Ay al'magia tulamidya Ein Tractatus von Ay al'ma'hadim al'magar So, wie die uralte Magie der Tulamiden sich in vielen Aspekten von dem magischen Erbe der Güldenländer unterscheidet, so unterscheiden sich auch die Formen der Lehre und des Austausches von Wissen. Obwohl auch die tulamidische Tradition schon immer Akademien und Schulen ebenso wie private Lehrmeister kannte, sind diese Stätten der Lehre und Forschung doch erheblich anders strukturiert, als die Institutionen des Neuen und des Alten Reiches. Hintergrund - Ay al'medresa Eine tulamidische medresa (als üblicher Sammelbegriff für Schulen, Akademien und Zirkel) -
unabhängig davon, welche Art von Wissen oder Fähigkeiten sie vermittelt: sei es eine Schule des
Rote-und-Weiße-Kamele-Spiels in Rashdul, das Medizinische Seminar (maristan) zu Mherwed, eine der kleinen Schwesternschaften von Khunchomer
Anstandsdamen oder eben eine der verschiedenen Zauberschulen des Tulamidenlandes - beinhaltet immer auch eine bestimmte Denkrichtung, eine 'Philosophie' (um den Bosparano-Begriff zu
verwenden). Diese Denkrichtungen werden 'Wege' (tariqanim) genannt und sie haben oft eine
jahrtausendealte Tradition. Allgemein mag man sagen: Je älter eine tariqa ist, desto respektabler und ehrwürdiger ist die Gemeinschaft, die sich ihr verschrieben hat.
Es ist dabei außerordentlich bezeichnend, dass es im Tulamidya kein eigentliches Wort für dieses Ziel gibt, denn die tulamidische Philosophie pflegt seit ihrer
fruchtbringendsten Zeit im Diamantenen Sultanat eine ausgeprägte Abscheu gegen allen
Dogmatismus und anmaßenden Wahrheitsanspruch. (Auch der bei den Möchtegern-Gelehrten und Stutzern im Alten und Neuen Reich seit Rohals Zeiten immer wieder gerne zitierte Ausspruch "Der Weg ist das Ziel…" entstammt ursprünglich der tulamidischen Weisheitsliteratur.) Dies heißt aber durchaus nicht,
dass die tulamidische Gelehrsamkeit in ihrer zelebrierten Liberalität grundsätzlich zu übertriebenem Liberalismus geworden wäre - nein, die Vorstellung des 'Weges' integriert ja gerade eine zeitliche
Dimension des 'vor' und 'hinter' dem Wandernden liegenden 'Wegstücks': Alles Fortschreiten auf dem Weg kann nach tulamidischem Geist nur durch ständiges Sich-bewusst-sein des bereits bewältigten Stücks geschehen.
Die uralten tulamidischen Lehrsysteme beruhen deshalb auf einem durch detaillierte Regeln
definierten Verhältnis zwischen Lehrer (ustâd, Anrede: Sahib) und Schüler
(tâlib, Anrede: Sal). Der Lehrer wird in diesem Verhältnis als derjenige verstanden, der in der
tariqa schon weit gelangt ist, der den Schüler mit der mûdrash verbindet und es ihm erst ermöglicht, auf seinem Weg voranzukommen. Dies ist ein weiterer Grund dafür,
dass 'einzelgängerisches Gelehrtentum' im Tulamidya ein Oxymoron ist: Gelehrsamkeit kann es gar nicht geben ohne Lehrer!
Dem gegenüber steht nun eine ebenfalls ritualisierte Form des Streitgesprächs, das in seiner gemeinsam inszenierten Expressivität, Lautstärke, Freigeistigkeit und Tiefsinnigkeit ein überaus beeindruckendes Schauspiel sein kann. Bei dieser sogenannten yinähama'rifa (etwa: 'Sang des wahrhaften Wissens') sind die Diskussionspartner grundsätzlich gleichberechtigt, hier gelten alle Worte (die im Rahmen der rituellen Regeln liegen) als 'heilig' und sogar das Kind, das den Meister unterbricht, wird hier sehr ernst genommen!
