Correctura parata:
Responsio de errore filiae et filii satuariae
Gräußlich, ganz gräußlich. Niemals hätte ich mir träumen
lassen, mit meiner Artikelreihe eine derartige Reaktion hervorzurufen.
Schreibt da doch dieser unsägliche Mensch in seinem Artikel, ich hätte
durch meine Publicatio seinen Forschergeist geweckt. Ein Kompliment höchsten
Ranges, wie man meinen sollte, doch höre ich weiter, wie sich dieser
Forscherdrang bei besagtem Collegus ausgewirkt hat, so kann ich nur händeringend
auf die Knie fallen und die Göttin anflehen, dass sie es mir verzeihen möge,
durch meine Arbeit unbeabsichtigter Weise solch unsägliche Vorgänge in
Gang gesetzt zu haben.
Ad primo: Meine Meinung über die sogenannten Kinder Satuarias ist
durchaus nicht positiv. Es weckt schieres Unverständnis in mir, wie die Göttin
ihre astralen Gaben an diese Subjekte verschenken kann, denen es
offensichtlich in mehr als nur einem Punkt an der nötigen hesindegefälligen
Professionalität mangelt, um mit diesen Kräften verantwortungsbewusst
umgehen zu können. Doch wer bin ich, den Ratschluss der Göttin
durchschauen zu wollen? So nehme ich es denn als gegeben hin und kann nur
wiederholt darauf verweisen, dass die Art und Weise, wie die sogenannten
Kinder Satuarias ihre astralen Kräfte gebrauchen, ein erhebliches
Gefahrenpotential in sich birgt. Nicht die Art ihrer Magie, nicht die
Wirkung ihrer Zauber, nein vielmehr die Unbedachtheit, mit der sie ihre
Magie einsetzen, macht sie zu unberechenbaren und - den Göttern sei's
geklagt - oftmals gar sehr mächtigen Zeitgenossen, die nicht ihren Verstand
sondern ihre Laune darüber entscheiden lassen, wann sie wie ihre Kräfte
einzusetzen gedenken. Ich distanziere mich ganz entschieden von dieser
verwerflichen Form der Magieanwendung, doch niemals ginge ich soweit, den
besagten Individuen ihre Menschlichkeit abzusprechen oder sie gar als
unheilig oder götterlästerlich zu titulieren! Diesbezügliche Äußerungen,
zu denen besagter Collegus sich schändlicher Weise hat hinreißen lassen,
sind schlichtweg unhaltbar und grenzen an übelster Volksverhetzung! Denn um
das eine einmal vollkommen klarzustellen: In allen zivilisierten, zwölfgöttlichen
Landen ist der satuarische Glaube seit Rohals Zeiten ausdrücklich geduldet,
und kann niemand angeklagt oder anderweitig belangt werden, nur weil ihm die
Zugehörigkeit zur satuarischen Gemeinschaft nachgewiesen werden konnte!
Dies, werte Collegi et Collegae, ist ein Faktum! Die Verfolgung von nicht
gildenmagisch ausgebildeten Magiekundigen dürften wir seit der Zeit der
Priesterkaiser lange überwunden haben! Nein, wer heutzutage ein sogenanntes
Kind Satuarias unter Anklage zu stellen gedenkt, braucht einen triftigen
Grund, und die bloße Satuaria-Anhängerschaft reicht hierfür definitiv
keinesfalls aus!
Ad secundo: Die Manuskripte seiner Hochwürden Kunrad von Marmelund sind
mir durchaus bekannt. Ich las sie einst an einem stillen Orte und beschloss
nach kurzer Zeit, dass es das Beste sei, sie auch dort zu belassen.
Ad tertio: Bezüglich der destruktiven Prägung der satuarischen
Fluchmagie möchte ich erneut betonen, dass ich diese ebenfalls für
verwerflich halte und das gesetzliche Verbot ihrer Anwendung durchaus und
mit aller Leidenschaftlichkeit unterstütze, wie ich in meiner Artikelreihe
bereits zu Genüge zum Ausdruck gebracht haben dürfte.
