Palinai Azirai
Nirranor
Nunmehr 3. Artikel der Lebenslauf-Serie. Noch immer
nehmen wir Beiträge entgegen, mehr dazu in Ausgabe 131 (Artikel
einsehen...).
Ich wurde in einer eisig kalten Winternacht am 14. Hesinde
in der Taverne "zum goldenen Reiter" in Gareth geboren. Meine Mutter war
Besitzerin und Wirtin der selbigen. Meinen Vater kenne ich nicht. Er soll
ein Abenteurer aus dem tiefen Süden sein. Er nächtigte einige Male im
Wirtshaus meiner Mutter, und da wurde ich gezeugt. Scheinbar hatte mein
Vater Waldmenschenblut in sich, denn meine Haut ist dunkler als die der
meisten Garether.
Meine Kindheit war die eines einfachen Kindes in der
riesigen Stadt Gareth. Viel Zeit zum Spielen war aber nicht, da man als
Töchterchen einer Wirtin schon sehr früh allfällige Arbeiten verrichten
muss. Gemüse putzen, Latrinen schrubben, fegen, servieren und Bier zapfen.
Das konnte ich schon mit 4 und stand dabei immer auf einem wackeligen
Schemel.
Eines Tages kehrten zwei Magier bei uns ein und der ältere
der beiden erkannte in mir die Kraft, die mir Hesinde geschenkt hat. Am
nächsten Morgen steckte mich meine Mutter in mein Praiostagskleid, und der
Magier ging mit mir in die hiesige Akademie. Dort wurde ich von vielen
Männern und Frauen angesehen und untersucht; ich musste meinen Mund öffnen
und meine Zunge herausstrecken; sie fragten mich seltsame Dinge: ob ich
schon mal einer Katze das Fell gefärbt habe, ob ich mir ganz sehnlichste
Bonbons gewünscht habe und plötzlich waren welche da usw. Nein, all das
musste ich verneinen. Ich wurde dann rausgeschickt und setzte mich auf
eine große hölzerne Bank und wartete. Etwas später kam der Magier mit
einer Schriftrolle heraus, gab sie mir in die Hand und sagte: "Gib das
deiner Mutter. Sie soll hier vorsprechen." Ich machte artig einen
Knicks und ging heim. Am nächsten Tag zog meine Mutter ihr Praiostagskleid
an und ging fort. Mein großer Bruder und ich mussten ganz allein auf die
Taverne achten. Am Nachmittag kam sie zurück und sagte zu mir, dass ich in
einem Jahr nach Perricum gehen werde, um Magierin zu werden.
Mein Studium der Magica Contraria verlief recht normal.
Ich machte gute Fortschritte und meine Lehrer waren einigermaßen zufrieden
mit mir. Im vierten Studienjahr erlernten wir dann endlich den
Pentagramma Drudenfuß und das Wesen und Wirken der Kreaturen der
Niederhöllen. Obwohl ich und auch viele meiner Kommilitonen viele Nächte
voller Alpträume und schlechtem Schlaf durchzustehen hatten, faszinierte
mich dieses Thema ganz besonders. Viel meiner spärlichen Freizeit
verbrachte ich in der Bibliothek und stöberte in den Büchern, die die
siebte Sphäre zum Inhalt hatten. Ich wollte alles über diese Kreaturen
erfahren, um sie effektiver bekämpfen zu können.
Nach meinem Abschluss beschloss ich, mich auch weiterhin
mit dieser Thematik zu beschäftigen. Ich zog durch das Land, hörte mich
nach Dämonenerscheinungen und ähnlichem um. Mit Entsetzen erkannte ich
nach einigen Jahren, dass die Präsenz jener Kreaturen in der dritten
Sphäre rapide zunahm. Als ich wenig später diese Erkenntnisse der weißen
Gilde mitteilte, erklärten sie mir, dass dies wegen der Rückkehr Borbarads
sei. Man informierte mich umfassend, doch anstelle den Kopf hängen zu
lassen, wurde ich in meiner Entschlossenheit bekräftigt, etwas dagegen zu
tun. Ich bat den Gildenrat, mir ein Zweitstudium in der Akademie zu
Rashdul zu erlauben. Nach langer Diskussion und noch längerer Beratung
wurde es mir gestattet, jedoch musste ich die Gilde verlassen und mich den
grauen Stäben zuwenden. Für mich brach eine Welt zusammen und ich kämpfte
lange mit mir, bis ich eine Entscheidung fand. Ja, ich wollte es. Ich
wollte Dämonologin werden. Nur wer den Feind wirklich kennt, kann ihn
effektiv bekämpfen. Ich packte mein Bündel und ritt in den Süden.
