Prüfungsarbeit aus
der Facultas Sumui Transformatoricae, Fachgebiet Herbarium und Bestiarium
Erneut ist es mir eine außerordentliche Freude unserer
geneigten Leserschaft im folgenden einen Artikel präsentieren zu dürfen,
welcher die leicht revidierte Fassung einer Prüfungsarbeit an unserer
Academia darstellt. Wie bereits in vorigen Opera gilt, dass sich die
geschätzte Leserin von dieser Arbeit keine hochtrabenden und neuen
wissenschaftlichen Erkenntnisse erwarten mag, sondern anhand dieses
Skriptes die Qualität der Arbeiten an der Academia Limbologica ermessen
und diese Arbeit im speziellen als Maßstab heranziehen kann.
Nenne mir die Eigenschaften des Feenhutes und beschreibe
eine selbst
erdachte Anwendungsmöglichkeit desselbigen. Orientiere dich dabei an
vorhandene Rezepten der Kräuterkunde und Alchimie. Gehe auch auf
eventuelle
Gefahren näher ein. Sodann zeichne ein Abbild des Feenhutes nach deinen
eigenen Gutdünken oder - falls in der Bibliothek auffindbar - als Copie
einer Illustration.
Über den Pilz, den wir gemeinhin als Feenhut kennen, lässt sich im
allgemeinen recht wenig sagen, so beruhen die meisten Fakten über diese
Pilzart auf Annahmen und Vermutungen.
Dennoch sei hiermit das beste getan, neues über den Feenhut in Erfahrung
zu bringen:
Der Feenhut lässt sich in die Gattung der Hutpilze einordnen. Dabei wird
er selten größer als ein Pfifferling. Der knapp Hellergroße Hut läuft
spitz zusammen, dessen Ränder schlagen von einem fast weißlichem Ton in
ein dunkles Violett um. Die Lamellen werden wieder um einiges heller,
werden fast rosig.
Doch ist der Feenhut der Feenkappe recht ähnlich und so mancher
Pflanzenkundler verwechselte diese schon. Man merke sich deshalb, dass der
eigentliche Unterschied in der Form des Hutes liegt. So es beim Feenhut
eine kegeliger Hut ist, ist es bei der Feenkappe annähernd parabolisch.
Was etwaige Farbvariationen betrifft sind sich die Pflanzenkundigen nicht
einig, Fakt ist jedoch dass es in TSA’s und PERaine’s Willen steht uns
Menschen mit stets neuen Kreationen zu überraschen.
Zu finden ist dieser Kleinpilz ausschließlich in den nördlichen Wäldern
Aventuriens, vornehmlich in den Forsten der Gjalsker Hochländer und den
hiesigen Mooren, denn wie die meisten Pilze, ist für deren vornehmliches
Gedeihen ein feuchtes Biotop maßgebend.
Hauptsächlich ist der Feenhut als Einzelpilz aufzufinden, er ist nicht wie
andere Gattungen durch einen Wurzelstock miteinander verbunden und
vermehrt sich nicht mit Ablegern. Vielmehr scheint seine Verbreitung
magischer Natur zu sein und die astralen Netze ebenso wie Feuchtigkeit und
Humus einen Faktor zur Verbreitung und des Gedeihens darzustellen.
Die Gefahren der Anwendung dieser Pflanze sei jedoch nicht unerwähnt.
Dadurch dass es sich bei dem Feenhut um eine weitreichend unerforschte und
seltene Pilzpflanze handelt, können nicht alle möglichen Nebenwirkungen
analysiert werden und oft nur Vermutungen angestellt werden.
Was wir vom Feenhut wissen, eignet er sich nicht unbedingt als Speisepilz,
ist wenig genießbar, aber ungiftig.
Erst die astralen Muster können weitreichende Konsequenzen bedeuten. So
etwa wenn sich die Struktur des Herbariums mit der eines nicht arkanen
Wesens vermischt, so etwa durch Verzehrung, kann es zum Schock oder zum
Kollaps bestimmter Verdauungsorganen kommen.
Da diese Pflanze fast immer an magisch durchflossenen Orten zu finden ist
und nach Erzählungen Portale in die Anderswelt abgrenzen soll, ist die
Natur der Pflanze selbst durchaus mit die transsphärischen Portalen
verbunden. So liegt die Vermutung nahe, dass bei unmäßiger Dosierung bei
der Verarbeitung, der Anwender das Licht (die Verbundenheit) der magischen
Netzte grell leuchtend erkennen kann, was eine übermäßige Belastung des
Sehsinnes und eine nachhaltige Beeinträchtigung bedeuten kann.
