Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

 

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Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (IV.)

Auszüge aus dem gleichnamigen Kollektan
aller der Rohalszeit entstammenden Bände 
der 'Gespräche Rohals des Weisen' 
in freier Transkription, 
verfasst in der Sprache des Volkes, 
getätigt durch Lizentiatus Vitus Ehrwald,
Abgänger der Herzog-Eolan-Universität zu Methumis,
so geschehen im Jahre 2515 Horas zu Gareth 
mit gnädiger Unterstützung des Pentagontempels 
der Herrin Hesinde

Über die wahrhafte Ethik

Meister, sagt, ihr redet von der wahrhaften Ethik und versichert uns, dass wir sie in unseren Herzen finden, aber wie kommt es, dass keiner zu sagen vermag, welchen Inhalts diese oberste aller Handlungsrichtlinien ist?

Ein jeder von euch trägt die Anleitung zu wahrhafter Ethik bereits in sich, doch nicht auf eine Weise, wie Gesetze in einem Buch niedergeschrieben sind, sondern indem euch der Sinn und der Wunsch gegeben wurden, zwischen gut und schlecht zu unterscheiden. Ihr mögt euch dies wie eine Schale vorstellen, die ein jeder von euch im Herzen trägt, die ihr jedoch selbst mit euren eigenen Erkenntnissen erst füllen müsst. Der Wunsch, in dieser Schale nur die größten Kostbarkeiten zu sammeln, ist eure Willenskraft. Der Sinn, der es euch ermöglicht, solche Kostbarkeiten zu erkennen, ist euer Mitgefühl. Ausgestattet mit diesen Werkzeugen muss ein jeder seine eigene Ethik finden, und es ist die Pflicht jedes Einzelnen, sich darum zu bemühen.

Über die Willenskraft

Meister, sagt, wie können wir unseren Willen festigen, um das Ziel der ethischen Vollkommenheit niemals aus den Augen zu verlieren?

Es gibt keinen Weg zu einem festen Willen. Es gibt nur ein Ziel. Was ihr Weg nennt, ist Zögern. Jeder kann so stark sein, wie er nur sein will, wenn es um die Stärke geht, an einem einmal gefassten Entschluss festzuhalten. Was euch schwach werden lässt, sind euer Hang zu Müßiggang und eure Angst, in deren Überwindung ihr euch üben müsst. Erkenntnis verpflichtet zum richtigen Handeln, und der richtige Weg wird in den wenigsten Fällen der leichteste sein. Der Wille zur Ethik ist eine permanente Entscheidung für die Interessen anderer, und diese fällt euch um so leichter, je besser es euch selbst geht, je weniger Sorgen ihr euch um euer eigenes Leben zu machen braucht, und je mehr Mitgefühl ihr euch zu erhalten vermögt. Die Pflicht zum festen Willen aber bleibt für alle gleich, ungeachtet aller Umstände.

Über das Mitgefühl

Meister, sagt, wenn uns die Fähigkeit zum Mitgefühl angeboren ist, wie kommt es dann, dass nicht alle Menschen in gleicher Weise empfindsam sind?

Die Fähigkeit des Mitgefühls ist jedem Menschen in die Wiege gelegt, so wie jeder gesunde Mensch auch in der Lage ist, auf seinen zwei eigenen Beinen zu laufen, mit seinen Augen zu sehen oder mit seiner Zunge zu schmecken. Doch wie der Athlet, der stark sich stets darum bemüht, schon bald wird deutlich schneller laufen, so wie wir unser Auge schulen können, auf das Entscheidende zu achten und unsere Zunge erst lehren müssen, den einen Wein vom nächsten wohl zu scheiden, so bedarf auch unser Mitgefühl der Förderung durch stete Übung und stetes Bemühen. Ein jeder muss die Welt für sich zuerst erfahren, denn Erfahrungen sind Maßarbeit und passen nur dem, der sie macht. Erst daran wird er innerlich wachsen, und durch Erziehung und Belehrung könnt ihr bestenfalls die Richtung ihm weisen, nicht jedoch seinen Weg bestimmen.

Erschienen in Opus no. 104 am 15.4.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (III.).
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (V.).

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