Ay Sidjäddah ay Hawa
Vom Fliegenden Teppich
Die Kunde vom wunderlichen Fluggerät halten viele außerhalb des Landes der ersten
Sonne für die Hirngespinste tulamidischer Märchenerzähler und Jahrmarktpropheten. Ich
machte mich auf den Weg, mehr über die Kunst zu erfahren, welche den geknüpften Garn zu
einem magischen Artefakt höchster Vollkommenheit machen soll.
Mein geistiger Führer durch die Geheimnisse der tulamidischen Städte war der ehrenwerte
Meister Achmed ibn Mhukkadin al Ghunar, der mich erst durch seine glaubhaften Berichte zu
genaueren Nachforschungen antrieb.
Um auf Berichte über sogenannte fliegende Teppiche zu stoßen, musste nicht lange gesucht
und geforscht werden, denn es ist wahrlich jedes tulamidische Märchen voll davon. Und
auch wenn diese gewisslich mit zum Höchsten in der Kunst der Unterhaltung zählen,
können sie doch kaum als Grundlage für ernsthafte Forschungen dienen. Trotzdem helfen
sie einem, die richtige Spur zu finden.
So wurde laut einem alten Märchenbuch aus Rashdul ein solches magisches Artefakt einst
einem Prinzen geschenkt, der nur damit seine Geliebte am Hof von Thalusa besuchen konnte,
dessen Mauern vom egoistischen und grausamen Vater der Prinzessin unter schwere Bewachung
gestellt wurden. Des Nachts drang der unerschrockene Prinz in die Gemäuer des
thalusianischen Palastes ein und entführte seine Liebste zu einem abenteuerlichen Flug
über die große Wüste Khom. Als der Vater das Verschwinden bemerkte, trug er seinem
gewissenlosen Hofmagicus auf, die beiden zu finden und zu ihm zu bringen. Auch der Magus
verfügte über eines der magischen Fluggeräte und geschwind flog er über die Unauer
Berge hinweg um die Flüchtigen zu finden. Diese hatten sich unter einer Palme an einer
Oase eingefunden um diese Nacht der Herrin Rahja zu weihen. Eng umschlungen und nichts von
der Gefahr ahnend lagen sie auf dem Teppich, der ihnen ein wohlfeiler Liegeplatz war. Als
der Magier sie erspähte erfasste ihn Neid ob der schönen Prinzessin, die ihm versprochen
war, und Hass gegenüber dem noch glückseligen Prinzen keimte in ihm. So wirkte er einen
mächtigen Zauber, welcher den Teppich der beiden gegen dessen Willen aufsteigen ließ,
und der den Prinzen dann über dem kleinen Wüstensee abwarf. Doch die Geister der Lüfte
waren dem lieblichen Paar wohlgesonnen, und so entwich dem von einem ehrlichen Knüpfer
gefertigten Teppich des Magiers ein Luftdschinn, der in den See tauchte und dem Prinzen
Luft zum Atmen gab, so dass dieser sich ans Ufer retten konnte. Der Teppich des Magiers
unterschied sich aber plötzlich nicht von einem gewöhnlichen und der boshafte Scherge
fiel in den See und ertrank jämmerlich.
Auch wenn uns diese Geschichte keine hieb- und stichfesten Tatsachen liefert, so führt
sie doch zu einem möglichen Cantus effectionis, welcher in einem solchen
Artefakt wirkt. Es wird von einem Dschinn gesprochen, der, so mag man deuten, im Teppich
gebunden ist und sich in diesem Märchen von ihm löst, als er das Unrecht bemerkt.
Letzterer Teil kann dabei wohl getrost als romantischer Unfug abgetan werden. Um zu sehen,
ob denn nun wirklich die Bindung eines Elementarwesens vorliegt, hilft es vielleicht den
Fertigungsprozess eines fliegenden Teppichs zu studieren, was sich aber bei den Göttern
nicht einfach gestaltet.