Als Unterstreichung meiner Annahme, der Verbundenheit des Feenhutes mit
den Sphärologischen Attributen, sei dieser Extrakt der Reiseberichte des
wandernden Magus und Kräuterkundigen Ilyan Encuerno Ostrafan:
„...und so machte ich mich auf den nostrischen Steineichenwald zu
durchforsten. Ein abgerissener Waidmann erklärte sich nach langer
Fragestellung und einigen spendierten Krügen Ferdoker, bereit mich in den
Wald zu führen, wo ich das wegen seiner besonderen Heilkraft bekannte
Belmart-Blatt in übermäßiger Häufigkeit vermutete.
Am nächsten Tage brachen wir auf und alsbald hieß ich den Waldläufer mich
abseits der Trampelpfade zu unbesehenen Plätzen zu führen. Doch meine
Erwartungen wurden bitter enttäuscht, im ganzen Wald war nicht ein Blatt
des heilmächtigen Herbae zu finden. Müde und zornig legte ich mich des
Mittags an einem alten Baumstamm nieder und las in meinen Aufzeichnungen.
Doch als ich da über den Rand meines Buches spähte, welch wundersames
Gebilde der Schöpfung konnte ich da erblicken. Im Scheine des nur schwach
einfallenden Lichtes, wurde mir da zwischen den bemoosten Stämmen ein
Pilzkreis offenbar, dessen ich hätte schwören können, vorher noch nicht da
gewesen zu sein. Zögernd näherte ich mich dem Kreis und bemerkte auch
gleich, dass Fußspuren dorthin führten und neben dem Kreis lag in das Moos
eingesunken der Bogen des Waidmannes!
Als ich mir die Pilze genauer betrachtete, ihren weißlichen spitzen Hut
mit den violetten Rändern und den weißen Stengel, die rosigen Lamellen
bestätigten meine Annahme, dass es sich hierbei um den Feenhut handelte.
Doch in dieser Anzahl, in einem Kreis, zu einem sogenannten ‚Feentor’
versammelt, die zugehenden Fußspuren die sich davor verlieren, der
Bogen... Dies machte mich stutzig. So mied ich den Kreis zu betreten und
besinnte mich auf die Geschichten über den Feenhut.
Ich beschloss einen Analüs Arcanstructur zu wirken. In dem Moment in dem
ich die Worte gesprochen und die Muster gewebt hatte, da war alles erfüllt
durch einen grellen Blitz. Ich erkannte Muster und starke Kraft vor mir,
die ich nicht überblicken konnte. Ich starrte in den Strudel der Kraft im
Limbus, die verwobenen Strukturen gingen ins Unendliche. Transsphärische
Bewegungskomponente gekoppelt mit elementaren Manifesten waren da in einer
derartigen Stärke. Geblendet fiel ich zurück ins weiche Moos und selbst
als der Zauber verflogen war, ich konnte nichts mehr erkennen, mein
Augenlicht war geblendet von der Magie des Limbus...“
Des weiteren sei meiner Arbeit eine Verarbeitungsmöglichkeit des Feenhutes
hinzugefügt:
„Salbe des inneren Auges“
Rezeptur:
1 Feenhut; eine Alraune; 5 Unzen Tran; 1 Eulenfeder; 7 Schlangenschuppen; 1
Skrupel Diamantenstaub, den Spross eines Kairanrohres; 7 Maß reinstes
Quellwasser
Zubereitung:
„Ersonnen wurde dies Rezept von einem Scolaren zu einer wichtigen
Examinatio.
Der Zeitpunkt der Brauung dieses Trunkes sei in die Nacht zu verlegen ,
wohl am besten in klare in denen das Licht der Sterne und des vollen
Madamals ungehindert zu uns dringt. Auch sei es nur hilfreich dies im
Hesindemond zu vollführen.
Zufürderst nehme man einen wohl 7 Maß fassenden Kessel reinsten
Quellwassers. Nebenher hitze man schon ein Feuer an, zur weiteren
Verarbeitung.
Die Alraune sei derweil anzuritzen und aus den Rissen, welcher der Zahle
12 genau sei, presse der Kundige den arkanen Saft des Gewächses. Dieser
sei in einer Schale aufzufangen, der Diamantstaub sei hier hinzuzurühren.
