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Die Götter hinter dem Horizont
Oh Hesinde sei gesegnet, gesegnet sei die gute Frau
zwölfmal.
Hört, was ich der Göttin Wunderbares zu verdanken habe.
Sie inspirierte mich aufs Neue.
Ich, Gorgonius von Selem, hatte mich, mancher Leser möge sich erinnern,
auf mein Altenteil zurückgezogen um das Leben eines Privatmannes und
Vaters zu führen. Wohl war dies auch für einige Wochen und Monate recht
befriedigend. Doch die endlosen Tage des Müßiggangs, das Flanieren und
das Speisen als einzige Tagesinhalte war sehr schnell ermüdend. So
versuchte ich mich damit abzulenken, dass ich den Kindern protziger Eltern
die Künste des Rechnens und Schreibens näher bringen wollte. Doch auch
das befriedigte mich nicht im Mindesten.
Als ich schon dachte, ich wäre in eine Sackgasse meines Lebens gelaufen,
stieß ich in einem Laden auf ein altes Dokument. Es erzählte von einem
Seefahrer, welcher das Güldenland bereist haben wollte. Vieles von seinem
Gefasel will ich als Unsinn abtun, jedoch stach mir eines ins Auge.
Im Güldenland verehren sie eine andere Götterwelt als
hier. Manche ähneln den unseren wie ein Gott des Gesetztes, welcher wohl
unser Praios ist. Andere, wie ein ebenfalls mächtiger Wolkengott,
erscheinen mir völlig fremdartig. Insgesamt verehren die Menschen 8
Götter, wir jedoch deren 12. Wie ich jedoch schon viel früher in
Erfahrung bringen konnte, verehrten die Urväter, welche unseren Kontinent
besiedelten, nur 6 Götter und nahmen die anderen 6 per Gesetz dazu,
eingefügt aus anderen Kulturen. Die Zwerge, Nordleute, und auch viele
andere achten nur einige der 12 oder geben ihnen, wie die Bewohner der
Giftinsel, andere Bedeutungen. Nun hätte ich einfach schlussfolgern
können, das es eben eine Unmenge von Göttern gibt und die 12, welche das
Erzvolk sich aussuchte, nur willkürlich waren.
Doch nein, so einfach konnte es nicht sein, dafür war der
Zwölfgötterglauben einfach zu wahrhaftig, zu erfolgreich, zu richtig.
Ihr findet das unwissenschaftlich, werter Leser? Ich sehe das anders: die
Eroberer eines Kontinents, die Schöpfer der großartigsten aller Kulturen,
können sich einfach nicht so irren. Doch warum 12, warum ist ausgerechnet
diese Zahl so wahr?
Die Antwort ist erschreckend, und wieder ist es der große Blender,
welcher immer nahe der Hesinde lauert. Doch die Wahrheit ist zu wichtig um
sie zu verschweigen.
Wahrheit ist, dass die Gelehrten in Vinsalt und Punin 12 Erzdämonen
kennen, welche mit ihren Domänen einen spiegelbildlichen Widerpart zu den
Göttern bilden.
Wahrheit ist, dass diese Erzdämonen keine Glaubensfragen sind, sondern
wissenschaftliche Realität. Nichts Neues so weit, denken sie.
Doch die Antwort liegt im Güldenland. Auch hier kennt man eben 12
Erzdämonen mit fast gleichen Aufgabenbereichen. Ohne 12 Götter zu
kennen! Wie kann das sein, fragte ich mich, ich forschte, grübelte, immer
in der Furcht wieder den Pfad der Ketzerei zu bestreiten.
Aber wenn man den Leitfäden der Logik folgt, kann es nur ein Ergebnis
geben. Die Zwölfgötter kommen uns deshalb so wahr und richtig vor, weil
sie den ewigen Übeln der Dämonen spiegelbildlich entgegenstehen.
Gesegnet sei Aventurien, welches erkannte von welcher Natur die
Dämonenwelt ist. Denn uns gelang es ihnen die richtigen Konzepte
entgegenzustellen.
Ewig ist Xarfais Blutrausch, doch wir erkannten dies und stellten ihr das
einzig Wirkungsvolle entgegen. Rondras Ehre nämlich. Versteht mich recht,
keine Schmähung der Zwölfe soll dies sein, sondern eine Huldigung der
höheren Weisheit, welche hinter unseren Glaubensvorstellungen steckt.
Wohl will ich zugeben, dass dies nur eine Theorie ist und
mir weitere Texte fehlen.
Doch gepriesen sei Hesinde, die Gegnerin des Großen Blenders, für die
große Weisheit, welche sie mir zukommen ließ. Noch ist es mir nicht
gelungen die unabhängigen Dämonen und die Diener des Namenlosen in diese
These einzuarbeiten. Von Beschwörungen schrecke ich zurück, ebenso vor
großen Expeditionen, das erlauben mir meine Pflichten als Vater nicht.
Doch hoffe ich auf einen fruchtbaren Dialog.
An dieser Stelle grüße an meinen geschätzten Kollegen
Serafin de Rosario, möge dir die Geduld bei deiner Forschung im Bereich
der Mutanda Temus nie ausgehen.
Mit freundlichem Gruß an meine hochgeschätzten Kollegen,
Gorgonius von Selem
Erschienen in Opus no. 155 am 26.5.2002.
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