Diese Form der 'gelebten Dialektik' ist integraler Bestandteil aller tulamidischen Gelehrsamkeit - auf ihr basiert ein jahrtausendealter philosophischer Reichtum, aus dem jeder auch nur wenig gebildete Tulamide jeder Generation schöpfen und auf den er sich berufen kann… Hintergrund - Ay al'tariqanim al'magar Die vorangegangenen Ausführungen haben versucht, tulamidische Lehre und Umgang mit Wissen allgemein darzustellen. Nun soll ein genauerer Blick auf die
tariqanim und den mûdrash der magischen Tradition im Tulamidenland geworfen
werden.
Al'tariqa al'ramlih ('der Weg des Erzes') reflektiert innerhalb des magischen Bezugssystems die Fähigkeit und Notwendigkeit des Menschen, seine Umwelt zu formen, Werkzeuge und
Kunstgegenstände zu erschaffen, Gegebenheiten zu verändern, Material nutzbar zu machen und Dinge zu
beherrschen.
Die Zentren dieser beiden tariqanim liegen natürlich in den altehrwürdigen
ma'hadim zu Rashdul und Khunchom und obwohl beide Schulen auch viele Teile des jeweils anderen Weges lehren, sind die beiden Akademien als philosophische Schulen bedauerlicherweise Opfer ihrer über die
Jahrhunderte kumulierten Spezialisierung geworden, so dass heute nicht mehr allzu viel Austausch zwischen 'dem Pentagramm'
(al'pandjashtra) und 'dem Drachenei' (al'kâ'drakor) stattfindet.
Allerdings sollten diese Differenzen nicht überbewertet werden, denn letztlich verstehen alle drei medresanim sehr gut, dass jede von ihnen ihren wertvollen Beitrag zur allumfassenden tariqa al'magar leistet. So entsteht gewissermaßen ein Gleichgewicht zwischen drei Auffassungen von Welt und Magie und da die Tulamiden grundsätzlich ein stolzes Volk sind, und da die magarim besonders stolz auf ihre (gemeinsame) uralte Tradition sind, scheint auch keine wirkliche Gefahr zu bestehen, dass dieses Gleichgewicht ernsthaft gestört werden könnte. Ay al'ma'hadim al'magar Im Folgenden seien die magischen Akademien und Schulen des Tulamidenlandes nach Reputation und
Einfluss innerhalb Mhanadistans absteigend geordnet und kurz in ihren Besonderheiten erläutert. Insgesamt ist zu beachten,
dass Tulamidistan (ähnlich wie das sogenannte Liebliche Feld) auf einer relativ kleinen geographischen Fläche eine große Anzahl von
Magierakademien besitzt. Dazu kommen nicht wenige kleinere Gemeinschaften von Zauberkundigen (z.B. der ODL zu
Anchopal) und einzelne mächtige Zauberer (am bekanntesten: Abu Terfas, Sultan
Hasrabal, Liscom von Fasar), was bedeutet, dass die magarim im Land der Tulamiden eine erheblich größere Präsenz als in den meisten anderen Ländern Aventuriens haben. Dazu kommt eine sehr alte magische Kultur, was auch bedeutet,
dass alle Tulamiden mit der Möglichkeit der Muße und der Bildung selbstverständlich über die
tariqanim al'magar Bescheid wissen und wahrscheinlich sogar (über Hofzauberer und magiebegabte Freunde, etc.) halbwegs auf dem Laufenden über zeitgenössische Diskussionen sind. Ma'had al'wasath al'kâ'drakor ay Yash'Hualay dar Khunchom Das Zentrum der tariqa al'ramlih hat sich insbesondere dem Gebiet der praktischen Thaumaturgie verschrieben, dessen aventurienweit anerkannte Autorität, Âmûzgâr Khadil Okharim, auch als begnadeter Redner jedoch zweitklassiger Philosoph gilt. Böse Zungen behaupten, eher