Über die Niederlage
im Kampf...
Sechster und letzter Teil der Reihe von Auszügen aus dem Tagebuch des Kriegers Reochaid Ynlais.
Gegen Ende meiner Ausbildung an "Rondras Ehre" wurde mir immer öfter
bewusst, dass ich im Schwertkampf einer der besten meines Jahrganges war.
Auch mein Lehrmeister hatte mir dies schon oft bestätigt und ich fühlte
mich allem gewachsen, was da kommen mochte. Doch ich wusste zugleich
natürlich auch, dass ich irgendwann - vielleicht schon früher, als mir
lieb war - eine Niederlage hinnehmen musste. Ich wusste schon auf der
Akademie nicht gut mit Niederlagen umzugehen, doch zumeist gingen unsere
Übungskämpfe nicht so weit, dass man tatsächlich von einer Niederlage
sprechen konnte. Dennoch machte ich mir Sorgen, war mir doch das Gefühl zu
verlieren mehr als nur unangenehm. Und so fragte ich meinen Lehrmeister
eines Tages:
"Meister, was soll ich machen, wenn ich meinen ersten Kampf verliere?"
Und er antwortete:
"Alle Schlachten im Leben dienen dazu, uns etwas zu lehren. Auch die, die
wir verlieren. Wenn du älter bist, wirst du entdecken, dass du Lügen
verteidigt, dich selbst getäuscht und wegen Nichtigkeiten gelitten hast.
Wenn du ein guter Krieger bist, wirst du dich deswegen nicht schuldig
fühlen. Aber du wirst denselben Fehler nicht noch einmal begehen.
Denn ein Krieger akzeptiert die Niederlage. Er behandelt sie nicht so, als
wäre sie keine, versucht aber auch nicht, sie in einen Sieg umzumünzen. Er
ist bitter gekränkt, und die Gleichgültigkeit und die Einsamkeit lassen
ihn schier verzweifeln. Doch danach leckt er seine Wunden, rappelt sich
auf und fängt von vorne an. Ein Krieger weiß, dass der Krieg aus vielen
Schlachten besteht, und er schaut nach vorn."
aus dem Tagebuch von Reochaid Ynlais
von: Philipp Schumacher Erschienen in Opus no. 147 am 24.3.2002 als Reaktion oder Fortsetzung zu Über die Verantwortung.... |