ACADEMIA LIMBOLOGICA publicat
Opus veritatis scientiæque
4. Efferd im 30. Götterlauf nach Hal
LVII. Ausgabe


Aus dem Buch des Drachen des Adjutors
Darian von Kreuzenwacht
vom Heiligen Orden zur Bewahrung
allen Wissens unserer göttlichen Herrin H
ESinde

4. und vorerst letzter Teil

21. Boron 21 Hal

Wir sind heute in einem kleinen Weiler am Ufer des Neunaugensees angekommen. Unterwegs scheint es wohl einige Probleme mit der Kaleschka gegeben zu haben. Anscheinend wurde der Fahrer durch einen dummen Zufall abgeworfen, und meine beiden Gefährten hielten dann den Wagen an. Roderik scheint bei dem Versuch vom Wagen gefallen zu sein, und auch Federkiel hat sich wohl einige Blessuren zugezogen. Er war ganz aufgebracht, dabei hatte er die Kaleschka rechtzeitig vor der Kurve zum stehen gebracht. Aber viel interessanter ist, dass der Neunaugensee nicht zugefroren war! Und das, obwohl hier seit über einem Mond Temperaturen herrschen wie in Bjaldorn. Wir haben eine Unterkunft in der nun wohl recht erbärmlichen Kaschemme "Salzarele" gefunden, aber wir konnten jemanden auftreiben, der uns für viel Überredungskunst und noch mehr Silber auf den See hinausfährt. Der See sei verflucht, sagen sie, wir hörten abergläubische Schauergeschichten von Wasserelfen, Geistern und den gefährlichen Neunaugen.

22. Boron 21 Hal

Wir sind aufgebrochen. Doch um welchen Preis! Der Kapitän der Westwind, eines mehr als jämmerlich zu beschreibenden Einmastseglers, scheint so verrückt wie ein ganzes Noionitenkloster zu sein, der einzige Satz den man aus ihm herausbekommt ist: "Der Nebel holt die Matrosen!" Der See ist unruhig, und über uns fegt ein Sturm hinweg, dessen Zentrum über dem Mittelpunkt des Sees zu sein scheint. Hin und wieder hört man auch Geräusche aus dem Wasser, die so gar nicht zu Fischen passen wollen. Vorhin wäre Federkiel fast von irgendeinem Ungetüm über Bord gezogen worden, doch einer der Matrosen konnte noch rechtzeitig den Tentakel kappen. PHEx sei Dank wurde er nicht verletzt. Heilige Herrin HESinde! Was war denn dies für Untier? Unterwegs schien es, als sei unser Schiff auf Grund gelaufen, doch es erwies sich als eine Art gewaltige Schlange, die vor uns durchs Wasser glitt. Ihr Körper war wohl über zwei Schritt dick, und es dauerte sicherlich 300 Herzschläge, bis er vollkommen an uns vorbei war. Seit dem ist dieser Nebel da. Man kann überhaupt nichts erkennen, es ist, als fahre man durch eine Schüssel voll Milch!

Mir scheint, wir haben gefunden, was wir gesucht haben. Seit einigen Minuten haben wir alle Fahrt verloren und bewegen uns langsam in kreisenden Bewegungen auf einen Punkt zu. Es scheint fast so, als würde auch der Nebel um diesen Punkt kreisen, so als ob ...

23. Boron 21 Hal
gestrichen

An alle, die dies lesen mögen. Vor der Herrin HESinde und dem Herren PRAios bezeuge ich, dass ich nicht irgendwelchen Rauschkräutern erlegen war oder diese Geschichte gar erlüge, denn alles, was nun folgt ist wahr.

Unser Schiff trieb immer näher an das Zentrum diese Mahlstroms zu, der sich wie in Zeitlupe zu bewegen schien, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde, und ich das Gefühl hatte, als nehme ein Riese meinen Seele und reiße sie empor in die Lüfte. Doch schnell war dieses Gefühl vorbei. Wir fanden uns im Nebel wieder, aber etwas war anders. Die Luft, sie schmeckte salzig. Einer der Matrosen holte mit einem Eimer Wasser herauf, probierte und spie aus. "Salzwasser!"

