ACADEMIA LIMBOLOGICA
publicat
Opus veritatis scientiæque
17. Efferd im 31. Götterlauf nach Hal

C.
Ausgabe


Gebet an die Herrin der Gelehrsamkeit

HESinde, deine Weisheit reicht so weit,
So weit die Wolken gehen;
Krönst unser Wissen mit der Zeit,
Und eilst, uns beizustehen.
Oh Herrin, meine Burg, mein Fels, mein Hort,
Vernimm mein Flehn, merk auf mein Wort;
Denn ich will vor dir beten!

Ich bitte nicht um Überfluss
Und Schätze hier auf Deren.
Lass mir, so viel ich haben muss,
Nach deiner Gnad gewähren.
Gib mir nur Weisheit und Verstand,
Dich, Göttin, die, die du gesandt,
Und selbst mich zu erkennen.

Ich bitte nicht um Ehr und Ruhm,
So sehr sie Menschen rühren;
Der ew'gen Weisheit Eigentum
Lass mich nur stets verspüren.
Mein wahrer Ruhm sei meine Pflicht,
Der Ruhm vor deinem Angesicht,
Und frommer Freunde Liebe.

So bitt ich dich, bei MAdas Tod,
Auch nicht um langes Leben.
Im Glücke Demut, Mut in Not,
Das wolltest du mir geben.
In deiner Hand steht meine Zeit;
Lass du mich deine Weisheit nur
Vor dir im Tode finden.

adeptus maior Eborëus Zachariad


Neuer Lehrplan an der Academia Limbologica

Werte Leserschaft, geneigte Abonnenten dieser Postille:
Mit Stolz dürfen wir Euch - passend zu diesem feierlichen Anlass - im Namen des Curriculum scientiae limbologicae den neuen Lehrplan für die Academia Limbologica präsentieren. Nachdem der von uns allen hochgeschätzte Großmeister Erilarion Androstaal zu Beginn dieses Jahres sein Amt niedergelegt hatte, nachdem man zu Punin im Namen aller drei Gilden das Gebiet der Limbologie und Sphärologie seiner Zauber beraubt hatte, verweilte unsere Akademie etliche Monde lang ohne Spektabilität und mit einem irregulären Lehrplan. Doch nun, nach langem Ringen um exakte Wortlaute, nach endlosen Disputen der lehrenden Meister untereinander und nach zähen Verhandlungen aller Beteiligten, haben wir endlich den neuen Lehrplan beschlossen und können hiermit beginnen ihn in die Tat umzusetzen.
Im Großen und Ganzen sieht der neue Lehrplan vor, dass die Academia Limbologica sich nun vermehrt um den elementaren und den sphärologischen Bereich kümmert, während der Lehrstuhl für allgemeine und spezielle Limbologie zwar durch adeptus maior Eborëus Zachariad nachbesetzt wird, jedoch jegliche Forschung und Lehre in diesem Bereich auf ein Minimum reduziert wird. Die Leitung der Academia Limbologica obliegt bis auf weiteres dem Curriculum scientiae limbologicae, welches sich aus den lehrenden Magistri et Magistrae zusammensetzt. Eine grundlegende Neuerung gibt es im Bereich der Organisation, denn mit dem neuen Lehrplan wird endlich die Unterteilung in fünf Fakultäten vollzogen, sowohl im Bezug auf die Lehrtätigkeit als auch was die Aufgabenbereiche der einzelnen Lehrmeister betrifft.

Wer Näheres über den neuen Lehrplan erfahren möchte, dem sei die Lektüre des Thesenpapiers "Curriculum novum ex 31 Hal" anempfohlen. Anregungen und Kritik sind jederzeit willkommen.

für die Academia Limbologica:
das Curriculum scientiae limbologicae

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Aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen über Ethik und Moral'

Vorwort

Auszüge aus dem gleichnamigen Kollektan
aller der Rohalszeit entstammenden Bände 
der 'Gespräche Rohals des Weisen' 
in freier Transkription, 
verfasst in der Sprache des Volkes, 
getätigt durch Lizentiatus Vitus Ehrwald,
Abgänger der Herzog-Eolan-Universität zu Methumis,
so geschehen im Jahre 2515 Horas zu Gareth 
mit gnädiger Unterstützung des Pentagontempels 
der Herrin Hesinde

Quid faciemus nos? - Was sollen wir tun?

Selbst 500 Götterläufe nach der Entstehung der 'Gespräche Rohals des Weisen' scheint diese Frage den kulturschaffenden Völkern Aventuriens nach wie vor ungeklärt. Die Götter haben uns die Vernunft geschenkt und uns damit in die Verantwortung gesetzt, all unser Handeln vor uns selbst und anderen zu legitimieren. Doch Glaube, Tradition und weltliches Recht geben uns eine Vielzahl von Handlungsweisen vor, denen zu folgen oftmals nicht bloß eine Sache des guten Willens, sondern häufig auch eine der rechten Entscheidung ist, denn allzu oft scheint uns durch das eine geboten, was das andere verbietet. 

Der himmlischen Kriegsherrin Rondra gilt der Kampf als ehrenhaft, doch die junge Göttin Tsa gemahnt uns, den Frieden zu wahren. Travia, die Göttin des Herdfeuers, spricht in ihren Lehren von Treue und Sittsamkeit, die schöne Göttin Rahja hingegen lobt den freimütigen Genuss. Phex, der Listenreiche, preist Humor als eine Tugend, doch wer nach den Lehren des schweigsamen Boron lebt, wird statt dessen seine Erfüllung in ernsthaftem Schweigen suchen. Der nicht weniger ernste Firun bringt uns Kälte, Eis und Schnee, doch solange er herrscht, ist es uns nicht möglich, im Sinne der gütigen Peraine Ackerbau zu betreiben. Der launenhafte Efferd heißt uns, unter den Elementen das Wasser zu ehren, Feuer jedoch zu meiden; sein göttlicher Bruder Ingerimm lehrt uns das genaue Gegenteil. Die allwissende Herrin Hesinde schließlich zeigt sich erfreut über unseren Umgang mit Magie, welche der Götterfürst Praios mit Bann und Geringschätzung belegt.

Dies sind nur einige Beispiele, welche aufzeigen sollen, wie oft wir uns in unser aller Leben für die Lehren des einen, damit jedoch gleichzeitig auch gegen die Gebote mindestens eines anderen der Zwölfe entscheiden. Auf die Konflikte, welche sich zudem mit den Weltanschauungen und Religionen anderer Kulturen ergeben (man könnte hier viele Völker, so etwa die Nivesen, Novadis, Maraskaner und Waldmenschen, ja sogar fremde Rassen wie Zwerge und Elfen als Beispiele heranziehen), soll an dieser Stelle erst gar nicht eingegangen werden. So sehr wir auch mit all unseren Kräften danach streben mögen, nie wird es uns gelingen, alle Gebote der Götter mit gleicher Strenge und Inbrunst zu befolgen, denn zu unterschiedlich ist selbst die Einheit der Zwölfe in ihren Lehren, als dass dieses Ziel jemals für uns erreichbar wäre.

Bedenkt man nun, dass auch die Fürsten unseres Kontinents, welchen es obliegt, für ihre Herrschaftsgebiete weltliches Recht zu schaffen, nicht ohne derartige Glaubensentscheidungen auskommen, und nimmt man hinzu, welch mannigfaltige, altehrwürdige Traditionen innerhalb der verschiedenen Kulturkreise vielleicht zusätzlichen Einfluss auf das Verhalten einer Gemeinschaft ausüben, so wird offensichtlich, wie schwer es ist, in unserem Leben nicht fortwährend gegen weltliches Recht, öffentliche Moral oder gar göttliche Lehren zu verstoßen, und es stellt sich die Frage, ob es uns unter diesen Bedingungen überhaupt möglich sein kann, in geistiger Einigkeit ein wahrhaft göttergefälliges Leben zu führen, das es wert ist, gelebt zu werden.

Die Moralphilosophie Rohals des Weisen

Die Antwort auf diese Frage ist jedoch seit langem schon gegeben, und niemand anderer zeigte sie uns auf als der große Rohal selbst, auch genannt der Weise. Rohal hält ein göttergefälliges Leben durchaus für möglich, und vor allem hält er es für unser aller Pflicht, ein solches Leben anzustreben. Als Weg zu diesem Ziel benennt er die wahrhafte Ethik, welche er als den Weg der goldenen Mitte bezeichnet, der nicht versucht, gezielt die Lehren eines einzelnen Gottes zu befolgen, sondern keinem der Zwölfe ernstlich zu missfallen.

Rohals moralphilosophische Lehre geht von dem Grundgedanken aus, dass das der göttlichen Schöpfung entstammende Leben mit all seinen mannigfaltigen Facetten vor Göttern wie vor Sterblichen das höchste Gut ist, welches man in unserer Sphäre wird finden können. Die kulturschaffenden Völker setzt er in die Pflicht, diesen Wert zu erkennen, sich ihrer Verantwortung gegenüber allem Lebenden bewusst zu werden und sich aktiv für dessen Erhalt und Förderung einzusetzen.

