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Nuntius Magicus - Der Magische Bote |
Der letzte Morgen der Mogule? 5. Woche des 4. Jahres
Die schlanke Frau stand auf einem der letzten Hügel Seyrapirs und blickte mit dunklen, traurigen Augen gen Süden. Außer den auf beiden Seiten gegürteten Krummsäbeln wies nichts an ihr auf ihre Mitgliedschaft in der Kriegerkaste Arcanars hin. Immer noch trug sie mit Vorliebe die weiten blauen Gewänder, die sie eigentlich beim Wechsel von den Priesterinnen Shivas zu der Kriegerkaste hätte ablegen sollen. Doch niemand brachte dieses zur Sprache, im Gegenteil alle redeten sie immer noch mit ihrem Titel „Tochter Shivas“ an. So stand Vanya in der kühlen Luft des Morgens, während der Wind sich in ihren Gewändern verfing. Normalerweise genoss sie diese Zeit und diesen Ort. Dies war ihre Zeit. Während Shiva ihre ersten Strahlen über den östlichen in die noch dunklen Berge im Westen schickte, betete Vanyia zu ihrer Göttin. In diesen Momenten fand sie ihren Frieden, war eins mit der Welt. Aus dem Moment, in dem Shiva dann ihr Gesicht berührte, bezog Vanyia ihre Kraft und ihre Zuversicht.
Doch in den letzten Tagen verhüllten dichte Wolken das Antlitz Shivas - gerade jetzt, wo Vanyia Shivas besonders bedurft hatte.
So blickte sie gen Süden, wo sich die südlichen Mogullande zwischen Gebirge und Ocean erstreckten.
Dünne Rauchschwaden kündeten vom Vormarsch der vereinigten Truppen der Echsen und der Jünger Terrenors und eines Urwyrms. Erst letzte Woche hatte das riesige Heer Z'Ha'Dun, Srpfz'lds, Abanasinia und der Drachen die Provinz Rhupar im Handstreich genommen. Nichts lag mehr zwischen der Hauptstadt Maharka Jemuls, Naggaraya. Die letzte Bastion der Mogulreiche würde fallen. Angesichts solcher Übermachten war es schwer Hoffnung zu bewaren.
Vanyia wandte ihren Blick nach Westen, dort wo die hohen Gipfel Adafs einen Sperrgürtel gegen die weiten Wüsten der Kalifen bildeten, konnte sie fast heruntergebrannten Lagerfeuer der Armeen der Bruderschaft und Shahir el Nar’s sehen, die auf den Manakonten Maharka Jemuls zu marschierten. Seyrapirs und damit die Truppen, über die sie befehligte, lagen im idealen Aufmarschgebiet für die beiden Armeen.
Sollte es zu einem Kampf kommen, würde es ein kurzer werden.
Wie war es zu dieser Situation gekommen? Hatten sie gefehlt? Hätten sie etwas anders machen sollen?
Sicher Torek Ihalmakat, der Führer Maharka Jemuls, hatte seine Armee gegen die Hauptstadt Abanasinia geführt. Dies war ein Fehler, doch der Fehler lag vielmehr in der Selbstüberschätzung des letzten mächtigen Mogulreiches. Torek Ihalmakat war davon ausgegangen wenigstens die Truppen Abanasinias zu schlagen, um die Waage wenigstens etwas auszugleichen. Vielleicht war es auch nicht Torheit, sondern vielmehr ein letzter Versuch, das Unheil abzuwenden.
Diplomatisch konnte man ihm nicht viel vorwerfen. Hatte nicht der Gottkaiser alle Botschafter, auch den Arcanars, durch Auftragmörder aus dem Reich Shahir el Nar umbringen lassen, damit die Truppen der Echsenreiche und der alte Drache sich unbemerkt an den Grenzen Maharka Jemuls aufmarschieren konnten? Und hatte der Gottkaiser nicht in einer Nacht und Nebelaktion versucht Nabyrabad, die reichste Region der Mogule, in erobern? Wurden nicht auch die anderen Vorposten durch zufällige Morde beseitigt, so dass sich die anderen Reiche vom Westen nähern konnten?
Nein, diplomatisch war der Krieg schon längst vom Feind erklärt worden!
Die Mogule hatten sich nur zulange an die Hoffnung geklammert, dass der Sturm doch nicht losbrechen würde. Die Führer Arcanars hatten immer noch die Hoffnung, dass ihr Reich zu klein und zu unbedeutend für eine Eroberung war.
Der Tatsache bewusst, dass die Armeen Arcanars keinen Unterschied in den Kämpfen gemacht hätten, hatte sich Arcanar in keine Kämpfe eingemischt und sich neutral verhalten. Ja es hatte sogar die Hoffnung gegeben, dass Arcanar zwischen Maharka Jemul und seinen Feinden vermitteln könne. Doch Verhandlungen waren zu keinem Zeitpunkt erwünscht gewesen. So ergab sich Arcanar seinem Karma und hatten nicht verschiedene Reiche auf Seiten der Feinde immer wieder betont, keinen Hader mit Arcanar zu haben?
Vanyia zweifelte Angesichts des Hasses der Echsen auf alles menschliche, dass sich diese an strategische oder gar moralische Argumente halten würden. Über die Motive Terrenors und seiner Diener wagte sie gar nicht nachzudenken.
Doch was gab es Angesichts einer Übermacht von 6 oder mehr starken Reichen überhaupt für eine Aussicht?
Vanyia wandte sich wieder nach Osten, einige Strahlen der Sonne hatten die Wolkendecke durchbrochen. Es war als würde Shiva ihr ein Zeichen geben.
Sie kniete nieder und beugte ihren Kopf, die Strahlen fielen auf ihr braunes Haar. „Verzeih Herrin, ich bin schwach und voller Zweifel.“
Die Sonne wärmte sie und Shiva füllte ihr Herz ein weiteres Mal mit der Kraft den Menschen Seyrapirs Hoffnung zu geben.
Reich Arcanar
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