Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

 

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Die Möglichkeiten elementarer Transitionen am Beispiel des WINDHOSE

von Drakmore Eolan Cardin, Magus h.c.

Primo: Analyse des WINDHOSE

Zu Beginn meiner dissertatio möchte ich auf die Wirkungsweise des den Druiden lange bekannten Zauberspruches WINDHOSE eingehen. Er lässt in geringer Entfernung des Zaubernden starke Winde aufkommen, die sich auf einer Kreisbahn um eine imaginäre Achse drehen; diese Winde halten vielleicht 60 Herzschläge an. Es entsteht ergo etwas, was allgemein als Windhose bezeichnet werden kann; diese Phänomene besitzen natürlich auch je nach ihrer Größe eine gewisse Zerstörungskraft und ziehen alles und jeden in ihre Mitte, wo sie hilflos der Macht des Elements ausgeliefert sind. Der Durchmesser dieses elementaren Wirbels variiert mit dem Einsatz der Kraft, die der Zaubernde zu opfern bereit ist. Mir ist zu Ohren gekommen, dass in verzweifelten Situationen fähige Druiden unter Aufbietung all ihrer Kräfte oft Wirbel mit einem Durchmesser von Dutzenden von Schritt zu erschaffen in der Lage waren. In jenen gewaltigen Wirbelstürmen blieb der Zaubernde jedoch seltsamer Weise immer von allen Auswirkungen seines Zaubers verschont.

Ich möchte festhalten, dass es sich bei dieser Thesis - ich möchte sie so nennen, obwohl sie, soweit ich weiß, nirgends niedergeschrieben ist - nicht um die Herbeirufung eines Elements handelt, sondern um eine Verwandlung desselben, schließlich wird die Luft ja nur beschleunigt (so erzeugt sie den Wind) und nicht neu erschaffen bzw. eigens herangebracht. Außerdem kann man mit Fug und Recht diesen Zauber wohl als einen elementaren Wirbel bezeichnen, ähnlich der MAHLSTROM genannten Formel. Gewisse Probleme bringt die Schutzkomponente mit sich: Man kann davon ausgehen, dass jene lediglich das Aussetzen der Kräfte des Wirbels an jener Stelle bedeutet. Also eine gewisse Zone, in der Windstille herrscht. Wie aber ist es, wenn der Wirbel einen großen Radius besitzt und durch umherfliegende Gegenstände der Zaubernde durchaus verletzt werden könnte? Ein in die Windstille hinein geworfener Gegenstand sollte trotz des Aussetzen der erneuerten Beschleunigung durch seine bisherige Geschwindigkeit den Zaubernden durchaus noch treffen können. Dies ist aber nicht der Fall, man muss ergo folgern, dass der Zaubernde auf eine gewisse Weise aktiv geschützt ist.

Nun ergeben sich für dieses Phänomen zwei Erklärungsmöglichkeiten:
ad primum: Es herrscht mehr als eine Windstille um den Zaubernden, eher eine Zone, in der die Winde den außen tobenden entgegengesetzt sind, zumindest so ausgerichtet und so stark sind, dass sie den Zaubernden effektiv zu schützen vermögen.
ad secundum: Der Wirbel ist von irgendwie "intelligenter" Natur, so dass er den Zaubernden "absichtlich" nicht schädigt. Hier ergäben sich wiederum zwei Deutungsmöglichkeiten: Der Zaubernde lenkt den Wirbel und in ihm wirkende Kräfte selbst so, dass er nicht zu Schaden kommt, oder eine elementare Wesenheit erzeugt den Sturm so, dass der Zaubernde unbeschadet bleibt.

Meine Forschungen haben gezeigt, dass die erste Möglichkeit ausgeschlossen werden kann: Der Wirbelsturm hat überall dieselbe Richtung und der Bereich, in dem schädigende Wirkungen eintreten, liegt direkt außerhalb der Kleidung des Zaubernden, wie eine OCULUS-Analyse ergab. Es existiert keine vermutete "Schutzschicht". 
Die Möglichkeit, dass ein Elementarwesen den Sturm lenkt - welche von mir persönlich sofort ausgeschlossen worden war, jedoch bestand Kollege Chronos von Fasar auf einem entsprechenden Experiment - liegt ebenso wenig vor: Es waren keine Anzeichen für die (unbewusste) Beschwörung eines Elementargeistes vorhanden, eine antimagische Entschwörungsformel behinderte den Zauber in keinster Weise.

Wir können also daraus schließen, dass der Zaubernde zu jeder Zeit vollste - wenngleich nur intuitive - Kontrolle über den Wirbel hat. Diese Kontrolle wird automatisch durch die Wirkung der im Zauber inbegriffenen Matrices so umgeleitet, dass der Zaubernde sich selbst beschützt. Die Tatsache, dass der Wirbel vom Zaubernden eine kurze Distanz bewegt werden kann, spricht dafür.