Ad quarto: Die ebenfalls in diesem Artikel erwähnten, vom Autor als
Charakterstudien bezeichneten Untersuchungen an der fraglichen
Personengruppe lassen - wie eigentlich der Rest des Artikels auch - mehr als
nur zu wünschen übrig. Wer mit der satuarischen oder auch elfischen
Lebensweise und Philosophie auch nur in Ansätzen vertraut ist, wird wissen,
dass in diesen Kreisen sehr häufig eine Affinität zwischen dem Charakter
eines Individuums mit einer bestimmten Tierart betont wird, die unter
Verwendung der Bezeichnung 'Seelentier' des häufigeren Erwähnung in
durchaus angesehenen Publikationen findet. Allein, einer ganzen
Glaubensgemeinschaft ein einziges 'Seelentier' zuzuordnen, halte ich für in
keinster Weise wissenschaftlich oder auch nur empirisch vertretbar.
Ad quinto: Ich fühle mich nicht berufen, über die moralische
Vertretbarkeit geschlechtlicher Handlungen im Rahmen der internen
Festlichkeiten einer Gemeinschaft, der selbst ich nicht angehöre, zu
urteilen. Ich möchte jedoch daran erinnern, dass die Verehrung des Levthan
an sich durchaus als den Zwölfen gefällig angesehen werden muss, gibt es
doch in so manchem Tempel der Rahja, nicht zuletzt in der Kaiserstadt Gareth
selbst, einen eigenen Schrein oder Altar dieses Halbgottes und steht doch in
Fasar gar ein ganzer ihm geweihter Tempel. Sicher, es mag schwer fallen,
sich mit dieser Glaubensausrichtung zu identifizieren, doch kann ich
prinzipiell nichts Verwerfliches daran erkennen, dem Sohn Rahjas Verehrung
zuteil werden zu lassen.
Ad sexto: Die Berufung auf Satuaria als Begründerin ihrer
Glaubensgemeinschaft ist unter den als Hexen bekannten Zauberkundigen in der
Tat weit verbreitet, wenngleich wohl nur die wenigsten meinen, ihre
Blutlinie auf die Tochter Sumus selbst zurückführen zu können. Doch mit
einer ganz ähnliche Behauptung, den Mannwidder selbst betreffend, wurde ich
während meiner Forschungen in der Tat mehrmals konfrontiert, existieren
doch offenbar einige, von ihresgleichen beinahe schon als 'Auserwählte'
betrachtete Vertreter dieser Gemeinschaft, denen in der Tat zuweilen
nachgesagt wird, dass Levthan selbst ihr Vater sei, der sich denselben
Quellen nach gelegentlich auf den bereits erwähnten Festen zeige, um sich
mit den anwesenden sogenannten Kindern Satuarias geschlechtlich zu
vereinigen. Keine dieser Aussagen konnte bisher jedoch verbindlich
verifiziert werden. Die Gleichsetzung von Satuaria mit Hesinde halte ich
persönlich zwar für sehr weit hergeholt, doch mag diese Betrachtungsweise
durchaus ihre Vorteile haben, treibt ein solcher Glaube die betroffenen
sogenannten Kinder Satuarias doch nicht selten in einen Tempel der Göttin,
und das ist mehr als man von den meisten Vertretern dieser Gemeinschaft
erwarten kann. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, dass diejenigen
unter den sogenannten Kindern Satuarias, die sich diese Überzeugung zu
eigen gemacht haben, durch diesen offensichtlichen Irrglauben vielleicht als
einzige noch nicht ganz für die Göttin verloren sind.
