Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

 

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Die Magie der Menschen (und Gilden):
Eine Magie der Welt, oder doch nur die Magie eines jeden einzelnen?

Hochgeschätzte Collegae, werte Leserschaft!
Von dringendster Notwendigkeit erscheint es mir, an dieser Stelle erneut das Wort zu ergreifen, doch nicht wider alles schändliche Treiben der Heptarchen, wider die Machenschaften perverser Collegae des rechten Pfades, wider das schändliche Rütteln an den Grundfesten Deres, wie es manche Kultisten des Namenlosen betreiben, und auch nicht wider jegliches Böse an sich, nein, meine Worte richten sich gegen zwei grundsätzliche Frevel an der gesamten Schöpfung: die Ignoranz und der Egozentrismus (oder vielleicht besser: der Elbozentrismus).

Doch sei mir zuerst gestattet ein paar wenige Worte an die werten Magistri Travian Norfold und Reiju Windfeder zu richten: Weder liegt es mir am Herzen Eure von mir hochgeschätzte Arbeit zu diffamieren, noch möchte ich es wagen Euch persönlich anzugreifen. Mein Bestreben gilt lediglich dem einen Ziele, nämlich Euch aufzuzeigen, welch schreckliche Konsequenzen sich aus Eurer Theorie ergeben können (und ich meine können, nicht müssen!) und wie wichtig es ist, auch die Elfen in ein gesamtheitliches Weltbild, welches durchaus geteilt ist in Strukturen und mehrere Sub-Welten, jedoch im Ganzen gesehen werden kann, zu lehren und ihnen vom unabdingbaren Gleichgewicht zu berichten.

Ich möchte mit einem Zitat aus Eurer letzten Publikation im Opus beginnen, in der ihr fragtet, "wie viele Magi und Magae dort draußen in der Welt [...] die Wahrung des Gleichgewichts der Sphären denn tatsächlich zum Sinn und Zweck ihres Magiewirkens" erklären. Und weiter habt ihr geschrieben: "Und nun kritisiert ihr die Elfen dafür, dass ihr spezielles Streben nach Harmonie nur auf jene zwischen ihnen und ihrer Umgebung 'beschränkt' ist? U.E. ein klarer Fall von Kategorienfehler."
Ich kann aber nun in meiner Kritik beim besten Willen keinen wie auch immer gearteten Kategorienfehler finden. Weiterhin behaupte ich, dass meine Kritik gerechtfertigt ist, was ich abermals in diesem Traktat zu beweisen suchen werde. Euer "Gegenargument", verehrte Magistri, mag zwar durchaus zutreffen, doch es widerlegt meine Kritik nicht im Geringsten - zumal ich in der Vergangenheit des öfteren bereits auch meine Collegae aus der Magierschaft für ihr fehlendes Gleichgewichts-Bewusstsein getadelt habe. Ich bestreite nicht, dass es unter den Magiern viele gibt, welche sich nicht um die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts sorgen, doch ich spreche nicht für all jene, welche sündigen vor den Göttern, ich spreche vielmehr für all diese, welche ihr Leben in aufopferungsvoller Weise dem widmen, was mir mitunter das Wichtigste scheint. Und glaubt mir, verehrte Collegae, ich habe in den letzten Jahren mehr solcher Leuten kennengelernt, als ich jemals für möglich gehalten hätte.

Doch möchte ich schrittweise nun auf die von Euch angesprochenen Punkte eingehen und so zu einer Conclusio kommen, die uns verstehen lassen wird, weshalb die Elfen nach der Norfold'schen Trinitätstheorie mitunter eben jene zwei Eigenschaften auszeichnen, welche ich weiter oben Ignoranz und Elbozentrismus genannt habe.

ad unicum: Die Frage nach WELT
Wie Ihr selbst schon gefragt habt, "...stellt sich unmittelbar die Frage, was Adeptus Zachariad überhaupt mit Welt meint. Wenn es um die Wahrung des Gleichgewichts der Sphären geht, dann ist das klar: Die WELT, an deren Harmoniezustand dem Elfen nicht sehr viel gelegen zu sein scheint, ist die gildenmagische Welt! Zachariad geht hier von einem gildenmagischen Weltmodell und einer gildenmagischen Realität aus, an der er die Motive, das Sein und das Streben der Elfen messen will."
Hierzu sei angemerkt, dass ich selbstverständlich von der gildenmagischen Sicht der Welt ausgehe, in der es ja alleinig um die Wahrung eines Gleichgewichtes gehen kann. Doch sagt mir, welche Alternative stellt sich mir denn, wenn ich von WELT rede? Die Eure etwa, respektive diejenige der Elfen? Wenn ein Elf von Welt redet, so kann er - Eurer eigenen Theorie nach - gar nicht die gesamte Welt mit all ihren Sphären, Domänen oder Globulen meinen. Wenn ein Elf von Welt redet, so versteht er darunter seine direkte Umgebung, sein Wahrnehmungsfeld, in welchem er sich derzeit gerade befindet. Und weiter: Ein Elf handelt und zaubert somit niemals unabhängig von seinem momentanen Seinszustand, von seiner Umgebung. Er zaubert nicht, indem er zuerst auf das Ganze blickt und die Folgen seines Tuns abwägt; mit anderen Worten: Ein Elf hat kein Bild von WELT in unserem Sinne, er sieht bloß das "Hic et Nunc". Und dieses "Jetzt und Hier" will er (durch seinen WILLEN) in einen Zustand des Gleichgewichts mit seinem SELBST SEIN bringen.
Und nun, geschätzte Leserschaft, möge sich einjeder von uns noch einmal die Ereignisse der letzten Jahre, ja gar Jahrzehnte durch den Kopf gehen lassen: Etliche Seelen wurden den Dämonen als treue Diener geopfert, noch mehr fielen ihnen unfreiwillig zu, hunderte von tapferen Kämpen - darunter auch viele Magi et Magae - wurden zu untotem Leben erweckt, tausende und abertausende fielen in den Schlachten. Menschen und Zwerge kämpften Seite an Seite, Magier und Geweihte legten ihre Dispute bei und schlossen sich den Heeren an, selbst die drei Gilden schienen für kurze Zeit miteinander zu arbeiten. Freunde und Verwandte, langjährige Gefährten sowie tausende Unbekannte, denen keiner auch nur eine einzige Träne nachweint, gingen in Borons Hallen ein, und nun, verehrte Magistri Norfold und Windfeder, sagt mir noch einmal, was Ihr im letzten Opus geschrieben habt, nämlich "dass man von einem Elfen kaum verlangen kann, nach der Wahrung des Gleichgewichts der Sphären zu streben, wenn es in seinem Bild der Welt, in seiner Realität überhaupt keine Sphären gibt."

