ACADEMIA LIMBOLOGICA publicat
Opus veritatis scientiæque
seit Praios 29 Hal


De Natura Daimonii

Von Chaos und Brodem – Abhandlung über die Wesenheiten der Siebenten Sphäre
verfasst von Meister Barius von Charypso
Magister der Academia Limbologica

"Siehe, das Unheil der Welt hat seine Wurzel im Brodem der Hölle, wenngleich jeder Ursprung des Chaos im menschlichen Geiste ist. Bannet das menschliche Laster sodann und sehet die Strahlen der Herrlichkeit, die die Finsternis darauf durchdringen. So sagt die Kirche des Praios. Doch ich sage: Seid ihr voll Macht und auch Wissen, so bannet nicht, was chaotisch und finster – ordnet es und macht es euch Untertan und erfahrt den Ursprung und die Wahrheit der Welt."
(Auszug aus dem Ma'zakaroth Schamaschtu – dem Daimonicon)

Seid gegrüßt ihr Gelehrten, Wissenden, Verblendeten und Narren - und seiet gewarnt. Diese Artikelreihe ist nicht gedacht als leichte Lektüre für den gelangweilten, es soll eine Abhandlung sein über die Welten der siebenten Sphäre und ihre Herrscher und Kreaturen. Es soll Warnung dem Unwissenden sein, sich nicht an Dinge zu wenden, von denen er nichts versteht, und es soll Leitfaden für den Interessierten sein, Denkanstoss und Hinweisschild für den Beschwörer. Ich werde hier die zusammengetragenen Erfahrungen meiner selbst und weiterer Beschwörer, die teils ungenannt bleiben wollen, teils von mir nicht genannt werden können, in Bezug auf die 12 Antigötter und ihre Wesen sowie deren Pakte und Beschwörungen darstellen. Dies ist daher keine "Scientia Suprema", kein absolutes Wissen, nur eine Aufstellung von Thesen und Erfahrungen. Ich werde dies tun in 12 Artikeln, die pro Mond einmal erscheinen werden.

Und so sei dieser erste Artikel ganz dem Daimon gewidmet, der dem Gott dieses Mondes – Efferd – als Gegenpol wirkt.

Partum primum
Die Allesverschlingende, Chrypsa, die Herrin der Tiefen, der Tod der Meere, Gebieterin der stürmenden See

"Es stürmte. Die Wellen schlugen heftig gegen das steil nach oben ansteigende steinige Riff und heftiger Regen machte es unmöglich weiter als wenige Meter zu sehen. Wir befanden uns hoch über dem tobenden Meer auf einer steil nach draußen vorspringenden Klippe, und doch schien es als würden uns die nächsten Wellen mit Haut und Haaren verschlingen. Wir waren zu zwölft. Die sechs großen Lehrmeister, bedeckt mit Seetang und Schlangenhäuten, hatten den Ort schon vor langem ausgewählt um nun hier mit uns durchzuführen, wofür wir gekommen waren. Alles war soweit. Das Heptagramm ward auf den Fels gezeichnet, 9 Menschen waren dem Meer geopfert worden, und ihre Essenzen standen in Behältnissen im Inneren des Beschwörungskreises. 3 Stunden dauerte die Anrufung bereits und immer wieder wurde inmitten unverständlichen Zhayads DER Name gerufen, der die Macht bringen sollte zu vollenden, was begonnen ward. Und dann war es soweit: Die Wellen begannen immer höher zu schlagen, der Sturm nahm gewaltige Ausmaße an und warf die Behältnisse mit den Flüssigkeiten um. Diese begonnen sich zu entleeren und ihr Inhalt rann über den steinigen Boden bis an den Klippenrand und ergoss sich, getrieben vom stürmischen Wind, in die Tiefe. Dort auf die Wasseroberfläche getropft lösten die Essenzen mit einem Male heftiges Brodeln und Zischen aus – Blasen mit seltsamen Gasen stiegen nach oben und zerplatzten an der Oberfläche des Wassers. Und dann schoss es hervor. Ein Wesen, wie ich es noch nie hatte sehen oder erträumen können. Eine riesige Schlange, und doch mehr als das. Sie ragte aus dem Wasser - 10 Schritt hoch - wie ein hölzerner Stab stand sie vor der Klippe und sah mit feurigen Augen direkt in das starre Gesicht des Beschwörers..."