Für Rohal liegt der nicht weiter zu hinterfragende Endzweck des Lebens im Streben nach Glück, für das wir, wann immer wir es erfahren, dankbar sein sollten, denn es ist mitnichten selbstverständlich. Darum sollen wir uns um möglichst intensive Freude am Leben für uns und alle anderen Lebewesen der zwölfgöttlichen Schöpfung bemühen, Schmerz und Leid jedoch in jeglicher Form zu vermeiden trachten. Dies schaffen wir, indem wir uns vom gedankenlosen Dahinleben frei machen und uns stetig darin üben, andere bewusst so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen - nicht jedoch, wie wir selbst von ihnen behandelt werden, denn dies würde das gegenwärtige Unrecht in der Welt nur erhalten, statt es zu beseitigen.

Der Weise warnt uns davor, nur das als unsere Ethik anzuerkennen, was sich leicht erreichen lässt, statt das erreichen zu wollen, was wahrhafte Ethik ist. Auch die schüchterne Furcht, angesichts der eigenen, ethischen Ideale von anderen als schwach und sentimental belächelt zu werden, lässt er nicht als Entschuldigung für ein verfehltes Leben gelten. Damit erklärt Rohal die Ethik zur ersten und höchsten Herausforderung in unser aller Leben, an der allein wir unseren wahren Wert vor Göttern und Menschen beweisen können.

Das Ergebnis dieses simplen Ansatzes ist ein vollständiges, moralphilosophisches System, welches uns unregelmäßig verteilt auf die 21 Bände der 'Gespräche Rohals des Weisen' überliefert wurde und nahezu alle Fragen der Sittlichkeit und Moral beantwortet, seien es nun solche nach ewiger Wahrheit, dem Ursprung des Bösen, der richtigen Erziehung, wirklichem Glück, dem Umgang mit Tugenden, dem Wesen der Liebe, einem göttergefälligen Recht, wahrhaftem Heldentum oder gar dem Sinn des Lebens. Ein halbes Jahrtausend hat der Bedeutung dieses Werkes nichts anhaben können, doch die Zahl derer, die Zugang zu diesem Wissen haben, ist noch immer sehr klein. Dies zu ändern und zu einem göttergefälligeren Miteinander aller vernünftigen Wesen Deres beizutragen, soll Intention und Ziel dieser Kolumne sein, welche ab der nächsten Ausgabe des Opus veritatis scientiæque wöchentlich erscheinen und über mehrere Götternamen hinweg die Moralphilosophie Rohals des Weisen ausführlich vorstellen wird.

Von dem Zustandekommen dieser Artikelreihe

Die 'Gespräche Rohals des Weisen' entstanden, wie allgemein bekannt sein dürfte, durch die Mitschrift von Aussprüchen des großen Philosophen, welche seine Schüler im Laufe mehrerer Generationen in Form einer lediglich chronologisch geordneten Sammlung von Zitaten in der Sprache der Gelehrten anfertigten. Wer jedoch meint, dies hätte zu einer nandusgefälligen Verbreitung dieser wertvollen Lehrinhalte auszureichen vermocht, irrt sich sehr, denn wie schon Rohal sagte: 

'Die Menschen scheinen zuweilen zu glauben, dass das Teilen von Wissen oder ethischen Erkenntnissen dem Teilen eines Kuchens gleichkomme, von dem einem selbst weniger bleibt, je mehr man davon abzugeben bereit ist. Das Gegenteil jedoch ist der Fall, denn eine Kerze, welche ihr Licht an eine andere weitergibt, wird darum selbst ja nicht erlöschen, gleichwohl ihr Anteil an der Helligkeit geringer werden wird und man ihr darum weniger Beachtung beimessen mag. Euch jedoch soll es nicht um die eigene Flamme, sondern um das Licht als solches gehen, denn alles andere wäre nichts als bloße Eitelkeit.'

Aufgrund dieser weisen Worte fasste ich den Entschluss, den moralphilosophischen Inhalt der 'Gespräche Rohals des Weisen' einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, auf dass diese gehaltvolle Botschaft gleichsam als Sauerteig in der Gesinnung der Welt endlich aufgehen und ihre segensreiche Wirkung entfalten kann. In den vergangenen Monaten wurde es mir ermöglicht, die Originale der 'Gespräche Rohals des Weisen' im Pentagontempel der Hesinde zu Gareth einzusehen, die dort niedergeschriebenen Zitate thematisch neu zu ordnen, in freier Transkription in die Sprache des Volkes zu übertragen und somit schließlich einen eigenständigen, moralphilosophischen Sonderband über Ethik und Moral aus den 'Gesprächen Rohals des Weisen' zu extrahieren. 

Dieser neue Kollektan der Sittlichkeit ist in einem dem Original sehr ähnlichen Stil verfasst und zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur die wichtigsten Aussprüche des großen Rohal betreffend Sittlichkeit und Moral enthält, sondern darüber hinaus diese in einer leicht verständlichen Form und inhaltlichen Abfolge präsentiert, die dem Leser das Verständnis erleichtern, Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gedankengängen verdeutlichen und die Lektüre zu einem ebenso anregenden wie kurzweiligen Leseerlebnis machen soll, ohne dafür jedoch einen ungebührlich hohen Preis an geistreichem Gehalt oder Authentizität gegenüber dem Original zu entrichten.

Mit dem erklärten Ziel, zu einer möglichst weiten Verbreitung der ethischen Lehren Rohals des Weisen beizutragen, wandte ich mich Anfang diesen Jahres an die Redaktion des Opus veritatis scientiæque, wo man meinen Vorschlag, den von mir angefertigten Text in dieser Postille zu veröffentlichen, mit großer Begeisterung aufnahm. Alsdann trat ich in beidseitig äußerst produktive Verhandlungen mit Adeptus Maior Eborëus Zachariad, mit welchem ich sehr schnell darüber einig wurde, den von mir zusammengestellten Kollektan zukünftig allwöchentlich als regelmäßige Kolumne in nicht zu umfangreichen, in sich geschlossenen und in ihrer Abfolge systematisch geordneten Lektionen der Leserschaft dieses Blattes zugänglich zu machen. Gleichwohl es sich bei diesen Inhalten nicht um solche arkaner Natur handelt, hoffen wir doch, mit der Präsentation dieser Artikelserie gemäß dem Interesse der Leserschaft des Opus veritatis scientiæque zu handeln und möglichst vielen Lesern dieses für uns alle so bedeutsame Thema näher bringen zu können.

Anmerkungen zu Inhalt und Auslegung

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal vorwegnehmend darauf hinweisen, dass es sich bei den in dieser Kolumne präsentierten Positionen um eine neu systematisierte, freie Übersetzung von Mitschriften verschiedener Dritter handelt, welche sich wiederum ausschließlich auf mündliche Äußerungen Rohals des Weisen stützen. Für einen uneingeschränkt hohen Grad an Authentizität bezogen auf Rohals tatsächliche philosophische Sichtweise der behandelten Themen kann ich euch, werte Leser, daher keine Garantie geben, sondern mich lediglich als Herausgeber dafür verbürgen, beim Erstellen dieses Textes nach besten Kräften sorgfältige, wissenschaftliche Arbeit geleistet zu haben.

Des weiteren bin ich mir bewusst, dass nichts unphilosophischer sein könnte, als auf irgendeinem Gebiet unumstößlich von einer Sichtweise überzeugt oder dogmatisch zu sein. Ich muss jedoch zugeben, dass die in dieser Artikelreihe präsentierte Darstellung die Sache der Moralphilosophie in ein so helles Licht rückt, dass ich gegenwärtig von keiner Theorie, die ich aus Überlegung und Argumenten gewinnen könnte, überzeugter sein kann als von dieser, und wann immer ich in einer heiklen Lage nicht sicher weiß, was zu tun ist, frage ich mich, wie Rohal nach seiner eigenen Lehre an meiner Stelle wohl gehandelt hätte. Nichtsdestotrotz ist dies nur meine persönliche Sichtweise und erfolge daher noch einmal der prophylaktische Hinweis, dass es sich bei dieser Artikelreihe ähnlich dem Original, aus welchem sie hervorgegangen ist, im Grunde um historische Dokumente handelt, welche nicht vollkommen losgelöst von ihrem geschichtlichen Kontext und dem politischen, religiösen wie kulturellen Standpunkt ihres Verfassers interpretiert werden sollten. Ohne Zweifel hat das Werk auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit, doch will es lediglich die philosophische Position eines großen Mannes der aventurischen Geschichte wiedergeben, keinesfalls jedoch den Anspruch erheben, ewige Wahrheiten zu formulieren, obgleich die Autorität des großen Rohal solches nahe legen mag.