diese Mischung als seine fachliche Kompetenz sei der Grund für die erfolgreiche Außenpolitik Seiner Spektabiliät, die dem Kâ'drakor in den letzten Jahrzehnten nicht unerheblichen Einfluss bei den Gharbistanim (respektive: in Punin) gesichert hat. Nicht zuletzt auch aufgrund der Lehrphilosophie Khadil Okharims gelten die Khunchomer mittlerweile insgesamt als handfeste Praktiker, während sie als Theoretiker ob ihres sehr naiven Blicks auf die unbelebte und vermeintlich-unbelebte 'objektive' Welt von den Rashdulern und Fasarern eher belächelt werden. Sie zeichnen sich aber besonders durch großen Einfallsreichtum in der variantenreichen Anwendung ihrer Kenntnisse aus. Ma'had al'wasath pandjashtra wa sittashtra wa haftashtra wa sahibir a'nurrim da'Rashdul So weltoffen und neugierig die Drachenei-Akademie erscheint, so weltfremd und abweisend mutet das Zentrum der tariqa al'nusirr an. Die Zauberer, die in den torlosen Mauern des Pandjashtra leben und Magie treiben, widmen sich ihrem geheimnisvollen 'Weg' so ganz und gar, dass sie anderen Dingen kaum Aufmerksamkeit schenken. Abgesehen davon, dass das gewaltige pentagonische Akademiegebäude das größte der Stadt ist, bekommen die Rashdulim daher so gut wie nichts von den mönchshaften Beschwörern mit. Philosophisch Bedeutsames passiert hier z.Z. vor allem intern, denn seit einigen Jahren schwelt ein garstiger Streit zwischen den Dämonologen und den Elementaristen der Schule um die Vorherrschaft innerhalb der tariqa, und es mag sein, dass eine große Spaltung, eine 'Gabelung des Weges', kurz bevorsteht.
Âmûzgâra Belizeth Dschelefsunni (die an der dämonologischen Fakultät lehrt) ist gefürchtet und bewundert von ihren Collegae in ganz Mhanadistan, während außerhalb der Tulamidenlande kaum ein Magier ihren Namen kennt. Entgegen der scheinbaren Isolation der pandjashtranim besitzt die Spektabilität aber ein geradezu unheimliches Wissen über das politische Geschehen in Mhanadistan und darüber hinaus, sie scheint es zudem geradezu zu genießen, beständig denunzierende Gerüchte über die an diesem Geschehen beteiligten Personen in die Welt zu setzen - kein Wunder, dass sie unter den magarim (außerhalb Rashduls wohlgemerkt...!) nur noch mit dem Beinamen ibliqis, 'Spinne', genannt wird. Ma'had al'jasar Al'Achami hawshaltarra dar Fasar Auch von der Al'Achami, der Hauptvertreterin der tariqa al'hawshal, dringen z.Z. nur wenig Neuigkeiten ins restliche Mhanadistan - von Neuem und Altem Reich ganz zu schweigen. In diesen Zeiten des wiedererstakten Borbaradianertums (damnus, damnus, damnus) möchte man sich wohl nicht allzulaut bemerkbar machen, so zumindest kursiert die Häme in Rashdul und Khunchom. Einzig Âmûzgâr Thomeg Atherion scheint eine erstaunliche Omnipräsenz an den Tag zu legen, wenn es Gelegenheit gibt, gegen die borbaradianim aktiv zu werden - an seiner eigenen Akademie kann man ihn dagegen nur selten antreffen… Shabath al'wasath harun'jarim aniil Fasar Die nur knappe hundert Jahre junge Bannakademie ist vielleicht die unbekannteste Magierschule Aventuriens. Selbst die meisten magarim würden ihr Siegel nicht ohne weiteres erkennen und der derzeitige Âmûzgâr Sarim al Jabar versteht es meisterhaft, diese Situation beizubehalten. Man könnte die