Ja mit vielen Namen wird sie gerufen, unter vielen ist sie bekannt und schon lange – länger als die meisten der anderen Grauenvollen – wird sie gefürchtet aber auch verehrt und angebetet. Berichte von Charyptoroth, wie sie im Kreise der Magi genannt wird, stammen noch aus der ältesten Zeit Deres, wissen wir doch, dass die Echsen schon eine Göttin Namens Chrypsa verehrten und auch die Thorwaler seit jeher von der unbändigen Zerstörerin der Meere, der ewigen Feindin des Swafnir berichten. Dies alles ist leicht erklärbar durch die Eigenschaften dieses Daimons, die später noch erläutert werden. Und dennoch, trotz der so weiten Bekanntheit ihrer Existenz und ihrer ungeahnten Bedeutung seit der Wiederkehr des schwarzen Prinzen, muss ich gestehen, dass ich, obwohl ich zu den wenigen gehöre, die einer ihrer Beschwörungen bereits beiwohnten, sehr wenig bis beinahe nichts über diese Daimonie weiß.
Doch zuerst zur Antigöttin selbst: Chrypsa ist, wie erwähnt, eine alt gefürchtete Daimonin (wenn das weibliche Geschlecht hier angebracht sein sollte), was daran liegt, dass sie zur Klasse der Elementaren Konjugationen, oder wie manche meinen, Disturbationen oder schlichtweg der "Daimonii Elementares" gehört: Dies bezeichnet den Dämon als ein uns auf unbegreifliche Weise mit einem Element verbundenes Wesen – in diesem Falle dem Wasser. Wie auch ihr Gegenspieler Efferd ist Chrypsa mit all ihrer Derischen Macht an das Aquariat des Elementarherren des Wassers gebunden. Im Gegensatz zu den Daimonen der Mentalia (zum Beispiel dem Herren der Gier) und den Vitalia (wie der Herrin des Untodes) sind die Elementares sehr gegenwärtig, direkt in ihrem Streben, und ihre Taten und Untaten sind mit den Sinnen der Menschen meist leicht zu erkennen, da ja gesamtheitlich an ein Element gebunden. Meist ist ihnen daher von jeher sowohl Geschlecht als auch Gestalt zugedacht und stets werden sie im zugeschriebenen Element personifiziert. Mag dies nun erscheinen als seien diese Dämonen weniger chaotisch oder gar leichter zu verstehen als andere, so trügt der Schein, wie so oft auf diesem Gebiet des Wissens: In ihnen steckt mehr Widersprüchlichkeit und Gefahr als auf den ersten Blick erdacht: Sie streben in ihrem ganzen Wesen nach der Zerstörung und Perturbation nicht nur einer göttlichen Ordnung, sondern auch einer Elementaren Macht, und sind doch in ihrem Sein an die selbe gebunden wie kaum ein anderes Wesen. Ihre Macht ist daher von Hass, Zorn und Zerstörungswut gegen die Natur und ihre Gesetze genauso gerichtet wie gegen alles Göttliche auf der Welt. Wer sich mit der Beschwörung der Elementares einlässt, muss wissen, dass er nicht nur die göttliche Ordnung, sondern auch die Elementaren Grundfesten dieser Welt erschüttert und den Zorn der Herren der Elemente genauso ruft wie den der Götter.