Ad septimo: Die unaussprechlich dilettantische Vermischung von
Halbwahrheiten über Hexerei und Schamanismus im letzten Teil des Artikels,
auf den Bezug zu nehmen ich mich genötigt sehe, bildet jedoch den unrühmlichen
Höhepunkt der Zumutungen, die der Autor der Fachwelt als wissenschaftliche
Studien aufzuschwatzen sucht. All diese Ausführungen sind einfach nur
Unsinn. Man weiß gar nicht, wo man ansetzen soll, um diesen verwirrenden
Knoten aus Un- und Halbwahrheiten zu lösen, der einem hier auf so
unverfrorene Art und Weise vorgesetzt wird. Die sogenannten Kinder Satuarias
sind sehr wohl von Natur aus magiebegabt. Oder anders ausgedrückt: Jeder
von Geburt an Magiebegabte wäre potentiell in der Lage, zu einem
vollwertigen Mitglied der satuarischen Gemeinschaft heranzuwachsen. Eben
darum ist es so wichtig, dass die Gilden alles in ihrer Macht stehende tun,
um die Begabung möglichst früh und bei allen Kindern zu entdecken und zu fördern,
um sie davor zu bewahren, durch Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft auf
einen der Göttin weit weniger gefälligen Weg geführt zu werden! Auch ist
die Betrachtung der Göttin Satuaria als Götze durchaus problematisch, denn
wie bereits erwähnt ist dieser Glaube so gut wie überall offiziell
geduldet. Die indirekte Gleichsetzung Satuarias mit dem Gott ohne Namen, zu
welcher der Autor sich hat hinreißen lassen, ist lächerlich und zeugt von
der unzureichenden Gründlichkeit, mit denen die diesem Artikel angeblich
zugrunde liegenden Nachforschungen betrieben wurden.
Wenn dieser unsägliche Artikel eines erreicht hat, dann ist es, mir die
Augen zu öffnen. Viel zu lange habe ich aus persönlichen Gründen die
Fortsetzung meiner Beitragsreihe in dieser ehrenwerten Postille vor mir her
geschoben. Viel zu groß ist das Unwissen, das selbst in gelehrten Kreisen
noch über die sogenannten Kinder Satuarias existiert. Daher sehe ich mich
berufen, möglichst bald mit der Veröffentlichung meiner
Forschungsergebnisse fortzufahren, um meinen Teil zur Verbreitung der wahren
Erkenntnisse über diese Gemeinschaft von Zauberkundigen beizutragen.
Rukus Ambrosius, Magus von: Frank Brosow Erschienen in Opus no. 36 am 3.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Responsum et correctura: Responsio de errore filiae et filii satuariae.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Ad tractatii de filiae et filii Satuariae.
Tractatus ad Collegi
Magister Magnus Isandrian Magnisfexus Desgrandan et Spectabilitas Gorn Of
Dagon
Sehr
geehrte Leserschaft des Opus veritatis scientiæque,
sehr geehrte Collegae et Collegi,
sehr geehrter Magister Isandrian Magnisfexus Desgrandan,
sehr geehrte Spektabilität Gorn Of Dagon!
Aus
der letzten Ausgabe des Opus veritatis scientiæque musste ich mit Schrecken
entnehmen, dass offensichtlich ein Disput zwischen zwei – wohl angesehenen
– Vertretern der Künste der guten Herrin HESinde zu
entbrennen scheint. Dieses lässt mich mit Unbehagen und Unverständnis
reagieren, zumal es sich bei den Verfassern wohl um Koryphäen ihres
jeweiligen Fachgebietes handelt. Sollten nicht gerade solch‘ hochgestellte
Persönlichkeiten den Blick auf das richten, was außerhalb ihrer
Studierzimmer, ihrer Bibliotheken, ihrer Akademie geschieht? Haben diese
beiden Vertreter der einzigartigen Kraft der guten Herrin HESinde
nicht die Aufgabe, diese Kräfte in ihrem Sinne einzusetzen, anstatt sich
– verzeiht den kriegerischen Ausdruck – in Geplänkeln gegenseitig
anzugreifen? Oder kann es gar sein, HESinde vergib, dass
sie den Blick für das Wesentliche verloren haben?