In Ergänzung dazu sei angemerkt, dass die systematisierende Übersetzung eines Kollektans aus einzelnen, ungeordneten Sinnsprüchen in eine andere Sprache niemals die literarische Qualität einer fließend niedergeschriebenen Novelle erreichen kann und den Übersetzer darüber hinaus recht häufig zu sprachlichen Kompromissen zwingt, welche ich bitte, mir an dieser Stelle wohlwollend nachzusehen. Als Beispiel sei hier stellvertretend für viele andere die Verwendung der Begriffe 'Mensch' und 'Menschheit' genannt, welche in dieser Artikelserie nahezu ausschließlich als simplifizierende Umschreibungen zu verstehen sind und im eigentlichen Sinne einzelne, vernunftbegabte Wesen mit der Fähigkeit zum Mitgefühl, beziehungsweise den Oberbegriff über all diese Wesen bezeichnen sollen. Rohals Moralphilosophie ist also durchaus universal zu verstehen und lässt sich nicht nur auf Menschen, sondern auf alle kulturschaffenden Rassen und Völker mit der gleichen Berechtigung anwenden.

Anmerkungen und Kritik zu dieser Artikelreihe, welche über die genannten Punkte hinausgehen, bitte ich, direkt an mich zu richten. Sie werden - soweit möglich - persönliche Beantwortung finden und gegebenenfalls im Anschluss an die vollständige Veröffentlichung des Textes in dieser Postille neu zur Diskussion gestellt werden, wenn bei allen Lesern die vollständige Kenntnis des zu diskutierenden Gegenstandes vorausgesetzt werden kann. In Übereinstimmung mit der Redaktion des Opus veritatis scientiæque wurde jedoch beschlossen, eine inhaltliche Diskussion der hier präsentierten Moralphilosophie in diesem Blatt erst nach deren vollständiger Veröffentlichung zuzulassen, um dem Text die Möglichkeit zu geben, eventuell auftauchende Fragen an anderer Stelle selbst zu beantworten.

Danksagung

Schließen möchte ich dieses einleitende Vorwort mit einer Danksagung an all jene, ohne die dieses ehrgeizige Projekt sich niemals hätte verwirklichen lassen. Mein besonderer Dank gilt den Geweihten des Pentagontempels der Hesinde zu Gareth, welche mir die Abschrift der 'Gespräche Rohals des Weisen' und deren Veröffentlichung als eigenständigen Kollektan überhaupt erst möglich gemacht haben. Ich danke dem Curriculum scientiae limbologicae, besonders Adeptus Maior Eborëus Zachariad, welcher auf die vorbereitende Korrespondenz mit mir viel Zeit verwendet hat, für die Möglichkeit, mein Werk in dieser Postille zu veröffentlichen. Meinem Dienstherrn Satu Drudner schulde ich Dank für mannigfaltige Unterstützung jedweder Art, sei es nun in Form zeitlicher Freistellung, finanzieller Förderung oder inspirierender Gespräche. Dem Geweihten des Nandus Lucianus Spiritus, sowie dem Gelehrten Emano Nebelweiher danke ich für ihre kompetenten Rezensionen meines Werkes, welche mir stets ein wichtiger Antrieb waren. Nicht unerwähnt bleiben sollen an dieser Stelle auch die Seelenheilerin Leodane Spinosa und der Rechtsgelehrte Doctor Abelmir Plantanego, welche ebenfalls großen Einfluss auf die Entstehung meines Werkes genommen haben. Ich danke fürderhin der Herzog-Eolan-Universität zu Methumis, besonders der Fakultät für göttliches und menschliches Recht, wo man mich zum ersten Male mit den Schriften Rohals des Weisen bekannt machte, und meinem Mentor, dem Hesindegeweihten Voltan, den die Fertigstellung meines Werkes sicherlich mit Stolz erfüllt hätte, so er sie noch hätte erleben dürfen.

Lizentiatus Vitus Ehrwald
Abgänger der Herzog-Eolan-Universität zu Methumis

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De natura scientiae

Im Namen der Allwissenden, der himmlischen Schlange, der Herrin HESinde!

Wissenschaft und das Wesen des Wissens hat wohl schon viele Denker vieler Zeiten interessiert und beschäftigt. Und so glaube ich, muss auch jeder, der sich der Wissenschaft verschrieben hat und dieses Wissen auch weitergibt (wie z.B. durch den Opus) sich mit dem Wesen selbiger beschäftigen.

Am Anfang stellt sich wohl die Frage:
Gibt es "Gutes Wissen" und "Schlechtes Wissen"?
Im ersten Augenblick würde man intuitiv mit "Ja" antworten, besonders wenn wir auf die Schrecken der letzten Jahre blicken. Doch dem ist nicht so:
Wissen ist (an sich) NEUTRAL! (Scientia neutra est!)
Ihr werdet mir entgegnen: "Aber denkt doch an die Magie des Borbarad!" Und doch muss ich euch sagen: Das Wissen, das dieser von den Göttern Gebannte gesammelt und angehäuft hat, ist nicht schlecht oder böse. Vielmehr sind die Absichten, aus denen er das Wissen gesammelt hat, und die Taten, die er dadurch erst bewerkstelligen konnte, abgrundtief böse und namenlos schlecht!
Das heißt:
Was nach ethischem, moralischem und geistlichem Sinne zu beurteilen ist, sind folglich:
a. die Motivation
b. die Absicht und natürlich zuletzt
c. die Tat

Ad a.: Die Göttin hat uns den Verstand und dann daraus entstehend Klugheit und Weisheit gegeben, um ad primum sie zu preisen und ihr zu danken und ad secundum um anderen und uns selbst zu helfen und das Leben zu erleichtern. Aus diesem Grund sollten wir nach immer neuem Wissen und größerer Weisheit streben. Wenn nun aber Gier, Hass, Neid und der Schaden des anderen unsere Motivation ist um neues Wissen zu suchen und zu finden, dann ist dies verwerflich und wird von der Göttin auch bestraft werden, spätestens aber wird dieses Böse auf der Seelenwaage Rethon schwer wiegen, wenn nicht zuvor schon einer der Niederhöllischen die Seele geholt hat.
Darum prüfe sich jeder, der nach Wissen trachtet, warum er dies tut und aus welchem Antrieb!

Ad b.: Zuerst war also die Motivation, dann kommt die Absicht. Viele werden glauben, dass diese zwei Begriffe wohl dasselbe meinen. Dem ist aber nicht so!
Unter Motivation versteht man den allgemeinen Hintergrund, die Einstellung eines Suchenden. Unter Absicht nun ist gemeint der schon im Kopf genau gemachte Plan und die Zielsetzung, was man mit dem Wissen erreichen will. Natürlich ist es so, dass mit einer bösen Motivation auch nur eine schlechte Absicht entstehen kann. Umgekehrt ist zu sagen, dass eine gute Motivation aber nicht gezwungener Maßen auch eine gute Absicht nach sich zieht. Dies ist wohl eine der meist diskutierten Fragen: "Ist jedes Mittel erlaubt, wenn der Zweck es rechtfertigt?" An dieser Stelle muss ich als Lehrmeisterin der Göttin ein klares "NEIN" entgegenhalten.
Man kann nur von gut und göttergefällig sprechen, wenn beides - Motivation UND Absicht - gut sind. Hier muss aber noch dazu gesagt werden, dass man hier von der objektiven Beurteilung ausgeht und nicht ob jemand schuldig ist oder nicht. Denn dies gilt dann auch für die "Tat".

Ad c.: Die Tat
Die Tat selbst kann man wohl am leichtesten auch als "gewöhnlicher" und außenstehender Mensch beurteilen. Zusätzlich noch ist die schlechte Tat (nach den zwei vorhergegangen Punkten) die letzte Entscheidung für die jeweilige Person, ob sie sich doch noch zum Guten bekehrt oder sich von den Göttern abwendet. So ist ein Schwerverbrecher, der schon viele Menschen gemordet oder gemeuchelt hat, und bei seiner nächsten Tat sich der Götter erinnert und von seinem Vorhaben ablässt, zu bewundern ob seiner Willensstärke und schweren Umkehr. Seine anderen Taten werden durch dies nicht gesühnt, aber der Prozess der Entzweiung mit den Göttern wird gestoppt.
So hat - der Gnade der Götter sei gedankt - ein jeder die Möglichkeit, umzukehren und wieder in den Schoß "der Göttlichen" zurückzukehren (wenn dies auch kein leichter Weg ist).
Wenn wir jetzt aber zum Wesen des Wissen und zur "Tat" zurückkehren, geht es um den Gebrauch des Wissens und zu welchem Zweck. Ein Zerstörungszauber könnte alleinstehend als Gefährliches und Böses Wissen gesehen werden, wenn dieser aber eingesetzt wird, um Menschen zu helfen oder auch nur um sich selber (der man ja auch ein Geschöpf und Diener der Götter ist) aus einer misslichen Situation zu retten, dann ist der Zauber gut und es kann die Herrin gepriesen werden, dass sie uns gerade diesen Zauber geschenkt hat.
So ist eine jede Tat gut, die man in Punkt a und b als gut geheißen hat. Natürlich kann für einen einzelnen Dritten die Tat doch schlecht sein, aber vor den Göttern wird sie wohlgefallen finden.