So der trübe glasige Saft durch und durch schimmert wegen der Brechung des
Lichtes der Sterne und des Madamals. Wohl eine Stunde soll sich dies
aufklaren und verdicken unter dem Lichte einer klaren kalten Nacht.
Derweil sei der Spross des zaubermächtigen Kairans in das Wasser zu legen.
Dann zerreibe man den Schaft der Eulenfeder und streue dies zusammen mit
den Schlangenschuppen in die zähflüssige Masse.
Hierin sei der Feenhut als ganzes zu setzen und als ein Klumpen in der
Masse eingehüllt setzte man dies in den Kessel. Dann sei das Wasser zum
Kochen zu bringen und man schüre das Feuer wohl so sehr, auf dass es bis
zum nächsten Morgen nicht mehr erlische.
Denn dann, hatte sich Kraft aller Substanzen vereint und sie hat sich als
Salbe am Boden verfestigt.
Eine einfache Mixtur, die trotz ihrer simplen Bestandteile eine recht
angenehme und erstaunliche Wirkung zeigt. So streiche man sich, so eine
Analyse oder gar ein schwieriger Zauber bevorsteht dies auf die
Augenlider. Es wird dem Zauberkundigen mache Hilfe erweisen und ihn
aufmerksamer beim Binden von Fäden. So sei es auch als ein Paraphernalium
für ein Ritual verwendet.
Als solche Maße, wohl konserviert halte es sich schätzungsweise drei
Jahre.“
Probe: +1
Wirkung:
M – der Anwender erkennt vor seinem inneren Auge das magische Leuchten des Limbus und wird geblendet. Er ist für W20 KR nicht fähig einen Zauber zu
wirken oder gar zu kämpfen.
A – der Zaubernde erkennt beim Wirken eines Hellsicht und Analysezaubers
die arkanen Muster fasst wie greifbar, somit sind derlei Proben um 1
erleichtert und einen Astralpunkt billiger
B – wie bei A jedoch um 2 AsP weniger
C – das Wirken wird vor einem inneren Auge derart stark, sodass die Hellsichts- und Analysezauber um 2 Punkte erleichtert und 2 AsP weniger
sind.
D – dergleichen, jedoch alle Zauber um 2 Punkte und 2AsP
E – wie D, die arkanen Fäden und Muster bewegen sich wie bereitwillig nach
dem Willen des Zauberers; 3 Punkte und 2 AsP
F – der Zaubernde erkennt das Wirken der Magie um sich und das Licht des Limbus scheint heller als Praios Antlitz, es erscheint eine ähnliche
Szenerie wie beim Oculus Astralis. Vor dem inneren Auge des Zaubernden
formen sich selbst schwierige Zauber fast wie von selbst (Erleichterung 5
Punkte und 3 AsP weniger Kosten), doch ist dieser nach dem Wirken des
Zaubers de facto erblindet. Kampfzauber werden (außer gegen magische,
dadurch leuchtende Gegner) sinnlos, auch kann er auf nichts zugreifen für
das ein geregelter Sehsinn erforderlich wäre, an Kampf gar nicht zu
denken. Die Blendung bleibt W6 SR und es besteht die Gefahr (bei 15-20 auf
W20), dass eine solche Blendung nach W6 Tagen des Einsatzes der Salbe,
eine erneute Blendung (mit all ihren Folgen) eintritt.
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Kommentar und Beurteilung durch Meisterin Sheddja:
Die Recherchen wurden gut und sorgfältig durchgeführt und alle wichtigen
Details zum Feenhut angeführt. Auch die Kohlezeichnung zeugt von einem
guten Verständnis der pflanzlichen Anatomie und einer hervorragenden
Beobachtungsgabe und viel Fleiß. Bei der Erstellung des Rezeptes wurden
zwar viele Aspekte der Alchimie berücksichtigt, doch mag etwas, das nur so
klingt wie das Rezept eines großen Meisters der Alchimie, nicht dieselbe
Wirkung zeigen. Nicht umsonst werden sämtliche Rezepte auf Skrupel genau
von Generation zu Generation an den Akademien weitergegeben. Für weitere
Studien wäre es anzuraten, sich zufürderst mit klassischen Rezepten der
Kräuterkunde zu beschäftigen, bevor man sich tiefer in die Mysterien der
Alchimie wagt. Summa summarum kann dieser Prüfungsabschnitt als mit Erfolg
bestanden angerechnet werden.
von: Marco Dworschak Erschienen in Opus no. 160 am 30.6.2002 als Reaktion oder Fortsetzung zu Prüfungsarbeit aus der Facultas Anatomica vitae mortusque, Fachgebiet Beschwörung & Beherrschung II.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Prüfungsarbeit aus der Facultas Limbologicae et Sphaerologicae.
