Leserbrief zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I Responsum Werte Collegae, In der letzten Ausgabe (XI.)
des Opus veritatis scientiæque fand sich ein recht unschöner Beitrag eines ohne Zweifel
äußerst kompetenten, jedoch offensichtlich unzureichend mit den Geheimnissen einer guten
Kinderstube vertrauten Collegus, welcher meinte, die in eben jener Publikation von mir
begonnene Beitragsreihe kritisieren und die Integrität meiner Person aufs heftigste in
Frage stellen zu müssen. Da dies einher ging mit der Forderung nach einer differenzierten
Darstellungsweise der in dieser ohne Zweifel ausgezeichneten Zeitschrift behandelten
Themen, gehe ich davon aus, daß es mir niemand verwehren wird, zu den gegen mich
vorgebrachten Anschuldigungen Stellung zu beziehen, was ich hiermit zu tun gedenke und
Euch daher bitten möchte, die folgenden Zeilen der nächsten Ausgabe Eurer Publikation
hinzuzufügen. Mit freundlichen Grüßen, Geschätzter Collegus, Mit Unverständnis und Enttäuschung habe ich Eure Kritik gegen meine Person, meine
Forschungsarbeit und den Stil, in dem ich diese zu präsentieren pflege, zur Kenntnis
genommen und meine nun, einiges klarstellen zu müssen. Ich habe meine Forschungen
keineswegs auf den Besuch von Marktplätzen und Gaststuben beschränkt, sondern sehr
gewissenhaft Aufzeichnungen der verschiedensten Akademien und auch anderer H Wenn ich Eure Ausführungen richtig verstanden habe, so werft Ihr mir vor, die fragliche Gruppe von Zauberkundigen in unzureichendem Maße selbst über die Natur der von ihnen angewendeten Magie befragt zu haben. Dieser Casus macht mich nun in der Tat lachen. Das wäre ja, als würde man ein Huhn fragen, warum es Eier lege. Verzeiht, werter Collegus, aber Eure Aufforderung, mit einem Menschen, der noch niemals eine Bibliothek von innen gesehen haben mag, ja vielleicht nicht einmal die Fähigkeit des Lesens sich anzueignen vermochte, über so komplexe, magietheoretische Themen wie die satuarische Fluchmagie zu diskutieren, kann ich unmöglich ernst nehmen. So Ihr des weiteren wirklich gedenkt, den Stil meiner Artikel als für einen Magus unwürdig zu kritisieren, so möchte ich Euch zu bedenken geben, daß diese Zeitschrift nicht nur von erfahrenen Absolventen einer Akademie der arkanen Künste studiert wird, sondern auch vielen noch in Ausbildung befindlichen Eleven, Novizen und Studiosi als erbauliche Lektüre dienen mag und auch zur Information mit diesem Themengebiet vollkommen Unvertrauter seinen Nutzen erfüllen sollte, weshalb ich mich stets darum bemühe, meine Ausführungen in einer auch für weniger geschulte Leser verständlichen Weise zu präsentieren, was ich Euch zu Liebe auch gewiß nicht ändern werde. Im weiteren Verlauf Eurer Anschuldigungen werft ihr mir eine negative Darstellungsweise der von mir behandelten Thematik vor und bemerkt zurecht, daß die von mir angewandte Bewertung der Fluchzauberei als verwerflich und verabscheuungswürdig wohl nicht als neutral bezeichnet werden kann. Diesbezüglich möchte ich Euch jedoch darauf hinweisen, daß es sich hier nicht um meine explizite, persönliche Meinung handelt, sondern ich mich bei dieser Bewertung lediglich an den Vorgaben namhafter Streiter zum Wohle des Reiches wie dem derzeitigen Reichsgroßgeheimrat orientiere, welcher die von mir behandelte Form der Zauberei ausdrücklich als widerlich, düster und abscheulich zu bezeichnen pflegt. Es ist mir nicht bekannt, wie derlei Dinge in
Punin gehandhabt werden, jedoch ist es meine persönliche Angewohnheit, mich bei der
Beschäftigung mit einem so umstrittenen Zweig unserer Wissenschaft an allgemein
anerkannte Bewertungsweisen zu halten, da eine gegenteilige Vorgehensweise durchaus nicht
ohne Folgen für den Verfasser einer Beitragsreihe wie der meinen bleiben mag. Doch
laßt uns einmal die fiktive Hypothese kreieren, daß ein studierter Magus, der einen
großen Teil seiner Zeit und Energie in die Forschung über das fragliche Gebiet
