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ACADEMIA
LIMBOLOGICA
Die Pforte VI
Beilage zu
Opus no. 36, der 6. Peraine 29 Hal.
Noch sind die Rätsel um die Pforte unter der Bibliothek der Academia
Limbologica nicht gelüftet. Die Ereignisse der letzten Zeit warfen ganz im
Gegenteil neue auf und noch immer ahnt niemand, was wirklich vor sich geht...
Thundar Hurlemanoff blickt wiederum zu Meisterin Sheddja und Rukus: "Auf dem Weg zu Barius werde ich das
Rätsel um den Dschinn des Feuers aufklären, wenn es euch recht ist."
Nachdem er ein zustimmendes Nicken der beiden erhalten hat, fährt Thundar fort: "Der Dschinn stammt von mir. Vor einiger Zeit hatten einige meiner Freunde und ich eine Queste in der Gor zu bestehen, bei der mir schmerzlich bewusst wurde, wie lange es in der Praxis dauert einen Dschinn zu
beschwören. Dass dieser Zauber nicht so schnell gesprochen ist wie ein Fulminictus oder
ähnliches war mir vorher zwar durchaus bewusst, doch wie lange es dauert, wenn keine Zeit bleibt, habe ich damals erst
richtig bemerkt. Auf Grund dieser Erfahrung gab ich einen Ring in Auftrag - die Artefaktmagie war noch nie mein Spezialgebiet -, der es mir
ermöglichen sollte eine Dschinni in ihm zu binden.
Genau diese gebundene Dschinni habe ich gerufen, als mein Pentagramma versagte und der
Großmeister verloren schien. Nachdem diese Elementarwesen den Wunsch getreulich nach dem Wortlaut
auszuführen pflegen - was bisweilen durchaus schelmische Ausmaße annehmen kann - und ich ihn bat den
Großmeister Erilarion bis zum letzten zu beschützen... Nun, ich denke der Rest
dürfte euch selbst klar sein."
Interessiert lauscht Sheddja diesem Bericht über den Dschinnenring, während die Gruppe
über den Arkadengang zu den Treppen beim Portal des Grossen Hörsaals marschiert. Dort angekommen wendet sich Sheddja nach links, hebt ihr Kleid leicht an und steigt die Stufen empor. Oben angekommen will sie etwas entgegnen, wird aber von einer
plötzlicher Selbstverwünschung Thundars gestoppt, die sie leicht lächelnd abwartet: "OH NEIN! ICH BIN DOCH WIRKLICH...". Ein Schwall von Selbstbezichtigungen, begleitet von einem Schlag mit der flachen Hand auf die eigene Stirn folgt. "Ich habe meinen Rucksack vor dieser verfluchten Pforte vergessen!"
erklärt der Magus den ihn entgeistert anstarrenden Begleitern. "Lasst mich repetieren was sich darin befand:
der Trank, die restlichen Kerzen und die Kreide und einige unwichtigere Utensilien wie Schreibzeug, Schnur, ... Oh nein, mein Tagebuch! Gut, dass ich erst vor einem Mond ein neues begonnen habe!" Den Rest des Weges setzt ein leise vor sich hin fluchender Magus fort - die
Flüche sind jedoch nicht zu verstehen, und das ist auch besser so, denn wer bisweilen mit Thorwalern reist...
"Grämt euch nicht, werter Magus," entgegnet Sheddja, "wir finden sicher einen Ersatz
für Eure Beschwörungsutensilien... und niemand ist da ein geeigneterer Ansprechpartner als Meister Barius." Daraufhin lacht Sheddja kurz und trocken auf, um sich sofort wieder umzuwenden und die kleine Galerie
über dem mit Büchern gefüllten Hörsaal zu betreten. Die Tür zum sogenannten
Abschwörungszimmer, welches vor dem eigentlichen Beschwörungsturm liegt, öffnet
sie mit einem kräftigen Ruck. Sie eilt in die dunkle Kammer, deren einziges Fenster mit Brettern verbarrikadiert ist - nur einige wenige Strahlen des Praioslichts dringen durch Spalten herein und lassen die Linien
eines am Boden gezeichneten Pentagramms in goldenem Licht erstrahlen. Sheddja geht fast auf den Zehenspitzen um das Pentagramm herum, die Worte
"Auf dass Praios strahlender Finger das Dämonengezücht auf ewig banne" auf den Lippen. Vor Sheddja erhebt sich nun eine
große Eisentüre, das einstige Schlüsselloch mit Metallplatten versiegelt. Doch als Sheddja die
mächtige Eisenklinke drückt, gibt der alte Mechanismus nur ein Krächzen von sich - die
Tür aber bleibt verschlossen. Mit ungläubigem Blick wendet sich Sheddja um... "Verschlossen?