Im Ungewissen Dunkel
Was macht unser Wesen aus? Wer bin ich? Diese Frage
beschäftigt so ziemlich jedes Geschöpf auf Dere. Wir sind ständig auf der
Suche unseren Sinn in diesem großen ganzen symbiotischen Komplex zu
finden, den wir so simpel als unsere Welt bezeichnen. Klar, natürlich. Wir
sind Lebewesen, die von den Göttern die Gnade erhalten haben, auf Dere
weilen zu dürfen, zu atmen und zu agieren. Ob nun ein hesindegesegneter
Gelehrter oder ein ungebildeter Stallbursche, der sich des Nachts neben
den Schweinen zur Ruhe legt, besitzen wir doch alle nicht das Wissen, um
die Frage, wer wir eigentlich sind.
Was unsere Suche angeht, so sind die Ambitionen in dieser
Hinsicht sehr unterschiedlich. Sagen doch manche verliebten Paare oder
frei arbeitende Bauern auf dem Lande, sie wären mit ihrem Leben zufrieden.
Sie wären rechtschaffend und glücklich. Andere behaupten von sich
ausschließlich ihrem Gott, ihrer Göttin oder allen Zwölfen zu dienen.
Amazonen legen ihr Leben in Rondras Hände und leben nach den Prinzipien
der Ehre im Kampf. Magier suchen in Hesindes Namen nach Wissen und
Fortschritt, nach neuen Möglichkeiten, nach neuen Zaubersprüchen in der
Vergangenheit und in der Zukunft. Wir definieren uns über unseren Beruf,
über unsere Herkunft und unsere Umwelt, sogar über den Monat unserer Geburt.
Doch sind wir dies tatsächlich? Sind wir nicht eher das Produkt dessen, was
wir tun, ja sogar von dem, was wir denken? Treiben uns düstere Gedanken nicht
in die Dunkelheit und bringen uns heitere Tage nicht wieder ans Licht?
Lange Jahre habe ich damit verbracht herauszufinden, wer ich bin, was ich
will, welchen Beruf ich ausüben möchte, ob ich zum Guten oder zum Bösen
gehöre.
Je länger ich mich mit diesen Fragen beschäftigte, umso deutlicher wurde
mir, dass niemand im eigentlichen Sinne als Gut oder Böse zu bezeichnen
ist. Oder besser gesagt, es ist gar nicht so richtig zu definieren.
Von Kindheit an, war ich versucht mich an allem zu
erfreuen und mein Leben so schön wie möglich zu gestalten.
Doch was habe ich damit erreicht? Ein Schneesturm in der Wüste, ein
Zirkusbrand. Meine Stiefeltern starben, weil sie mir auf dem Trapez
zuschauten, als der Brand ausbrach, dessen Ursache bis heute noch
ungeklärt ist. Wären sie an diesem Abend zu Hause gewesen, hätte das
kleine sechsjährige Mädchen nicht ihre Familie verloren. Die Familie, mit
der sie schon aus ihrem Heimatdorf fliehen musste. Sie war das
Unglückskind mit den weißen Haaren in einem tulamidischen Dorf, das mit
unheilvollen magischen Kräften beseelt war und dessen Eltern verzweifelt
versuchten, mit ihr zurecht zu kommen. Die kleine Sajida, auf der
Türschwelle gefunden, und wohl das größte Geschenk, das Nahema und Kasim
glaubten bekommen zu können. War es am Ende meine Schuld, habe ich diese
Tragödie sogar verursacht? Ich erinnere mich nicht mehr daran.
Das Kind wuchs nun alleine auf. Im Schutz der Zirkusleute und von
Waisenhäusern ungesehn, lebte sie fünf Jahre in dem Haus ihrer
verstorbenen Eltern.