investiert und dieses aus freien Stücken gleichsam zum prägenden Mittelpunkt seines
gelehrsamen Lebens gemacht hat, unter gewissen Umständen die vorherrschende Meinung über
die Verwerflichkeit der von ihm untersuchten Thematik womöglich nicht zwingend zu teilen
geneigt ist, ja sich vielleicht sogar einer gewissen Form von Sympathie für die
Personengruppe, welche den Gegenstand seiner Forschungen bildet, nicht erwehren können
mag. Würde dieser von Hesinde durchaus mit Weisheit gesegnete Collegus, seiner Sympathie
dann wohl öffentlich Ausdruck verleihen und damit die seltene Möglichkeit verschenken,
mit in der gelehrten Welt anerkannten Mitteln zu beweisen, daß die von ihm untersuchte
Thematik in Wahrheit gar nicht so finster und verabscheuungswürdig ist, da man ihn
einfach als Hexenpaktierer oder verblendeten Narren abtun und seine Arbeit nicht im
mindesten mehr ernst nehmen würde? Wohl gemerkt rede ich hier, wie gesagt, rein hypothetisch. Ich selbst verurteile die
satuarische Fluchmagie allein schon deshalb, weil ihre Anwendung nicht, wie in
gildenmagischen Kreisen üblich, auf ein sorgsames Durchdenken der gegebenen Situation
erfolgt, sondern meist spontan aus Haß und Rachsucht geboren wird. Eine Hexe denkt nicht
darüber nach, was für Folgen die von ihr praktizierte Entfesslung ihrer magischen
Kräfte nach sich ziehen kann, sondern läßt sich allein von ihren wankelmütigen
Gefühlen leiten, ja ist sogar auf sie angewiesen, um diese besonderen Mittel der Hexerei
anwenden zu können, sei es nun bei expliziten Verfluchungen im Zorn oder den ebenfalls
stark von emotionalen Komponenten geprägten rituellen Verwünschungen. Die Frage danach,
ob ein Opfer nun zurecht von einem Fluch getroffen wird, stellt sich mir schlicht weg
nicht, denn wer solch mächtige Mittel anzuwenden in der Lage ist, wie sie die Flüche der
Hexen und Hexer darstellen, der sollte seinen Zorn und seinen Haß kontrollieren können
und diese Mittel ausschließlich aus Notwendigkeit zur Anwendung kommen lassen und nicht,
weil ihm gerade danach ist. Wie ihr seht habe ich durchaus meine Gründe für meine Ausdrucksweise. Daher weise ich
die von Euch auf meine Person angewendete Titulatur als Pseudowissenschaftler energisch
zurück. Wenn hier jemandem der von Euch beschworene Blick fürs Ganze verlustig gegangen
ist, dann gewißlich nicht mir, werter Collegus. Auf Eure weiteren Anschuldigungen und Eurem eigenen Dafürhalten nach sicherlich hoch
wissenschaftliche Ausschweifungen, die ich für meinen Teil eher geneigt bin, als
Haarspaltereien zu bezeichnen, will ich an dieser Stelle nicht näher eingehen, sondern
Euch viel mehr auf die weiteren Teile meiner Beitragsreihe verweisen, denn ich empfinde es
als höchst fragwürdig, wenn Ihr bisherige Mängel und Lücken an meiner Sichtweise
dieses Themengebietes kritisiert, die ich ausdrücklich angekündigt habe, in den
folgenden Wochen an eben dieser Stelle beseitigen zu wollen. So die Göttin Euch entgegen
meiner Erwartungen doch mehr Weisheit geschenkt haben sollte, als ihr bei dem von Euch
verfaßten Beitrag bisher habt durchblicken lassen, so werdet ihr vielleicht schon bald in
der Lage sein, die von Euch vorgebrachten Zweifel an meiner Arbeit durch Erkenntnis zu
ersetzen. So dies geschehen sollte, würde ich mich freuen, wenn sich zwischen uns ein
Hesinde gefälliger Disput über dieses Thema entwickeln könnte. Doch solange Ihr meine
Theorie nicht als Ganzes kennt und ihre tiefgreifenden Zusammenhänge nicht verstanden
habt, möchte ich Euch bitten, von weiteren Haßtriaden gegen meine Person und die von mir
in dieser Publikation präsentierte Meinung abzusehen, denn ich habe wichtigeres zu tun,
als mich über unqualifizierte, weil voreilige Kritik zu ereifern, die mich zwar durchaus
zu unterhalten, mich jedoch nur wenig zu ergötzen vermocht hat. Mit kollegialen Grüßen, von: Frank Brosow |
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