Die Suche nach einer der wenigen Familien, die nach uralter Tradition die Kunst des
Knüpfens von fliegenden Teppichen beherrscht, scheint nahezu unmöglich. Viel leichter
findet man da einen der Händler der wertvollen Ware. Meister Achmed führte mich wieder einmal auf die Spur eines
solchen, leider aber war der durchtriebene Mann ein Schwindler. Nach der unfreiwilligen
Schließung von Freundschaft wusste er mir aber von einem wahren Händler zu berichten,
den er selbst vor vielen Jahren gekannt hat. Dessen Geschäft in Fasar fand ich jedoch
leer und ohne eine Menschenseele vor. In der Werkstätte konnte ich jedoch nahe einem
großen und leider komplett verfallenen Knüpfrahmen noch Reste von feinem Garn finden.
Dieser war von hesindigoblauer Farbe oder gar metallisch schimmernd. Später stellte sich
heraus, dass diese metallischen Fäden aus einer Arkanium-Legierung bestehen - ein
möglicher Hinweis auf die Unterschiede zwischen gewöhnlichem Tulamidenteppich und dem
fliegenden. Doch reicht ein magischer Garn und ein vielleicht zauberkräftiges Muster
dazu aus, einen Dschinn zu beschwören, zu binden und gefügig zu machen? Wie wurde der Abraxas,
das auslösende Zauberwort, festgesetzt? Allem Anschein nach sind die Knüpfer, welche die
Kunst beherrschen und von denen ich nie einen gefunden hatte, nicht magiebegabt und doch
konnten sie Artefakte herstellen.
In der Bibliothek der Zauberschule des Kalifen von Mherwed schließlich stieß ich auf
einen weiteren Fingerzeig. Einlass wurde mir nur Dank eines Empfehlungsschreibens von
Meister Achmed gewährt, doch auch so stand ich unter ständiger Aufsicht und mir wurde
nur Einblick in sehr wenige, eher harmlose Werke gewährt. PHEx aber war
mir hold, denn fündig wurde ich dann in einem wahrlich harmlosen Folianten, den ich
eigentlich nur zur Erbauung studieren wollte. Es war ein Band tulamidischer Lieder,
größtenteils alte Überlieferungen der Reisbauern, Glasbläser und Teppichknüpfer.
So lautete der Refrain eines in teilweise Alttulamidya niedergelegten Liedes, das seinem
Inhalt zufolge von manchen Knüpfern bei der Arbeit gesungen wurde:
Zaliri
fah'wahkeh al'yinäh
Dschaddj wa chahtem alhawa
Man vergleiche dies mit der tulamidischen Zauberformel des ARCANOVI:
Zallir fa'wähkeh al'magir
Dschad wa chähtim almaga
Die Worte für magisch magir
und Magier maga wurden hierbei durch die
Begriffe Gesang yinäh und Wind hawa ersetzt. Zudem steht hawa
auch für das Element der Luft und findet sich auch in der tulamidischen Bezeichnung für
einen fliegenden Teppich Sidjäddah ay Hawa
wieder. Im Lied enthalten sind auch Strophen über Geister, welche im Tulamidischen oft
mit Dschinnen gleichgesetzt werden.
Noch lange ist das Rätsel um die fliegenden Teppiche nicht geklärt, es
fehlt an weiteren, konkreten Anhaltspunkten.Es ist auch nicht bekannt, ob diese Artefakte
noch immer hergestellt werden, doch man erzählt sich, dass einige Familien dieses
Geheimnis noch immer bewahren und für die Fertigstellung eines Sidjäddah ay Hawa genau ein
Menschenleben erforderlich ist. In einem anderen tulamidischen Märchen, das die
Geschichte eines armen jungen Teppichknüpfers erzählt (wobei nur einige wenige Indizien
für einen Schöpfer eines fliegenden Teppichs sprechen, allerdings erscheint auch ein
Dschinn in dieser Erzählung), wird davon berichtet, dass der nunmehr alte Mann nach der
Vollendung seines Lebenswerkes dermaßen glücklich über diesen Umstand war, dass er sich
schon nach dem letzten Knoten auf Golgaris Schwingen wiederfand. Der Mann konnte seinen
Traum vom Reichtum nach dem Verkauf des edlen Stückes nie in die Tat umsetzen...
Meisterin Sheddja von: Markus Penz Erschienen in Opus no. 23 am 20.6.1999.