Was
dieses ist, steht in einer Zeit, in der der Bethanier zwar durch den
aufopferungsvollen Mut der legendären Sieben Gezeichneten vernichtet wurde,
seine Heerscharen aber immer noch blutige Ernte in ehemals Reichsangehörigen
Gebieten halten, meines Erachtens vollends außer Frage. Der Feind ist NICHT
in einzelnen Personengruppen wie z.B. Druiden, Geoden, Schamanen oder Hexen
zu suchen. Vielmehr ist der Feind in Tobrien, auf Maraskan, aber auch in den
eisigen Landen jenseits des Bornlandes zu finden. Dort, wo Glorana die Schöne
versucht, mit der Kraft und den Ausgeburten des Gegenspielers unseres guten
Herren FIRun ein eisiges Regiment zu führen gedenkt.
Bevor
sich nun aber seine Spektabilität in seinen getätigten Äußerungen bzgl.
der Wesenszüge der Hexen bestätigt fühlt, gebe ich zu bedenken, dass es
sich bei dieser Buhle zwar sehr wohl um eine Anhängerin Satuarias, mithin
eine Hexe, handelt. Jedoch ist hierbei nicht zu verkennen, dass es auch
unter den Vertretern der Gildenmagie Magier gibt, die um die Nachfolge des
Bethaniers buhlen. Als Beispiele hierfür seien hier nur Xeraan und G.C.E.
Galotta genannt. Aber auch andere nicht namentlich bekannte Collegae et
Collegi haben sich der dunklen Seite verschrieben mit der Intention, ihren
unheiligen Durst nach Wissen und Macht mit Hilfe der Gefolgschaft des
Bethaniers – wenn nicht sogar mit seiner persönlichen Hilfe – zu
stillen. Dass in diesem Zusammenhang gerade in den angrenzenden Gebieten zu
den schwarzen Landen geradezu Zwölfgötter lästerliche Taten geschahen,
braucht in diesem Zusammenhang wohl nicht ausdrücklich erwähnt zu werden.
Diese geschahen nur zu dem Zweck, Rituale vorzubereiten, die dem Gefolge des
Bethaniers den Weg in unsere Sphäre, und damit in unsere Lande, ebnen
sollten. Hieraus resultierte – teilweise ist dem immer noch so –, dass
ein sich offensichtlich zu seiner Profession bekennender Magus in diesen
Gebieten gemieden, wenn nicht gar verfolgt wird. Und dieses auch dann, wenn
dieser in dem Ort schon seit Jahren lebte und dort als Zwölfgöttergläubiger
bekannt war.
Die
Collegae et Collegi wurden nach Bekannt werden derartiger Vorkommnisse somit
so behandelt, wie seine Spektabilität mit den Anhängern Satuarias
verfahren würde: Diejenigen, die sich nicht unter einem Schleier von Lüge
und Kumpanei verbargen, sich demnach nach Assoziation seiner Spektabilität
wie die Anhänger Satuarias verhielten, wurden verfolgt, oder im schlimmsten
Fall gar getötet!
Ich
selber musste eine – wohl reisende – Collega, die mit einem Schild über
ihre – angebliche – Kollaboration mit den Erben des Bethaniers um ihren
gebrochenen Hals an einer Weide hing, von selbiger abschneiden, um dann
ihren Leib der reinigenden Kraft des Feuers zu übereignen.
Dass
Magister Magnus Isandrian Magnisfexus Desgrandan diesen Verfall von Ehre und
Sitte, wie es augenfällig bei Xeraan – aber auch anderen Subjekten in den
schwarzen Landen – der Fall ist, in seiner Responsio bereits angesprochen
hat, ist ihm wahrlich hoch anzurechnen. Nur stellt sich mir die Frage, ob es
– gerade gegenüber einer Spektabilität – der Polemik und des Zynismus
bedurft hätte. Dieses zeugt nicht vom Glauben in die eigene rhetorische –
und argumentative – Stärke, sondern spricht eher dafür, dass sich der
Magister Magnus zwar in der – zweifelsohne anerkannten – Akademie
auskennt, jedoch den offenen Disput mit Collgae et Collegi bisher gescheut
hat. Sollte er dennoch – wider erwarten – den Disput gesucht haben, so
bleibt mir aufgrund seines rhetorischen Verständnisses nur die conclusio, dass
diese mit den Mitteln der guten Herrin HESinde
ausgetragen wurden... Ob dieses aber dann noch in Relation zu den Lehren
steht, die er gegenüber seiner Spektabilität anmahnt, wage ich zutiefst zu
bezweifeln!
