|
|
Nuntius Magicus - Der Magische Bote |
Die Chronik des gefallenen Schattens (III): 10. Woche des 2. Jahres Lange verweilte Maorol vor dem Podest und ueberdachte die Worte aus dem Buch. Schlieszlich kam er zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich in ein Labyrinth kommen wuerde. Und auch der Dolch wuerde wohl noch eine Bedeutung haben...
So griff er vorsichtig nach der silbernen Waffe um sie genau zu betrachten. Dann nahm er seinen Elbenumhang und begann ihn aufzutrennen und den so gewonnenen Faden um den Griff des Dolches zu wickeln.
Als er damit fertig war, befestigte er das lose Ende des Fadens an dem Podest und wandte sich den beiden Torboegen zu. Fuer welchen er sich wohl entscheiden sollte? Er war ein Geschoepf der Nacht, durchtrieben, intrigant, lautlos und toedlich. Doch auf was er sich da eingelassen hatte koennte seine Faehigkeiten bei Weitem ueberschreiten.
In Ermangelung einer Alternative liesz er den Zufall (oder das Schicksal) ueber seinen Weg entscheiden. Er nahm eine der schlanken, silbrigen Mondmuenzen des Reiches... auf einer Seite das atemberaubende Antlitz seiner Herrin (er fasste wieder Mut bei ihrem Anblick) und auf der anderen, das Wappen des Reiches.
Dann warf er die Muenze in die Luft und liesz sie auf den Boden fallen. Wuerde es das Wappen sein, so wandte er sich dem rechten Torbogen zu, andernfalls dem linken...
Es schien Ewigkeiten zu dauern bis die Muenze herniederfiel. Dann jedoch kam sie schlieszlich am Boden auf und blieb mit der Seite nach oben liegen, die das Antlitz der Herrin der Shadarishbanru zeigte. Der Elf hob die Muenze wieder auf, sah sich nochmals um und ging dann, trotz einiger Zweifel, zum linken Torbogen und durchschritt diesen. Wieder kam er in einen finsteren Gang. Langsam tastete er sich vorwaerts, immer darauf vorbereitet, dass etwas unerwartetes geschehen koennte, stieg er die Stufen einer kleinen Treppe empor und setzte sodann seinen duesteren Weg fort. Schlieszlich jedoch endete der Gang und erneut oeffnete sich ein, dem letzten beinahe identischer, runder Raum vor den Augen des Shirashal. Diesmal jedoch befanden sich am anderen Ende des Raumes drei Torboegen. In der Mitte stand wieder ein steinernes Podest, jedoch war es diesmal leer. Eingraviert in den Stein des Podestes war zu lesen:
Der Preis der Erkenntnis ist das, das selbst der reichste Mensch nicht zahlen kann.
Nachdem der junge Shadar lange vor dem Podest in der zweiten Halle gestanden und ausgiebig die drei Torboegen so wie die Inschrift betrachtet hatte, begann er sich wieder zu bewegen. Nein, ohne Hilfe wuerde er das Geheimnis der Bibliothek nie ergruenden. Doch er musste...
Ohne schon aufzugeben trat er einstweilen den Rueckzug an. Sorgfaeltig wickelte er die Schnur wieder auf den Dolch. In der ersten Halle angekommen entfernte er die Schnur vom Dolch, steckte sie weg, und legte den Dolch wieder in seine urspruengliche Position auf das Podest. Dann wollte er die Halle in der Richtung, aus der er zu Beginn gekommen war verlassen, um erneut den Bibliothekar aufzusuchen. Dieser musste mehr wissen...
Erschrocken stellte er fest, dass sich das riesige Tor, das zurueckfuehrte, verschlossen hatte. Aengstlich ging der Krieger wieder zurueck zum Podest, in der Hoffnung dass es irgendetwas geben musste, das ihm weiterhelfen wuerde. Angst strebte in ihm hoch, denn immer mehr kam ihm die Erkenntnis, dass er aus diesem Labyrinth nicht mehr entkommen wuerde. Da sah er einen faden Blut an seiner Hand. Ein kleiner Schnitt war an seinem Finger. Er fragte sich woher dieser kam, da entdeckte er, wie auch Blut an der Klinge des Dolches haftete. Er musste sich beim Ablegen des Dolches unbemerkt geschnitten haben. Als er genauer auf den Dolch schaute fiel ihm noch etwas auf: Der Elf war sich sicher den Dolch gerade auf das Podest gelegt zu haben, eben so wie er im Orginal dort gelegen hatte, doch nun zeigte die blutbetraeufelte Klinge des Dolches in Richtung des linken Tores, aus dem er vor wenigen Minuten gekommen war...
Veraengstigt und erwartungsvoll zugleich, nahm Maorol den Dolch zu sich. Den Faden band er an das Podest und dann schritt er erneut durch den linken Torbogen. In der zweiten Halle angekommen, legte er den Dolch vor sich auf den Boden.
Er wartete doch der Dolch ruehrte sich nicht. Jedoch fiel dem Shadar auf, dass das Blut an der Klinge bereits eingetrocknet war...
Ohne zu zoegern hob Maorol den Dolch auf, zog sich die Klinge mit einer schnellen Bewegung ueber die linke Handflaeche...
Als er seine Handflaeche beruehrte durchfuhr ihn diesmal, ganz im Gegensatz zum ersten Gebrauch ein starker Schmerz, der ueber den ganzen Arm bis in den Ruecken zog. Mit erstaunten Augen sah Maorol, wie uebermaeszig viel Blut durch die, an sich kleine Wunde trat. Es war ganz so als wuerde der Dolch das Blut von selbst anziehen. In kuerzester Zeit faerbte sich die Klinge tiefrot, nicht nur an der Oberflaeche sondern scheinbar durch und durch.
Als Maorol sie nun auf das Podest legte, drehte sie sich sofort nach rechts und wiesz auf den rechten Ausgang. Erstaunt sah der Shirashal wie der Dolch im selben Moment da er sich drehte, seine rote Farbe verlor und wieder im urspruenglichen Silber erstrahlte.
Nachdenklich durchschritt Maorol den rechten Torbogen, nur um wieder in eine Halle mit Podest zu gelange. Diesmal gab es zwei Ausgaenge und keine Inschrift war zu entdecken. Zum ersten Mal bemerkte Maorol, wie erschoepft und ausgelaugt er sich fuehlte. Es musste an diesem Dolch liegen. Da er Angst hatte, eine erneute Anwendung des Dolches in seinem Zustand nicht zu verkraften, begab er sich, mit Blick auf die beiden Torboegen und dem Podest im Ruecken, im Schneidersitz auf den Boden. Er schloss seine Augen und liesz seinen Geist schweifem. Um dieses Abenteuer zu ueberstehen musste er erst neue Kraefte sammeln... und wenn er Glueck hatte, erreichte ihn vielleicht eine Vision seiner Herrin, die ihm sagen wuerde, welcher der rechte Weg war...
Fyr Ashmor
|
|