Wir trieben ewig durch den Nebel, als sich vor uns ein Schatten hinter Phexens Vorhang hervortat. Wir hielten direkt darauf zu, denn das Schiff war nicht mehr zu steuern. Auch schien der Schiffsjunge wie vom Erdboden (oder Neunaugensee?!) verschluckt worden zu sein. Das finstere Gebilde, das aus dem Nebel heraustrat, erwies sich als riesiges Schiff, mit einer Länge von fast dreißig Metern! Als wir anlegten, erkannte ich, dass es scheinbar zur Gänze aus Obsidian bestand und wie aus einem Stück geschnitten schien. Über eine Art Leiter gelangten wir an Bord. Dort sahen wir IHN wieder, den Schatten. Er hatte sein flammendes Schwert hoch erhoben und stand vor einem Richtblock, über den ein Tau gespannt war. An dem Tau hing der Schiffsjunge gut 10 Schritt über uns in den Wanten und schluchzte. Neben dem Schatten stand ein Mann komplett in weiß gekleidet. Sein ergrautes Haar und der schlohweiße Bart passten zu der altertümlich geschnittenen schneefarbenen Robe, die er trug, und zu seinen Augen, die keine Iris besaßen. Meine Gefährten wollten schon vorspringen, als der Alte seine Hand erhob und sein Wort an mich richtete. Auch er sprach dieses Altgüldenländisch. Er hieß uns zu verharren, sonst würde der Junge sterben. Sein Volk und jeder, der von seiner Macht gekostet hatte, würde von dem Fluch, der über der Insel lastet, bei lebendigem Leibe verbrannt, wenn er es wagen sollte, die Globule des Drachen zu betreten. Sein Diener, der Schatten, habe die Spur des gestohlenen Buches, das den Weg hierher weist, mit unserer Hilfe gefunden. Nun sollten wir in Yarashars Reich gehen, und ihm das Artefakt, welches den Schatten Pyrdacors birgt, das Ei des Nachtdrachen, bringen. Im "Buch der Schatten" war also eine Beschreibung zur Warte der Sphären und damit zum vergessenen Reich Pyrdacors enthalten, welch verbotenes Wissen!
Auf meine Frage weshalb er dazu uns ausersehen hatte, antwortete er schlicht: "Meinem Volk ist der Zutritt verwehrt, aber ihr könnt hinein. Ein Gott rechnet eben nicht damit, dass seine Pläne versagen." Was war dieser alte Mann, wenn kein Mensch? Er sah doch recht wie einer aus...
Notgedrungen willigte ich ein, da ich mir sicher war, dass er uns nicht nur durch die Geißel zwingen könnte, wenn er wollte. Wir betraten ein mit Kreide gezeichnetes Heptagramm, und fielen... ewig. Wir schlugen die Augen benommen auf, und fanden uns auf einer großen weiten Ebene wieder, deren Boden aus zerfurchtem rotem Gestein bestand. Bis zum Horizont reichte diese kahle Wüste. Kein Praiosauge, sondern Sieben Sonnen verbreiteten hier ihren matten Glanz, und den bleigrauen Himmel bedeckte keine Wolke. Hinter uns erhob sich ein mächtiger Berg wie das Monument eines Gottes. In seiner Flanke konnten wir nach einiger Zeit beschwerlichen Anstiegs ein kleines schwarzes Loch erkennen, das ein Höhleneingang zu sein schien. Unter dem Schein der Sieben Sonnen machten wir uns auf den Weg. Wir erreichten die Höhle, und es schien so, als hätte ein unterirdischer Flusslauf sich einst hier einen Weg durch den Berg gesucht. Wir durchwanderten die engen Gänge und Höhlen, bis wir einen Lichtschein am Ende eines Aufstiegs erkannten. Als ich den Ausgang erreichte, blieb ich gebannt stehen.
Vor mir erstreckte sich ein Meer aus Schätzen! Gold, Silber, Perlen, Schmuck und Edelsteine füllten den gesamten Krater aus! Unglaublicher Reichtum eines vergessenen Volkes. Drei der Sieben Sonne schienen in den Kessel herab, und geblendet vom dem Glanz all dieser Schätze musste ich die Augen schließen. Meine Gefährten liefen auf die Reichtümer zu und verschwanden bald aus meinem Sichtfeld.

