ACADEMIA LIMBOLOGICA publicat
Opus veritatis scientiæque
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Aus dem Reisebericht des Achmed ibn Mhukkadhin al Ghunar
XXV. Reise

Und so begab es sich, das Rastullah in seiner unergründlichen Weisheit mich, seinen getreuen Diener, gen Norden schickte, weit weg von den endlosen Sanddünen, den Karawanen und Oasen, hinein in ein ödes schneeweiß bedecktes Land, durch das, oh Frevel, ein Fluss seine Bahnen zog, der einem Erzdaimonen gleich geheißen wurde. Ziel meiner beschwerlichen Reise war die Stadt, in der sich einer der wahren großen Magister aufhielt und dessen Einladung ich gefolgt war...

...und so war ich nach einer langwierigen Unterredung doch sehr froh darüber, Festum für einige Augenblicke hinter mir zu lassen und mich in einem nahegelegenen Waldstück entspannen zu können. Ich hatte mir eines dieser Ungetüme von Pferd ausgeliehen, da wahrlich kein Händler aufzutreiben war, der mir eine Wüstenblume* anbieten konnte. Oh Rastullah, warum nur hast du ein solches Lebewesen erschaffen?! Man benötigt eine Leiter zum aufsteigen und wenn man erst einmal oben ist, sollte man besser nicht an Höhenangst leiden!
Nun denn, nachdem ich es dennoch fertig brachte, an einer schönen Lichtung mit einem kleinen Bach abzusteigen, holte ich noch meine Wasserpfeife aus einer der Satteltaschen und gönnte mir etwas Zithabar.
Als ich einige Zeit später meine Sinne wieder geordnet hatte, ließ ich meinen Blick schweifen. "Wê Rastullah mhirbânû!" Wieder einmal hatte ich vergessen, die Zügel meines Pferdes festzubinden. "Oh Rastullah, sei milde und bestrafe deinen Diener nicht für seine Dummheit und Vergesslichkeit!"
Ich mag wohl einige Stunden mit der Suche beschäftigt gewesen sein, als ich ihn plötzlich sah. Ich wusste nicht, wie lange er mich wohl schon beobachtete, aber sein fast nicht wahrnehmbares verschmitztes Grinsen deutete schon auf eine längere Anwesenheit zurück. 
"Sanya bha talar!" sagte er mit eben jener Stimme, die nur Elfen zueigen war. Ich versuchte mich krampfhaft an meine Besuche an der Donnerbacher Akademie zu erinnern und antwortete ihm holprig: "Sanyasala, feyiama!" Der Elf lächelte mir zu und bedeutete mir, mich zu setzen.
Erst jetzt kam ich dazu, ihn genauer zu mustern und Verwunderung überkam mich. Er sah seine Artgenossen so gar nicht ähnlich. Nicht, dass er anders gekleidet war oder sein Aussehen irgendeine Besonderheit aufwies, aber seinen Augen fehlte diese unergründliche Tiefe, die ich von Elfen gewohnt war. Sie schienen mir, ich denke es so am besten zu beschreiben, irdischer.
Allem Anschein nach war meine Verwunderung auch meinem Gegenüber aufgefallen, denn er begann sofort sich in bestem Garethi, was meine Verwunderung nicht gerade minderte, zu erklären. Er erzählte, dass es auch unter den (friedlichen) Elfen immer wieder Vertreter gebe, denen die magischen Fähigkeiten weniger zusagen als dem großen Rest. Viele von ihnen nähmen die Umstände hin und versuchen einfach, die Magie so wenig wie möglich Bestandteil ihres Lebens werden zu lassen. Andere aber lehnen sich dagegen auf, spalten sich sogar von ihrer Sippe ab, um Gleichgesinnte zu finden und mit ihnen einen neuen Weg zu beschreiten und um ihre Überzeugung zu leben. "Wir glauben, nein wir wissen, dass ein jeder Elf seine eigene Natur besitzt. Also schließen wir uns zusammen und leben gemeinsam in Sippen, um unsere Naturen bestmöglich den anderen zukommen zu lassen, weil ein Einzelner unmöglich viele Künste gut ausüben kann. Es geht uns darum, das jeder das seine tut, nämlich das was seiner Natur, seiner Veranlagung entspricht."
Diese werden dann zu Elfenkriegern (besser war es mir nicht möglich, dieses elfische Wort zu übersetzen), Elfen, die ihre magischen Fähigkeiten zwar nicht vollkommen verleugnen aber dennoch einschränken um all ihre Energie in die Waffenkunst zu legen. Und doch bleibt immer ein kleiner "Restbestand" an magischer Aura zurück, die dann meist unwillentlich im Kampfe zu Nutzen des Elfen eingesetzt wird. Solche Elfen jetzt aber mit Halbelfen zu vergleichen ist falsch, bleiben doch elfische Einfühlungsgabe und elfische "Bräuche" vollkommen Bestandteil der Lebensüberzeugung. Die einzige Ausnahme bildet hier der Verlust der legendären Elfenlieder, sie geraten einfach nach und nach in Vergessenheit.
Nachdem er seine Erzählung beendet hatte, stand er auf und wies mich an, dem Flusslauf nach oben zu folgen. Ich folgte seinem Rat und fand nach kurzer Zeit meine "Wüstenblume" wieder, friedlich am Flusse stehend und Wasser labend. Oh, welche Freude für mich, die ich auch gleich meinem neuen Freunde mitteilen wollte, jedoch war und blieb dieser verschwunden.

* Anm.: Gemeint ist natürlich ein Shadif oder wenigstens ein Goldfelser.

von: Clemens Schumacher
Erschienen in Opus no. 72 am 25.6.2000.


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