Gedanken zum Gleichgewicht
Teil 2: Welche Auswirkungen hat das natürliche Gleichgewicht?
In Teil 1 habe ich versucht darzulegen, dass
es ein natürliches Gleichgewicht gibt. Nun stellt sich die Frage nach den Auswirkungen
auf Mensch, Elf, Zwerg, die anderen Bewohner der Dritten Sphäre, auf die Bewohner der
anderen Sphären.
"Das direkte Eingreifen eines Gottes in der Dritten Sphäre ist
stets einem Tippen an den Waagschalen gleich, doch dieses Tippen an den Waagschalen, eine
kleine Geste der Gottheit, bedeutet für die Dritte Sphäre Katalysmen: Heerscharen,
Städte, ganze Reiche können untergehen, ja selbst der Lauf von Los, Sumu oder Satinav
mag sich ändern. Das Los einzelner Menschen zählt wenig. Nur Helden und Herrscher, die
das Karma begleitet, können die Dritte Sphäre nachhaltig beeinflussen. Kurz: Es mag
gewaltige Veränderungen geben. Doch letztlich kippt die Waagschale zurück, und das
Gleichgewicht der Sphären ist wieder hergestellt." Ein weiteres Zitat aus
der Offenbarung des Nayrakis. Etwas weniger bekannt.
Was aber bedeutet diese Stelle? Soll das etwa heißen, dass das Eingreifen
eines Gottes keinen Sinn hätte? Dass alles, was wir tun, nur eitel ist? Nichts bewirkt?
Vergebens all unser Streben und Mühen? Nein! Denkt zurück an die Mechanik. Was passiert,
wenn eine Kraft auf einer Seite die Waage herunterdrückt? Nun, die Waage neigt sich - es
sei denn, dass genau im gleichem Moment auf der anderen Seite ebenfalls eine Kraft
ansetzte. Aber Kraft bewegt ja nicht nur Waagen - Kraft zerstört auch. Die
"Waagschalen", die zu stark gedrückt werden, vergehen. Sie wurden dem
Gleichgewicht geopfert. Die Weltordnung hat es verlangt. Ein Beispiel? Nun, nehmt einen
beliebigen bekannten Helden - Raidri Conchobair beispielsweise. Wie viele Kämpfe hat er
überlebt? Wie viele Schlachten hat er geschlagen? Alle hat er überlebt - bis auf seine
letzte gegen den Dämonenmeister. Doch wie viele starben an seiner Seite? Treue Gefährten
ohne die ihm der Sieg oftmals nicht möglich gewesen wäre. Er hat nicht nur seine Gegner
überlebt, sondern auch seine Gefährten. Allein gegen den Dämonenmeister musste auch er
sein Leben geben - mit vielen anderen. Wenn das eine Gewicht herausgenommen werden soll,
muss auch auf der anderen Seite ein gleich großes entnommen werden. Aber nicht nur die
"großen Gewichte" sind nötig - nein, auch die unzähligen "kleinen"
wirken stabilisierend. Vielleicht wirken viele "kleine" sogar stabilisierender
als wenige "große"?! Die Beeinflussung eines kleinen Gewichtes verursacht kein
heftiges Schwanken - die eines Großen dagegen sehr wohl. Ein Gedankenexperiment: Wenn wir
uns nun vorstellen, dass es nur drei große Gewichte gäbe, und ansonsten nichts. Was
wäre, wenn eines entfernt würde? Der Zusammenbruch der bisherigen Ordnung. Und so die
verbleibenden Gewichte nicht umverteilt werden, wäre es auch der endgültige
Zusammenbruch.
Können und sollen wir daraus Regeln für
unser Verhalten ableiten? Wir können daraus keine unser zukünftiges Handeln bestimmenden
allgemein gültigen Regeln ableiten. Jeder Mensch - ob reich, arm, magiekundig, mächtig,
ohnmächtig, Bauer oder Adliger - muss sich für sich selbst überlegen, in welche
Richtung er sein "Gewicht" zu welchem Zeitpunkt werfen will. Allein: Es wird
immer Auswirkungen auf die Gegenseite haben. Wir sollen daraus auch keine Regeln ableiten
- auch dies beeinflusst das Gleichgewicht, und ob positiv oder negativ ist schwer zu sagen
- wahrscheinlich aber beides.
Können wir das Schlechte und das Gute dann überhaupt unterscheiden?
(Anmerkung: Der Autor geht hier von einem absolutem Gut bzw. Böse aus) Was ist das Gute?
Ist das Gute per se - im Sinne des Gleichgewichtes - nicht das, was dieses Gleichgewicht
aufrecht erhält? Kann dann nicht - rein hypothetisch - auch das vermeintlich abgrundtief
böse in just diesem Augenblick das wahre Gute sein? Kann der Handelnde dies in diesem
Augenblicke erkennen? Nein! Erst im Nachhinein ist eine endgültige Bewertung als Gut
möglich, da das Gleichgewicht bestehen blieb. Das endgültig Böse dagegen kann man
niemals erkennen - wer sollte das nach dem Ende der Schöpfung auch noch beurteilen? Das
bedeutet nun keineswegs, dass es egal ist, was man tut! Nein, es ist wichtig weiter das zu
tun, was man für das Richtige hält, denn auch Stillstand würde das Gleichgewicht
zerstören. Außerdem zeigt die Weltordnung, wie oben ausgeführt, die Tendenz sich selbst
zu stabilisieren - oft auf Kosten des nachhaltigen Störfaktors.
Wer aber wären die Gewinner eines zerstörten Gleichgewichtes? Nun es
gibt keine Gewinner - wenn die Ordnung zerfallen ist, kann auch das Chaos nicht mehr
existieren und vice versa. Deshalb kann selbst das Chaos eigentlich nur eine andere
Ordnung wollen, ansonsten würde es sich selbst vernichten.
Thundar Hurlemanoff
Absolvent der Academia Arcomagica
Scholaque Arcania Puniensis
- zur Zeit auf Reisen -
Post bitte an: elementarist@geocities.comvon: Florian Kreuzinger Erschienen in Opus no. 20 am 31.5.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Gedanken zum Gleichgewicht - Teil 1. |