NB: Mann kann sagen: Sind Motivation und Absicht den Göttern gefällig und zum Heil und Wohl anderer ausgerichtet, so ist die daraus folgende Tat auch gut und das dazu nötige und erforschte Wissen als wertvoll und als HESindes Gabe zu sehen.

ABER: "Es gibt ja verbotenes Wissen!"

"DAS WISSEN IST STARK, DER MENSCH UND ALLE LEBEWESEN AUF DERE ABER SCHWACH!"

Man darf im Zusammenhang mit "Verbotenem Wissen" nicht den Volksglauben übernehmen, dass die Tempel gewisses Wissen verwahren, weil es "böse" sei - wir haben ja schon gesehen, dass es dies nicht gibt - vielmehr ist es zum Schutz der Menschen. Wissen hat keinen Charakter an sich, aber es gibt Wissen, das eine gewisse Stufe des Intellekt, der Reife und inneren Gestärktheit braucht, erstens um es in sich aufzunehmen und richtig zu verstehen, zweitens aber auch um das Wissen (und die daraus manchmal entstehende Macht) richtig und göttergefällig zu nützen. Das ist der wahre Grund, warum oft Bücher unter kirchlichem Bann stehen: Nicht weil das Wissen falsch oder schlecht ist, sondern weil das Wissen und daraus entstehende Macht dazuführt, dass aus einer zunächst guten Motivation eine schlechte macht- und geldgierige, menschenverachtende Absicht entsteht, da die Verlockungen für den einzelnen zu groß sind.
Wenn schon hohe Priester sich der Verlockung nach Macht und Größe kaum erwehren, wie sollte dann ein jüngerer, unwissender und unreiferer Suchender diese Verführung abwenden können?

Ich schließe meine Ausführungen jetzt. Nicht weil es nichts mehr zu sagen gibt oder das Thema sich nicht erweitern ließe, nein, vielmehr weil die oben erwähnten Punkte - jeder für sich - so bedeutend sind, dass jedes Wort mehr ihren Stellenwert verringerte.
Mir bleibt nur mehr euch aufzufordern: Hört, lest und versteht der Göttin und der andern Elfe Willen! Schaut in euer Inneres und untersucht Eure Motivation und Eure Absichten, und erst dann sucht nach Wissen zu Ehre HESindes unserer Göttin!

Der Segen der allwissenden Schlange, der Führerin der Suchenden, der allweisen HESinde komme auf euch Leser des Opus und stärke euch in den guten Vorhaben wie er euch zur Umkehr rufe bei allem Schlechten!

Argelia von Kuslik, Geweihte der Göttin
Praetora Academiae Limbologicae

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Von den astralen Kraftspeichern

Gandolf von Gareth. So manch einem Collega, welcher ist bewandert in der Kunst der Hohen Alchimie, wird dieser Name mehr als nur geläufig sein, handelt es sich bei dieser von Legenden umwobenen Gestalt doch um den Autor der beiden wohl bekanntesten Werke der Thaumaturgie, namentlich 'Ringkunde für Anfänger' und 'Ringkunde für Fortgeschrittene'. Beide Werke entstanden während der Magierkriege und wurden von äußerst kundiger Hand verfasst, wenngleich das nahezu alles ist, was über den Verfasser wir heute noch wissen. Um so mehr verwundert es, wenn dieser offenkundig doch so fähige Mann in der Inhaltsangabe seines zweiten Werkes auf ein Kapitel verweist, in welchem er ankündigt, 'Herstellung und Anwendung astraler Kraftspeicher' behandeln zu wollen. Der an diesem Thema interessierte Leser wird vom Autor auf Seite 161 des Werkes verwiesen. Sed hic haeret aqua: Wer die 'Ringkunde für Fortgeschrittene' sein Eigen nennt oder schon einmal das Glück hatte, dieses Werk für seine Studien benutzen zu dürfen, wird wissen, dass selbiges mit Seite 160 endet.

Zerstreutheit? Wohl kaum. Absicht? Dies ist wohl anzunehmen. Scheinbar ganz bewusst wird hier vom Autor selbst auf ein nicht existentes Kapitel eines Werkes verwiesen, welches als solches im Grunde als abgeschlossen gelten könnte, gäbe es nicht diesen äußerst rätselhaften Verweis. Auch die These, das fragliche Kapitel könnte in wilden Zeiten verloren gegangen oder in späteren Abschriften absichtlich entfernt worden sein, entbehrt jedweder argumentativen Grundlage und muss somit reine Spekulation bleiben. Ob Gandolf von Gareth selbst um das durch ihn in seinem Werk angesprochene Geheimnis wusste? Ignorabimus! Als wahrscheinlich erachte ich jedoch, dass er dieses Wissen nicht als verbreitungswürdig empfand und uns durch diesen blinden Verweis aufzeigen wollte, dass dieses Geheimnis ebenso unergründlich ist, wie es seiner Meinung nach vielleicht auch unergründet bleiben sollte.

Wenn dennoch in diesem Artikel besagtem Thema ich mich widme, dann im aufrichtigem Bestreben, vor den Gefahren, welche ein Missbrauch derartiger Kenntnisse mit sich bringen würde, zu warnen und die kundige Leserschaft des Opus zur Wachsamkeit anzuhalten, damit nicht unter ihren Augen doch ohne ihr Wissen eben dieses Geheimnis ausgerechnet von jenen gelöst werde, in deren Händen es den größten Schaden, doch den geringsten Nutzen zu bringen vermag. Relata refero! Doch das macht die Verantwortung nicht geringer, welche an dieses Wissen gebunden ist, und über seinen rechten Gebrauch zu wachen ist die Aufgabe eines jeden göttergläubigen Gelehrten.

In der Tat ist über die Herstellung astraler Kraftspeicher inzwischen soviel bekannt, dass es uns im Grunde möglich sein müsste, mit genügend Sorgfalt und fachlicher Kompetenz ein solches Artefakt selbst anzufertigen - sed non possumus. Die dabei auftretenden Schwierigkeiten sind mannigfaltig, lassen sich jedoch zwei Hauptproblemen zuordnen, welche zum einen in der Beschaffung geeigneter Materialien und zum anderen in der genauen Kenntnis des Rituals bestehen, welches benötigt werden würde, um aus einem solchen Material ein Artefakt fertigen zu können, welches in der Lage ist, astrale Kraft aufzunehmen, eine gewisse Zeit lang zu speichern und im richtigen Moment in einer für den Kundigen nutzbaren Form wieder abzugeben. 

Genaueres zu einem solchen Ritual ist nicht bekannt, und ich weiß von keinem Kundigen, der es beherrschen würde, wenngleich einige wenige Collegae die Auffassung vertreten, es ließe sich womöglich allein aus der Kenntnis des ARCANOVI herleiten. Oh sancta simplicitas! Nein. So einfach wird dieses Geheimnis gewisslich nicht zu lösen sein. Fest steht, dass die bloße Beherrschung und Anwendung des ARCANOVI in keinem Falle ausreicht, um ein Speichermedium für astrale Kraft zu schaffen, wenngleich fundierte Kenntnisse in diesem Zauber dazu ergänzend hilfreich sein mögen. Das benötigte Ritual stellt sich uns vielmehr als eine komplizierte Folge magischer Einwirkungen auf ein geeignetes Speichermedium dar, welche nicht nur einen immensen Erfahrungsschatz, sondern wohl auch eine äußerst zeitintensive Vorbereitung erfordern dürfte. Sicherlich müsste ein Kundiger, so er überhaupt ein geeignetes Material beschaffen kann, dessen Muster vor dem eigentlichen Ritual zuerst intensiv erforschen, was die Kenntnis des ANALÜS verlangen und einen großen Aufwand an astraler Kraft über mehrere Monde hinweg mit sich bringen würde.

So wirklich ein Kundiger von dem eigentlichen Ritual Kenntnis erlangen würde, bestünde nach einer derartig sorgfältigen Vorbereitung allerdings wohl tatsächlich Aussicht auf eine erfolgreiche Durchführung, welche darauf abzielen müsste, die astralen Muster des Speichermediums dahingehend aufzubereiten, dass freie Astralenergie zukünftig aufgenommen, gebunden und auch wieder abgegeben werden kann. Um diesen Vorgang jedoch kontrollieren zu können, müsste außerdem ein Aktivierungsbefehl zur Aufnahme und Freisetzung astraler Kraft in die astralen Muster integriert werden, was das Ritual zusätzlich komplizieren dürfte. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass mit einer erfolgreichen Durchführung eines solchen Rituals ein nicht unerheblicher, permanenter Verlust an astraler Kraft des Zaubernden einhergehen würde. Und selbst wenn dies alles erfüllt wäre, so würde es dennoch nur den fähigsten aller Kundigen gelingen, einen wirklich zuverlässigen Speicher ihrer astralen Kräfte zu erschaffen, denn mannigfaltig sind die Erzählungen von solchen Kraftspeichern, welche sich nur zu bestimmten Mondphasen gebrauchen lassen, die astrale Kraft nicht lange zu halten vermögen oder ausschließlich nachts wieder herzugeben bereit sind, und generell so unzuverlässig arbeiten, dass man nie ihrer Wirkung sich sicher sein kann.