Ich halte summa summarum fest, dass der WINDHOSE eine Verwandlung einer bereits bestehenden Menge eines Elements ist, zu jeder Zeit unter der Kontrolle des Zaubernden. Größtes Problem eines der WINDHOSE ähnlichen Zaubers im Bereich des Elements Feuer dürfte also die Invocierung desselben sein.

Secundo: Der MAHLSTROM

Eine weitere Formel aus dem druidischen Formelschatz, auf die ich die Aufmerksamkeit des geneigten Lesers richten möchte, ist der MAHLSTROM genannte Zauber. Hierbei handelt es sich um einen weiteren elementaren Wirbel, der nicht auf bereits bestehende Luft, sondern auf bereits bestehendes Wasser wirkt. Eine Beschwörung liegt auch hier nicht vor, die Wirkung ist mit dem der WINDHOSE nahezu identisch. Es ist also davon auszugehen, dass es sich hier um eine Formel handelt, welcher die Hexalogie der Elemente zugrunde liegt, ergo eine Formula für jedes Element bestehen muss, oder die Formeln im Kern ein und dieselben sind. Einige Kollegen vertreten die Meinung, dass es sich hierbei nur um ähnlich geartete Formulae handelt, ich gehe aber davon aus, dass nicht nur der Kern der Formel, sondern die Formel überhaupt für jedes Element ein und dieselbe ist, wenngleich sie sich bei jedem Element entsprechend seiner Natur unterschiedlich auswirkt. Doch ich möchte nicht in eine Erklärung meiner Auffassung der elementaren Hexalogien eingehen, sondern werde dies an anderer Stelle tun.

Tertio: Die Transition des WINDHOSE

Nach langem Studium verschiedener Quellen und intensiver Betrachtung der Thesis beider Formulae, sowie der wirkenden Phänomene und sehr zeitintensiven Experimenten kamen meine Kollegen im Zirkel der Macht und ich zu dem Schluss, dass eine solche Verquickung durchaus möglich ist, ja eigentlich sogar relativ einfach zu bewerkstelligen sein müsste. Zuerst einmal soll überprüft werden, ob die Formel zur Schaffung eines Wirbels für jedes Element dieselbe ist, oder es sich um ähnliche, jedoch je nach Natur des Elements vollkommen anders strukturierte Formulae handelt. Um uns in dieser Frage Abhilfe zu schaffen, versuchten meine Kollegen und ich folgendes: In einer großen Wasserfläche wurde ein WINDHOSE gewirkt, was mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden war, aber nach mehren Versuchen gelang.

Das Ergebnis war beeindruckend: Über dem Wasser bildete sich wie erwartet ein Luftwirbel, unter der - vom künstlichen Wind natürlich aufgeschäumten und rauen - Wasseroberfläche jedoch wurde das Wasser ebenfalls verwirbelt! Dies ist erstaunlich, da es in der Tat bedeutet, dass den Formeln WINDHOSE und MAHSLTROM eigentlich ein und dieselbe Formula zugrunde liegt. Es ist geplant ein entsprechendes Experiment mit dem Element Eis zu wiederholen, sobald der Winter hereinbricht. Nach unserem bisherigen Kenntnisstand muss die Kernformel des WINDHOSE auch auf das Element Feuer wirken. Ergo besteht die nächste Hürde darin, eine ausreichende Menge Feuer zu invocieren, so dass die Formel Wirkung ergreifen kann.

Hierfür kennt der Elementarismus verschiedene Formulae, zu nennen sind der IGNIFAXIUS, eine schnelle, zeitlich sehr begrenzte Herbeirufung einer sehr komprimierten Menge des Elements Feuer, der MANIFESTO, die grundlegende elementare Beschwörungsformel überhaupt, der WAND AUS FEUER, eine großflächige Invocatio mit recht langer Wirkung, und der ZORN DER ELEMENTE, welcher ungeeignet erscheint, da er zu seiner Ausführung bereits eine gewisse Menge des zu beschwörenden Elements benötigt.
Am sinnvollsten erscheint hier der WAND AUS FEUER, da er eine größere Menge - die dennoch vollkommen beliebig bestimmbar ist - eines Elements erschafft. Auch erschafft die Formel das Element in größerer Entfernung vom Zaubernden als es der MANIFESTO tut, ähnlich wie die WINDHOSE, auch in dieser Beziehung scheint mir die Beschwörung vermittels WAND AUS FEUER gut geeignet zu sein. Auf der Basis jener Überlegungen beschloss ich die Kombination eines WINDHOSE mit einem WAND AUS FEUER zu versuchen.