Meinetwegen mögt Ihr dies von einem Elfen nicht verlangen können, aber ich bin mir sicher: Tausende und abertausende von tapferen Kämpfern fragen zu recht, wo denn die Elfen waren, als ihnen ihr Auge ausgestochen, ihr Bein abgehackt, ihre Geschwister zu Tode gequält oder ihre Eltern erhängt wurden!

Möglicherweise "hat ein Elf [...] gar nicht den Anspruch, für die Wahrung eines sphärischen Gleichgewichts zuständig und verantwortlich zu sein." Möglicherweise würde ein Elf nicht auf die Idee kommen sich Sorgen um das Gleichgewicht der Elemente zu machen. Möglicherweise verstünde ein Elf es nicht, wie man sich zu Tausenden zusammenrotten kann, um für die Freiheit einer ganzen Welt zu kämpfen. Und möglicherweise würde er "diesen [...] Anspruch [...] als Anmaßung empfinden." Dies aber nenne ich wahre Ignoranz am Geschehen in der Welt, und dies ist es, was ich zutiefst verdamme!

Doch muss ich hier um der Gerechtigkeit willen erwähnen, dass auch etliche Elfen, seien es nun Firn-, Wald- oder Auelfen gewesen, sich dem Dämonenmeister entgegenstellten und so das ihrige für den Kampf um diese Welt beigetragen haben. Doch diese wenigen tapferen nennt man in ihrem Volke badoc, und Verstoßene sind sie bis heute, weder heimisch in ihrer noch in unserer Gemeinschaft - und doch haben diese wenigen erkannt, für was es zu kämpfen galt und weiterhin zu kämpfen gilt: Eben für diese WELT!

Doch abseits von all den Emotionen, abseits von diesem Pladoyer für den Kampf um das Gleichgewicht in dieser, unserer Welt, ist vielleicht und gerade dann verständlich, dass die Elfen gar nicht anders können als gegenüber solchen Dingen ignorant zu sein, wenn man der Theorie der Magistri Norfold und Windfeder folgt: "Während für uns Magie in Spezialgebiete, elementare Zugehörigkeiten oder gar in 'Arkane' aufgespalten ist, während für uns der 'Wert' einer Formel [...] zumeist allein durch ihre Verwertbarkeit in Praxis oder Theorie definiert ist, während wir magische Matrizen erforschen und Thesen in Büchern aufbewahren müssen, um unsere 'Macht' nicht zu verlieren - SIND Elfen einfach, sie sind Magie, sie leben in Magie, Magie gehört zu ihrem Sein." Vielleicht gerade deshalb, weil für einen Elfen Magie nichts Sonderbares, nichts "Magisches" an sich hat, weil Magie für den Elfen etwas Natürliches durch und durch ist, schätzt er diese Gabe nicht in der Weise, wie dies ein Mensch tut, und damit geht er auch anders mit ihr um.
Diese gesamte Einstellung zur Magie, die damit verbundene Ignoranz (das Wort ursprünglich heißt "Nicht-Beachten" oder "Nicht-Wissen" und hat somit keinen negativen Beigeschmack) der Elfen gegenüber unserer Form von Welt und vor allem ihre eingeengte Betrachtungsweise der Welt, nämlich die Betrachtung lediglich ihrer jeweiligen Umwelt, nenne ich Elbozentrismus.

adeptus maior Eborëus Zachariad

von: Philipp Schumacher
Erschienen in Opus no. 100 am 18.3.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Elfische Magie und das gildenmagische System der hexalogia elementorum.
Zu diesem Artikel erschienen folgende Reaktionen oder Fortsetzungen: Reaktion auf: Eborëus Zachariad: "Die Magie der Menschen (Gilden)...", Zweite Reaktion auf: Eborëus Zachariad: "Die Magie der Menschen (Gilden)...".

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