Terra Magica Spielerverein der Freunde des Gepflegten Rollenspiels
Nuntius Magicus - Der Magische Bote

Nachricht des Todes
10. Woche des 2. Jahres

Langsam schreitet eine finstere Gestalt durch eine noch dunklere Halle, die so groß ist, dass man ihre Wände nicht erkennen kann, da sie im Dunklen liegen. Selten konnte man Karyganon, den Kriegsherrn Terrenors mit solch besorgter jedoch auch düsterer Miene erblicken. Unendlich viele Gedanken scheinen im Geist des gefürchtetsten Großmagiers des Imperiums miteinander zu ringen. Schliesslich kommt der in schwarze Roben gehüllte Magus ans Ende der gewaltigen Säulenhalle und durchschreitet einen Torbogen hinter dem ein langer weiter Gang beginnt. Als er durch den Gang schreitet sieht er neben sich etliche Statuen alter Herrscher, die dort in Nischen stehen und auf die Vorbeigehenden herabblicken, als würden sie noch immer über diesen Ort wachen. Schließlich kommt der Nekromant an einem weiteren Bogen an, in den nun jedoch ein massives silbernes Tor eingelassen ist. Vorsichtig berührt er das Tor und wie von Zauberhand schwingen die beiden Flügel nach innen auf. In dem Augenblick, da das Tor sich öffnet strahlt ihm helles Licht entgegen und Karyganon betritt einen sich vor ihm öffnenden, weiten Garten. Der Garten ist umgeben von offenen Säulengängen und erfüllt von Rosen, die in den verschiedensten Farben blühen. Große Hecken, zu anmutigen Gestalten und Tieren geschnitten, stehen im Garten und in der Mitte befindet sich ein Springbrunnen aus dem klares Wasser fließt. Überall im Garten erkennt man leicht bekleidete Frauen und Männer, die sich zärtlich küssen, miteinander eine Schale des frischen Wassers oder eines süßen Weines genießen oder sich gar dort auf freiem Felde nebst all den anderen lieben.
Unbeirrt schreitet der Nekromant weiter voran. Als er schließlich den Garten durchquert hat öffnet sich am anderen Ende ein großer Raum, nein ein riesiger Saal direkt in den Garten. Andächtig betritt Karyganon den Saal in dem links und rechts an den Wänden Soldaten in strahlenden Rüstungen stehen. Hocherhobenen Hauptes schreitet der Großmagier nun zwischen diesen hindurch und nähert sich schließlich dem Absatz einer kleinen Treppe, die hinauf auf ein marmornes Plateau führt. Dort steht ein riesiger steinerner Thron auf dem ein großgewachsener Mann sitzt. Jedes Mal wieder wenn er den Herrscher erblickt, ist Karyganon über den Anblick des Kaisers erstaunt. Er ist ein junger Mann von beraubender Schönheit. Schwarzes langes Haar fällt wallend auf seine königlichen Schultern und umgibt ein so ebenmäßiges Antlitz wie man es gar unter Elfen selten sieht. Auf dem Haupt des jungen Herrschers erstrahlt eine diamantene zierliche Krone. Seine Augen strahlen in smaragdenem Grün und sein Gesicht zeigt ein freundliches Lächeln.
Langsam lässt sich Karyganon auf seine Knie hernieder und huldigt so dem Herrn der Welt bis schließlich dessen seidene Stimme im gesamten Saal wie die Melodie eines Elfenchores erklingt: „Wir grüßen Euch alter Freund und bewundern Eure schnelle Rückkehr. Großes ist daran zu geschehen Karyganon, Ewiges. Ich habe gesehen wie die Prophezeihungen sich erfüllen und ich fühle die Ankunft der Zukunft im Ende der Zeit. Ich sehe sie Karyganon, glaub mir sie ist nah und ihre Stimme wird bald über die Gefielde Terras schweben um die ersehnte Ordnung und Freiheit den Geschöpfen dieser Welt zu bringen.
Doch nun mein lieber Freund, berichte. Ist das Problem beseitigt, damit wir uns endlich wieder unserer ewigen Bestimmung widmen können? Vieles steht an getan zu werden, ein neuer Bund muss geschmiedet werden und ein alter erneuert.“
Immer noch ist der Blick Karyganons auf den Boden gerichtet, als er nach Sekunden die wie Stunden vergehen, sein Haupt erhebt und wohl zum ersten Mal seit er existiert mit gebrochener Stimme zu sprechen beginnt.
„Ich bringe schlechte Nachrichten oh Herrscher der Welt. Die Feinde haben Euren wohlerdachten Plan im letzten Augenblick, wie es scheint durchschaut und konnten sich Ihrer Bestimmung entziehen. Der Feind hat den Angriff abgebrochen und erschien nicht wie erwartet in Maenia, wo wir ihm auflauerten.“
Ungläubig blickt der Imperator von seinem Thron herab, als er erneut spricht: „Dies ist völlig unmöglich. Mein Plan war bereits vor Ewigkeiten erdacht und unfehlbar. Nichts hätte die Feinde vor ihrer Befreiung durch den Tod noch erretten können. Was erzählt Ihr mir?“
Wieder senkt Karyganon sein Haupt und nur noch ein Hauch seiner eigenen Stimme ist im Saal zu vernehmen: „Ein Bote des Reiches der Vox Reginae konnte sich in Limes Occidar vor den Augen des Mechanicus und seiner Wächter verbergen und hat den Hinterhalt erblickt und uns alle verraten.“