Efferdstraum
Jetzt, da ich über so viel
wissenschaftlichen Disput müde geworden bin und mich in den letzten Tagen vermehrt auf
mein Zimmer zurückgezogen habe, um dort ein wenig nach jener Ruhe und Besonnenheit zu
suchen, von der Rohal der Weise zu sagen pflegte, sie stünde einem erfahrenen Magus gut,
jetzt möchte ich dem geneigten Leser, und vor allem dem, welcher der Magie nicht
mächtig, ein eindrucksvolles Beispiel aus früheren Jahren schildern: Es begab sich an
einem Wassertag Mitte Efferd. Ich reiste - wie schon so einige Male zuvor - durch das
schöne Albernia. Meine ursprüngliche Absicht war es gewesen eine gute Bekannte von mir
in der Nähe Havenas zu besuchen, um dann von Havena aus ein Schiff gen PRAios
zu nehmen. So kam ich also in Havena an, unverrichteter Dinge allerdings, da meine
Bekannte nicht bei sich zu Hause weilte. Ich nahm mir also Zeit und bummelte ausgelassen
durch die Stadt am großen Fluss. Ich musste wohl irgendwie nicht mehr so ganz auf den Weg
geachtet haben, denn als ich mich das nächste Mal umsah, fand ich mich bereits in einem
Viertel wieder, welches mir bei weitem nicht mehr so schön erschien wie der Rest Havenas.
Ich suchte mir schnell einen Weg durch die schmutzigen, stinkenden Gassen, nicht ahnend,
dass mich vielleicht alles andere als Zufall hierher geführt haben könnte.
Ratlos stand ich da vor einem Häuserblock, PRAios' Scheibe war gerade
dabei hinter dem Horizont zu verschwinden, als mir plötzlich eine etwas ältere Frau in
zerrissenen Gewändern entgegenlief. Sie packte mich am Arm und zerrte mich auf einen der
Häusereingänge zu. Ehe ich noch wusste, wie mir geschah, stand ich inmitten eines
Raumes, welcher gefüllt war mit einer Schar von Verlorenen. Die alte Frau stellte mir
"ihre Familie" vor, wie sie die mehr als ein Dutzend Knaben und Mädchen
zählende Schar liebevoll nannte; nun, ich konnte mir recht gut vorstellen, womit man hier
sein Geld verdiente, und ich fragte mich langsam, was ich hier überhaupt sollte. Doch
dann traf mein Blick auf Sie! Sie war noch keine 12 Jahre alt, hatte zerzaustes Haar und
trug nicht viel mehr als ein ausgebleichtes Leinentuch am Leib.
Die Frau deutete mir, mit der Kleinen nach oben in eines der Zimmer zu gehen. Als wir oben
angekommen waren, ließ sich die Alte auf einem Bett nieder und begann mir, zuerst nur
stellenweise, dann immer häufiger unterbrochen von den Worten des Mädchens, von einer
gar seltsamen Begebenheit zu berichten:
Über mehrere Nächte hinweg hatte die Kleine schlecht geträumt, sehr schlecht. Sie war
am Morgen eines jeden Tages krank und blass erwacht, ihr Zimmer war auf den Kopf gestellt:
Der Tisch umgeworfen, Stühle zertrümmert, die Vase am Boden...Alles war in Unordnung
gebracht, selbst den riesigen, schweren Kasten fand sie an einem Morgen umgeworfen - und
das könne ja wohl kaum die Kleine gewesen sein.
Ich hörte mir alles geduldig an, und nachdem die alte Frau geschlossen hatte, sagte ich
ihr, dass ich kein studierter Medicus sein und dass sie wohl besser einen solchen
aufsuchen sollte. Doch sie beharrte darauf, ich solle mir die Geschichte der Kleinen
anhören, ihren Traum:
Die schwarze Nacht war über EFFerds Element hereingebrochen. Still und
ruhig lag das Meer der Sieben Winde da. Doch mit einem Mal zog ein Sturm herauf und ein
gewaltiger Rondrikan fegte über das Wasser hinweg. Wellen türmten sich auf, mehrere
Schritt hoch, nur um im nächsten Augenblick wieder in sich zusammenzubrechen und wiederum
zu einer neuen Welle anzusteigen. Ein gewaltiger Sturm tobte dort draußen in EFFerds
Element.
