Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

 

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Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (XV.)

Auszüge aus dem gleichnamigen Kollektan
aller der Rohalszeit entstammenden Bände 
der 'Gespräche Rohals des Weisen' 
in freier Transkription, 
verfasst in der Sprache des Volkes, 
getätigt durch Lizentiatus Vitus Ehrwald,
Abgänger der Herzog-Eolan-Universität zu Methumis,
so geschehen im Jahre 2515 Horas zu Gareth 
mit gnädiger Unterstützung des Pentagontempels 
der Herrin Hesinde

Über die Adressaten der Ethik

Meister, sagt, sind die Menschen wirklich bereit, eure Lehren zu befolgen, oder bleiben eure Gedanken denen vorbehalten, die von herausragendem Geiste sind? 

Große Menschen sind Inhaltsverzeichnisse der Menschheit, doch so der Rat eines Toren einmal gut ist, wird ihn ein gescheiter Mann auch ausführen. Es genügt nicht, wenn einige Wenige wissen, was zu tun ist. Die Welt wird nicht bedroht von den wenigen Menschen, die Böses tun, sondern von den vielen, die Böses zulassen. Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. Wer schweigt, scheint beizustimmen, und wer ein Unrecht zulässt, das er verhindern könnte, befiehlt es gar. Darum richtet sich die Ethik an die Fürsten wie an die einfachen Menschen, denn auch viele kleine Menschen, die an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern. Alle Menschen sind füreinander da, also belehrt oder duldet sie, denn andere gibt es nicht.

Über die Gemeinschaft

Meister, sagt, ist der Mensch geschaffen zum Leben in der Gemeinschaft oder zum Leben für sich allein?

Allein sein zu können, ist das Schönste, allein sein zu müssen, das Schwerste. Überlegt wohl, bevor ihr euch der Einsamkeit ergebt, ob ihr auch für euch selbst ein heilsamer Umgang seid. Doch bewahrt euch auch stets einen kritischen Abstand gegenüber dem, was die Gemeinschaft heißt, denn nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, und um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde zu sein, muss man vor allem erst einmal ein Schaf sein. Das Missverhältnis der Welt scheint jedoch glücklicherweise nur ein zahlenmäßiges zu sein. Darum, wann immer ihr euch auf Seiten einer Mehrheit wiederfindet, solltet ihr einen Moment verharren und nachdenklich werden. Doch hütet euch auch davor, zu anspruchsvoll zu sein. Sucht ihr nach Vollkommenheit, so schaut zuerst in den Spiegel. Findet ihr sie dort, so mögt ihr sie auch anderswo erwarten.

Über die Gleichheit und die Freiheit

Meister, sagt, warum gibt es Wenige, die über Viele herrschen?

Gleichheit ist deshalb so schwer zu verwirklichen, weil die Menschen Gleichheit nur mit jenen wünschen, die über ihnen stehen, und auch ein freier Mensch darf nur tun, was einem anderen nicht schadet. Erhebt weder Freiheit, noch Gleichheit zum Götzen, denn wann immer ihr euch ein Ziel setzt, und Ethik ist das höchste, verliert ihr die Freiheit, das zu tun, was diesem Ziel abträglich ist, und jeder soll das Seine, nicht das Gleiche tun, um dieses Ziel zu erreichen. Demokratie ist die Vermutung, dass mehr als die Hälfte der Leute in mehr als der Hälfte der Fälle recht haben. Damit trägt sie zumindest Sorge dafür, dass die Menschen nicht besser regiert werden, als sie es verdienen. Was die Menschen jedoch am Nötigsten brauchen, ist eine weise Führung, die nicht bloß herrschen will, sondern sie anleitet, das zu tun, was sie können. Geschieht dies nicht, mag die Gesellschaft vielleicht nicht ins Chaos stürzen, jedoch auch nie zur moralischen Vervollkommnung gelangen.

Über die Eigenverantwortlichkeit

Meister, sagt, entbindet uns ein Herrscher von der Verantwortung für unser Handeln?

Man darf niemandem seine Verantwortung abnehmen, aber man soll jedem helfen, sie zu tragen. Einen Rat befolgen heißt immer auch, Verantwortung zu verschieben, und mit dem Gehorsam ist es dasselbe. Irren ist menschlich, doch bei manchen ist der Irrtum häufiger Gast als bei anderen. Darum sollen die Weisen den einfachen Menschen helfen, das Richtige zu erkennen und in ihrem Handeln umzusetzen. Dazu aber müsst ihr lernen, miteinander zu reden und aufeinander zu hören, wenn ihr im Unrecht seid. Verpflichtet bleibt jedoch jeder seinem eigenen Gewissen, der Untertan wie auch der Fürst, selbst gegen Widerstand und Kritik. Die Menschen lieben immer die, von denen sie bewundert werden, aber nicht immer die, die sie selbst bewundern. Doch es ist nicht die Aufgabe eines Fürsten, das zu tun, was ihn beim Volk beliebt macht. Aufgabe des Fürsten ist es, das Richtige zu tun und es bei den Menschen beliebt zu machen. 

Erschienen in Opus no. 115 am 9.7.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (XIV.).
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral' (XVI.).

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