Tulamidya
Stolz präsentieren wir hier zum ersten Male eine komplette Abhandlung über
die tulamidische Sprache, erstellt nicht von den Magistern der Limbologica
sondern von namhaften Meistern der Sprachen und Schriften. Aufgrund des
Umfangs wird dies über mehrere Ausgaben verteilt geschehen. Welcher
Mittelreicher oder Bornländer aber meint, nach der Lektüre des Tulamidya
mächtig zu sein, wird allerdings enttäuscht werden. So gibt dieses Werk
nie die ganze Vielfalt und Fülle des Tulamidya wieder, bietet wohl aber
einen Überblick über die wichtigsten Regeln und Wörter. So jemand eine
Ungereimtheit oder einen Missstand in diesem Dokument aufdeckt, möge er es
doch bitte der Redaktion des Opus mitteilen, auf dass wir es korrigieren
können.
So wollen wir gleich beginnen:
Zur Grammatik
Die Grammatik ist in den einzelnen Sprachen der tulamidischen Sprachfamilie sehr verschieden. So kennt z.B. das Ruuz der Maraskaner vier Geschlechter (männlich, weiblich, sowohl-als-auch, sächlich), während die meisten anderen sich mit zweien (männlich, weiblich) begnügen und im Aran-Tulamidya fast gar nicht zwischen männlichen und weiblichen Wörtern unterschieden wird. Die Novadis der Khomwüste haben ein ziemlich kompliziertes System zum Steigern und zur Bildung der Mehrzahl (Z.B.: kebîr=groß, akbar=größer; foggara=Kanal, feggagir=Kanäle). Hier sind einige Regeln, mit denen man sich in Mhanadistan und Aranien im allgemeinen verständlich machen kann. Dies ist allerdings eine stark vereinfachte Grammatik für Mittelländer; das "echte" Tulamidya, besonders, wenn man alle Dialekte einbezieht, kann davon stark abweichen und hält viele Ausnahmen bereit, wie man an der Wörterliste unten auch schon sehen kann.
Die Hauptwörter (Substantiva):
Zur Bildung der Mehrzahl wird -im oder -nim an das Wort angehängt (ein(e) foggara, mehrere foggaranim). Wer es etwas komplizierter mag, verwendet für männliche Wörter/Wesen die Mehrzahlendung -ân oder -ûn, für weibliche -ât. Wörter, die weibliche Wesen bezeichnen, sind weiblich; solche, die männliche Wesen bezeichnen, männlich. Von den übrigen Wörtern sind diejenigen weiblich, die mit a, ä oder e enden. Von Berufsbezeichnungen für Männer
kann man durch Anhängen von -a, -e, -i oder -ä eine weibliche Form bilden (z.B. Emir=Graf,
Emira=Gräfin, agha=Hauptmann, aghahi=Hauptfrau). Der bestimmte Artikel (der, die, das, des,...) ist für alle Geschlechter und Fälle al oder el und wird nicht verändert (Ali al´kebîr = Ali der Große, Eshila al´jamilha = Eshila die Schöne, Al´Mada = [Land] des Mondes). In einigen Dialekten wird der Artikel dennoch verändert, nämlich das -l gegen den ersten Laut des folgenden Wortes ausgetauscht, wenn dieses mit d, n, r, s,
sh, t oder z beginnt (Marwan esh´shahîn = Marwan der Falke, Kazan ar´rashid = Kazan der Gerechte). Es gibt keine unbestimmten
Artikel (ein, eine) im Tulamidya. Beispiel: muwalla kebîr = ein großer Hengst; al´muwalla al´kebîr = der große Hengst.