Was nun die zur Herstellung eines astralen Kraftspeichers in Frage kommenden Materialien angeht, so vermag man hier schon weitaus genauere Angaben von Seiten der Wissenschaft zu machen, wenngleich das meiste davon seiner Bewährung in der Praxis noch immer harren mag und anderes vielleicht gar auf eine rein spekulative Ebene der Forschung verwiesen werden muss.

Fest steht, dass es gewisse Materialien gibt, die mehr als nur das gewöhnliche astrale Muster aufweisen, welches jeder noch so gewöhnliche Stoff unserer Sphäre aufzuweisen vermag. Von einer bloßen Wechselwirkung zwischen diesen Stoffen mit astralen Energien, wie sie Gold und Eisen im negativen, Mondsilber und Meteoreisen im positiven Sinne aufweisen, kann hier ebenfalls nicht die Rede sein. Auch sind diese Stoffe nicht gleich den fünf magischen Metallen beschaffen, welche durch die geballte Kraft der Sphären aus einem Progenitor-Metall entstehen und auf diese Art einen Überschuss an astraler Kraft in ihrem Muster aufnehmen, welches sich als magische Aura äußert, jedoch niemals mehr aus dem Stoff extrahiert werden kann. Es handelt sich vielmehr um Materialien, deren astrales Muster derart aufbereitet werden kann, dass es gleich einem zauberkundigen Lebewesen in der Lage ist, freie astrale Kraft aufzunehmen, zu binden und wieder abzugeben.

Solche Stoffe gibt es in der Tat, und die schlichtesten von ihnen sind uns sogar vielfach schon seit langem bekannt. Experto credite! Mit gutem Grund ist anzunehmen, dass schwarze Perlen, bestimmte Edelsteine wie Bergkristall und Diamant und vielleicht gar einige weitere Stoffe, sofern von ausreichender Größe, durch massive magische Einwirkung dazu verwendet werden könnten, astrale Kraft zu speichern und ebenso kontrolliert wie nutzbar wieder abzugeben, sofern das dazu benötigte Ritual dem Zaubernden bekannt wäre. Jedoch bleibt hierbei zu bedenken, dass die Aufbereitung dieser Stoffe ein sehr hohes Maß an permanenter Astralkraft erfordern würde, welches der erzielten Speicherkraft in etwa gleichkommen mag, so dass die Herstellung eines so beschaffenen Kraftspeichers nicht wirklich als Gewinn für den Zaubernden angesehen werden könnte. Auch wäre es diesen Speichermedien wohl nur möglich, halbgebundene, das meint aktiv von einem Kundigen zur Aufladung ihres Musters verwendete Astralenergie aufzunehmen, wobei wahrscheinlich überdies ein Großteil der aufgewendeten Kraft verloren gehen würde. Ein eigenständiges Aufladen durch selbsttätiges Binden freier Astralenergie, wie es die Körper von Kundigen in Phasen erholsamer Ruhe vermögen, ist von diesen Materialien nicht zu erwarten.

Ein Material, welchem von fachkundiger Seite diese Fähigkeit ohne weiteres zugetraut wird, ist der überaus seltene Kashra-Stein, welcher vermutlich nur unter sehr speziellen Umständen als strauchförmige Ablagerung auf dem annähernd ebenso seltenen Titanium-Erz zu finden ist. Ihm wird nachgesagt, im Dunklen blau zu leuchten, doch an sich soll er von klarer Farbe sein. Das einzig öffentlich ausgestellte Exemplar kann im Prospectorischen Institut zu Festum bewundert werden, und es mag noch einige wenige weitere, nicht minder unerschwingliche Exemplare geben, welche sich zumeist im Besitz der Angroschim befinden dürften, die in ihren unterirdischen Kristallgärten wohl noch am ehesten auf Titanium-Erz und damit vielleicht auch einmal auf einen Kashra-Stein stoßen mögen. Ein Stein ausreichender Größe müsste nach entsprechender magischer Aufbereitung in der Lage sein, sowohl halbgebundene Astralenergie von Seiten eines Zauberkundigen ohne nennenswerte Einbußen zu binden, als auch seiner Umgebung ungebundene Astralenergie in Form der überall in unserer Sphäre gegenwärtigen Hintergrundstrahlung zu entziehen und damit selbsttätig regenerieren zu können.

Ein Medium von ungleich größerer Macht und Bekanntheit dürfte der Karfunkelstein sein, welcher nur im Kopf größerer Drachen gefunden werden kann, die naturgemäß wenig Bereitschaft an den Tag legen, sich von diesem kostbaren Kleinod zu trennen, ist dieses doch der Sitz ihrer Essenz, ihrer Zauberkraft wie ihrer Seele. Im Grunde werden dem Karfunkelstein, sofern er entsprechend magisch aufbereitet werden könnte, dieselben Eigenschaften zugesprochen wie auch dem Kashra-Stein, jedoch berechnen die Thaumaturgen für ihn ein Vielfaches der jenem Stein zugeschriebenen astralen Regenerations- und Speicherfähigkeit pro Karat. Im Karfunkel eines Höhlendrachen müsste sich demnach bereits annähernd soviel astrale Energie speichern lassen, wie der Körper eines erfahrenen Kundigen zu binden vermag, und der Karfunkelstein eines alten Drachen dürfte im Vergleich dazu - rein hypothetisch gesprochen - gut und gerne das Fünfzigfache an astralem Fassungsvermögen aufweisen.

Der letzte hier zu erwähnende Stoff ist gänzlich anders beschaffen und von so unheimlicher Natur, dass seine Verwendung wegen seiner Nähe zur Blutmagie seit langem vom Codex Albyricus geächtet wird. Die Rede ist natürlich von jenem namenlosen Kristall, welcher - quod avertat HESinde - nach geeigneter magischer Aufbereitung dazu in der Lage ist, dem Blute lebendiger Wesen astrale Kraft zu entziehen, diese zu speichern und einem irregeleiteten Kundigen zur Verfügung zu halten. Angeblich wächst dieser seltene, achteckige Sangurit-Kristall im Inneren von hohlen Gesteinsknollen, auch Geoden genannt, vor allem im Bereich der Goldfelsen sowie der südlichen Regengebirge. Eigentlich von blassroter Farbe schillert dieser niederhöllische Kristall in allen Farben des Regenbogens, so ein Lebewesen ihn berührt. Wird er mit astraler Kraft aufgeladen, was nur durch ein Beträufeln mit beachtlichen Mengen an Blut möglich ist, verfärbt er sich in ein tiefdunkles Rot. Einmal entsprechend aufbereitet lässt sich ein Exemplar ausreichender Größe durch fremdes wie eigenes Blut aufladen, wobei letzteres aus noch zu erforschenden Gründen die effizientere Methode sein soll. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten und neuerlich zu betonen, dass die Verwendung dieses verwerflichen Kristalls in jedweder Form zu verurteilen ist und seit jeher unter entsprechend harter Strafe steht.

Gerüchten zufolge soll es des weiteren möglich sein, verschiedene dieser Stoffe mit anderen, ihre Wirkung begünstigenden Materialien zu kombinieren und so eine noch weitaus stärkere Wirkung zu erzielen, doch dies alles muss nolens volens bloße Spekulation bleiben, solange das Geheimnis der magischen Aufbereitung dieser Materialien weiterhin ungelöst bleibt.

Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass über das Vorhandensein arkaner Kraftspeicher der beschriebenen Art und damit über die grundsätzliche Möglichkeit ihrer Herstellung auf dem hier beschriebenen Wege nicht der geringste Zweifel bestehen kann, dass also zumindest einige wenige Kundige aus heutiger oder vergangener Zeit dieses Geheimnis bereits gelöst haben müssen. Gerade im aventurischen Norden soll es mehrere derartige Funde gegeben haben, von denen ich mindestens einen zuverlässig bezeugt weiß, da ein befreundeter Collega mir erst vor wenigen Wochen davon schrieb, wie er einen auf der Basis eines Sangurit-Kristalls gefertigten Kraftspeicher einem jungen, reisenden Adepten abnehmen musste, welcher sich gar nicht darüber im Klaren gewesen war, was er da bei sich hatte, und das vom Codex Albyricus geächtete Artefakt als Schmuckstück offen mit sich herumgetragen haben soll, statt es unverzüglich einem Hesindetempel zu überantworten, wie es seine Pflicht gewesen wäre. Asinus ad Lyram!