Bevor
nun jedoch ein Aufschrei der Absolventen der Akademie – oder des Magister
Magnus persönlich – durch dieses Fachblatt flutet, so möchte ich hinzufügen,
dass es nicht mein Anliegen war, einen solchen Sturm zu entfachen. Denn
unsere Kräfte müssen dorthin gelenkt werden, wo der Feind sitzt, und nicht
auf die eigenen Reihen! Zu oft geschah dieses in der Vergangenheit, und zu
groß war der Schaden, den die einzelnen Gilden davontrugen. Die Kräfte in
die richtige Richtung zu lenken war mein Anliegen, den Geist und das Auge für
die wesentlichen – die gefährlichen – Geschehnisse zu öffnen mein
Begehren!
Abschließend
möchte ich noch hinzufügen, dass sich dieser Aufruf nicht nur an die
verehrten Collegae et Collegi im Allgemeinen und im Besonderen richtet,
sondern an alle, die in den Künsten unserer allseits geschätzten und
geachteten guten Frau HESinde mächtig sind. Denn um
den Feind, der sich im Norden formiert, um von dort das Land mit seiner
unheiligen Macht zu unterjochen, zu bezwingen, darf es keine Schwäche in
den eigenen Reihen geben. Soll das Vorbild, was die Sieben Gezeichneten
durch ihr heldenhaftes Auftreten gaben, unverstanden in den Sphären
verhallen? War es nicht das Anliegen der guten Frau HESinde
– und auch ihrer Brüder und Schwestern –, uns durch die Einheit der
Gezeichneten zu zeigen, wie der Bethanier – und damit auch seine Erben –
zu bezwingen ist? Wenn nun aber zwei hervorstechende Persönlichkeiten die
Zeit finden sollten, ihre – verbalen – Kräfte statt gegen den Feind
gegeneinander zu lenken, so zeigt es mir, dass sie – ungeachtet ihrer
Stellung und ihrer Titel – es nicht verstanden haben, was die Götter uns
für ein Zeichen gesandt haben, zumal die Opfer, die für den Sieg gegen den
Bethanier erbracht werden mussten, auch von den Anhängern Satuarias,
namentlich von Luzelin vom Blauen Wald, zu erbringen waren!
Borgana
ibn Walut Almawed,
Magus des Konventes der verfinsterten Sonnenscheibe, Spärenkundliches
Institut und Halle der Geister zu Brabak et
Magus der Kaiserlich Garethischen Lehranstalt der Magie wider Geister und
trans-sphärische Wesenheiten zu Perricum
von: Frank Brosow Erschienen in Opus no. 36 am 3.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Responsum et correctura: Responsio de errore filiae et filii satuariae.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: So erkennet die Wahrheit.
ACADEMIA
LIMBOLOGICA
Die Pforte VI
Beilage zu
Opus no. 36, der 6. Peraine 29 Hal.
Noch sind die Rätsel um die Pforte unter der Bibliothek der Academia
Limbologica nicht gelüftet. Die Ereignisse der letzten Zeit warfen ganz im
Gegenteil neue auf und noch immer ahnt niemand, was wirklich vor sich geht...
Thundar Hurlemanoff blickt wiederum zu Meisterin Sheddja und Rukus: "Auf dem Weg zu Barius werde ich das
Rätsel um den Dschinn des Feuers aufklären, wenn es euch recht ist."