Mit einem Mal war da ein Licht, ein unstetes Flackern, das
größer wurde. Ein Schiff inmitten dieses Unwetters! Es lag tief im Wasser, zu tief.
Beinahe jede Welle rollte über das Schiff hinweg. Millionen von Blasen rasten über das
Schiff, platzten mit einem zischenden Geräusch auf und von unten hörte man das Splittern
und Krachen von Balken und Planken. Doch was all das Grauen noch übertraf, waren die weit
über 100 Seeleute, die sich auf dem Deck versammelt hatten.
Auf dem Schiff herrschte Panik! Die Gebete der Reuigen und die Flüche der wahnsinnig
Gewordenen mischten sich mit dem Stöhnen und Schreien der Furchtsamen. Es tobte ein Kampf
um jeden nur erdenklichen Gegenstand, mit dem man sich über Wasser halten konnte.
Nur ein Mann stand auf dem Ruderhaus und blickte mit ernstem Blick dem Untergang des
Schiffes entgegen. Und als die letzte große Welle über das Schiff hereinbrach, stand er
regungslos da, die Mütze in der Hand, ein "EFFerd steh uns bei!"
auf den Lippen.
Alles und jeder wurde von Deck gefegt, wie Puppen wurden die braven Seeleute in die Luft
gehoben, um dann etliche Sekunden später im Meer zu versinken. Das Heck sank unter die
Wellen, und der anmutig gewölbte Bug ragte in den dunklen Himmel, während das Schiff
kämpfte und verzweifelt versuchte, sein stolzes Haupt über Wasser zu halten. Dann
wirbelte das Schiff unter den heiseren Schreien der Männer auf dem sich immer schneller
drehenden Wasser herum, bis die rasenden Strudel die Männer tiefer und tiefer in die
erstickende Dunkelheit hinabsaugten, ihnen alles vom Leib rissen und die Planken und
Spiere aus den Händen schlugen.
Innerhalb weniger Augenblicke war das Meer von Körpern übersät, deren Arme und Beine
ins Wasser hinabbaumelten, während die Köpfe mit ausgebreiteten Haaren, die wie Seegras
aussahen, auf dem Wasser zu ruhen schienen. Was ich da gehört hatte, beeindruckte mich
sehr, und ich nahm mir vor, es niederzuschreiben, doch konnte ich der armen Kleinen und
der alten Frau nicht mehr raten als dem EFFerd-Tempel einen Besuch
abzustatten. Alsdann machte ich mich auf, um mir ein Quartier für die Nacht zu suchen.
Ich weilte noch ungefähr eine Woche in Havena und ich musste noch oft an diese seltsame
Begegnung zurückdenken.
Der nächste Wassertag war heran und ich machte mich daran, meine Sachen zu packen und
mich auf die Rückreise zu begeben. Als ich mich jedoch am Hafen nach einem Schiff umsah,
das mich sicher gen PRAios bringen konnte, da wurde ich einer Schar von
vielleicht zehn Leuten ansichtig, welche gestützt auf einige Seemänner von Bord eines
Schiffes torkelten. Der Anblick war schrecklich, die Furcht stand ihnen noch immer ins
Gesicht geschrieben und ich wusste, dass einige dieser Männer den nächsten Morgen wohl
nicht mehr erleben würden. Doch was mich noch viel mehr aufwühlte, war der Gedanke an
das Unvorstellbare: Sollte dieses kleine Mädchen etwa davon gewusst haben? Besaß sie
vielleicht sogar die Gabe?
Ich eilte auf schnellstem Wege zur Hafenmeisterei und erkundigte mich dort. Was man mir
erzählte, war ungeheuerlich: Ein Schiff aus Havena war vor etwa einer Woche in einen
Sturm geraten und trieb zwei Tage lang auf dem offenen Meer dahin. Am zweiten Tag des
Unwetters sahen einiger der Seemänner unzählige Gestalten auf dem Meer schwimmen - alle
tot, bis auf die zehn, die sie hierher mitgenommen hatten.