Eben dieses Schreiben brachte mich dazu, meine Kenntnisse über dieses heikle Thema den geneigten Lesern des Opus zu präsentieren, nicht zuletzt um sie präventiv vor den unangenehmen Folgen zu bewahren, welche sich aus diesem Zwischenfall für den bewussten Adeptus ergeben haben, und ich hoffe sehr, dass sie dieses Wissen zu würdigen und verantwortungsvoll damit umzugehen wissen werden.

Rukus Ambrosius, Magus extraordinarius

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Was es zu herrschen bedarf - Versuch einer PRAiosgefälligen Legitimation

Seltsam mag es manchem anmuten, dass hier, in einer Zeitschrift der Magie, einem arkanen Blatt sozusagen, ein Artikel über den Götterfürsten, über die Legitimation der Herrschaft des Adels zu lesen ist. Und gar noch seltsamer mag es vielen scheinen, dass dieser Artikel aus der Feder eines Adepten der arkanen Künste stammt. Eben diesem seltsamen Empfinden, das sich da bei einigen einzuschleichen versucht, möchte ich gleich hier und jetzt, am Beginn meines Traktates, entgegenwirken. Ad primum anerkennen auch wir Magier den Herren PRAios, die Ordnung und das Recht. Auch wir sind seiner Herrschaft unterworfen und dienen ihm, ob wir dies nun bewusst oder auf verschlungenen Pfaden tun. Denn wie, so frage ich, kann man sich der Macht eines Gottes entziehen? Et ad secundum möchte ich dem geneigten Leser nochmals den Namen dieser Postille ins Gedächtnis rufen: Opus veritatis scientiaeque - also "Werk der Wahrheit und des Wissens". Nun jedoch seien genug der einleitenden Worte geschrieben, gehen wir in medias res.

"Zwei Dinge sind es, durch die an erster Stelle Dere regiert wird: durch die geheiligte Autorität der Geweihten (auctoritas sacrata pontificium) und die kaiserliche Gewalt (regalis potestas)." (aus: Offenbarung der Sonne - Gespräche mit dem Götterboten) Beide Herrschaftsformen, Autorität (auctoritas) sowie Gewalt oder Macht (potestas), gehen auf den Götterfürsten selbst zurück. Beide sind jedoch getrennt voneinander, und nur so sind sie denkbar. Wessen Ziel es ist, beide zusammenzuführen und zu vereinigen, der begeht einen Frevel wider die göttliche Ordnung, denn er maßt sich an zu herrschen, wie nur PRAios selbst es vermag. Doch mögen auctoritas und potestas auch voneinander unabhängig sein, so sind sie doch aufeinander angewiesen. So heißt es in der Offenbarung weiter: "Denn PRAios hat, der menschlichen Gebrechlichkeit gedenkend, durch eine großartige Anordnung verfügt, was dem Heil der Seinen förderlich sei, und die Ämter beider Gewalten je nach eigener Funktion und besonderer Würde unterschieden, dass einerseits die Kaiser für das ewige Leben die Geweihten benötigen, andererseits die Geweihten für den Lauf der zeitlichen Dinge nach den kaiserlichen Verfügungen lebten." Interessant ist hierin wiederum die diesmal konkrete Trennung von der auctoritas (der Geweihten) gegenüber der potestas (der Kaiser bzw. des gesamten Adels).
Versuchen wir uns also nun an einer Definition der beiden zentralen Begriffe, so könnte diese in etwa so lauten: Die potestas ist diejenige Macht, Gewalt oder Herrschaft, mittels derer die weltlich Untergeordneten in Zaum gehalten werden - Die auctoritas ist jedoch jene Autorität, welche die Hoheit des Mehr- oder Übergeordnetseins bedeutet.
Wo aber finden wir dann jenen Punkt, an dem beide Herrschaftsformen aufeinander angewiesen sind? Nun, die Autorität der Geweihten gibt den Rat zu tun oder zu unterlassen und hat den von PRAios verbrieften Anspruch auf freiwilligen Gehorsam. Denn wo würde ein Geweihter der Zwölfe jemanden zwingen können wahrhaftig zu glauben und wo hätte ein durch das Feuer und Schwert vermittelter Glaube schon je Früchte getragen, welche nicht spätestens nach wenigen Monden verfault waren? Wird aber der Rat der Autorität der Geweihten nicht befolgt, so hat die auctoritas auch die potestas, also die Macht, die Befolgung des Rates durch Herrschaftsgewalt zu erzwingen.
Und genau hier sind wir an jenem Punkte angelangt, an dem sich die beiden Gewalten überschneiden, an dem die eine (die potestas) auf die andere (die auctoritas) angewiesen ist. Denn potestas ist ausschließlich als autorisierte zulässig; potestas ohne auctoritas ist Gewaltherrschaft, götterverachtende Tyrranei. In der vollkommenen Welt wäre diese potestas überflüssig, denn wo man bereitwillig dem Richtigen aus freiem Willen heraus folgt, da bedarf es keiner zusätzlichen Macht, welche die Autorität stützt. Da jedoch die Menschen in ihrem Zielstreben einen je und je verschiedenen Ausgangspunkt haben und somit je und je unterschiedliche Zielsetzungen wählen, ergibt sich ganz natürlich die Frage, wie nun das Gemeinsame (Wohl) in allen Verschiedenheiten gefunden werden kann. Also muss es einen über den einzelnen stehenden Lenker (den Kaiser, oder allgemeiner: den Adel) geben, der nicht vom einzelnen, sondern vom Gemeinsamen ausgeht. Da die vielen einzelnen Menschen von Natur aus nicht das Gemeinwohl garantieren können, muss zur verbindlichen Auflage dessen, was zum Gemeinwohl führt (der potestas), eine weitere Kompetenz hinzukommen - und das ist die Autorität. Diese Autorität als Kompetenz im Sinne des Gemeinwohls (des Seelenheils) verbindlich anzunehmen, ist jener, der die Macht (die potestas) innehat, verpflichtet, denn diese Autorität stammt von jenem, der das Gemeinwohl selbst begründet hat, vom Herren PRAios.
Die Autorität ist denn also Leben und Seele einer jeden Herrschaft. Sie ist es, die bewirkt, dass über so viele Tausende von Sterblichen eine einzige Person herrscht, bisweilen die eines alternden Greises. Sie ist eine scharfe Waffe zur Herrschaft, die die Menschen eher in ihren Pflichten hält, als Waffengewalt oder Strafandrohung dies tun können. Und diese Autorität wird durch innere Qualitäten gewonnen, so durch Frömmigkeit, durch Fürsorge, durch Tapferkeit, durch Zuverlässigkeit, durch Bescheidenheit, durch Mäßigkeit, durch Beherrschung seiner selbst sowie durch Genügsamkeit. Zur Autorität (der Geweihten) bedarf es also höherer Einsicht und tieferer Weisheit - Potestas (der Adeligen) ist lediglich eine handelnde Funktion der Autorität. Oder um es mit einem profanerem Beispiel zu erklären: Das Gericht hat auctoritas, aber der Vollstrecker des Urteils übt potestas aus.

Doch welche Autorität wäre dies, würde sie niemals Irrungen erliegen und Fehler begehen? Denn eine solche Autorität bleibt alleine dem Götterfürsten selbst vorbehalten, und so will ich an dieser Stelle auch auf den Zustand des Widerstandes gegen potestas, ja sogar gegen auctoritas eingehen:
Denn jeder Unterworfene, ob er nun der potestas oder der auctoritas dient, hat das Recht auf Widerstand. Ja, bei PRAios, dies wage ich mit aufrechtem und immer noch angewachsenem Haupte festzustellen. Jedoch, nur einen Grund haben die Menschen, nicht zu gehorchen! Wenn nämlich  etwas von ihnen gefordert werden sollte, was dem göttlichen Gesetz offenbar widerspricht. "Denn nichts von allem, wodurch der zwölfgöttliche Wille verletzt wird, ist zu gebieten oder zu tun erlaubt." (aus: Offenbarung der Sonne - Gespräche mit dem Götterboten) Auch besteht weiters kein Grund, jene, die so handeln, der Verweigerung des Gehorsams zu bezichtigen, denn wenn der Wille Gottes den durch potestas oder auctoritas bestimmten Gesetzen widerspricht, dann überschreiten jene Träger der Macht und Autorität ihre Befugnisse und zerstören die praiosgefällige Gerechtigkeit. Dann wird ihre Autorität hinfällig, denn wo Gerechtigkeit fehlt, da ist auch keine Autorität!
Doch sind dem Widerstandsrecht auch Grenzen gezogen, wie ich meine, denn nur sehr schwere Notstände des allgemeinen oder des Seelenheils eines einzelnen berechtigen zu aktivem Widerstand, und der aktive Widerstand kommt nur als letztes Mittel der Verteidigung bzw. Hilfe in Frage. Er ist nicht gestattet, wo die Lage sich durch ihn nicht bessert, sondern nur verschlimmert.

