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Der Schwarze Limbus    

 

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Lingualdiskrepanzen

Im nun folgenden Artikel soll es um 'Sprachen' bzw. 'Sprache' gehen. Ich will versuchen meine langjährigen Studien auf diesem Gebiet sowie meine reichhaltige Erfahrung - ich spreche immerhin 9 Sprachen: Horathi/Garethi, Bosparano, Tulamidya, ein wenig Isdira und Rogolan, Zhayad und sogar einige wenige Moha-Dialekte, dazu kommen noch rudimentäre Grundkenntnisse in Zelemja und Echsisch - zu einem sich deutlich abzeichnenden Forschungsergebnis zu vereinen.

Will man 'Sprache' an und für sich untersuchen, so hat man sich auf wenige, aber wichtige Forschungsfelder zu konzentrieren: Grundlagen, Entwicklung, Struktur und Funktion. Der direkte Vergleich zwischen einzelnen Sprachen ist in diesem Sinne nicht Teil dieser Untersuchung - wäre er auch noch so interessant. Der Forscher benötigt auch keine so ausgeprägte Sprachbeherrschung wie sie dem Autor dieses Artikels zuteil ist, kann er doch induktiv-nomologisch vorgehen, also vom Einzelfall auf das Allgemeine schließen, wenn gleich sich diese Vorgehensweise wesentlich schwieriger gestaltet.

ad primum: Grundlagen
Die Grundlagen der menschlichen Sprache sind zweifelsohne von den Göttern gegeben, allen voran von der Herrin HESinde. Wie uns die Kirche der allwissenden Herrin lehrt ist die Sprache ein Geschenk prae nationem, eine Fähigkeit also, die der Mensch bereits vor der Geburt besitzt und die sich dann im Laufe seines Lebens entwickelt. All meine Beobachtungen weisen darauf hin, dass sich die Entwicklung der Sprache bei Kleinkindern stets gemeinsam mit der Entwicklung des Denkens einstellt, dass die Sprache sozusagen eine Verbalisierung der Gedanken darstellt - und denkt man an die einfachen Gedankengänge von Kindern, so scheint es mir, dass ihre Laute und Schreie genau dies bestätigen. Auch konnte ich während mehrerer Studien in einem Kloster der Heiligen Noiona feststellen, dass die von HESinde verlassenen Geister immer auch einen Teil ihres Sprechvermögens verlieren, manchmal nur insofern, als dass sie vollkommen sinnlose Äußerungen von sich geben, in besonders schweren Fällen jedoch scheinen diese Verrückten sogar ihre gesamte Sprechfähigkeit einzubüßen. Wie schon zuvor ist die Parallele zwischen Denken und Sprechen festzuhalten.

ad secundum: Entwicklung
Hier ist es nötig noch einmal zwei Punkte gesondert zu betrachten, nämlich erstens die Entwicklung im Individuum und zweitens diejenige, welche alle menschlichen Völker und damit alle ihnen eigenen Sprachen betrifft. Die individuelle Entwicklung der Sprache endet natürlich nicht mit Fixierung der Grundlagen, sondern sie läuft das ganze Leben lang weiter. So fällt uns der Erwerb einer neuen Sprache in jungen Jahren deutlich leichter als im Alter, was ich wiederum auf das Denken zurückführen möchte, das in der Jugendzeit oftmals noch nicht so gefestigt ist. Auch konnte ich die Beobachtung machen, dass mir die Aneignung einer neuen Sprache stets auch neue Perspektiven des Denkens eröffnet hat. Da die allweise Herrin einen so unermesslichen Wissensschatz bewahrt, dass es dem Menschen niemals möglich sein wird ihn in seiner Gänze aufzunehmen, ist also eine Weiterentwicklung des Denkens (und damit weiterer Wissenserwerb) niemals mit Erreichen des Erwachsenenalters abgeschlossen. Damit ergibt sich selbiges auch für die Sprache, denn wo das Denken immer weiter geschult werden kann, da muss es auch möglich sein - zum Wohlgefallen TSAs - dieses Denken immer wieder neu auszudrücken.
Bei Punkt zwei fällt eine geordnete Beobachtung schon wesentlich schwerer, denn wo wir zwar weitreichende Vergleiche zwischen dem Bosparano und dem Horathi/Garethi anstellen können (und auch zwischen anderen sich weiterentwickelnden Sprachen), da fehlt es uns an Vergleichsmöglichkeiten bezüglich des Denkvermögens zu verschiedenen Zeiten unserer Geschichte.
Es wäre nur logisch anzunehmen, dass wenn sich die Sprachen aller Völker immer weiterentwickeln, sich dies mit dem Denken der Menschen ebenso verhalten muss. Und doch finden wir hier einige ungeklärte Fragen und gar Widersprüche, denn wäre eine Weiterentwicklung einer Sprache stets mit einem großen Fortschritt im Denken verbunden, so müsste man existentiell wichtige, neue Erkenntnisse am Übergang vom Bosparano zum Horathi/Garethi finden, was sich jedoch z.B. in den magischen Wissenschaften nicht bestätigen lässt.

