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Nuntius Magicus - Der Magische Bote |
Die Mächte jenseits von Leben und Tod werden sich erheben über Leben und Tod 38. Woche des 2. Jahres Knarrend ächzen die Knochen der vier Skelette unter dem Gewicht der goldenen Truhe, die sie auf ihren Schultern tragen. Langsam aber unbeirrbar nähern sie sich ihrem Ziel: Einer Anhöhe vor Terrenor, hinter der ein steiler Hang in die weiten Ebenen des Landes abfällt. Kein Licht erhellt ihren finsteren Weg, selbst Luun ist in dieser Nacht gänzlich vom weiten Himmel verschwunden. Dann nach einiger Zeit erscheint das Licht von Fackeln. Die Skelette kommen immer näher und schließlich erreichen sie die Anhöhe.
Dort, inmitten eines weiten Kreises ist ein Pentagramm in den Boden gezeichnet. Am Rande des Kreises stehen unbeweglich die versammelten Nekromanten der Fratres Moriendi und in ihrer Mitte der Kaiser höchstselbst, gewandet in lange weite rote Roben und Umhänge. Die Skelette schreiten an die Versammelten heran und stellen vor ihnen die Truhe zu Boden.
„Nun so kann es also beginnen.“ Mit ernster Miene blickt der Kaiser von einem Nekromanten zum anderen. „Der Anfang vom Ende ist gekommen.“
Dann wendet sich Sarul von den Versammelten ab und geht an den Rand des Abhangs. Als er hinunter in die Ebenen blickt, sieht er dort versammelt eintausend Männer und Frauen, vom Herrn der Bruderschaft gesandt als Opfer für Terrenor. Inmitten der zitternden Körper erhebt sich die Gestalt eines mächtigen grünen Drachen, der stetig Flammen in den nächtlichen Himmel haucht und dem Ort ein seltsames Wechselspiel aus Licht und Dunkelheit beschert.
„Wir grüßen Euch, die ihr auserwählt wurdet, teilzuhaben am größten Wunder, das diese Welt seit tausenden von Jahren zu sehen bekam! Denn heute wird mit der Kraft Eures Blutes eine neue Macht entstehen.
Vor mehr als 25.000 Jahren, als die Welt noch jung war und das Blut der Urgötter frisch aus den geschlagenen Wunden quoll wurde das erste Volk Terras geboren: Mächtige Wesen die das lodernde Feuer Syts und die ewige Weisheit Aeons in sich vereinten wie nie ein anderes danach: Die Drachen. Bald herrschten diese Urwesen sowohl über die ewigen Lüfte als auch über die großteils noch unbevölkerte Welt. Jahrtausende lang beobachten sie das Entstehen vieler anderer Völker, alter Völker wie der Elfen und junger Völker wie das der Menschen. Stets achteten die Drachen, in denen das Blut der Urgötter wie in keinem anderen Wesen in völliger Ausgeglichenheit war, auf die Ausgeglichenheit der Völker und auf das Gleichgewicht der Mächte. Doch so mächtig und weise die Ältesten auch waren, waren sie doch von Anbeginn ihrer Existenz an Sklaven eines allumfassenden kollektiven Über-Ichs, das sie selbst Valun nannten. Keiner der Drachen erkannte dies, doch eines Tages machte sich einer der Ältesten unter den Alten auf auch die letzten Winkel der Welt zu erkunden. Und dort fand er die Kugel von Draman: Ein mächtiges Artefakt aus Zeiten die noch vor der Geburt der Drachen waren, ja vielleicht vor der Entstehung der Welt. Und als der große Drache in die Kugel blickte erkannte er was er wohl nie hätte erkennen dürfen: Er erkannte sich selbst und seine eigene Macht. Er erkannte, dass er geboren und auserkoren war um zu herrschen über all die Völker der Welt. Doch er erkannte auch die Sklavenherrschaft Valuns und so beschloss er sich von Valun abzuwenden und damit erlangte er ein Geschenk, das den Drachen bisher vorenthalten war: Den freien Willen.
Als die anderen Drachen sahen welch Macht Asha’Zar entfaltete nur durch seine Lösung von Valun, dadurch niemandem Rechenschaft schuldig zu sein über die eigenen Handlungen und Intentionen fielen immer mehr ab und unterwarfen sich Asha’Zar nur um ebenfalls einen Blick in die Kugel der Macht werfen zu dürfen.
Asha’Zars Macht währenddessen wuchs mit jedem Tag der verging und mehr und mehr wurde aus der Erkenntnis seiner eigenen Macht eine zunehmende Missachtung für alle jüngeren Völker der Welt, eine Missachtung die soweit ging, dass Asha’Zar ihnen das Recht auf Leben aberkannte. Und so beschloss er mit Hilfe der Kugel von Draman ein eigenes Volk zu schaffen, das er nach seinem Ebenbild formte und das alles andere Leben Terras vernichten sollte um selbst die Welt zu besiedeln. Und er nannte das Volk die Ashazadrin, jedoch von den anderen Völkern wurden sie als das Volk der Echsen bezeichnet.
Valun erkannte die zunehmende Gefahr die von Asha’Zar ausging und so beschloss er zu tun was noch heute die Gedanken der Drachen bedrückt. Das erste Mal in der Geschichte der Welt zogen die Drachen Valuns in den Krieg gegen ihre eigenen Brüder. Asha’Zar hatte damit nicht gerechnet, denn niemals zuvor hatte ein Drache seine Macht gegen einen anderen verwendet, doch der Gewinn des freien Willens bedeutet auch den Verlust des ewigen Friedens. Und so begann 8000 Jahre nach Beginn der Welt über den Sümpfen und Wüsten des Südens der große Drachenkrieg. Ein Jahrtausend lang dauerte dieser Krieg der Giganten, doch schließlich konnten die Drachen Asha’Zars besiegt werden und der mächtigste Drache aller Zeiten wurde von Valun niedergestreckt und die Teile seines Körpers wurden in der Welt verstreut.