Die Fürwörter (Pronomina):
am = ich, mein/meine, mir, mich
ak = du, dein/deine, dir, dich
i (in einigen Dialekten û) = er/sie/es, sein/seine/ihr/ihre, ihm/ihr, ihn/sie
na = wir, unser/unsere, uns, uns
kum = ihr, euer/eure, euch, euch
hum = sie, ihr/ihre, ihnen, sie
Um den Besitz anzuzeigen, werden diese Wörter an das Objekt (den Besitz) angehängt. Dabei kann, wie auch in anderen Fällen, wo zwei Vokale aufeinander folgen, nötigenfalls noch ein h eingefügt werden. Beispiele:
saba=Tochter, sabât=Töchter, sabaham=meine Tochter, sabahak=deine Tochter,
sabahi=seine/ihre Tochter,... sabâtam=meine Töchter,... sabâtna=unsere Töchter;
Khadil Okharim sidjäddahi ay hawa = Khadil Okharims fliegender Teppich (sidjäddah = Teppich).
Die Tätigkeitswörter (Verba):
Für die Tätigkeit steht die Endung -r oder -ir (foggarar=graben); für die/den Tätige/n -d oder -id
(sharisar=tanzen, sharisad=Tänzerin; haimamur=erzählen, haimamud=Geschichtenerzähler). Entsprechend werden mit -i oder -id Herkunftsbezeichnungen gebildet
(Tulamid=Nachkomme Tulams, Fasari=Einwohner Fasars).
Das Konjugieren: Konjugiert wird durch Anhängen der Pronomina an das Verb anstelle der Verbendung -r. Beispiel: châhar
= werden: châham = ich werde, châhak = du wirst, châhi (châhû) = er/sie/es wird, châhna = wir werden, châhkum = ihr werdet, châh´hum = sie werden.
Es gibt kein Verb "sein" in der Gegenwart im Tulamidya. Beispiele: am Ben Novad = ich bin ein
Novadi; Alrik yeshinnah = Alrik ist tapfer. Man beachte den feinen Unterschied: muwalla kebîr = ein großer Hengst; al´muwalla kebîr = der Hengst ist groß; al´muwalla al´kebîr = der große Hengst. Alrik al´yeshinnah = Alrik der Tapfere.
Die Zukunft (Futur) bildet man mit châhar=werden und der Grundform (dem Infinitiv) des Verbs. Beispiel: Alrik châhi shatar jajin = Alrik wird Wein trinken. Die Vergangenheit bildet man genauso mit dem Verb jenar = gewesen sein, getan haben. Beispiele: jenam neweshtar kitâb = ich schrieb ein Buch; y´ach
es-skunk, la jenak hammamir = du Bruder eines Stinktiers, du hast nicht gebadet.
Die Befehlsform (Imperativ): Vor das Verb mit der passenden Endung setzt man die Vorsilbe
"pash". Diese drückt aus, dass es sich um einen Befehl handelt. Beispiele:
Pash-chordakum! = Eßt!; Pash-zabânak! = Sprich! Dies ist ein grober Befehl im
Kommandoton. Es gibt andere Konstruktionen für höfliche Aufforderungen und Bitten, die jedoch für diese Kurzgrammatik zu kompliziert sind.
Die Eigenschaftswörter (Adjektive):
Adjektive können wie die Verben von Substantiven abgeleitet werden; die gebräuchlichste Endung dafür ist -ch
(bzw -ach oder -ech). Steigern kann man mit -tar und -tarîn (kebîr, kebîrtar, kebîrtarîn = groß, größer, am größten). Die männliche Form endet auf Konsonant, die weibliche auf a (selten ä oder e).
wird fortgesetzt... von: Stephanie von Ribbeck, Markus Penz et al Erschienen in Opus no. 46 am 19.12.1999.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Tulamidya 2.
Rohal und Borbarad
(Wer die Borbarad-Kampagne noch spielt, sollte auf die Lektüre
verzichten, es sei denn, er ist schon vollständig informiert.)
Rohal und Borbarad sind ewig. Sie symbolisieren Gut und Böse, Schwarz und
Weiß, Licht und Dunkel. Wir wissen nicht wie lange sie schon existieren,
aber es ist gewiss länger als ein Mensch denken kann. Die Kinder des Nandus
sind sie, seine lichte und seine dunkle Seite. Die Trolle berichteten von
Brobom, gegen den sie schon kämpften und eine Schwarze Feste im Dschungel
Maraskans weist auf eine frühere Inkarnation als Ssrkhrsechim hin. Deshalb
ist es auch falsch ihnen Namen zu geben, denn in ihrem unsterblichen Leben
trugen sie viele. Trotzdem werde ich bei den Namen bleiben unter denen die
zwei Brüder unter den Menschen am bekanntesten sind.