ad tertium: Struktur
Würde man die Struktur aller Sprachen miteinander vergleichen, so fände man gewisse Ähnlichkeiten zwischen allen von ihnen, vor allem im Aufbau und in der intuitiven Kenntnis des Sprechenden über Satzaufbau und Reihung der Wörter, denn schließlich handelt es sich - zumindest bei allen menschlichen Sprachen - um eine Gabe HESindes; und was man auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen vermag, das besitzt auch ebensolche Gemeinsamkeiten. Und doch unterscheiden sich die einzelnen Sprachen stark voneinander, und im Unterschied zur zeitlichen Entwicklung ist es in diesem Fall möglich die Parallelen zwischen Denken und Sprache zu untersuchen. Allen voran sind hier natürlich die eigenen Sprachen der gelehrten Magier zu nennen, welche eigens kreiert wurden um Zauber und Rituale zu unterstützen sowie um Wesenheiten und Matrices zu benennen. Die genaue Struktur dieser Magiersprachen lässt sich nicht untersuchen, da sie nicht zur Kommunikation geschaffen wurden, und doch spiegelt alleine ihr Wortschatz an Bezeichnungen schon eine Denkstruktur wider, ein unweigerlich mit der Magie verknüpftes Band zwischen Sprache und Geist, das sich nicht bloß in Worten, sondern auch in sichtbaren magischen Wirkungen zeigt.
Für den Laien noch viel besser ersichtlich ist die unterschiedliche Struktur der Moha-Dialekte. So wie die verschiedenen Stämme dieser Urwaldmenschen in ihrer geistigen Entwicklung verschieden weit fortgeschritten sind, was sich vor allem an ihren Sitten und ihrer Moral erkennen lässt, aber auch an ihrem verdammenswerten Götzenglauben, so verhält es sich auch mit ihrer Sprache. Bezeichnet die Sprache eines Stammes nicht mehr als die wichtigsten Grundbegriffe aus der Natur, so besitzt eine andere schon mehrere verschiedene Worte für vom Menschen Geschaffenes. Noch nie jedoch konnte ich in einem jener Moha-Dialekte Bezeichnungen für Geistiges entdecken, was mir auch zu ihrem Entwicklungsstand passen will. Es lässt sich also sagen: Je höher die geistige Entwicklung eines Volkes, desto höher auch seine sprachliche Entwicklung.

ad quartum: Funktion
Die Funktion der Sprache liegt - will man der üblichen Lehrmeinung Glauben schenken - in der Kommunikation, in der Ermöglichung des Austauschs von Gedanken und der besseren Regelung des Zusammenlebens. Doch all meine oben angeführten Untersuchungen zeigen ein gänzlich anderes Bild von Sprache: Ich behaupte die primäre Funktion von Sprache liegt nicht in der Kommunikation, sondern im Ausdruck von Gedanken. Mit dieser neuen Sicht von Sprache, die ich in diesem Artikel zu beweisen versucht habe, wird es möglich eine Parallele zwischen Geist und Wort zu ziehen; und diese Parallele wiederum erlaubt es uns nun Aussagen über den Entwicklungsstand einzelner Personen sowie ganzer Völker zu treffen. Nach all dem, was ich hier zu erläutern versucht habe, will diese Erkenntnis nicht als etwas Besonderes, sondern als logischer Schluss aus alledem scheinen, doch will ich mit dieser Erkenntnis keinen Schluss, sondern einen Anfang setzen, den Forscher in zukünftigen Arbeiten miteinbeziehen und als Grundlage nehmen können: Sätze sind mentale Repräsentationen des Geistes, Worte ihre elementar-mentalen Grundlagen und ein Gespräch oder ein Text nichts anderes als eine Manifestation des Elementes Geist!

Großmeister Erilarion Androstaal

von: Philipp Schumacher
Erschienen in Opus no. 77 am 8.10.2000.
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