Jahrtausende sind seitdem vergangen, Jahrtausende in denen sich viel verändert hat und nun ist die zeit gekommen das zu vollenden, das vor Jahrtausenden begann. Wieder haben sich Drachen zusammengefunden, die der Macht von damals gedenken und auf Asha’Zars Pfaden wandeln wollen. Und so habe ich beschlossen, dass es Zeit ist ihnen den Führer wiederzugeben, nach dem sich so viele unter den Drachen seit Jahrtausenden sehnen. Heute ist der Tag an dem die Rückkehr des größten Wesens ermöglicht werden wird, des Drachen Asha’Zar, Herr der Macht und Urvater der Echsen.“
Als Sarul diese Worte gesprochen hat, wendet er sich erneut um und tritt ohne ein weiteres Zögern ins Innere des Pentagramms. Auf ein Nicken des Kaisers öffnet der Bibliothekar Terrenors die schwere Goldtruhe, die von den Skeletten gebracht wurde und holt vorsichtig einen schweren Folianten hervor: Ein großes in schimmernde Drachenhaut gebundenes Buch – das Liber Arcanorum, den größten Schatz Terrenors.
Behutsam tritt auch er in den Kreis und übergibt den Folianten in die geöffneten Hände des Kaisers. Sobald dieser das Buch in Händen hält streckt er es nach vorne und beginnt mit klingender Stimme zu rufen:
„Herrin der Macht, Schöpferin der Magie und Geberin der Erkenntnis ich rufe dich!“
Mit einem Mal offnet sich der Deckel des Buches völlig von selbst und ein aufkeimender heftiger Wind lässt die Seiten laut flatternd umschlagen.
„Siehe ich bringe dir ein Opfer dar! Nimm das Opfer an, auf dass das Blut von tausend tausende von Jahren überwinden kann.“
Völlige Stille herrscht mit einem Mal sowohl auf der Anhöhe als auch im Tal. Nur das melodiöse Summen der anwesenden Nekromanten, die in ihren Gesang vertieft sind durchbricht die selbe.
Doch dann plötzlich ertönen helle Schreie aus den Ebenen. Als Vedrasin, der Herr der Nekromanten, gespannt über den Abhang hinunterblickt erkennt er wie die Gesichter der Menschen dort plötzlich zu grausamen Fratzen verzerrt sind und überall an ihren Körpern öffnen sich wie von selbst Haut und Adern und Ströme von Blut fließen entlang ihrer Körper zu Boden bis die Menschen zusammenbrechen und reglos vorerst zur Ruhe kommen. Doch das Blut der Opfer versickert nicht wie zu erwarten im Boden, nein wie von einem Magneten angezogen fließt es zu einem roten Strom zusammen der träge aber stetig den Hang hinauffließt, schließlich das Pentagramm erreicht und am Körper des Kaisers empor kriecht um schließlich ins Innere des Buches gesogen zu werden, das Sarul in Händen hält. Bis auf den letzten Tropfen zieht das Buch das Blut der tausend Männer und Frauen in sich auf und lässt es verschwinden.
„Nun Herrin, da du das Opfer angenommen hast, zeige uns Deine Macht! Bringe zurück ans Licht der Welt die verschollenen Überreste des Drachen Asha’Zar auf dass sie vereint werden und er erneut herrschen möge über die Ältesten der Welt. Komm zu uns und erfülle uns mit deiner Kraft, denn Ich bin dein Erwählter und ich rufe dich mir beizustehen!“
Wieder kehrt völlige Stille ein, bis plötzlich mit einem Donnerschlag das Buch in Saruls Händen zuschlägt. Heftige Winde wehen mit einem Mal über die Ebenen, fokussieren sich in Mitten des Pentagramms und vereinigen sich in einen Wirbel aus Luft, der den Kaiser bis in den Himmel hebt. Ein Schrei entfährt dem Imperator und im selben Augenblick als er den Mund öffnet schießt daraus ein Strahl aus hellem Licht direkt in den Himmel, teilt sich dort in drei Richtungen entlang derer sich das Licht verbreitet und für wenige Sekunden die Nacht zum Tag werden lässt. Dann an drei Punkten über dem Südkontinent Terras angekommen, schießen die drei Lichtsäulen wieder zu Boden und schlagen mit einem Donner ein der die gesamte Welt bis in den höchsten Norden erzittern lässt. Noch einige Sekunden ist der Himmel Terras hell erleuchtet, bis schließlich wieder die Dunkelheit der Nacht einkehrt und erneut die Stille des Todes die Ebenen Terrenors erfüllt.
Langsam kehrt Vedrasin, der Herr der Nekromanten, der sich während der Zeremonie stets in einiger Entfernung zum Kaiser aufgehalten hatte zurück zum Pentagramm. Dort inmitten des Fünfsterns liegt der geschundene und blutende Körper Saruls. Langsam nähert sie Vedrasin seinem Kaiser und hebt vorsichtig das Liber Arcanorum auf, das neben Sarul zu Boden gefallen ist. Bedächtig nimmt er es an sich und blickt erneut zum stöhnenden und ächzenden Kaiser hinab. „Nun denn Sarul. So habt Ihr also was Ihr wolltet. Ihr hattet recht. Das Ende hat begonnen. Betet, dass es nicht auch Euer Ende ist. Ich habe Euch gewarnt.“
Dann macht der Herr der Nekromanten kehrt und diese verlassen gemeinsam den Ort.
Totenreich von Terrenor
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