Ohne ein weiteres Wort stürzte ich aus der Hafenmeisterei hinaus ins Freie. Ich rannte
durch die Gassen der Innenstadt, gelangte schliesslich wieder in jenes Viertel, doch
vergebens. Selbst nach mehrstündiger Suche und Befragung der Bewohner des Viertels konnte
ich das Haus nicht mehr finden. Ich probierte es natürlich auch am nächsten Tag, und am
übernächsten, doch sie war und blieb verschwunden, vom Erdboden verschluckt...
Großmeister Erilarion Androstaal von: Philipp Schumacher Erschienen in Opus no. 23 am 20.6.1999.
Ankunft von
Magicus Thundar Hurlemanoff an der Academia Limbologica
HESinde sein Dank - die Reise war zwar
anstrengend aber bis auf die scheinbar obligatorischen Strassenräuber (die eigentlich
zumeist ja auch keine echte darstellen) gänzlich ohne Gefahr verlaufen.
Nachdem ich also an der Akademie angekommen war, an der sich mein weiteres Leben innerhalb
der Gilden entscheiden sollte, versorgte ich zunächst mein treues Ross. Die Ställe waren
mir ja gezeigt worden, nachdem ich darauf hingewiesen hatte, dass ich mein Pferd wohl
selbst versorgen müsse, selbst wenn ich das freundliche Angebot des Scolaren gerne
angenommen hätte.
Kurz darauf wurde ich in meine einstweilige Unterkunft geführt, wo ich mich kurz
erfrischte - eine Waschschüssel stand ja bereit - mein großes Gewand anlegte (wie stets
führte ich Schwert und Stab mit mir) und mich zunächst zu Großmeister Erilarion
Androstaal begab, um ihm meine Aufwartung zu machen und meine Gegenklage noch einmal
persönlich einzureichen. Bei dieser Gelegenheit übergab ich ihm auch gleich eine
Abschrift des Codex Dimensionis als Geschenk, ich hatte zwar eigentlich das gute
Stück zu Geld machen wollen, aber da die dämonologischen Werke an der Limbologica ja im
Augenblick Mangelware sind, erschien mir diese Entscheidung als zweckdienlicher.
Anschließend bat ich darum, mir die Räumlichkeiten zu zeigen.
Nun bin ich sehr gespannt auf die restlichen Bewohner der Akademie - na, schon bald werde
ich sie alle kennenlernen. Thundar Hurlemanoff
Protokoll der Gespräche mit Magicus Thundar Hurlemanoff
Großmeister Erilarion Androstaal
"Mein lieber Kollege,
ich hoffe ihr habt euch recht gut eingelebt bei uns hier und es fehlt euch an nichts. Wenn
ihr nichts dagegen habt, so führe ich euch ein wenig herum in diesen altehrwürdigen
Hallen...
Doch halt! Wie vergesslich! Ich vergass ganz, mich bei euch für eure Abschrift zu
bedanken. Wie ihr sicherlich wisst, haben wir ja einige Probleme mit unserer Bibliothek...
doch wem erzähle ich das, ihr habt sicherlich längst schon alles im Opus gelesen.
Oh, wartet einen Moment. Dort drüben im Lehrsaal könnt ihr vier unserer Scolaren sehen,
die gerade von Hochwürden Argelia von Kuslik unterwiesen werden - sie ist eine gestrenge
Dienerin der Göttin, und in den wenigen Tagen, die sie hier bei uns weilt, hat sich
bereits einiges geändert. Ach ja, weil ich gerade von Veränderung sprach: Seht herab auf
meinen Fuss - er ist wieder heil! Die gütige PERaine meinte es gut mit mir
und ließ den Fuss innerhalb von nur sechs Wochen wieder verheilen - naja, es waren
vielleicht auch die Tinkturen und Mittelchen der lieben Sheddja, die dies bewirkten.
Doch wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Hochwürden wird heute abend natürlich einen
Götterdienst zelebrieren und sie würde es euch sehr übel nehmen, wenn ihr nicht auch
dort erscheinen werdet.
So, was zeige ich denn nun am besten... vielleicht wollt ihr euch unsere Beschwörungstürme
ansehen... oder ihr habt vielleicht sogar einige Ideen für eine Gastvorlesung
mitgebracht? Ihr werdet euch schon zurecht finden.