Es sollte noch einen Weg durch das Labor geben... folgt mir." Und schon zwängt sich die Meisterin am Pentagramm und den
zwei umstehenden Magiern vorbei, eilt die Treppe hinab in den Arkadengang und betritt den
überfüllten Vorlesungssaal, an dessen linkem Ende sich eine schmale Türe befindet. "Dies ist die
Tür zum Labor des Meister Barius, von wo man über eine Treppe nach oben ebenfalls den
Beschwörungsraum erreichen müsste..." Auffällig vorsichtig drückt sie die Klinke nieder und als diese mit einem Quietschen
öffnet, schluckt Sheddja um hustend wieder auszuatmen, als ihr ein stechender Geruch
entgegenschlägt...
Sofort als er den Geruch wahrnimmt entfährt Thundar ein: "Aeolitus Windgebraus!"
In die verdutzten, von - durch den plötzlichen Windstoss - zerzausten Haaren umrahmten Gesichter seiner Begleiter blickend meint er dann etwas kleinlaut, dass die ganze Geschichte langsam aber sicher wohl etwas an seinen Nerven zehre und er deshalb wohl
überreagiert habe. Er lässt Sheddja und Rukus - als vermutlich Ortskundige - den Vortritt.
Vorsichtig tritt Sheddja als erste mit vorgehaltener Hand in den dunklen Raum, der sich vor euch öffnet. Nur zwei Fackeln sind links und rechts von der Tür angebracht und erleuchten den Raum mit ihrem spärlichen, gelblich roten Licht. Das einzige Fenster zum Labor ist fest verschlossen und lässt nicht einen Strahl von Praios warmem Licht in das kalte Turmzimmer. Neben euch befindet sich ein hölzerner Schrank, überzogen von Spinnweben und gefüllt mit verschiedensten Büchern. In der Mitte des Raumes erheben sich zwei dunkle Tische über dem steinernen Boden. Auf dem einen liegt ein dickes Buch umgeben von einigen niedergebrannten Kerzen. Am anderen liegt etwas in der Dunkelheit des Raumes nicht völlig
Erkennbares - verdeckt von einem Tuch. Direkt neben dem Tisch steht eine große Waage hinter der drei eiserne Stangen aus dem Boden ragen, auf denen die Teile eines Skeletts befestigt sind, ein Schädel aufgespießt auf die erste, ein
skelettierter Oberkörper auf der zweiten und ein knöchernes Becken samt Beinen auf der dritten. Am anderen Ende des runden Zimmers erhebt sich ein
großer offener Schrank, in dem verschiedenste Geräte, Messer, Sägen und Scheren hängen.
Langsam schreitet Sheddja weiter ins Innere des Zimmers, als sie merkt, dass ihre
Füße mit jedem Schritt mehr und mehr am Boden festzukleben scheinen. Als Rukus Sheddjas Blick in Richtung des Bodens bemerkt, hebt er seinen Stab in die Höhe und plötzlich mit einem lauten Zischen sprühen helle Funken aus dessen Ende, die sich zu einer hellen Flamme formen. Mit einer eleganten Bewegung nähert Rukus sodann das Licht dem Boden nahe Sheddjas Beinen, um diesen mit der gelben Flamme zu erhellen. Doch kaum weicht die Dunkelheit vom steinernen Untergrund schreckt Rukus vor Ekel zurück, wobei der Stab zu Boden fällt und die Flamme erlischt. "Blut..." stottert der alte Mann, seine Hand auf das Herz gepresst "...der ganze Boden des Raumes - er ist bedeckt mit altem, geronnenem
Blut!"
Unbeirrt durch den Aufschrei des Magus setzt Sheddja ihren Weg zum Tisch in der Mitte des Raumes fort, kommt davor zu stehen und reißt das Tuch, das darüber liegt, hinfort. Doch ein Blick auf das enthüllte Objekt genügt...
"BORON STEH MIR BEI!" ruft sie laut, bevor ihre Hand das Tuch fallen lässt und sogleich den nach Luft haschenden Kopf zu stützen sucht... "Finster ist der Anblick des Todes für den, der ihn nicht kennt, nicht wahr? Was dachtet Ihr, würdet Ihr hier finden?... Meister Barius wird verärgert sein über eure Schnüffelei..." Als ihr euch alle erschrocken umdreht, seht ihr die
Silhouette eines nicht allzu großen Mannes in der Tür zum Labor. Er tritt näher und ihr erkennt Colonileus, den Assistenten des dunklen Meisters mit ungepflegtem Bart und langen strähnigen schwarzen Haaren. An seinem Körper trägt er eine graue Robe und darüber einen blutverschmierten ledernen Schurz...
Erschienen in Opus no. 36 am 3.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Die Pforte V.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Die Pforte VII.
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