Terra Magica Spielerverein der Freunde des Gepflegten Rollenspiels
Nuntius Magicus - Der Magische Bote

Chross o yoltess
3. Woche des 3. Jahres

Endlich, am 13ten Tag, erfuellt sich der erste Teil des Schicksals der Nara Dhorr. Fest in das Zentrum des KÉLRINAR blickend, sieht sie undeutlich eine finstere Gestalt. Eine Frau kein Zweifel. Koennte dies Cryl Jala selbst... doch nein. Nara wird aus ihren eigenen Augen durchdringend angestarrt. "Ich bin du Nara, zumindest ein Teil von dir. Glaub mir. Ich bin der Teil, den du hinter dir lassen musst. Dort...", spricht die Frau mit sanfter Stimme und deutet auf einen Stein in der Naehe. Auf ihm erblickt sie eine, im Mondlicht schimmernde, Klinge. Einen Kurzen Dolch. "Nimm!", spricht Nara zu sich selbst. "Du hast die Wahl: CHROSS O YOLTESS. Entscheide selbst." Dann streckt sich Nara in der Mitte des KÉLRINAR, laengs aus und entbloest ihre Kehle, indem sie ihr langes, wallendes Haar auf die Seite streicht.

Bevor Nara einen weiteren Gedanken fassen kann, ist eine andere Stimme in ihrem Kopf, eine Stimme, die erst einmal zuvor mit einem sterblichen Geschoepf gesprochen hatte. Von unendlicher Trauer und Schoenheit, von quaelender Pein und unstillbarem Verlangen und von ewigem, uralten Wissen war diese ach so sanfte Stimme erfuellt. Balsam fuer die Seele, doch gleichzeitig schmerzhaft, musste jeder der dieser Stimme lauschte doch befuerchten, kein weiteres mal in seinem Leben etwas auch nur annaehernd vergleichbares zu hoeren.
"ISHBANRU ERE AYA... nun triff deine Wahl und komm zu mir mein Kind, komm zu mir. Ich warte. Folge dem Pfad nach ASHEKAS"

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"Chross o Yoltess" hatte die Frau in der Mitte des kélrinar-Steinkreises in den tiefen der Fyr Ashmor-Wälder gesagt. ´Schmerz oder Hoffnung´.
Nara Dhorr hatte schon lange keine Hoffnung mehr und der Schmerz war überwältigend geworden. Ihr ganzes früheres Leben brandete wieder und wieder über sie herein; sie war wie gelähmt - Bilder zuckten an ihrem inneren Auge vorbei - immer und immer wieder. Ihre Schreie, die Trostlosigkeit, das hämische Grinsen des Lords... ganz so als wollten diese Erinnerungen sie nicht loslassen.

Die mondschimmernde Klinge war so nahe - sie ergriff sie; sie wusste, dass sie den Steinkreis nicht betreten durfte, wollte sie nicht von der Macht des schwarzen Manas zerstückelt werden. So ergriff sie die Klinge fest und richtete sie gegen ihre eigene Kehle:
"Stirb Vergangenheit, bleibe zurück; VERENDE!!!" damit schnitt sie sich tief auf der linken Seite die Kehle auf und Blut spritzte in Strömen.
Sie sah vor sich die Frau im Steinkreis, welche sich über den gesamte Hals geschnitten hatte und führte das Messer weiter. Es wurde ihr schummrig vor Augen. Die Frau - sie selbst - war aus dem Kélrinar verschwunden.
Doch war sie nicht vollends weg; sie war nun _in_ ihr. Verzweiflung ergriff sie, doch führte sie den Schnitt zuende und trat dann einen Schritt zurück.

Zurück blieb sie selbst - vor ihr, wo sie zuerst gestanden hatte, schwankend und zaudernd, ein blutiges Messer in Händen.
Sie sah sich selbst von hinten, wie aus einem Traume heraus.
Die frühere Nara vor sich wankte und taumelte, fiel hin und griff sich an die Kehle, das Messer noch immer in der anderen Hand. Sie röchelte: "Nein Lord, tut es nicht. Bitte, bitte nicht! Ihr dürft..."

Als Nara sich so vor sich reden hörte, wollte sie all dies nicht mehr wahrnehmen - es schien einem anderen, früheren Leben anzugehören, das nicht mehr das ihre war. Sie ertrug es nicht mehr, da hohlte sie aus und stach der sich am Boden krümmenden Gestalt in den Rücken - sich selbst, ihrem früheren Selbst.
Wie ein Ritueller Mord war es, von aussen zu betrachten, als würde eine wild gewordene Frau sich zuerst die Haut ihres Halses aufritzen und dann vor sich mit lautem Kreischen in die Luft stechen.

Als sich Nara beruhigt hatte, griff sie auf den Schnitt, fühlte aber nur wenig Feuchtigkeit, nur wenig Blut - in ihrer Erinnerung sah sie aber ganz deutlich, dass das Messer fast bis zum Rückgrad durchgedrungen war - der Schmerz war doch da gewesen...

Nun aber musste sie weiter; sie liess die Klinge bedachtlos fallen und wandte sich zum hohen Berg in der Nähe: dem Ashekas - dort, wohin sie gerufen worden war.
Sie fühlte nichts als die kalte Nachtluft, sah nichts als das blasse Schimmern der Steine des Kélrinar, hörte nichts als ferne Nachtgeräusche und schauerliche Töne der Umgebung, roch nichts als das eigene Blut gemischt mit dem süsslichen Duft der Erde...
Sie ging fort und liess die Vergangenheit hinter sich - für immer.

Reich der dunklen Sonne


 (c) 2003-2004 Markus Penz