Mit diesen Überlegungen hoffe ich einerseits dem werten Leser meine Gedanken nähergebracht zu haben - vielleicht mögen sie ihm ja ebenso einleuchtend erscheinen wie mir - andererseits hoffe ich, dass diese meine unbedeutenden Gedanken auch unter den Geweihten des Götterfürsten Gefallen finden und ich so einen Schritt in Richtung gemeinsamer Zusammenarbeit tun kann.

Schließen möchte ich nun noch mit einem Werk aus der Feder des Skalden Sandor aus Prem, eines Mitgliedes der Halle der lebenden Erinnerungen, der Bardenschule und landeskundlichem Seminar zu Weidenau – Hohelucht:

Die Ehre PRAios

Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre,
Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort.
Ihn rühmt ganz Dere, ihn preisen die Meere;
Vernimm, o Mensch, sein göttlich Wort!

Wer trägt des Himmels unzählbare Last?
Wer führt die Sonn aus ihrem Zelt?
Sie kommt und leuchtet ohne Rast,
Und läuft den Weg, gleich als ein Held.

Vernimm's, und siehe die Wunder der Werke,
Die PRAios Glanz dir aufgestellt!
Verkündigt Weisheit und Ordnung und Stärke
Dir nicht den Herrn, den Herrn der Welt?

Kannst du der Wesen unzählbare Heere,
Den kleinsten Staub fühllos beschau'n?
Durch wen ist alles? O gib ihm die Ehre!
Mir, ruft der Herr, sollst du vertrau'n.

Mein ist die Kraft, mein ist Himmel und Erde;
An meinen Werken kennst du mich.
Ich bin's, und werde sein, der ich sein werde,
Der Götterfürst auf ewiglich.

Ich bin dein Schöpfer, bin Weisheit und Güte,
Ein Gott der Ordnung und dein Heil;
Ich bin's! Mich liebe von ganzem Gemüte,
Und nimm an meiner Gnade teil.

Adeptus maior Eborëus Zachariad

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Die Magie der Menschen (und Gilden):
Eine Magie der Welt, oder doch nur die Magie eines jeden einzelnen?

Hochgeschätzte Collegae, werte Leserschaft!
Von dringendster Notwendigkeit erscheint es mir, an dieser Stelle erneut das Wort zu ergreifen, doch nicht wider alles schändliche Treiben der Heptarchen, wider die Machenschaften perverser Collegae des rechten Pfades, wider das schändliche Rütteln an den Grundfesten Deres, wie es manche Kultisten des Namenlosen betreiben, und auch nicht wider jegliches Böse an sich, nein, meine Worte richten sich gegen zwei grundsätzliche Frevel an der gesamten Schöpfung: die Ignoranz und der Egozentrismus (oder vielleicht besser: der Elbozentrismus).

Doch sei mir zuerst gestattet ein paar wenige Worte an die werten Magistri Travian Norfold und Reiju Windfeder zu richten: Weder liegt es mir am Herzen Eure von mir hochgeschätzte Arbeit zu diffamieren, noch möchte ich es wagen Euch persönlich anzugreifen. Mein Bestreben gilt lediglich dem einen Ziele, nämlich Euch aufzuzeigen, welch schreckliche Konsequenzen sich aus Eurer Theorie ergeben können (und ich meine können, nicht müssen!) und wie wichtig es ist, auch die Elfen in ein gesamtheitliches Weltbild, welches durchaus geteilt ist in Strukturen und mehrere Sub-Welten, jedoch im Ganzen gesehen werden kann, zu lehren und ihnen vom unabdingbaren Gleichgewicht zu berichten.

Ich möchte mit einem Zitat aus Eurer letzten Publikation im Opus beginnen, in der ihr fragtet, "wie viele Magi und Magae dort draußen in der Welt [...] die Wahrung des Gleichgewichts der Sphären denn tatsächlich zum Sinn und Zweck ihres Magiewirkens" erklären. Und weiter habt ihr geschrieben: "Und nun kritisiert ihr die Elfen dafür, dass ihr spezielles Streben nach Harmonie nur auf jene zwischen ihnen und ihrer Umgebung 'beschränkt' ist? U.E. ein klarer Fall von Kategorienfehler."
Ich kann aber nun in meiner Kritik beim besten Willen keinen wie auch immer gearteten Kategorienfehler finden. Weiterhin behaupte ich, dass meine Kritik gerechtfertigt ist, was ich abermals in diesem Traktat zu beweisen suchen werde. Euer "Gegenargument", verehrte Magistri, mag zwar durchaus zutreffen, doch es widerlegt meine Kritik nicht im Geringsten - zumal ich in der Vergangenheit des öfteren bereits auch meine Collegae aus der Magierschaft für ihr fehlendes Gleichgewichts-Bewusstsein getadelt habe. Ich bestreite nicht, dass es unter den Magiern viele gibt, welche sich nicht um die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts sorgen, doch ich spreche nicht für all jene, welche sündigen vor den Göttern, ich spreche vielmehr für all diese, welche ihr Leben in aufopferungsvoller Weise dem widmen, was mir mitunter das Wichtigste scheint. Und glaubt mir, verehrte Collegae, ich habe in den letzten Jahren mehr solcher Leuten kennengelernt, als ich jemals für möglich gehalten hätte.

Doch möchte ich schrittweise nun auf die von Euch angesprochenen Punkte eingehen und so zu einer Conclusio kommen, die uns verstehen lassen wird, weshalb die Elfen nach der Norfold'schen Trinitätstheorie mitunter eben jene zwei Eigenschaften auszeichnen, welche ich weiter oben Ignoranz und Elbozentrismus genannt habe.

ad unicum: Die Frage nach WELT
Wie Ihr selbst schon gefragt habt, "...stellt sich unmittelbar die Frage, was Adeptus Zachariad überhaupt mit Welt meint. Wenn es um die Wahrung des Gleichgewichts der Sphären geht, dann ist das klar: Die WELT, an deren Harmoniezustand dem Elfen nicht sehr viel gelegen zu sein scheint, ist die gildenmagische Welt! Zachariad geht hier von einem gildenmagischen Weltmodell und einer gildenmagischen Realität aus, an der er die Motive, das Sein und das Streben der Elfen messen will."
Hierzu sei angemerkt, dass ich selbstverständlich von der gildenmagischen Sicht der Welt ausgehe, in der es ja alleinig um die Wahrung eines Gleichgewichtes gehen kann. Doch sagt mir, welche Alternative stellt sich mir denn, wenn ich von WELT rede? Die Eure etwa, respektive diejenige der Elfen? Wenn ein Elf von Welt redet, so kann er - Eurer eigenen Theorie nach - gar nicht die gesamte Welt mit all ihren Sphären, Domänen oder Globulen meinen. Wenn ein Elf von Welt redet, so versteht er darunter seine direkte Umgebung, sein Wahrnehmungsfeld, in welchem er sich derzeit gerade befindet. Und weiter: Ein Elf handelt und zaubert somit niemals unabhängig von seinem momentanen Seinszustand, von seiner Umgebung. Er zaubert nicht, indem er zuerst auf das Ganze blickt und die Folgen seines Tuns abwägt; mit anderen Worten: Ein Elf hat kein Bild von WELT in unserem Sinne, er sieht bloß das "Hic et Nunc". Und dieses "Jetzt und Hier" will er (durch seinen WILLEN) in einen Zustand des Gleichgewichts mit seinem SELBST SEIN bringen.
Und nun, geschätzte Leserschaft, möge sich einjeder von uns noch einmal die Ereignisse der letzten Jahre, ja gar Jahrzehnte durch den Kopf gehen lassen: Etliche Seelen wurden den Dämonen als treue Diener geopfert, noch mehr fielen ihnen unfreiwillig zu, hunderte von tapferen Kämpen - darunter auch viele Magi et Magae - wurden zu untotem Leben erweckt, tausende und abertausende fielen in den Schlachten. Menschen und Zwerge kämpften Seite an Seite, Magier und Geweihte legten ihre Dispute bei und schlossen sich den Heeren an, selbst die drei Gilden schienen für kurze Zeit miteinander zu arbeiten. Freunde und Verwandte, langjährige Gefährten sowie tausende Unbekannte, denen keiner auch nur eine einzige Träne nachweint, gingen in Borons Hallen ein, und nun, verehrte Magistri Norfold und Windfeder, sagt mir noch einmal, was Ihr im letzten Opus geschrieben habt, nämlich "dass man von einem Elfen kaum verlangen kann, nach der Wahrung des Gleichgewichts der Sphären zu streben, wenn es in seinem Bild der Welt, in seiner Realität überhaupt keine Sphären gibt."

Meinetwegen mögt Ihr dies von einem Elfen nicht verlangen können, aber ich bin mir sicher: Tausende und abertausende von tapferen Kämpfern fragen zu recht, wo denn die Elfen waren, als ihnen ihr Auge ausgestochen, ihr Bein abgehackt, ihre Geschwister zu Tode gequält oder ihre Eltern erhängt wurden!