Nachdem er ein zustimmendes Nicken der beiden erhalten hat, fährt Thundar fort: "Der Dschinn stammt von mir. Vor einiger Zeit hatten einige meiner Freunde und ich eine Queste in der Gor zu bestehen, bei der mir schmerzlich bewusst wurde, wie lange es in der Praxis dauert einen Dschinn zu
beschwören. Dass dieser Zauber nicht so schnell gesprochen ist wie ein Fulminictus oder
ähnliches war mir vorher zwar durchaus bewusst, doch wie lange es dauert, wenn keine Zeit bleibt, habe ich damals erst
richtig bemerkt. Auf Grund dieser Erfahrung gab ich einen Ring in Auftrag - die Artefaktmagie war noch nie mein Spezialgebiet -, der es mir
ermöglichen sollte eine Dschinni in ihm zu binden.
Genau diese gebundene Dschinni habe ich gerufen, als mein Pentagramma versagte und der
Großmeister verloren schien. Nachdem diese Elementarwesen den Wunsch getreulich nach dem Wortlaut
auszuführen pflegen - was bisweilen durchaus schelmische Ausmaße annehmen kann - und ich ihn bat den
Großmeister Erilarion bis zum letzten zu beschützen... Nun, ich denke der Rest
dürfte euch selbst klar sein."
Interessiert lauscht Sheddja diesem Bericht über den Dschinnenring, während die Gruppe
über den Arkadengang zu den Treppen beim Portal des Grossen Hörsaals marschiert. Dort angekommen wendet sich Sheddja nach links, hebt ihr Kleid leicht an und steigt die Stufen empor. Oben angekommen will sie etwas entgegnen, wird aber von einer
plötzlicher Selbstverwünschung Thundars gestoppt, die sie leicht lächelnd abwartet: "OH NEIN! ICH BIN DOCH WIRKLICH...". Ein Schwall von Selbstbezichtigungen, begleitet von einem Schlag mit der flachen Hand auf die eigene Stirn folgt. "Ich habe meinen Rucksack vor dieser verfluchten Pforte vergessen!"
erklärt der Magus den ihn entgeistert anstarrenden Begleitern. "Lasst mich repetieren was sich darin befand:
der Trank, die restlichen Kerzen und die Kreide und einige unwichtigere Utensilien wie Schreibzeug, Schnur, ... Oh nein, mein Tagebuch! Gut, dass ich erst vor einem Mond ein neues begonnen habe!" Den Rest des Weges setzt ein leise vor sich hin fluchender Magus fort - die
Flüche sind jedoch nicht zu verstehen, und das ist auch besser so, denn wer bisweilen mit Thorwalern reist...
"Grämt euch nicht, werter Magus," entgegnet Sheddja, "wir finden sicher einen Ersatz
für Eure Beschwörungsutensilien... und niemand ist da ein geeigneterer Ansprechpartner als Meister Barius." Daraufhin lacht Sheddja kurz und trocken auf, um sich sofort wieder umzuwenden und die kleine Galerie
über dem mit Büchern gefüllten Hörsaal zu betreten. Die Tür zum sogenannten
Abschwörungszimmer, welches vor dem eigentlichen Beschwörungsturm liegt, öffnet
sie mit einem kräftigen Ruck. Sie eilt in die dunkle Kammer, deren einziges Fenster mit Brettern verbarrikadiert ist - nur einige wenige Strahlen des Praioslichts dringen durch Spalten herein und lassen die Linien
eines am Boden gezeichneten Pentagramms in goldenem Licht erstrahlen. Sheddja geht fast auf den Zehenspitzen um das Pentagramm herum, die Worte
"Auf dass Praios strahlender Finger das Dämonengezücht auf ewig banne" auf den Lippen. Vor Sheddja erhebt sich nun eine
große Eisentüre, das einstige Schlüsselloch mit Metallplatten versiegelt. Doch als Sheddja die
mächtige Eisenklinke drückt, gibt der alte Mechanismus nur ein Krächzen von sich - die
Tür aber bleibt verschlossen. Mit ungläubigem Blick wendet sich Sheddja um... "Verschlossen?