Dann traf sie auf einen Magier. Eine Persönlichkeit mit einer begnadeten
Begabung für die arkanen Künste, und nach einiger Zeit wurde sie seine
Schülerin. Ein Mann, der nie einen Schüler wollte, nahm mich bei sich auf
und sorgte für mich. Ein kleines Mädchen, mit der Kraft und dem magischen
Talent eine große Magierin zu werden und der großen Schwäche sie nicht
kontrollieren zu können. Zu groß war die Differenz der Mächte, die mir in
die Wiege gelegt wurden. Ein Halbkind und Unglücksbringer des Volkes.
Der Vater ein Magier aus dem Norden, die Mutter eine Firnelfe im ewigen
Eis verborgen.
Bin ich ein Mensch oder eine Elfe?
Diese Frage stellte sich mir nie. Hörte ich auch von armen Geschöpfen, die
nicht wussten zu welchem Volk sie gehörten, mich konnte das nie belasten.
Denn schließlich gelang es mir doch Kontrolle über meine Fähigkeiten zu
erlangen.
Mein Unvermögen mich für eine Richtung zu entscheiden... Magierin,
Akrobatin oder gar eine Kriegerin, brachten nur meinen ehrbaren
Lehrmeister in große Schwierigkeiten.
Und so war es nur eine Frage, die mich wirklich beschäftigt hat. Bin ich
Böse?
Jetzt werden sich die Herrschaften fragen, weshalb denn nun? Eine Halbelfe
ist dem abergläubischen Volk ein Unglücksbringer, aber an sich nur eine
Mischung zwischen einem Mensch und einer Elfe. Wieso Böse?
Nun, ich will niemanden länger warten lassen, als nötig.
So war der Tag, an dem die Firnelfe Shayarielle Firnruf ein Kind gebar, der
Dritte der Fünf.
Einer der unglückselige Tage, deren bloße Erwähnung die Menschen in
Schrecken versetzt und die uns jedes Jahr heimsuchen.
Was passiert mit einem Kind, das mit dem Mal des
Namenlosen geboren wurde?
Diese Säuglinge werden oft sich selbst überlassen. Sie werden ausgesetzt,
sogar getötet, sofern sie nicht so schrecklich entstellt wurden, dass ihre
kleinen Körper nicht des Lebens fähig sind. Die Wenigen, die das Glück,
oder besser Unglück haben, das Licht des Praios zu erblicken, sind
schreckliche bedauernswerte Geschöpfe, die niemals Freude erleben können.
Sie werden gemieden, gehasst, verfolgt, verlieren ihren Verstand an den
dunklen Gott ohne Namen.
Sind diese Kreaturen, so will ich sie hier nennen, denn im eigentlichen
Sinne als Böse zu bezeichnen? Es war zweifelsfrei der Einfluss des
Dunklen, der diese Geburt eingeleitet hat, nicht der des Kindes. Sind ihre
Seelen vergiftet? Oder sind die Geister der ungeborenen Kinder schon
vorher in die Hallen des Boron eingezogen und die zurückgebliebenen Körper
werden mit Dämonen besetzt?
Im Grunde ist alles annehmbar. Zu dunkel und zu schaurig ist die Macht des
Namenlosen, als dass wir sie ergründen könnten.
Allerdings, wie ist es dann möglich, dass ich ein gesundes, lebensfrohes
Mädchen geworden bin? Wäre es trotzdem nicht besser gewesen, mich
ebenfalls wie die anderen zu töten?
Darüber mag sich jeder selbst ein Urteil bilden.
Viele Jahre später, jetzt wo die Zeit der Geburt und
meiner Kindheit überstanden ist, stellt sich mir nach wie vor diese Frage.
Bin ich böse?
Ich habe mich immer dagegen gewehrt. Ich bin der Liebe fähig. Ich habe
viele Freunde, denen ich vertraue und die mir jederzeit zur Seite stehen.
Sie haben mich trotz meines Geburtstages akzeptiert. Ich habe ihnen wohl
beweisen können, dass ich ihnen kein Leid tun könnte.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, weiß ich, dass ich nichts Böses will.
Doch wie reagieren wir, wenn wir in schwierigeren Situationen stehen, als
im Alltag.
Wenn ein Freund in Not ist. Wie viele würden ihr Leben geben um ihm zu
helfen? Oder gibt es gewisse Umstände, die uns zum Bösen bekehren,
unabhängig von unserm Geburtsstern?