Das Zweitstudium war schrecklich für mich. Interne
Zwistigkeiten in der Akademie, die Elementaristen hatten nur Verachtung
für mich übrig, und von den Kollegen des dämonischen Zweiges wurde ich nur
belächelt und nicht für ganz genommen. Doch ich biss die Zähne zusammen,
konzentrierte mich auf meine Studien und absolvierte mein Studium mit
Auszeichnung.
Am großen allaventurischen Magierkonvent trat ich dann den
grauen Stäben bei und verließ gleichzeitig die weiße Gilde. Bei diesem
Anlass bat ich das Kollegium auch mir die Formeln Furor Blut &
Sulphurdampf und Heptagon und Krötenei aus meinem Gedächtnis zu
löschen, da ich sie gekoppelt mit dem Reversalis Revidum als
eigenständige Formeln entwickelt und diese bereits gemeistert hatte. Ich
wollte niemals die Möglichkeit besitzen, niederhöllische Kreaturen
invocieren zu können.
Die nächsten Monde waren die schlimmsten und
arbeitsreichsten in meinem Leben. Meine Arbeit sprach sich schnell herum
und oft passierte es, dass ich gerade von einer Entschwörung müde und
geschafft nach Gareth zurückkehrend in mein Bett fiel, und doch schon
wieder an einem anderen Ort benötigt wurde. Ich war fast ausschließlich
unterwegs, und hatte ich mal wenige Tage Zeit, zu Hause zu verweilen, saß
ich über meinen Büchern und Aufzeichnungen oder half meiner Mutter in der
Taverne.
Nach der Dämonenschlacht dachte ich, dass ich jetzt etwas
mehr Zeit für mich hätte, doch da ging es erst richtig los. Immer wieder
kamen aus den Grenzgebieten Meldungen von dämonischen Umtrieben oder
seltsamen Vorfällen. Ich weiß nicht mehr, wie viele Dämonen ich
ausgetrieben habe, wie viele verstörte und dem Wahnsinn nahe Menschen ich
tröstete und ihre Seelen heilte.
Eines Tages kam ein Rondrageweihter zu mir und bat mich um
Hilfe. Seinen Bruder, einen bekannten Immanspieler aus Havena, hatte es in
Glorianas Eisreich verschlagen, und er war unwissentlich einen Pakt mit
dem eisigen Jäger eingegangen. Der Pakt wurde mit Hilfe der
Hesindegeweihtenschaft gebrochen, doch der Seelenzustand des Mannes war
labil. Ich nahm mich seiner an und therapierte ihn einen halben Götterlauf
lang. Ich denke, dass sein Geist wieder klar und gesund ist.
Etwas später bekam ich den Auftrag, eine Magierin aus dem
Gefolge Galottas aufzuspüren. Sie hatte sich mit Galotta zerstritten und
versuchte jetzt, ihr eigenes "Reich" aufzubauen. Mir zur Seite standen
Magus Thurgrim von Mirham, ein meiner Meinung nach zwar auf der Seite der
Guten kämpfender, aber dennoch durch und durch tiefschwarzer Magus, und
ein Kampfmagier aus dem Bornland mit Namen Sergej Nikolai Nagragski von
Gartimpen. Ein sympathischer Magus, der sein arkanes Handwerk gut
versteht.
Diese Magierin spürten wir dann an der Grenze zu Galottas Reich auf.
Leider – oder zum Glück – fanden wir sie in ihrem "Palast" tot auf. Ihre
eigenen Kreaturen hatten sie getötet. Dennoch hatten wir einiges zu tun:
Golems und Dämonen waren zur Genüge vorhanden. Ich brauchte fast zwei
Wochen, um alle zu exvocieren. Magus Sergej ging mir da sehr hilfreich zur
Hand.
Der Kollege aus dem Bornland kam daraufhin öfter zu mir
auf Besuch nach Gareth. Wir verstanden uns sehr gut. Nach einiger Zeit
merkte ich, dass ich mehr als Freundschaft für Sergej empfand, und auch er
gestand mir seine Liebe. Vor zwei Monden haben wir uns verlobt und werden
im nächsten Travia den Bund fürs Leben schließen.
Erschienen in Opus no. 134 am 16.12.2001. |