ACADEMIA LIMBOLOGICA publicat
Opus veritatis scientiæque
seit Praios 29 Hal


ACADEMIA LIMBOLOGICA
Die Pforte VII
Beilage zu Opus no. 37, der 13. Peraine 29 Hal.

Noch sind die Rätsel um die Pforte unter der Bibliothek der Academia Limbologica nicht gelüftet. Die Ereignisse der letzten Zeit warfen ganz im Gegenteil neue auf und noch immer ahnt niemand, was wirklich vor sich geht...

Nachdem sich alle Anwesenden von ihrem ersten Schreck erholt und in der dunklen Gestalt im Türeingang den Assistenten des Meister Barius erkannt haben, kann man heraneilende Schritte vernehmen. Augenblicke später wird Colonileus beiseite geschoben und der Großmeister selbst betritt - allen Anwesenden ein strahlendes Lächeln zeigend - den Laborraum. Dann ändert sich sein Gesichtsausdruck schlagartig und er dreht sich zu dem Assistenten um: "Ich habe den Anblick des Todes oft genug erblickt... und überhaupt, in welchem Tonfall redest du denn mit Meisterin Sheddja?! Unser Anliegen als 'Schnüffelei' zu bezeichnen ist, gelinde gesagt, eine Frechheit!" Prüfend wandert sein Blick an dem Scolaren hinab und wiederum aufwärts, als er mit ehrfurchtgebietender Stimme meint: "Sobald das hier vorüber ist, meldest du dich bei mir, und dann machst du erst mal das Labor hier sauber... außerdem wird es Zeit für ein gepflegtes Äußeres..."
Noch ein abfälliger Blick und der Großmeister wendet sich wieder lächelnd an seine Collegi, scheinbar ist seine Aufregung von vorhin verschwunden: "Freunde, seht her!"
Bei diesen Worten holt Erilarion einen dicken Folianten hinter seinem Rücken hervor. "Als ich mich auf mein Gemach zurückgezogen hatte, da begann ich - wie meistens in solchen Situationen - in ebendiesem Buch zu blättern." Jetzt, wo er euch das Buch hinhält, könnt ihr auch den Titel erkennen: Es sind die 'Gespräche Rohals des Weisen'. "Und seht her, was ich gefunden habe..."
Damit drückt Erilarion dem ein wenig überrascht aussehenden Rukus den Folianten in die Hand. Der greise Magus hält den aufgeschlagenen Octavo eine Zeit lang in Händen, ehe er dann mit bedeutungsvoller Stimme zu rezitieren beginnt:

"Magister, quid est natura daimonii?
Coram id, quod cupidus te eripere. Coram etiam id, quod cupidus te fallere et decipere, cum solum oculo docto spectes. Omnino in occulto enim potentia, cuius scientia interdicta dat, nam nihil daimonii sentire est in opus eius."