Ich will ehrlich sein. Ich denke, dass die unheilvolle
Macht in mir schlummert. Wenn sie ans Licht tritt, wird die liebe Sajida
verschwinden. Allerdings will ich nicht, dass das jemals passiert. Also
stellt sich damit wieder die Frage. Wer bin ich?
Wenn Sajida nicht böse sein will, aber sollte das Böse sie übernehmen, sie
zu einer anderen wird, war das glückliche Mädchen dann nur ein Trugbild?
Belüge ich mich selbst?
Ihr seht, werte Leser, ich drehe mich im Kreis.
Andererseits, wie viele schreckliche Taten werden von Menschen verübt, die
in einem der zwölf Monate geboren wurden. Wirkt auch hier die Macht des
Bösen?
Oder sind das Gute und das Böse wirklich nur unserem Willen überlassen?
Eine Antwort auf diese Frage werde ich wohl niemals
finden.
Dennoch werde ich mich weiter auf die Suche begeben und darauf hoffen,
dass die Götter ihre schützende Hand über das verlorene Kind halten, so
dass ich nicht dem Dunklen verfalle.
Vielleicht bin ich deswegen noch am Leben.
Sajida Saba Kasim
Scolara der Magica Combattiva
unter Seine Magister Marwan Ibn Irian
gildenzugehörig der
Academia Stab und Schwert zu Gareth eh. Beilunk
von: Marco Dworschak Erschienen in Opus no. 160 am 30.6.2002.
Korrespondenz aus dem
Káhet Ni Kemi
Für die geneigte Leser- und Leserinnenschaft in der
Fremde berichtet Dr. Enrico Radan Barmin.
Neuerliche Drohbriefe der Iri-Maat
Es war lange still geworden um die Iri-Maat, diejenige
Untergrundgruppierung, die mit allerlei Verbrechen gegen das
kem'sch-horasische Bündnis kämpft. Zu lange vielleicht? Glaubte das Reich
schon von dieser Plage befreit zu sein, ohne jemals einen entscheidenden
Schritt gegen die verbrecherische Organisation geleistet zu haben? Vor
wenigen Tagen gingen zeitgleich Schreiben in der horaskaiserlichen
Botschaft zu Khefu und in der fürstlichen Residenz zu Khefu ein. Es
handelte sich dabei um Drohbriefe, gerichtet an seine wohlgeborene
Excellence Adilron ay Oikaldike, horaskaiserlicher Botschafter in Kemi,
und ihre durchlauchte Excellence Akilja Algerin-de Cavazo, die Fürstin des
Landes Sá'sekera. Beide wurden in den Pamphleten des Verrates am Reiche
der Kemi bezichtigt und angedroht, die Iri-Maat würde sie des Lebens
berauben wollen. Von offizieller Stelle aus zeigte man sich hierauf
besorgt und kündigte einmal mehr verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an.
Derweil wurde aber auch Kritik am kem'schen Geheimdienst, dem KKAB laut.
Seine Durchlaucht, Dio de Cavazo, Kanzler und Leiter des Bureaus, hätte
bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Erfolge gegen die Iri-Maat
vorzuweisen und es versäumt, mittels entscheidender Schritte die
Organisation und ihre Hintermänner zu entlarven und ihrer gerechten Strafe
zuzuführen.
Erneuter Kriegszug der Waldmenschen?
Erneut gibt es Grund zur Besorgnis in der kem'schen
Baronie Rekáchet. Immer öfter ist das dumpfe Schlagen der Reka-Trommel zu
hören und die Krieger der Rekas scheinen sich in den gen Firun gelegenen
Gebieten zu sammeln. Auch gibt es Berichte von Kriegern anderer Stämme,
die man gesichtet haben will. An den Handelspunkten werden die Besuche der
Waldmenschen seltener und die Rekas, die in letzter Zeit kamen, waren eher
die älteren und sie sprachen hinter vorgehaltener Hand, dass ein böser
Geist durch die Hand der Blassen befreit nun nach Blut lechzt, und, dass
die jungen Krieger dafür nach Rache dürsten. Die Adeligen der Provinzen
Rekáchet, Wachtelfels und Rekmehi sowie die Laguana-Ordenskomture von
Brabaccio und Ka'tem zeigen sich angesichts solcher Berichte besorgt und
so entschloss man sich, in der Siedlung Mohema zusammen mit dem Grafen zu
beraten, wie man den neuen Entwicklungen begegnen soll.
von: Marco Dworschak Erschienen in Opus no. 160 am 30.6.2002. |