Ein Fehltritt sei dir noch verziehen, ein weiterer wird schwerwiegende Konsequenzen haben!"
Sie streckte eine ihrer beiden Klingen in seine Richtung: "Und jetzt ein letztes Mal, in dieser Himmelsrichtung liegt?"
(Gerücht)
Abseits der Grenzen von Hebeseth in den Tiefen Keltarauns 8. Woche des 1. Jahres Ein gelassener Blick des 2. Kind des Nebels streifte die Pergamentrollen die die Nachrichten aus den Provinzen von Jenseits brachten.
In gestochen, akkurater Schrift enthielten sie die Informationen über hunderte von Meilen die sich in alle Himmelsrichtungen erstreckten.
Selbst Kunde aus der saffachischen Wüste hatten sie gebracht. Bedächtig schüttelte er den Kopf. Kannte denn die gierig vermessene Dummheit dieses Sklaventreibers, der sich Archont nennen ließ keine Grenzen?
Nicht, dass sie es tatsächlich gewagt hatten eine weitere Truppe über die Grenzen Keltarauns in einen aggressiven Eroberungsfeldzug zu senden.
Hebeseth hatte seine Krieger weiter marschieren lassen um das nächste Landstück Keltarauns zu erobern.
Nein sie hatten nicht nur keine Ahnung vom Zusammenleben, Nachbarschaftlichkeit, Rechtschaffenheit, Respekt vor einander sowie vor sich selbst, oder Größe… Das Volk des Archonten schien auch noch wirklich keine Ahnung von Geographie oder auch nur den Himmelsrichtungen zu haben.
Anders konnten die Berichte die die Kundschafter aus dem Wadi brachten nicht verstanden werden.
Wurde doch in der Postille gesprochen
"Erzähle, ben Hrurech, ist die Kunde wahr, die aus dem Westen dringt?"
Dabei lagen doch die Länderein die sich der Archont unrechtmäßigerweise einverleiben wollte unzweifelhaft im Osten von Hebeseth.
Doch dies war weder der erste Fehler noch der letzte den das Sklavenreich der Wüste beging.
Dessen war er sich sicher.
Ein warmer, heller Ton erklang im Raum und einen Augenblick später erschien eine athletische, junge Frau in grau- grüner Kleidung und dunklem lange Haar in der Halle. Zwei Paar schmaler, dunkler Dolche waren an ihrem Gürtel zu erkennen.
Das sanfte, beruhigende Rauschen des Meeres war von der Küste, weit unterhalb der Festung zu hören.
Er erhob sich.
„Geschätzte Ilyria,“ begann er das Gespräch sanft lächelnd „ich habe einen Auftrag für dich.“….
Môr`Kishai Keltaraun
Kunde aus Wadi-Hallah 8. Woche des 1. Jahres Wie so oft war es ein heißer Tag inmitten der Saffachwüste, als eiligst einige Männer in weiten, violetten Gewändern vor dem Palast des Archonten zusammentrafen.
"Erzähle, ben Hrurech, ist die Kunde wahr, die aus dem Westen dringt?"
"Jedes einzelne Wort, so denke ich. Die bedeutungslosen Völker der Wüstenränder suchen ihr Heil in der Schlacht."
"Aber hat ihnen denn niemand die Kunde verbreitet? Hat ihnen denn niemand erklärt was es heißt, sich den Archonten zum Feind zu machen?"
"Sie wurden gewarnt und es wurde gehört. Aber verstanden wurde es nicht."
"Und wer von uns wird die Kunde vorbringen? Ich habe Frau und Kinder, Keram unterhält einige wichtige Karawansereien und von Farid hier brauche ich wohl nichts vorzubringen. Und einen Sklaven werden wir die Nachricht nicht überbringen lassen."
"Wir werden es dem Großwesir Kulhamin vorbringen, immerhin ist es seine Aufgabe..."
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Später am selben Tag drängt sich eine Schar Hebesethischer Bürger auf dem großen Marktplatz Wadi-Hallahs zusammen. Es heißt, der Archont selbst rufe zu einer öffentlichen Zurschaustellung zusammen.