Als nächster Schritt wurde eine kreisrunde Fläche mittels WAND AUS FEUER mit einer Feuersbrunst überzogen. Der Versuch darin eine WINDHOSE zu invocieren scheiterte jedoch, da es sich als sehr schwierig erwies, eine Formel intuitiv modifiziert zu sprechen, während die Wirkung der anderen anhielt. Weitere Versuche mit einem brennenden Holzfeuer erwiesen sich jedoch als erfolgreich. Doch wissen wir, dass ein Holzfeuer immer Luft benötigt, insofern könnte es sich nur um eine Verwirbelung der Luft mit entsprechend an anderen Orten stattfindender Verbrennung und Flammenentwicklung handeln. Einzige Möglichkeit eines eindeutigen Beweises der Wirksamkeit der Kernformel des WINDHOSE auf Feuer wäre die Verzauberung eines Feuers unter vollkommenem Luftabschluss - ein Ding der Unmöglichkeit.

Doch wie so häufig half hier der Zufall zu einer Lösung des Problems: Ein Lehrling an der Akademie war gerade mitten in seinen ersten Versuchen den WAND AUS FEUER erfolgreich zu sprechen. Anstatt einer konzentrierten Beschwörung gelang es ihm nur eine kleine Menge des Elements zu beschwören, da er jedoch darum bemüht war eine möglichst große Fläche abzudecken, war die Wand dünn und durchlässig. An manchen Stellen hatte sie Löcher. Um die Instabilität zu beweisen führte Kedyo Hesindian Puniensis, der anleitende Magus, seine Hand einfach hindurch. Dies ist ein Problem, welchem der unerfahrene Anwender dieses Spruches oftmals gegenübersteht. So erfahren im Umgang mit der Beschwörung des Elements wie die Forschenden waren, blieb ihnen die Lösung des Problems verborgen: Das beschworene Feuer durfte nicht so fest und undurchlässig sein, wie es der WAND AUS FEUER vorsah. Nur wenn es durchlässig war, konnte es durch die Kernformel des WINDHOSE in Bewegung versetzt werden!

Die nächsten Wochen drehten sich die Forschungen nur noch um eine Modifizierung des WAND AUS FEUER, um eine auf eine größerer Fläche verteilte Beschwörung eines Elements zu erreichen. Hier bot sich, wie man erwarten kann, ein Quervergleich mit dem WAND AUS LUFT an. Eine Kombination wäre unsinnig gewesen, da ja nur Luft zusätzlich zum Feuer und der schon vorhandenen Luft beschworen werden würde - eine Verschwendung an Ressourcen, da der neuentstehende Zauber wahrscheinlich sowieso schon Unmengen an Kraft verzehren würde. War die Thesis einmal entsprechend modifiziert, konnte eine Kombination mit der Kernformel der WINDHOSE begonnen werden. Hierbei benötigte allein das Niederschreiben der Kernformel mehrere Wochen, da es extrem schwierig ist, einen druidischen Spruch in der bei Magiern üblichen Notation niederzulegen. Ein komplizierter und kräftezehrender Akt!

Doch sobald es getan war, gingen die Stunden in den Studierzimmern weiter: Die Kombination der beiden Formeln war ein extrem komplizierter und verzwickter Prozess, mussten doch die Anteile beider Formulae sorgsam bedacht sein: Ein zu stark an den WAND AUS FEUER angelehnter Zauber würde das Feuer zu bewegen nicht in der Lage sein, eine zu nahe an der WINDHOSE stehende Kombination würde nur heiße Luft herumwirbeln. Schließlich muss der Aufwand an Kraft genauso im Auge behalten werden.

Quarto: Der FEUERSTURM

Ich kann nicht genauer auf die Geheimnisse der Thesis eingehen, da sie der Geheimhaltung unterliegen. Jedoch sei gesagt, dass unser Bemühen erfolgreich war und die Freie Akademie zu Arkania die erste Eigenentwicklung vorzulegen vermag: Der Kraftaufwand bei der auf den Namen FEUERSTURM getauften Formel ist gewaltig, der Nutzen nur bei entsprechender Größe gegeben. Doch war die Erschaffung dieser Formel trotzdem ein voller Erfolg, beweist sie doch die zumindest teilweise Existenz einer Hexalogie der elementaren Wirbel. Dies könnte Denkanstöße in Betrachtung der anderen Elementarbeschwörungsformeln geben. Die Tatsache, dass der AUGE DES LIMBUS ebenfalls eine Art Wirbel darstellt, aber mit Sicherheit keines der sechs bekannten Elemente beschwört, gibt dieser Feststellung eine ganz neue Dimension...

·F·I·N·I·S·

Postscriptum: Wer über diese Thesis oder ihre Entstehung genaueres wissen
möchte, wende sich an mein Büro oder besuche Arkania.

Erschienen in Opus no. 79 am 22.10.2000.

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