Terra Magica Spielerverein der Freunde des Gepflegten Rollenspiels
Nuntius Magicus - Der Magische Bote

von Träumen und Glocken
19. Woche des 2. Jahres

Calanat von Hervanal betete wie jeden Morgen, seit die Handwerker den kleinen Kapellenraum des Klosters zu Kadenz fertiggestellt hatten zu seinen Göttern. Noch war die hübsche Kapelle zwar noch nicht geweiht worden, doch wo ein wahrer Gläubiger, da waren des Himmels Heerscharen nicht weit, das hatte ihm sein Vater gelehrt. Dieser war keine größere Aufgabe angegangen, ohne den Beistand der Götter zu erbitten. Vor jeder der zahlreichen Schlachten zur Verteidigung der Erbel gegen die vollbeladenen orkischen Flöße, zahlreich wie Ameisen bedeckten sie den Fluß soweit das Auge reichte, kniete er am Felde, bis die schwarzgefiederten Pfeile ihn daran erinnerten, dass es Zeit war, das Tagewerk zu beginnen.

Während Calants Gedanken so abschweiften, rutschte sein Kopf nach vorne, bis er auf dem niedrigen Marmoraltar ruhte und er schlummerte ein, die Hände noch immer zum Gebet gefaltet.

Und er träumte.

Sein Traum schien nahtlos anzuknüpfen an das, woran er vorher gedacht hatte. Er sah das wohlvertraute Gemenge an Körpern, an Rüstungen und verkeilten Speeren und Schwertern vor sich, in dessen schimmernde Farben sich immer mehr und mehr schmutziges Rot mischte. Große Ritter mit stolzen Wappen fielen in den Staub und der Wahnsinn des Krieges fegte über sie hinweg. Er sah sich selbst mit seinem Schwert ausholen und er sah sein Gegenüber, das den Schlag kommen sah, und sich in wilder Panik wegzuducken versuchte, doch unbeholfen und durch schweres Lederzeug beengt fiel er statt dessen mit gespaltenem Kopf vom Pferd. Er sah Tapferkeit und Heldenmut bei seinen Kameraden und doch fiel einer nach dem anderen.

Und doch sah er sich nicht aufgeben - vielmehr sah er sich als strahlenden Paladin, der je verzweifelter die Lage war, um so ruhiger wurde und Hieb um Hieb austeilte und wo immer er hinhub, half weder Parade noch Schild, denn beides wurde bar jeder Wirkung zur Seite gefegt und sein Streitross trampelte schon über Dutzende eigenhändig dahingestreckte Feinde. Und er sah Angst, Angst in hunderten von Augen, die ihn umringten. Sie sollten ihn eigentlich nur erdrücken müssen, in gewaltiger Übermacht, doch wo immer sich ihm Widersacher in dieser Absicht näherten, da hob er sein Schwert und sah den Feind zurückweichen, doch nur selten schnell genug, um dem Rendevouz mit dem Tod zu entgehen. Er sah sich als Streiter, der sich langsam daran gewöhnte, unbezwingbar zu sein und der sein Ross immer tiefer in die Reihen des Feindes trieb und sie niederstreckte, wo immer sie in Reichweite kamen.

Und dann verstummte der Schlachtenlärm plötzlich, denn ein gewaltiges Donnern ertönte aus dem gerade noch leicht bewölkten Himmel und in unnatürlicher Geschwindigkeit zogen dunkle, unheilverkündende Wolken aus dem Süden auf und bedeckten binnen Sekunden den gesamten Himmel. Glühende Steine flogen vom Himmel und wo gerade noch grimmige Krieger die Waffen erhoben schlugen sie ein und zerfetzten Mensch wie Pferd und schlugen krachend Löcher in den Boden. Wer vorher Tod und Vernichtung schon in seiner Vollendung zu sehen glaubte, der sah jetzt neue Dimensionen hiervon. Und dann ...

... hörte Calant Glockengeläute. Leise nur und aus der Ferne war ein tiefes Läuten zu hören, von einer Glocke, die offensichtlich gewaltige Ausmaße haben mußte. Calant öffnete, die Augen, die er für einen Moment geschlossen haben mußte und fand sich in der kleinen Kapelle des Klosters von Kadenz wieder, total durchgeschwitzt und mit schmerzenden Knochen. Weit im Norden, in Teshkoff wurde die Kathedrale Sankt Domenicus gerade eingeweiht, die er bauen hatte lassen und das Läuten, mit dem dies Göttergefällige Tun im ganzen Land verkündet wurde, hatte ihm aus diesem furchtbaren Alp erweckt.

Tief durchatmend richtete sich Calant auf und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Er hatte diesen Traum schon des öfteren gehabt. Er hatte darüber nachgedacht, doch er hatte ihn nicht deuten können und ihn beiseite geschoben, wenn auch nicht sonderlich erfolgreich, denn er wachte ein jedes Mal wie gerädert auf anstatt erholt und ausgeschlafen. Doch noch niemals war er ihm am hellichten Tage erschienen. Er würde wohl doch Hilfe suchen müssen, wenn dies so weiter ging. Diese Scharlatane von Magiern und Traumdeutern verabscheute er seit jeher, doch vielleicht konnte ihm einer der Mönche helfen, die zur baldigen Weihe des Klosters angereist waren ...

Rittermark Hervanal


 (c) 2003-2004 Markus Penz