Dissertatio
de conventibus filiae satuariae
a
Magus ordinarius Eboreus Kalmaning, Perricum, scripta
Partum I
In
meiner langen Laufbahn hatte ich es häufig schon mit bedauernswerten
Personen zu tun, die das Opfer übler Verfluchungen geworden waren. Häufig
wurden bei diesen Vorfällen als Auctores die Filiae Satuariae, wie sie
sich selbst bezeichnen, genannt. Im Volke werden sie im allgemeinen mit
dem Wort Hexen belegt und ob seiner Kürze will ich dieses nun des
weiteren einmal beibehalten.
Hexen haben also die Möglichkeit, Leute mit Flüchen zu belegen. Aber
warum tun sie dies? Welchen Grund haben sie hierfür? Was sind überhaupt
ihre Beweggründe und Ansichten – oder auf den Punkt gebracht: Was weiß
der gelehrte Mensch von heute überhaupt über diese dunklen Zauberinnen?
Ich will einmal versuchen, dieses Wissen zusammenzustellen und meine
Gedankengänge dazu veröffentlichen.
Also, was ist bekannt? Hexen können Magie wirken, Hexen leben im Wald,
Hexen haben Familiarii, sie fliegen auf Besen, Zäunen, Forken oder in Fässern
zu ihren Conventen, wo sie dem Gehörnten huldigen und dunkle Rituale
vollziehen. Je nach Landschaft kommt noch das eine oder andere Stück
vermeintlichen Wissens dazu, das meist diverse Praktiken zum Inhalt hat,
die den Hexen zugeschrieben werden, und auch, wie der einfache Landmann
sich davor schützen kann. Die Majorität wird schon bei oberflächlicher
aber wissenschaftlicher Betrachtung ad absurdum geführt und als purer
Aberglaube entlarvt. Als sicher kann man hingegen annehmen, daß eine Hexe
per se nicht böse sein muß, was immer man auch jetzt damit meinen mag.
In vielen Dörfern hat man sich mit ihnen arrangiert und läßt ihnen
ihren Platz in der Gesellschaft als Heilerinnen und Kräuterkundige, auf
welche Gebiete sie sich wohl recht gut verstehen und so auch häufig
aufgesucht werden, auch wenn immer ein gewisses Mißtrauen beiderseits
wohl nicht zu leugnen ist.
Hexen wirken Magie – nun, dieses steht wohl außerhalb jedweder Debatte,
hat doch sogar einiges Hexenwissen Einzug gehalten in den Kanon der
Gilden. Was heutzutage niemand mehr zu wissen scheint, aber aufgrund näherer
magionomischer Untersuchungen sich bald als klar herausstellt, ist, daß
es die frühesten Hexen gewesen sein müssen, die das Wissen erlangten, daß
Mutationes auch wieder rückgängig gemacht werden können vor Ablauf
ihrer Dauer. Die entsprechende Thesis ist heute Allgemeingut, allerdings
etwas aufwendiger zu perfektionieren, was wohl auf ihren Ursprung zurückgeht.
Denn das Einzige, was noch annähernd als sicher gelten kann im Bezug auf
diese Art der Magie, ist die Ablehnung logischer Formalismen, sprich
magionomischer Thesen.
Dies macht es immer
schwierig, einen der intuitiv gesprochenen Hexenzauber in eine
Gildenthesis zu traduktieren. Aber welche Philosophie und Überzeugung
hinter solch unlogischen Verhalten steht, ist wiederum völlig unbekannt
und harrt noch der Erforschung.
Ich erlaube mir, die Annahme, Hexen lebten in Waldhütten und würden von
dort aus Kräuter sammeln und ihre Rituale vorbereiten, grundlegend zu
revidieren und auf folgende Aussage zu reduzieren: Viele Hexen leben im
Wald oder in dessen Umgebung, da sie wohl in irgendeiner Art und Weise mit
diesem oder eventuell auch mit dem Leben allgemein eine engere Beziehung
pflegen. Indizien hierfür sind die Hinwendung zur Heilkunst, die man häufig
beobachten kann und auch ihre Affinität zu Satuaria, der jüngsten
Gigantin, die ja für das sumugeborene Leben steht. Aber dies alles mag so
nicht auf alle zutreffen, wurden doch auch immer wieder sogar in großen
Städten Angehörige dieser Zunft von der heiligen Inquisition übler
Magie überführt und abgeurteilt. Man könnte daraus nun den Schluß
ziehen, schwarze Hexen zöge es zu ihren Opfern und die "Guten"
würden brav ihre Pasten und Tränke brauen – aber das halte ich noch für
übereilt. Auch hier bedarf es noch der genaueren Klärung der Umstände.
Über Familiarii wurde schon viel spekuliert und auch manches
ernstzunehmende Werk verfaßt, so daß ich mich vorerst für den
Unwissenden nur in folgender Bemerkung ergehen will: Eine Hexe scheint
eine starke Bindung zu einem Tier einzugehen. Verschiedene Arten wurden
nachgewiesen, aber welchen Regeln die Wahl folgt ist recht unbekannt.
Relativ gesichert kann man annehmen, daß diese Tiere nach einer wie auch
immer gearteten Bindung einen Fokus der Kraft für die Hexe darstellen,
gewissermaßen dem Stabe der Gildenangehörigen ähnlich, aber doch
verschieden. Anzunehmen ist jedenfalls, daß dem weit verbreitetem
Aberglauben über schwarze Katzen ein gewisses Maß an beinhalteter
Wahrheit nicht abzusprechen ist.
Soweit nun dazu. Aber was hat es mit den wohl regelmäßig stattfindenden
Zusammenkünften dieser Gemeinschaft auf sich, den sogenannten Hexenfesten
oder auch Hexennächten? Wenn wir uns diese Frage stellen, dann wird erst
wirklich klar, wie wenig über diese Gemeinschaft wahrhaftig bekannt ist.
Ich werde im zweiten Teil dieses Traktates, erscheinend in der nächsten
Ausgabe des Opus, nun einmal zu postulieren und wo möglich zu belegen
versuchen, welchen Sinn und Zweck diese Treffen haben mögen...
Erschienen in Opus no. 32 am 4.9.1999.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Dissertatio de conventibus filiae satuariae - Partum II. |