Gehabt euch wohl in der Zwischenzeit, ich muss nun dringendst wieder zurück zu meinen
Adepten, sonst stellen sie noch etwas an..."
Hochwürden Argelia von Kuslik
"Also Ihr seid der Collegus, von dem ich schon soviel gehört und gelesen habe. Ich
begrüße Euch im Namen der HESinde und wünsche Euch einen gesegneten
Aufenthalt hier.
Ich darf Euch natürlich auch zur Messe einladen. Sie findet nach Praiosuntergang in der
Kapelle statt. Ich denke wir alle brauchen jetzt ganz besonders unserer Göttin Beistand
und wahrscheinlich besonders Ihr.
Solltet Ihr irgendwelche Probleme in Eurem Herzen, in Eurerer Seele oder in
Eurem Glauben haben, besucht mich jederzeit; ich würde mich freuen Euch
helfen zu können.
Also derweilen HESinde zum Gruße und seid pünktlich bei der Messe." Meister
Achmed ibn Mhukkadin al Ghunar
"Rastullaha alaikum, ehrenwerter Thundar!
Viel wurde mir von euch bereits zu Ohren getragen, umso mehr durfte ich bereits lesen, nun
endlich lerne ich ihn persönlich kennen! Nach all den Anschuldigungen die ich über euch
gelesen habe, müsst ihr ja die Zunge einer Shukshum haben. Gut nur, dass ich nun selbst
die Möglichkeit habe, mich zu überzeugen. Denn wie heißt es im 35. Gesetz: Der
Gottgefällige prüft jeden Gedanken auf den Einfluss alles Schändlichen. Nun ist es
also an der Zeit, all die schändlichen Gedanken, die uns offenbart wurden, abzuwägen und
zu prüfen.
Aber sagt doch, ehrenwerter Thundar, besucht mich doch einmal in meinen Gemächern und
probiert mit mir ein bisschen Zitabhar. Am besten, ihr kommt kurz nach Sonnenuntergang zu
mir, zur Messe könnt ihr morgen auch noch gehen. Ich bin sicher, unsere Argelia von
Kuslik wird verstehen, welche Prioritäten wir zu setzen haben."
Meisterin Sheddja
"Collegus! Und wie gefällt es Euch bei uns? Ich weiss, alles ist ein wenig chaotisch
und in Eile, noch heute sollte der neue Opus fertiggestellt und versandt werden. Ich denke,
wir werden darin auch von Eurer Ankunft berichten. Inzwischen habt Ihr wahrscheinlich
schon fast alle unsere Lehrmeister kennengelernt. Meister Barius hat sich schon seit
mehreren Tagen auf sein Zimmer zurückgezogen; man sagt, er schreibt an einem Werk über
sein Leben, zudem will er seine Forschungen über das Blut weiterführen - durchaus
interessant, wenn auch nicht ganz unproblematisch, wie ich meine. Immer wenn Barius über
sein Leben nachdenkt, wird er beinahe unnahbar. Ihr müsst wissen, dass er, bevor er zu
uns stieß, am Abgrund seiner selbst stand. Er verweigert allerdings jede Auskunft, doch
wir vermuten, dass es mit dem Portal in der Bibliothek in irgendeinem Zusammenhang steht,
da er auch in diesem Zusammenhang etwas zu verschwiegen scheint. Den geschätzten Magus
Rukus Ambrosius werdet ihr wohl bei der Messe kennenlernen, ich denke in der Umgebung des
Hesindeschreins wird Euer Disput auch auf die rein wissenschaftliche Komponente verlagert
werden, ohne die Gildengesetze zu Rate ziehen zu müssen, das wird früh genug geschehen -
diese ganzen Zwistigkeiten sind sehr bedauerlich, wenn auch scheinbar nicht vermeidbar -
doch gewiss wird der ehrenwerte Großmeister einen wahrlich praios- und hesindegefälligen
Urteilsschluss finden können, der einzig und alleine die Forschung weiterbringt indem
Euer beider Thesen in hesindianischer Synthese verschmelzen. Ihr kommt mit zur
Messe?" von: Philipp Schumacher Erschienen in Opus no. 23 am 20.6.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Gegenklage des Magus Thundar Hurlemanoff versus Magister Rukus Ambrosius. |