Stille erfüllt mit einem Mal den gesamten Raum, Stille die so schwer ist, dass Karyganon fühlt wie sie dabei ist seinen alten Körper zu erdrücken. Als er aufsieht blickt er in das Antlitz Saruls. Starr blickt der Herrscher auf ihn. Keine Gefühlsregung, kein Zorn keine Wut ist zu erkennen, doch die Augen des Imperators erstrahlen in einem kalten Licht, das Karyganon im Innersten seines Wesens erschaudern lässt. Jegliche Farbe weicht mit einem Male aus dem Thronsaal, sowie aus dem Garten. All die Rosen im Garten sind plötzlich verschwunden. Nur verdorrte, abgestorbene Dornenhecken sind an ihrer statt zu sehen und die jungen hübschen Menschen die sich zwischen ihnen liebten erscheinen nur noch als schreckenserregende Gestalten aus Haut und Knochen, Tote, die statt den Frieden des Todes zu genießen in steter Unruhe sind und sich gegenseitig mit ihren halbzerfallenen Gliedern über die verwesenden Gesichter streichen. Nur der Herrscher erstrahlt noch in der selben Schönheit und Pracht wie zuvor, ja mehr noch hebt er sich jetzt ab, da alles andere in eine Welt der Scheußlichkeit getaucht ist.
Als er zu sprechen beginnt hat seine Stimme nichts feengleiches mehr an sich. Wie Donner erhallt sie im Saal, wie tausend Nadeln die in den Geist Karyganons gestoßen werden dringt sie von allen Seiten auf ihn ein. Der Saal und der ganze Palast erzittern durch die Gewalt und die Stärke der göttlichen Stimme, und jedes andere Wesen als Karyganon wäre wohl durch ihre unbändige Wucht auf der Stelle in Stücke gerissen worden.

„Wie kannst du es wagen mir diese Nachricht zu bringen? Wie kannst du versagen in einem Plan, den das Schicksal selbst mir offenbart hat und den meine unendliche Weisheit dazu erkoren hat real zu werden?
Wie können diese sterblichen Narren es wagen sich meiner Macht, meiner Weisheit und meiner Bestimmung zu entziehen? Wie können sie es wagen die Güte des Todes zu verneinen und sich meinen Plänen zu widersetzen? Wissen sie nicht, dass sie nur durch meine Gnade existieren? Nur durch meine Macht das Leben führen, das ich so verabscheue?
So ei es denn! Wenn sie nicht erkennen, dass ich die Wahrheit und das Licht bin, wenn sie nicht sehen, dass ich die Schönheit und die Schöpfung bin, so sollen sie vergehen und nicht mehr sein. Vernichte sie Karyganon, vernichte sie alle. Ziehe nach Gerodia, und verkünde meinen Willen und meine Macht. Nimm dir eine Armee, wie sie die Welt noch nie gesehen hat und führe alle Fratres des Ordens mit dir auf dass sie Gerodia in einen Ort des Todes verwandeln, auf dass nie wieder auch nur eine Blume erblüht auf dem Land, das mich verraten hat. Kein Mann, keine Frau, kein Kind darf überleben. Ich will, dass noch bevor dieser Mond verstreicht, der Widerstand gebrochen ist.
Was den Mechanikus betrifft, so war dies sein letztes Versagen. Ich werde nicht zulassen, dass er mich noch einmal enttäuscht. Ich werde ein Exempel statuieren, das ihn lehrt was es heißt mich zu enttäuschen. Sein Volk soll bluten für sein Versagen Karyganon, so wie noch nie ein Volk geblutet hat. Nur so wird er seine Schuld an mir begleichen können.
Denn so ergeht mein göttliches Geheiß: Von nun an wird er Männer aus all seinen Provinzen nach Terrenor entsenden bis deren Zahl Tausend ist, auf dass diese vor meinem Palast meiner unendlichen Göttlichkeit geopfert werden. Im Blut von Tausend Seelen, wird er sich reinwaschen von seiner Schuld an Terrenor. Dann und erst dann soll ihm sein Fehl vergeben sein. Es wird die größte Opfergabe sein, die jemals einem Gott gegeben wurde und der Tag an dem dies geschieht soll als Tag des Todes in die Geschichtsbücher eingehen. Und die Armeen Terrenors werden stärker sein denn je zuvor.“

Noch minutenlang schwingen die Wände der Hallen bis die Stimme Saruls endlich verklingt. Dann kehrt wieder Licht und Farbe in den Garten zurück.
Als Karyganon zum Imperator blickt, hat dieser sich wieder auf seinen Thron gesetzt und lächelt freundlich und sanft, während seine ewigen Augen bis in die Unendlichkeit zu blicken scheinen.


Totenreich von Terrenor


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