Nur dreimal tauchen sie in der Geschichte der Menschheit auf und dreimal
brachten sie große Kriege mit sich. Ihr erstes Auftreten war vor fast
tausend Jahren, während die Skorpionkriege in Mhanadistan wüteten.
Borbarads Inkarnation zu dieser Zeit war Assarbad, einer der Magiermogule.
Er war der Herrscher über Fasar und die angrenzenden Gebiete. Doch damit
gab er sich nicht zufrieden und zog mit den von ihm erschaffenen Chimären
und Gefolgsleuten nach Süden, Richtung Khunchom, wo der weise Magiersultan
Sulman al-Nassori, die Inkarnation Rohals, herrschte. Unaufhaltsam schien
der Heereszug des Assarbad: wilde Kämpfer, berittene Ameisen, die größer
waren als Pferde, Dämonen, Untote und unzählige Chimären eroberten im
Handstreich das Land südlich Fasars bis hin zum kleinen Örtchen Borbra.
Dort beschwor Assarbad mit seinen Magiern den Großen Schwarm, um die Armee
des Sulman al-Nassori, die bei Anchopal lagerte, zu vernichten. Doch mit
Hilfe des Karfunkels des Alten Drachen Pyrdacor konnten Sulman al-Nassori
und seine Magier den Großen Schwarm von seinem Ziel ablenken, so dass
Anchopal verschont blieb. So kam es, dass der Große Schwarm über die
fruchtbare Hochebene südlich von Anchopal herfiel und diese Hochebene
mitsamt der benachbarten Stadt Zhamorra kahl fraß. Doch der Große Schwarm,
der in der Echsensprache von Yash'Hualay Srf'Srf heißt, ist mehr als nur
eine Insektenhorde von unbeschreiblicher Größe: an den Orten, an denen er
wütete wächst nie wieder ein Grashalm und kein Tier kann lange bestehen.
So entstand die Gorische Wüste und das Ruinenfeld von Zhamorra, das heute
Samra heißt. Anschließend kam es zur Schlacht zwischen Assarbad und
Sulman al-Nassori, die auf dem Boden des vom Großen Schwarm verwüsteten
Landes stattfand. Mit der Hilfe des Dracheneis konnte Sulman al-Nassori
Assarbad in einem Magieduell besiegen. Die Dämonen des Assarbad kehrten in
die Niederhöllen zurück, seine Untoten zerfielen zu Staub und der Rest des
Heeres flüchtete, nachdem es seinen Anführer verloren hatte. Viele der
damaligen Kämpfer irren noch immer als Geister durch Gorien, ebenso wie die
Chimären.
Fünfhundert Jahre später erschienen Rohal und Borbarad wieder auf der
Bildfläche der Geschichte. Rohal vertrieb die Priesterkaiser und wurde
selbst Kaiser an ihrer statt. Es ist unbekannt wie lange Rohal schon vor
seinem Auftreten lebte, doch es ist unwahrscheinlich dass es allzu lang
gewesen war, denn sein Zwillingsbruder wurde erst einige Jahre nach der
Thronbesteigung Rohals in Bethana geboren. Seine zehn ersten Lebensjahre
verbrachte Borbarad in der Gosse von Bethana, bis er durch die Leiterin der
dortigen Akademie entdeckt wurde. Seine Mutter war eine Hafendirne gewesen,
der Vater unbekannt.
Zuerst trug er den elfischen Namen Tarsinion, doch bei seinem Akademieeintritt
wurde er in Tharsonius umgenannt. Schon während der Studienzeit fiel
den Magistern die auffällig selbstsichere und arrogante Haltung des Novizen
auf.