"Hmm...", sinnt Rukus weiter nach. "Offensichtlich ist das, was dich vernichten will. Offensichtlich ist auch das, was dich täuschen und hintergehen will, so du es nur mit geschultem Auge betrachtest. Vollkommen im Verborgenen jedoch wirkt die Macht dessen, der verbotenes Wissen gibt, denn in seinem Wirken ist nichts Dämonisches zu erkennen..." Er legt den Folianten zur Seite und streicht sich nachdenklich durch den Bart. "In diesen Worten liegt fürwahr Gewicht. Doch wie passt dies alles zusammen?" Fragend blickt er zuerst den Großmeister, dann jeden der anderen Anwesenden an.
Meisterin Sheddja, seit dem Auftauchen des Großmeisters äußerlich wieder völlig ruhig, geht, während Rukus das Bosparano übersetzt, langsam in die Knie und hebt das Tuch, das sie zuvor fallen ließ, mit den Fingerspitzen wieder auf. Mit großer Sorgfalt breitet sie es wieder über den Körper auf dem Labortisch und dreht sich dann wieder zu den anderen um.
"Habt Dank, Großmeister, aber der Adept hat nicht unrecht. Ich sollte mich nicht in die Forschungen des ehrenwerten Meister Barius einmischen, verzeiht." Doch besonders ernst scheint sie ihre Entschuldigung nicht zu nehmen und ihr Gesicht verliert die strengen Züge erst, als sie ihren Blick vom Adepten Colonileus löst. "Wir sollten persönlich mit dem Meister aus Charypso sprechen, anstatt in seinem... Studierzimmer nach ihm zu suchen, wo... wo sich offensichtlich nichts Lebendiges finden lässt." Die Meisterin schaudert von ihren eigenen Worten und tritt dann wieder näher zur Türe, dem hellen Praioslicht, das den Vorlesungssaal erhellt, entgegen. Dann wendet sie sich wieder an Colonileus: "Wo ist dein Meister?"
"Nun, um ehrlich zu sein, werte Meisterin, ob der Klärung eben dieser Frage bin ich hier her gekommen. Ich wollte den Meister selbst vor einigen Minuten in seinem Gemach wegen einer Frage aufsuchen. Zu meiner Verwunderung, denn um diese Zeit erholt er sich meist von einer arbeitsamen Nacht, war er dort nicht aufzufinden. Darum habe ich angenommen, er würde sich hier aufhalten. Jedoch anstelle meines Meisters fand ich euch hier vor und diese Besucher. Wenn der Meister erfährt, dass ich zugelassen habe, dass ihr diesen Raum betretet, noch dazu in Begleitung von Fremden, wird er vor Wut toben. Dies ist sein Labor - dennoch verzeiht meinen etwas schroffen Ton. Jedoch würde mich nun selbst interessieren, was hier vor sich geht..."
Mit diesen Worten betritt der Studiosus den düsteren Raum und geht direkt auf den Tisch in dessen Mitte zu, um sodann das Tuch wieder zu entfernen. "Bei allen Göttern! Was hat er hier getan?" Mit offenem Mund betrachtet er eine auf dem Tisch liegende Leiche. Die Haut wurde an den meisten Stellen entfernt und Brust wie auch Bauchraum sind eröffnet. "Und dieser Gestank..." Schnell eilt Colonileus zum Wandschrank, um dort ein kleines Fläschchen zu holen. Er öffnet es und gießt eine seltsamriechende durchsichtige Flüssigkeit über den toten Körper. "So, das sollte ihn eine Weile frisch halten. Nun wollen wir mal sehen..." Er beginnt die aufgeschnittene Bauchwand wegzuklappen, um dann mit den Händen im eröffneten Raum herumzuwühlen...
"Magen, Omentum majus, Hepar... Lien... Ileum, Jejunum und Colon... hier scheint alles noch da zu sein... wollen wir uns mal die Brust zu Gemüte führen." Mit den Händen presst er die schon zersägten Rippen auseinander, befestigt sie mit zwei eisernen Haken und beginnt auch hier zu wühlen. "Die Lungen sind da, wurden jedoch von den Arteriae und Venae Pulmonales abgetrennt... aber... das Herz wurde entfernt...!" Er richtet sich wieder auf, wischt sich die Hände am ohnehin schon schmutzigen Schurz trocken und geht zum anderen Tisch, auf dem ein Buch aufgeschlagen daliegt. "Das Paraphernalium? Kapitel über Präparation des frischen Herzens..." Die ungläubige Stimme verstummt und tiefe Sorgenfalten beginnen das Gesicht des Scolaren zu überziehen... "Wie kann das sein? Was will der Meister mit einem menschlichen Herz... Er hat, seit ich hier studiere, noch keine Beschwörung vollzogen... lieber würde er sterben, als leichtfertig einen Dämon nach Dere zu invozieren... Er muss es sehr eilig gehabt haben, denn den Leichnam nach der Arbeit nicht einmal mit Phormalin zu beträufeln, sieht ihm nicht ähnlich!" Colonileus hebt des Kopf und wirft dem Großmeister einen mehr als besorgten Blick zu...

Erschienen in Opus no. 37 am 10.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Die Pforte VI.


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