Die Beschwörung:
Die Beschwörung eines Wesens aus der Domäne der Chrypsa spiegelt sich in den Eigenschaften der Antigöttin selbst: So aufbrausend und gewaltig sowohl das Meer als auch die Daimone ist, so aufwendig ist stets die Beschwörung einer ihrer Wesenheiten. Da es für elementare Konjugationen scheinbar Wege gibt, sie im jeweiligen Element als Daimoniden zu binden, sind die Beschwörungen oft nur Anrufungen eines Unwesens aus den Tiefen der Meere, von denen es mehr gibt als der Unwissende wohl ahnt, doch sind auch solche Anrufungen nicht weniger aufwendig. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass es die "kleine, leicht durchzuführende Beschwörung" in dieser Domäne nicht gibt: Die Wesenheiten dieser Antigöttin sind stets, wie sie selbst, aufbrausend wild, gewaltig in Größe und Macht und auch durstig nach direkter Zerstörung. Es ist daher kaum denkbar allein eine solche Beschwörung anzugehen. Zumindest drei Beschwörer sollten sich stets mit einigen Gehilfen zu Werke begeben um der gewaltigen Macht des Meeres und seiner Unwesen standhalten zu können.
Der Ort einer solchen Rufung muss stets das Meer oder zumindest ein größeres Gewässer sein, ein Klippe über den Wellen oder ein Schiff auf offener See.
Die Zahl des Meeres ist unter Beschwörern die 69, beziehungsweise ihre Zifferndifferenz 3 oder ihre Ziffernsumme 15. Die Differenz aus 15 und 3 ergibt 12 und die Summe ergibt 18, eine Zahl teilbar durch 6 und 9 wie sie in neunundsechzig beide auch enthalten sind. Doch durch all diese Zahlen – 69, 3, 12, 18 zieht sich wie ein roter Faden die 6 als Ziffernteil, Teiler oder vielfaches und so ist als Zeit der Beschwörung die 6 oder ihr Äquivalent die 18, die schon erwähnt wurde – also der Abend zu wählen.
Auch sollte die Zeit der Flut vorherrschen (die Zeit des hohen Mondes), denn je höher und stärker das Meer, desto größer die Macht der Chrypsa.
Da die Beschwörung nicht in der Nacht stattfindet und Praios' Antlitz zu vermeiden gilt, ist die Zeit der kurzen Tage zu wählen und ein Tag an dem der Himmel bedeckt ist. Ein Gewittersturm oder Regenschauer würde zusätzlich den Vorteil bringen, dass auch die Luft mit Wasser angereichert ist und die Beschwörung noch leichter vonstatten geht.

Paraphernalia:
Um den Daimon oder auch Daimoniden zu beschwören und ruhig zu stellen bediene man sich hier stets sehr aufwendiger, doch wirkungsvoller Zutaten:
Stets soll bei der Beschwörung ein Opfer gebracht werden: Besonders geeignet erscheinen Wesen des Efferd, Fische und Meeresbewohner. Doch auch menschliche Opfer (jedoch sei davon hier abgeraten) wurden einst in Charypso verwendet, als man 12 Sklaven zu diesem Zwecke an 6 aufeinander folgenden Tagen ertränkte, um die Stelle der Beschwörung zu weihen.
Auch ist jede Form von lebendiger Flüssigkeit ein wichtiger Bestandteil der Beschwörung: von je einem Gehilfen sollte in den Reihenfolgen der Flüssigkeiten im Körper von oben nach unten und außen nach innen, Schweiß, Speichel, Urin, Gewebesaft und Blut ins Wasser der Beschwörung ergossen werden.
Als besonderer Stein ist nicht, wie fälschlich oft geglaubt, der Aquamarin, sondern die Schwarze Perle der Muscheln der Meere geeignet und beweist sich als besonders wirkungsvoller Kraftfokus.
Weiteres: Splitter gesunkener Schiffe, schwarze Korallen und Knochen und Splitter efferdgefälliger Meeresbewohner.
Vom Tragen efferdgefälliger oder göttergefälliger Symbole oder Zeichen sei hier – wie allgemein bei Beschwörungen – abgeraten! Dies stimmt Dämonen zumeist unruhig und wütend. Auf der anderen Seite hat es keinen Nutzen, denn kein Gott würde dem Beschwörer in der Not helfen – wer sich von den Gesetzen der Götter entfernt, entfernt sich auch aus deren Schutz.
Der Beschwörer selbst soll nicht die Haut oder Bestandteile eines efferdfreundlichen Wesens, wohl aber echsische oder drachische Schuppen bzw. die Haut einer Seeschlange tragen, was dem Dämon die seelische Verwandtschaft mit dem Beschwörer zeigen soll.
Um noch stärker zu vermeiden, dass der Daimon die Menschlichkeit des Beschwörers erkennt, ist es ratsam das Gesicht bis auf die Augen zu verbergen.

