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Nuntius Magicus - Der Magische Bote |
Schatten über dem Imperium des Lichtes? 19. Woche des 5. Jahres (aus einem außer Landes geschmuggelten und dort veröffentlichten Bericht)
Der 2. Tag des Wandelmondes
Im achtunddreißigsten Jahre der Herrschaft des weise Caesar Dareus
Lymnopolis - Über allen Hügeln des Palastviertels war Ruh und in den Lüften spürte man kaum einen Hauch. Die Sonne stand hoch am diamantblauen Himmel über dem höchsten Tempel unserer Reichsgöttin Lymneria und ließ die weißen Marmorsäulen der Arkaden in goldenen Farben erstrahlen. Weit abgelegen und durch hohe Mauern und aufragende Pinien von dem Rummel der Unterstadt mit ihren laut plappernden Verkäufern, den fluchenden Kutschern und lärmenden Passanten, den wild gestikulierenden Sklavenhändlern und den donnernd predigenden Propheten und Wahrsagern getrennt, störte nichts die beschauliche Idylle dieses einladenden Ortes, der an diesem heißen Sommertag wie ausgestorben erschien. Allein einige Schwalben zogen träge ihre Runden über die weitläufigen Palastanlagen der Tempelstadt als plötzlich empörtes Geschrei aus dem Comitium des obersten Tempels den geruhsamen Frieden dieses sonst so stillen Viertels durchstieß. Weitere Stimmen erhoben sich – zeternd, brüllend, anklagend – und plötzlich durchdrangen die schweren Schritte der Prätorianergarde die säuberlich gepflegten Prunkstraßen, das schrille Klirren von Waffen drang an mein Ohr, knappe Befehle wurden gebrüllt und schlagartig dröhnten aus dem Comitum klagende Entsetzensrufe und qualvolle Schreie.
Ich, einfacher Schreiber der ich bin und nur zufällig vor Ort, wollte meinen Augen nicht trauen, als ich unzählige Hohepriester, heiligste und weiseste Männer, die sonst so strahlend weißen Gewänder mit roten Blut getränkt, die erhabenen Gesichtszüge vor Schrecken und Grauen verzerrt aus den göttlichen Hallen taumeln sah, die bereits erschlaffenden Körper nur noch schwach und ohne Ziel voranschleppend. Ungläubig erblickte ich die Garde des Imperators, wie sie die ehrwürdigsten aller Hallen mit dem Blut ihrer Erzpriester befleckten, ohne Gnade, ohne Ehrfurcht vor den uralten Mauern unserer Göttin oder ihrer Diener. Fassungslos erblickte ich den Imperator, Caesar Dareus darselbst!, von den Jahrzehnten gebeugt, doch ungebrochen im Geist und Gebaren, wie er seiner Leibwache furchtlos entgegentrat und ihr mit donnernder Stimme Einhalt gebot - entsetzt als ich diesen unerschrockenen Mann, den Einer und Vater des Reiches, den obersten Verkünder des göttlichen Wortes, den glorreichen Feldherren und Held zahlenloser Schlachten in seinem eigenen Blut niedersanken sah, die Brust durchtrieben vom Schwert des Preafectus Praetoriani, dem Herrn seiner eigenen Leibwache.
Bebend vor Furcht und mit rasendem Herzen wandte ich mich ab, hastend und hetzend bis mir der Atem rasselte und die Lunge schmerzte. Ich hatte Glück und konnte dem blutrünstigen Gemetzel entkommen und schon bald in das schützende Tummeln der riesigen Unterstadt untertauchen.
Doch was musste ich zur Abendstunde vernehmen? Tempelrufer hatten sich bereits an alle Märkte und Plätze der Stadt begeben und verkündeten mit heuchlerisch klagender Miene:
„Bürger Lymnerias, höre, Volk des Imperiums, lausche! Der Imperator, dein Herr, ist tot!, sanft entschlafen in seinen Gefilden, von der Göttin selbst entrückt mit seinen getreuesten Dienern aufgrund ihrer hehren Taten. Höre nun, wen das heilige Orakel zu Telym durch göttlichen Weisspruch zum neuen Herrn gekürt hat: Es ist der zweite Hohepriester, Erzaugur Rudonus Gratiorus selbst, der von nun an wachet über das Wohl des Imperiums und seiner Völker! Lobet und preiset ihn! LANG LEBE DER IMPERATOR! LANG LEBE CAESAR GRATIORUS!“
Angewidert über diese Lügen und mit wunder Seele über den unermesslichen Verlust, den das Reich durch solch Missgunst erleiden musste, drängte ich mich durch die jubelnde Menge, um meine Trauer in der nächsten taberna zu ertränken.
Nach einigen Krügen Wein sprach mich ein derber Mann und fragte mich, ob ich mir nicht einige Sesterze durch ehrliche Arbeit verdienen wolle. Als ich ihn fragte, wobei, murmelte er etwas darüber, dass die Patrizierfamilien mit dem neuen Imperator und seiner Inthronisation wohl nicht ganz einverstanden seien und man eventuell bald Verwendung für junge Männer und Frauen habe, die ein Schwert zu führen wüssten...
Auf den Straßen unserer Stadt herrscht eine feindselige Stimmung, es brodelt und ein kleiner Anstoß genügt wohl, um den bösen Blicken und misstrauischen Gebärden Taten folgen zu lassen! Und auch in den Tempeln der Unterstadt scheint man von den Verbrechen des neuen Patriarchen gehört zu haben, denn auch dort scheinen sich die Priester zu sammeln und Ränke zu schmieden... Und schon hört man, dass einige Soldaten an den Grenzen desertiert seien, da sie dem neuen Caesar nicht trauen! Oh Lymneria, welch dunkle Wolken drohen über deinem Reich?
- Tertius Palatis, nunmehr freischaffender Sriptor der weißen Stadt
Imperium Lymneriae
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