Möglicherweise "hat ein Elf [...] gar nicht den Anspruch, für die Wahrung eines sphärischen Gleichgewichts zuständig und verantwortlich zu sein." Möglicherweise würde ein Elf nicht auf die Idee kommen sich Sorgen um das Gleichgewicht der Elemente zu machen. Möglicherweise verstünde ein Elf es nicht, wie man sich zu Tausenden zusammenrotten kann, um für die Freiheit einer ganzen Welt zu kämpfen. Und möglicherweise würde er "diesen [...] Anspruch [...] als Anmaßung empfinden." Dies aber nenne ich wahre Ignoranz am Geschehen in der Welt, und dies ist es, was ich zutiefst verdamme!

Doch muss ich hier um der Gerechtigkeit willen erwähnen, dass auch etliche Elfen, seien es nun Firn-, Wald- oder Auelfen gewesen, sich dem Dämonenmeister entgegenstellten und so das ihrige für den Kampf um diese Welt beigetragen haben. Doch diese wenigen tapferen nennt man in ihrem Volke badoc, und Verstoßene sind sie bis heute, weder heimisch in ihrer noch in unserer Gemeinschaft - und doch haben diese wenigen erkannt, für was es zu kämpfen galt und weiterhin zu kämpfen gilt: Eben für diese WELT!

Doch abseits von all den Emotionen, abseits von diesem Pladoyer für den Kampf um das Gleichgewicht in dieser, unserer Welt, ist vielleicht und gerade dann verständlich, dass die Elfen gar nicht anders können als gegenüber solchen Dingen ignorant zu sein, wenn man der Theorie der Magistri Norfold und Windfeder folgt: "Während für uns Magie in Spezialgebiete, elementare Zugehörigkeiten oder gar in 'Arkane' aufgespalten ist, während für uns der 'Wert' einer Formel [...] zumeist allein durch ihre Verwertbarkeit in Praxis oder Theorie definiert ist, während wir magische Matrizen erforschen und Thesen in Büchern aufbewahren müssen, um unsere 'Macht' nicht zu verlieren - SIND Elfen einfach, sie sind Magie, sie leben in Magie, Magie gehört zu ihrem Sein." Vielleicht gerade deshalb, weil für einen Elfen Magie nichts Sonderbares, nichts "Magisches" an sich hat, weil Magie für den Elfen etwas Natürliches durch und durch ist, schätzt er diese Gabe nicht in der Weise, wie dies ein Mensch tut, und damit geht er auch anders mit ihr um.
Diese gesamte Einstellung zur Magie, die damit verbundene Ignoranz (das Wort ursprünglich heißt "Nicht-Beachten" oder "Nicht-Wissen" und hat somit keinen negativen Beigeschmack) der Elfen gegenüber unserer Form von Welt und vor allem ihre eingeengte Betrachtungsweise der Welt, nämlich die Betrachtung lediglich ihrer jeweiligen Umwelt, nenne ich Elbozentrismus.

adeptus maior Eborëus Zachariad

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Korrespondenz aus dem Káhet Ni Kemi:

Höret,
Akîbets und Akîbs, Sahets und Sahs der Tarepa Neu-Prêm!
Volk von Neu-Prêm!

Die unglückseligen Vorkommnisse im Norden, zwischen Unserem Verbündeten, dem Reich der Horas, und dem Volk von Thorwal, und die damit aufkommenden Unruhe in der Tárepa, erfüllen Uns mit Sorge. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass Wir alle vereint sind im Káhet ni Kemi unter der schirmenden Hand des Götterfürsten und Ihrer königlichen Majestät, Peri III. Setepen, heilig, heilig, heilig. Wir sind ein Volk, das Volk der Kemi, und wir haben uns hier aus dem ganzen Derenrund in Eintracht versammelt um SEIN Werk zu tun. Eingedenk des geleisteten Lehenseides mag jeder und jede seine eigenen Interessen hintenan stellen, denn das Wohl eines einzelnen wiegt weniger, als das Wohl vieler und Unser großes Ziel steht über allem!

Also sehen Wir Uns veranlasst, folgende Beschlüsse zu erlassen:

Wir,
Seine Durchlaucht Torben Jandarason, Repa ni Neu-Prêm
und
Seine Excellenz Falk Arres, Ser-Repa ni Neu-Prêm
Seine Erlaucht Rodrigo Diaz de Vivarya con ya Sermo, Hátya ni Chrysemis
Seine Hochwohlgeboren Angil Phexhilf von Aralzin-Estrimanza, Neset ni Djerres

verkünden hiermit Unseren Willen, welcher von Heute an Recht und Gesetz in der Tárepa Neu-Prêm sei:

Ad primum: Wir alle setzten unser unerschütterliches Vertrauen auf unsere geliebte Nisut, ihre königliche Majestät, Peri III. Setepen, heilig, heilig, heilig und ihre designierte Nachfolgerin in Amt und Würden, ihre cronprinzessliche Hoheit Ela XV. Setepen. Wir legen unser Schicksal in Ihre Hände und vertrauen blind gehorchen auf ihr Urteil. So sei der, den Sie als Verbündeten erwählt, auch der unsere, und den, den Sie als Feind benennt, ebenfalls der Unsere.

Ad secundum: Für alle Adeligen und in den Adelstand Erhobenen der Tárepa gilt, dass die Verpflichtungen des Lehnseides gegenüber Nisut, Rabe und Reich schwerer wiegen als die Verpflichtungen durch Blut oder Herkunft. Wer gegen diesen Grundsatz verstößt und vermeintliche Blutsbande höher stellt als die Gebote der Nisut wird des Hochverrates angeklagt und hat mit aller Härte des Gesetzes zu rechnen.

Ad tertium: Es mag ein jeder Adelige oder in den Adelstand Erhobene mit seinem Gewissen zu Rate gehen ob dieser Grundsätze, und er mag darüber entscheiden, ob es ihm unter diesen Gesichtspunkten möglich sei, vor sich und den Göttern weiterhin der kemschen Krone Gefolgschaft zu leisten. Wenn er aber zu dem Schlusse kommt, dass es ihm unmöglich ist, weiterhin seinen Lehnseid zu erfüllen, so mag er ehrenhaft vor der Nisut um Entlassung aus seinem Amt ersuchen und für immer dieses Reich verlassen und niemals wiederkehren.

Verkündet am 10. Tage des Freimondes Phex im 28. Jahre nach der Gründung des Reiches der Kemi in Unserer Hauptstadt Re' Cha in der Tárepa Neu-Prêm.

Ecce Signum!
T. J.

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Zur 99. Ausgabe

Welch Freude, die 99. Ausgabe des Opus veritatis scientiæque liegt in meinen Händen und wir schreiten unaufhaltsam Richtung 999.
Grosse Dankbarkeit für die wissenschaftliche Leistung von den Lesern ist der Academia Limbologica sicher. Wie ich hoffen sicher alle, dass die Arbeit der Redaktion noch viele Ausgaben auf solch hohem Niveau gehalten werden kann.

Ergebens,
Finja Leandra von Kahma
Magisterin der Antimagie, Bannakademie zu Fasar

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Zum Arcanogramma

Geehrter Collega Cardin,

Zunächst verbindlichsten Dank für Eurer ausgesprochenes Lob - Ihr seid nicht der einzige, jedoch der erste öffentliche Autor, der seine Zufriedenheit mit dem ARCANOGRAMMA ausdrückt! Auf Eure Frage bezüglich der Thesis: eigentlich müsste dieselbe mitsamt dem betreffenden Opus verschickt worden sein, sonst schreibt mich persönlich noch einmal an. Seminare, welche Details in der Anwendung des Cantus behandeln und verschiedenste Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen der scientifiziellen Forschung diskutieren, veranstaltet zur Zeit nur das Arcane Institut zu Punin, aber vielleicht erklären sich die Collegae ja einmal bereit, einen erhellenden Bericht über solcherlei interessanten Lehrstoff zu veröffentlichen.

Mit Gruß, Ana Ishmehan ben Jadur ay Fasar

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In dieser Jubiläumsausgabe

Zur 100. Ausgabe

Mit Freude und Stolz präsentieren wir der Leserschaft die 100. Ausgabe unseres bescheidenen Blattes, das nun schon seit mehr als zwei Jahren regelmäßig erscheint. Wir können auf eine Zahl von fast achthundert Artikeln von namhaften und hesindegesegneten Autoren zurückblicken und beten zur Herrin, sie möge diese Postille weiter gedeihen lassen, damit dieser nandusgefälligen Arbeit kein Abbruch getan wird.

HESinde dea laudata sit!

Meisterin Sheddja
für die Akademieleitung



Impressum

Publiziert von der Academia Limbologica
Der Opus im Schwarzen Limbus
email  Markus Penz
18.3.2001

Eigene Artikel sind sehr willkommen!
* eigenen Artikel übermitteln... (HTML, DOC, Rein-Text, etc.)
& Das Archiv des Opus, Opus-Archiv des Curriculum Salamandris
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Spielerverein der Freunde
des Gepflegten Rollenspiels

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