Emmerian ya Hiligan
Vorwort der Redaktion: Dies ist der zweite Beitrag in
unserer geplanten Reihe von Lebensläufen, welche die Jugend der
unterschiedlichsten Personen aus allen Teilen Aventuriens zum Thema haben
sollen und als lehrreiche und erbauliche Lektüre gedacht sind. Auch
weiterhin bitten wir um die Zusendung eigener Werke, um sie an dieser
Stelle publizieren zu können. Man beachte dazu den Artikel von adeptus
maior Eborëus Zachariad in Ausgabe 131 (Artikel
einsehen...).
für die Redaktion,
Meisterin Sheddja
Geboren wurde ich im 5. Jahr vor der Regentschaft Hals an
einem schönen Sommermorgen, an dem Sonne und Regen einen prächtigen
Regenbogen geformt hatten, um mich auf Dere zu begrüßen. Sofort nahm mich
mein Vater in den Arm, hob mich hoch und rief immer wieder laut aus, ich
sei Emmerian, sein Junge, sein kleiner Magier. Doch so schnell es mich auf
Dere erreicht hatte, so bald verließ mich das Glück auch wieder, merkbar
daran, als meine Mutter behauptete, mein Vater wäre nicht mein Erzeuger
gewesen, mein leiblicher Vater also. Verzweifelt und verärgert über diese
Tatsache rannte mein Vater davon, um sich von dieser Buße rein zu waschen.
Doch schon wenig später erfuhr meine Mutter von seinem Tod, den er im
hastigen Kampf mit einem Dämonen verlor.
Meine Mutter zog mit meinen zwei älteren Geschwistern, Carmena und
Jurlianda, und mir zu meiner Tante, ihrer Schwester. Nur kurz nachdem
meine Mutter meine zwei jüngeren Geschwister, Jorgen und Harlia, zur Welt
gebracht hatte, erkrankte sie und meine zwei älteren Geschwister an einer
daimoniden Krankheit, wie man mir erzählte. Ich bekam gar nicht richtig
mit, wie meine Mutter vor sich hinsiechte – ‚krank ist sie eben’, meinte
ich oft. Eines Tages, als ich von zu Hause kam, war der Medicus anwesend,
gerade schlug er sein letztes Boronsrad über meiner Mutter. Als ich das
sehen musste, überkam mich ein Schwall von Gefühlen, denen ich nur
Ausdruck verleihen konnte, indem ich weinend vor das Haus lief. Die
Botschaft, dass selbst meine zwei großen Schwestern an diesem Vormittag
von Golgari geholt worden waren, brachte mich an einen Tiefpunkt, den ich
niemals dachte erreichen zu müssen.
Ich weilte noch ein weiteres Jahr bei meiner Tante und meinem Onkel, ein
gedienter Magier, dessen Geschichten mich als kleinen Jungen schon immer
fasziniert hatten. Selbiger schickte mich auch auf die Beilunker
Magieakademie, fernab von meiner Heimat, der aranischen Grenze zum
Lieblichen Feld. Ich aber hatte mich eben dem Waffenhandwerk verschworen
und schlich mich schon in meiner ersten Woche als Eleve von einem Traum
getrieben davon; ich versuchte mein Glück in einem Rondratempel. Nach
kurzer Zeit aber, als sie mein magisches Wesen entdeckt hatten, schickten
mich auch die Geweihten der Rondra wieder nach Beilunk, sagten mir, ich
könne dort meine magischen Fähigkeiten erlernen und trotzdem meinen
Rondradienst absolvieren.
Also strengte ich mich besonders an und nach acht Jahren Studium
absolvierte ich die Examinatio mit Bravour und stieg sofort als Leutnant
in das Armeewesen ein. Nach wiederum zwei Jahren härtester Arbeit wurde
mir der Dienst als Oberstleutnant vorgeschlagen. Doch in eben dem Moment,
in dem ich die Meldung freudigst annehmen wollte, war mir ein anderer
Speichellecker zuvor gekommen und ich hätte als Adjutant an seiner Seite
stehen sollen. Ich, beleidigt und verärgert aber, zog weg von Beilunk,
mein Glück alleine zu suchen, es herauszufordern und zu stellen.
Doch schon ein halbes Jahr später musste ich vernehmen, dass die
Heptarchien nun über Beilunk lagen und die Akademie nach Gareth verlegt
worden war. Ich hörte – dort angekommen – außerdem, dass viele, wenn nicht
gar alle meine früheren Studienkollegen im Kampf gegen die Heptarchen
gefallen waren. Ich, mir meiner militärischen Möglichkeiten bewusst,
verschrieb mich voll und ganz dem Kampf wider die Heptarchien. Auf dem Weg
stolperte ich über einen kleinen Kauz, welcher sich den Flügel gebrochen
hatte. Außerdem hatte er eine schillernde Kette um den Hals, die sich
nicht abnehmen ließ. Ich nahm mich seiner an und als sein Flügel verheilt
war, wollte er mich nicht mehr verlassen. Irgendwie scheint er mir
inzwischen gleich dick wie hoch zu sein und meine Schulter nur mehr höchst
selten zu verlassen.
Nachdem ich zwei Expeditionen mit harmlosem Beginn und schrecklichem Ende
in die Heptarchien erlebt hatte, setze ich mich einstweilen als Magister
in Arkania zur Ruhe, um mir dort eine profitable Existenz aufzubauen und
um neuen Eleven das zu zeigen, wovon ich glaube, dass es in der Magie
wirklich geht.
von: Philipp Radi Erschienen in Opus no. 133 am 9.12.2001. |