Die Psychologie des
Chimärs
Chimäre! Bei diesem Wort denken die meisten wohl an die
Schwarzen Horden des Borbarad. Bösartige Mantikore oder irrsinnige
Harpyien mögen dem Leser in den Sinn kommen. Die magietheoretischen Aspekte
dieses Themas wurden an dieser Stelle schon behandelt. Ich hatte jedoch
die Möglichkeit in meinem Haus über längere Zeit mit einem
Bären-Mensch-Mischwesen zusammenzuleben. Meine Erfahrungen will ich euch,
werte Kollegen, hier zur Verfügung stellen.
Zuerst möchte ich euch, werte Leser, die Hintergründe
meiner aufschlussreichen Studie schildern.
Vor etwa 3 Monaten bekam ich überraschenden Besuch von einem alten
Bekannten namens Sean Grambusch, mit welchem ich damals, als ich noch jung
und unbeschwerter war, durch die Lande zog. Im Gegensatz zu mir hat er das
Abenteuerleben jedoch nicht aufgegeben, denn er trug die Gewandung des
Reisenden und war in Begleitung eines Magus der Festumer Schule sowie 2
Gestalten, die wohl einem der zahlreichen Barbarenvölker aus dem hohen
Norden entstammen. Nun will ich euch, werter Leser, nicht mit
Privatgeschichten langweilen, denn das eigentlich Erstaunliche war der
Grund des Besuches. Die Gruppe hatte wohl vor kurzer Zeit den Turm eines
Schwarzmagiers ausgehoben, wie Sean so etwas zu nennen pflegt. Als
ehemaliges Mitglied der Schwarzen Gemeinschaft bin ich mir über die
Geschmacklosigkeit dieser Formulierung bewusst. Auf jeden Fall hatten sie
in diesem Turm außer dem Magier und seinen Komplizen noch einen Chimären
gefunden. Da sie dieses Wesen bewusstlos schlagen konnten ohne es zu
verletzten, bestand Sean darauf das Wesen zu mir zu bringen. Dass er sich
mit dieser Meinung gegen seine 2 großen Gefährten durchsetzten konnte,
zeugt von seiner natürlichen Autorität. Sicher war mir klar, dass dieses
Chimärenwesen, welches wohl aus einem Menschen und einer undefinierbaren
Bärenart erschaffen wurde, ein Risiko für mich, und erst recht für meine
Tochter Tsaja darstellte. Ich weiß nicht, ob es Travias Gnade oder Hesindes Neugier
war, aber am Ende rang ich mich dazu durch das Wesen bei mir aufzunehmen.
I. Die Leibesuntersuchung
Nachdem ich das Wesen in dafür geeigneten Kellerräumen
untergebracht hatte, begann ich damit seinen Leib zu untersuchen. Die
Untersuchung zog sich über 3 Tage hin und ergab folgende, für die
spätere psychologische Abhandlung wichtige Ergebnisse.
Gesundheitszustand: Das Wesen befindet sich in
einem Zustand der Bewusstlosigkeit, welcher untypischerweise schon eine
Woche anhält. Atmung und Pulsschlag sind, nach Schätzungen anhand der
Körpergröße, verlangsamt. Der Schlag, welcher zur Bewusstlosigkeit führte,
wurde mit der stumpfen Seite einer Axt geführt, nach meiner Einschätzung
wohl eine zweihändig geführte. Der Schädelknochen scheint nicht gebrochen,
es ist jedoch eine deutliche Quetschung einhergehend mit einer
Unterhautblutung zu erkennen.
Körperliche Merkmale: Das Wesen ist 1,80 Schritt
groß. Es hat, im Verhältnis zum mittelländischen Mensch, eine sehr breite,
stämmige Schulterpartie. Auch Bauch und Gesäßbereich ist stärker
ausgeprägt als bei Menschen. Auch Arme und Beine sind dicker als bei
Menschen, jedoch ohne dabei herausgewölbte Muskelgruppen erkennen zu
lassen. Die Behaarung ist am ganzen Körper regelmäßig, spart auch das
Gesicht kaum aus, ist jedoch auch auf dem Kopf nicht dichter als am Bauch
oder anderswo. Sie ist jedoch eher dünn und ohne echten Kälteschutz. Die
Zahnreihen sind kräftig und scharfkantig, jedoch in Richtung und Größe
unregelmäßig. Fuß und Zehennägeln erscheinen mir menschlich, sie sind
allenfalls etwas dicker und fester. Die Haut unter dem Pelz ist dicker,
ledriger und von unregelmäßig brauner Färbung. Die Gesichtszüge erscheinen
recht menschlich, jedoch kann man an der Form der Wangenknochen und an den
Ohren die Nähe zum Bären erkennen Alle hier nicht explizit erwähnten
Köpermerkmale entsprechen denen eines männlichen Menschen von etwa 30
Jahren..
Schlußfolgerungen: Die Verschmelzung der beiden
Lebewesen kann nur als stümperhaft bezeichnet werden. Die menschlichen
Merkmale überwiegen, jedoch ist durch die Veränderung eine gewisse
Unförmigkeit eingetreten. Die Körperform ist nicht ganz zusammenpassend,
das Wesen macht einen plumpen ungeschickten Eindruck. Die Zahnreihe ist
unfunktional. Die Einbußen an Aussehen und Geschicklichkeit, welches das
Wesen mutmaßlich hat, werden meiner Einschätzung nach nicht durch besondere
Stärken in anderen Bereichen wettgemacht.
Fast will ich von einer Fehlzüchtung sprechen, jedoch hält mich die
relativ hohe Menschlichkeit des Wesens davon ab.
Die Ausführungen über Erwachen und Verhalten des Wesens
will ich euch in ein paar Tagen nachreichen, da ich meine Arbeiten hier
noch abschließend ordnen will.
(leider fehlte der Name des Autors)
Erschienen in Opus no. 159 am 24.6.2002.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Die Psychologie des Chimärs II. |