Dort gab es auch Artefakte von schier unvorstellbarer Macht, deren Aura man regelrecht fühlen konnte, goldene Tafeln, die mit seltsamen Glyphen beschrieben waren, und mächtige Statuen goldener Drachen! Dann fand ich das größte der Götzenbilder, das wohl aus purem Gold gegossen war und ein kleinen, hässlichen, eiförmigen Stein in den Händen hielt. Wie ein Schatten schien dieses Ei das Licht der Umgebung zu verschlucken. Als ich danach griff, fühlte es sich seltsam kalt in meinen Händen an. Jauchzend kamen meine Gefährten auf mich zu. Federkiel mit Ketten und Ringen behängt, Roderik von Rabenmund mit einer schweren Krone in den Händen stammelte: "Ich kröne mich zum Kaiser Aventu..." Bevor er zu Ende reden konnte, verfinsterte sich der Himmel.
Etwas hatte sich vor die Sonnen geschoben, seine ledrigen Schwingen so weit ausbreitend, dass sie den Himmel verdeckten. Ein Sturmwind fegte auf uns herab, der Boden bebte. Ein roter Drache schwebte über dem Talkessel. Yarashar, der Hüter. Ich sah seinen gewaltigen schuppenbesetzten Leib, Hörner auf seinem mächtigen Schädel; ein dunkelroter Kamm befand sich auf seinem Rücken, und gelbe Augen mit geschlitzten Pupillen schienen durch ihren Blick das Land zu verbrennen. Rauch stieg aus seinen Nüstern empor, und ein Brüllen, das uns schier die Ohren zerbersten ließ, ertönte. Und er kam herab ...
Entsetzt begannen wir zu rennen. Zwischen den Reichtümern hindurch stürmten wir, vorbei an Schätzen, die gereicht hätten, ganz Aventurien zu kaufen, zurück in den Spalt, durch den wir eingedrungen waren. Hinter uns hörten wir das markerschütternde Gebrüll Yarashars. Wir rannten den Berghang hinab, das Ei war der einzige der Schätze, den ich mitnehmen konnte. Schon sahen wir das nebelumsponnene Heptagramm, durch das wir in diese Welt gekommen waren, da hörten wir das Rauschen der Drachenschwingen. Heißer Atem strich über unsere Haut, als wir zum Sprung in das Heptagramm ansetzen.
Verwirrt kamen wir wieder zu Besinnung. Wir waren wieder auf dem Schiff. Der Alte erhob seine Hand, und das Ei des Nachtdrachen entglitt meinem Griff. Es schwebte auf den Greis zu, und gleichzeitig durchtrennte das Schwert des Schatten das Tau, das den Jungen hielt. Mit einem grässlichen Geräusch zerschellte der Junge auf dem Deck des Schiffs. Das war genug. Von unbändiger Wut getrieben stürzten meine Gefährten vor, die Zeit der Rache ward gekommen. Und ich erhob, HESinde vergib mir, meine Hand gegen den Blinden. Ich bündelte meine Kraft zu einer gewaltigen Flammenlanze, doch der Greis erhob einfach nur seine Hand und das Feuer erlosch vor ihm. Er wandte sich um und ging auf das Heck seines Schiffes zu. Federkiel wurde durch einen Dolch, den der Schatten warf, an einen der Masten genagelt und verlor das Bewusstsein, und auch Roderik hatte seine liebe Mühe, sich seiner Haut zu erwehren. Der Schatten hatte seine Opfer auserkoren.
Doch dann erhob sich ein Rauschen in den Lüften hinter uns, und das Gebrüll eines zornigen Drachen erschütterte das Schiff. Durch die Nebel konnte ich einen gewaltigen Leib erkennen, der auf das Schiff zu flog. YARASHAR. Der Schatten wich zurück. Roderik und ich packten den Barden und zerrten ihn zu unserer Nussschale. Unser Segler wurde langsam abgetrieben und entfernte sich immer schneller von dem großen schwarzen Schiff. Und wir sprangen ...
Durch den dichten Nebel konnte man nicht genau erkennen, was sich dort hinter uns abspielte, aber ein Bersten drang an mein Ohr, ein Klang als würde ein Steinpfeiler zerplatzen. Vor Erschöpfung schwanden uns die Sinne.

Seltsam. Die Rückfahrt über den See erfolgte fast ohne Zwischenfälle, und als wir in den Hafen des kleinen Weilers einliefen, versteckten die Leute sich in den Häusern und verriegelten die Türen. Es schien fast so, als hätten sie Geister gesehen. Die Taverne, wo wir am Morgen aufgebrochen waren war geschlossen, die Türe und Fenster vernagelt und das Schild mit der Salzarele hing schief im Wind. Es schien als wären Jahre vergangen, seitdem wir aufgebrochen waren...

 

Darian von Kreuzenwacht


Publiziert von der Academia Limbologica
Der Opus im Schwarzen Limbus
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Markus Penz
(5.3.2000)
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