Harun'jarim, wie die Bannmagier sich nennen und was etwa so viel heißen mag wie 'Wächter', wohl durchaus dem Fasarer Weg des Geistes zuordnen, allein: sie selbst haben sich während hundert Jahren nicht bemüht, irgendwem irgendeine Definition ihres eigenen Weges zu liefern und scheinen auch weiterhin keinerlei Interesse am Austausch mit anderen medresanim zu haben. Alles, was man also weiß, ist, dass die Harun'jarim exzellent in der praktisch-exorzistischen Kunst ausgebildet werden und dass sie daneben noch die Möglichkeit haben, ein beliebiges Spezialgebiet bei einem der aus ganz Aventurien stammenden Mudarrisim zu studieren. Dies alles ist schon ungewöhnlich für tulamidische Maßstäbe, doch darüber hinaus scheinen die Bannmagier nur für das Ziel ausgebildet zu werden, schließlich als Leibmagier in den Dienst eines der 'Erhabenen' von Fasar oder einer anderen reichen Händlerfamilie Mhanadistans zu treten, oder als Lehrmeister von magiebegabten Zöglingen an den Hof eines Fürsten geholt zu werden. Würde man das Netz dieser vor allem weltlichen Beziehungen und Verbindungen einmal nachzeichnen (wie ich einst die Frechheit besaß, es zu tun - dazu jedoch hier keinesfalls mehr Details...), wäre das Ergebnis 'wahrscheinlich' ein beängstigend großes Einflusspotential der Schule - doch da der Shabath harun'jarim kein offensichtliches politisches oder ideologisches Ziel hat, ist diese Information nicht allzu nützlich... Medresa al'wasath rastullahbastra al'magia wa Kalifâ dar Mherwed Die jüngste der aventurischen Magierakademien ist ein überaus interessantes Projekt, welches sicherlich in der Zukunft nicht nur für das Kalifat Bedeutung haben wird: Âmûzgâr Mawdli Mherech ben Tuleyman ist absolut kein Fanatiker, sondern ein einflußreicher Weiser des Rastullahglaubens und ein überaus gebildeter Magier zudem, der angeblich schon in Thorwal mit Aleya Ambareth, in Gareth mit dem Boten des Lichts und in Mirham mit Salpikon Savertin disputiert hat. Mawdli Mherechs Lebenswerk gilt - dies hat er mir gegenüber selbst gesagt - der Aufgabe, vier Wege zusammenzuführen, wie sie seiner Meinung nach zusammengehören: die drei großen tulamidischen tariqanim al'magar und den einen heiligen Weg der Mawdliyat, welcher als Weg der Wege alle anderen zum Ziel, zur ewigen Wahrheit, führen kann! Zu diesem Zweck hat er in langen Jahren neun der weisesten Zauberer des Kalifats (jeweils zwei aus Khunchom und Rashdul, jeweils einen von der Al'Achami und der Bannakademie (!), dazu, ihn selbst eingeschlossen, drei Unabhängige) um sich geschart, die nun mit größtem gottgefälligem Eifer am gemeinsamen Werk arbeiten. Die kleinen Schülerjahrgänge werden nach strengsten Kriterien handverlesen, damit sie die schwierige Gratwanderung 'zwischen' den Wegen und auf dem einen wahren Weg mit fester Seele und scharfem Verstand meistern können. Es spricht alles dafür, dass unter solchen Bedingungen wohl die frischesten philosophischen Diskussionen und Denkansätze der kommenden Jahrzehnte vornehmlich aus Mherwed kommen werden und ich freue mich schon sehr darauf, mit den jungen Collegae ins hesindegefällige Gespräch zu kommen! von: Tyll Zybura |
Der Schwarze Limbus (c) 1998-2006 Spielerverein der Freunde des Gepflegten Rollenspiels |