Eilig raffen dutzende Händler und ihre Sklaven die vielen Marktstände des großen Basars zusammen, während eine kleinere Gruppe schwarzgewandeter Wachen mit ihren großen Spiegelschilden die Massen immer mehr an den Rand zurückdrängt.
Eine eindrucksvolle Tribüne aus Palmholz wird zusammengezimmert und ein imposanter goldener Thron darauf fixiert, bevor eine kleine Schar an dunkelhäutigen Sklaven große Palmblätter zum Schutz vor der Sonne in ihren Händen haltend das Podest besteigt.
Unter dem Raunen der Masse reitet der Archont auf einem Elefanten sitzend auf den Platz vor dem Podest ein, und ein gutes Dutzend der Wachen bildet eine lebende Treppe, um ihm seinen Abstieg und den Weg zum Thron zu ebnen.
Ohne große Mühe schreitet der Archont auf dem Rücken seiner Diener in den Schatten der Palmwedel und lässt sich auf dem Thron nieder. Der Großwesir, selbst auf einem schwarzen Hengst zur Tribüne geritten, nimmt ehrfürchtig seinen Platz an der Seite des Thrones ein.
Vor ihm werden einige Gefangene gebracht, seltsame Kreaturen, haarige Biester, aber auch Menschen sind unter ihnen.
Eine Geste des Archonten lässt das Raunen der Zuseher langsam aber bestimmt verstummen, während der Großwesir sich erhebt und seine Stimme über den Platz erschallen lässt:
"Hebesether, blicket herab auf jene verlorenen Seelen, die als erste von vielen der Allmacht unseres Herren, des Archonten selbst, zu Füßen kriechen."
Ein Tritt in die Kniekehlen der geschundenen Leiber reicht, um selbige auf den Holzplanken zu Boden zu werfen.
"Geeinte Völker der saffachischen Wüste, in der Gnade des Allweisen wurden jene Niederen, die ihr hier seht, ausgewählt, um ihren Herren am Rande des Sandes von seiner Macht und Herrlichkeit zu berichten. Noch heute werden sie rittlings auf einigen unserer edlen Rössern nach Hause geschickt, auf dass die selbsternannten Emporkömmlinge erfahren werden, auf welches verlorene Spiel sie sich eingelassen haben. Ewige Knechtschaft und Tod jenen, die aufbegehren! Für den Archonten!"
Und als Antwort dröhnt es aus hunderten Kehlen: "Für den Archonten!"
Auf ein Zeichen des Großwesirs hin werden die wenigen Gefangenen vom Podest geschliffen.
"Dort jedoch" und seine Hand zeigt auf eine kleine Versammlung ebenso gemischtrassiger Gefangener in der Mitte des freigeräumten Marktplatzes, viele von ihnen in die Gewandungen einfacher Händler und Späher oder Kundschafter gekleidet, "sind jene versammelt, die ihr Leben in den Augen des Archonten in der Sekunde ihres Widerstandes aufgegeben haben. Für sie gibt es keinen Nutzen mehr auf Durien und selbst die Steine des Palastes sind zu wertvoll für ihre Leiber. Für sie hat sich euer Herrscher etwas ganz besonderes einfallen lassen. Seht wie es jenen ergeht, die gegen seine Herrlichkeit aufbegehren."
Ein weiteres Zeichen seiner Hand lässt die schwarzgewandeten Wächter zurücktreten, während die Gefangenen in der Mitte Rücken an Rücken zu einem engen Kreis verschmelzen. Die Wächter nehmen Stellung mit ihren Schilden am Rande des Platzes ein, während einige Karren rückwärts heran geschoben werden. Eifrig springen die Fahrer der Karren von ihren Böcken, ihre freien Oberkörper geziert von dutzenden parallelen Narben, und lösen die Ketten an den Hinterseiten der Wägen. Kurz scheint völlige Stille über den Platz einzukehren, bevor ein lautes Brüllen aus den Käfigen ertönt und mit großen Sprüngen zwei Dutzend Großkatzen, Tiger, Löwen und Panther, aus den Holzkonstruktionen in Erscheinung treten.