Daimonische Essenz:
Wie bei allen Elementares ist es auch hier möglich daimonische Essenz zu rufen und zu binden um entweder Paraphernalia oder sonstige alchimistische Stoffe zu gewinnen.
Hier sei eine solche Essenz beschrieben: Das Daimonensalz.
Man nehme dazu Wasser aus dem Meer. In dieses gebe man schwarze Essenz (siehe früherer Artikel im Opus) oder zumindest menschliches Blut. Man reibe Extrakte aus Muscheln und Fischen hinzu und rühre mit einem Stab aus schwarzen Korallen, bis sich die Suppe tief braun verfärbt. Nun destilliere man alles ab bis nur noch ein Rückstand aus Meeressalz verbleibt und rufe währenddessen 12 mal den Namen (wahr) der Herrin des Meeres.
Das nun gewonnene Salz - wenn in Wasser gestreut - löst darin heftiges Sprudeln und Wellenbewegungen aus und kann im Meer sogar für Wellengang sorgen, der einem kleineren Boot gefährlich werden kann. In einer Beschwörung ist es sehr gut zu verwenden und damit verunreinigtes Wasser hat, wenn getrunken, seltsame Effekte: Es raubt dem, der es trinkt, alle Körperflüssigkeiten und der Vergiftete beginnt zu erbrechen und sich nach hinten zu entleeren bis ihm kein Tropfen mehr im Leibe ist und er stirbt. Lange dachte man daher dies wäre ein Gebräu des Herren der Seuchen.

Der Pakt mit der Herrin der Meere:
Ad Primum ist zu betonen, dass kein Pakt mit egal welchem der Erzdaimonen auf Dauer von Vorteil sein kann. Dennoch behaupten manche, dass ein Pakt mit elementaren Konjugationen weniger gefährlich und Erfolg versprechender für den Paktierer sei, da diese Daimonen nicht derart subtil und verschlagen agieren wie die Mentales.
Zu erkennen ist der Paktierer der Chrypsa meist daran, dass er besonderen Hang und Abhängigkeit vom Wasser beweist, in das er schlussendlich auch versinken wird um sein letztes Ziel zu empfangen. Diese Menschen fühlen sich auf trockenem, festen Land zunehmend unwohl, sind aufbrausend und launenhaft unbeherrscht und leichtsinnig, weshalb sie oft schon zu früh an weltlichen Zwischenfällen zugrunde gehen als durch den Pakt ums Leben zu kommen. Da diese Beschreibungen auf die meisten Piraten und Seefahrer auch zutreffen, ist es teilweise trotz deutlicher Anzeichen schwer einen Paktierer zu identifizieren. Auch das Auftreten von Schuppen oder echsen- und amphibienähnlichen Anzeichen sind Hinweise auf einen derartigen Pakt. Allgemein muss wohl gelten: Traue keinem Geschuppten und keinem Menschen, der das Meer dem Land als Heimat vorzieht.

von: Daniel Junker
Erschienen in Opus no. 147 am 24.3.2002.


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