Als er eines Tages einen, zu Abschwörungszwecken invocierten Dämon
seinen Willen aufzwang, wurde es den Bethaniern zu unheimlich und sie
schickten ihn nach Punin. Dort wurde er, mittlerweile fast zwanzig Jahre alt
(Rohal war zu diesem Zeitpunkt über sechzig), aufgrund seiner Ähnlichkeit
zum Magierkaiser für dessen Sohn gehalten. In Punin vollendete er seine
magischen Fähigkeiten und legte seinen Eid ab. Bei der rituellen Frage, ob
er sich denn für den Magierstand würdig halte, antwortete er:
"Natürlich! Schon immer!"
Nachdem er in Punin seinen Abschluss gemacht hatte, nahm Rohal ihn zu sich
um ihn weiter zu unterrichten. Es ist anzunehmen, dass Rohal schon damals wusste,
dass der junge Tharsonius sein Gegenspieler war, trotzdem tötete er den
Unwissenden nicht. Er versuchte ihn auf den richtigen Weg zu führen. Doch
dies misslang Rohal, so dass Borbarad nach einem Streit aus Gareth nach
Fasar floh. Dort wurde er Spektabilität und Erzmagier dazu. Er forschte
viel nach den Magiermoguln, vor allem nach Assarbad, seiner früheren
Inkarnation. Ob er damals das Geheimnis seiner Unsterblichkeit schon gelüftet
hatte, ob Rohal ihn einweihte oder ob es das Schicksal war, das ihn zu
seiner alten Feste östlich von Borbra führte, ist unbekannt. Spätestens
hier lüftete er das Geheimnis, das die Zwillingsbrüder umgibt. Hier begann
er auch mit der Aufrüstung gegen Rohal. Mittels eines Limbustores verfrachtete
er sein Habe in die Gorische Wüste, wo er seine Schwarze Feste errichtete.
Zu diesem Zeitpunkt nahm er auch den Kriegsnamen Borbarad an. Borbarad
stammt vom urtulamidischen Bor Barrah, was soviel heißt wie 'Bringer des
Todes'. Nicht sehr viel später entdeckte Rohal die Machenschaften seines
Zwillings und zog in den Krieg. Auch diesmal fand die Schlacht in der
Gorischen Wüste statt und auch diesmal siegte Rohal, wenn auch sehr viel
weniger deutlicher als zuvor. Beide Heere wurden fast bis zum letzten Mann
vernichtet, Rohal schleuderte Borbarad in den Limbus. Er selbst versetzte
sich in eine selbsterschaffene Minderglobule.
Das dritte Zusammentreffen der Zwillingsbrüder liegt kein Jahr zurück.
Borbarad kehrte erstarkt aus dem Limbus zurück und fuhr in einen von
Pardona geschaffenen Körper ein. Ein paar Jahre später landete er mit
seinen Dämonen, Chimären, Söldnern und Paktierern in Tobrien und eroberte
es vollständig. Sogar als auf dem Allaventurischen Konvent mittels des
Steins des Weisen Rohal aus seiner Globule zurückgerufen wurde hielt
Borbarad mit seinem Tun nicht ein. Er vernichtete Rohal in einem Magieduell
und legte somit den Grundstein für sein eigenes Schicksal. Denn etwa ein
Jahr später wurde er durch Siebenstreichs Hieb ans Ende der Zeit
geschleudert.
Somit ergibt sich ein bizarres Bild, denn Borbarad lebt noch, doch in ewiger
Verbannung. Doch da er noch lebt kann er nicht mehr als neue Inkarnation in
Erscheinung treten, genauso wenig wie Rohal, der zwar tot ist, aber nur
gleichzeitig mit seinem Zwillingsbruder auf Dere wandeln kann. Damit
hat der endlose Kreislauf endlich ein Ende oder wenigstens eine
Unterbrechung.
Rassul al-Scheik von: Stephanie von Ribbeck, Markus Penz et al Erschienen in Opus no. 46 am 19.12.1999. |