Die ausgehungerten Katzen umkreisen kurz die versammelten, zitternden Wesen inmitten des Platzes, bevor die ersten zu ihrem blutigen Mahl schreiten. Das hilflose Schreien der Händler und Späher dauert über eine halbe Stunde an, bevor auch der letzte von Ihnen in Stücke gerissen wird.
In die plötzliche Stille tritt eine einzelne, dunkle und mächtige Stimme:
"Die Zeiten des Friedens sind vorbei. Von heute an wird Hebeseth blutige Ernte unter jenen halten, die es wagen ihre Stimme gegen mich zu erheben. Kein Wald, kein Meer und kein Gebirge soll die Söhne der Wüste aufhalten, und wir werden nicht eher Ruhen, als bis alle Zweifler zum Schwiegen gebracht wurden. Diese Welt hat nur einen rechtmäßigen Herrscher...
...und dieser bin ich."
Archontat Hebeseth
Immunreaktion 8. Woche des 1. Jahres Inzwischen duldeten die Sporen (wie der Eremit die Drohnenkreaturen inzwischen nannte) den Eremiten in ihrer Mitte. Für einen Beobachter würde das eigenartige Verhalten der Sporen - immer wieder blieben sie abrupt stehen, nur um danach ihre gegenwärtige Tätigkeit abzubrechen und etwas vollkommen anderes zu tun - perfekt zu dem des dreckbesudelten Eremiten passen - ständig sprach er mit sich selbst, irrte ziehllos in Mitten des Muttermyzels herum und sprach manchmal einfach auf die Sporen ein. Schon des öfteren hatten diese in unheimlichen Momenten geantwortet, dabei stets wie aus einem Mund sprechend, konnte er sich wage an Laute wie "MAR-LA-NA", "VER-STE-TU-MI-KCH", "FEU-A", "QUA-KCHS", "KANST-DA-NIKCHT-HIN" und "GE-SEZ" erinnern.
Meist waren jene Momente von ätherischen Bildern vorangegangen oder gefolgt. Doch dieses mal traten sie mit noch nie zuvor dagewesener Intensität auf. Gerade noch kroch er durch die Fäden des Myzels, auf der Suche nach der Schlangenbrut, als seine eigene Sicht sich plötzlich verklärte und er wie aus anderen Augen eine Ebene, nein, einen Wald, ... nein, beides, und zwar aus drei verschiedenen Augenpaaren wahrnahm. In allen Bildern sah er lethargische Sporen, auf die schreiende Menschlinge zurannten. Zuerst die verständnislose Warterei, dann fielen die Wüstenkrieger über die Sporen her: fanatische Fratzen, Speichel spritzende Münder, unverständliche Kriegsschreie auf den Lippen, und das Auf und Ab der hackenden Krummsäbel. Doch das schlimmste war es am eigenen Leib mitzuerleben, wie es sich anfühlte Stück für Stück auseinandergehackt zu werden ...
Eine unbestimmte Zeit später wachte der Eremit auf. Die ihn umgebenden Sporen starrten ihn feindseelig an. War er nicht auch ein Menschling? Der Feind? Inbrünstig versuchte er das Muttermyzel zu besänftigen, schickte ihm wohlige Gedanken, beteuerte seine Unschuld. Aus welchem Grund auch immer, sahen die Sporen fürs erste davon ab, sein Fleisch an die Schlangenbrut zu verfüttern und in seinen Träumen konnte er mit ansehen wie eine Hyphe, gleich einer unaufhaltsamen Welle, auf die Wüsten-Menschlinge herabbrandete.
Inzwischen hatte das Muttermyzel den Umgang der Menschlinge mit dem glänzenden Besteck verstanden, es diente dazu um die Beute in bissgerechte Happen zu zerlegen. Wie das Wüstenfleisch wohl schmecken würde? Sandig? Ausgedörrt? Das Muttermyzel konnte es kaum erwarten ...
(Gerücht)
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