Es sollte noch einen Weg durch das Labor geben... folgt mir." Und schon zwängt sich die Meisterin am Pentagramm und den
zwei umstehenden Magiern vorbei, eilt die Treppe hinab in den Arkadengang und betritt den
überfüllten Vorlesungssaal, an dessen linkem Ende sich eine schmale Türe befindet. "Dies ist die
Tür zum Labor des Meister Barius, von wo man über eine Treppe nach oben ebenfalls den
Beschwörungsraum erreichen müsste..." Auffällig vorsichtig drückt sie die Klinke nieder und als diese mit einem Quietschen
öffnet, schluckt Sheddja um hustend wieder auszuatmen, als ihr ein stechender Geruch
entgegenschlägt...
Sofort als er den Geruch wahrnimmt entfährt Thundar ein: "Aeolitus Windgebraus!"
In die verdutzten, von - durch den plötzlichen Windstoss - zerzausten Haaren umrahmten Gesichter seiner Begleiter blickend meint er dann etwas kleinlaut, dass die ganze Geschichte langsam aber sicher wohl etwas an seinen Nerven zehre und er deshalb wohl
überreagiert habe. Er lässt Sheddja und Rukus - als vermutlich Ortskundige - den Vortritt.
Vorsichtig tritt Sheddja als erste mit vorgehaltener Hand in den dunklen Raum, der sich vor euch öffnet. Nur zwei Fackeln sind links und rechts von der Tür angebracht und erleuchten den Raum mit ihrem spärlichen, gelblich roten Licht. Das einzige Fenster zum Labor ist fest verschlossen und lässt nicht einen Strahl von Praios warmem Licht in das kalte Turmzimmer. Neben euch befindet sich ein hölzerner Schrank, überzogen von Spinnweben und gefüllt mit verschiedensten Büchern. In der Mitte des Raumes erheben sich zwei dunkle Tische über dem steinernen Boden. Auf dem einen liegt ein dickes Buch umgeben von einigen niedergebrannten Kerzen. Am anderen liegt etwas in der Dunkelheit des Raumes nicht völlig
Erkennbares - verdeckt von einem Tuch. Direkt neben dem Tisch steht eine große Waage hinter der drei eiserne Stangen aus dem Boden ragen, auf denen die Teile eines Skeletts befestigt sind, ein Schädel aufgespießt auf die erste, ein
skelettierter Oberkörper auf der zweiten und ein knöchernes Becken samt Beinen auf der dritten. Am anderen Ende des runden Zimmers erhebt sich ein
großer offener Schrank, in dem verschiedenste Geräte, Messer, Sägen und Scheren hängen.
Langsam schreitet Sheddja weiter ins Innere des Zimmers, als sie merkt, dass ihre
Füße mit jedem Schritt mehr und mehr am Boden festzukleben scheinen. Als Rukus Sheddjas Blick in Richtung des Bodens bemerkt, hebt er seinen Stab in die Höhe und plötzlich mit einem lauten Zischen sprühen helle Funken aus dessen Ende, die sich zu einer hellen Flamme formen. Mit einer eleganten Bewegung nähert Rukus sodann das Licht dem Boden nahe Sheddjas Beinen, um diesen mit der gelben Flamme zu erhellen. Doch kaum weicht die Dunkelheit vom steinernen Untergrund schreckt Rukus vor Ekel zurück, wobei der Stab zu Boden fällt und die Flamme erlischt. "Blut..." stottert der alte Mann, seine Hand auf das Herz gepresst "...der ganze Boden des Raumes - er ist bedeckt mit altem, geronnenem
Blut!"
Unbeirrt durch den Aufschrei des Magus setzt Sheddja ihren Weg zum Tisch in der Mitte des Raumes fort, kommt davor zu stehen und reißt das Tuch, das darüber liegt, hinfort. Doch ein Blick auf das enthüllte Objekt genügt...
"BORON STEH MIR BEI!" ruft sie laut, bevor ihre Hand das Tuch fallen lässt und sogleich den nach Luft haschenden Kopf zu stützen sucht... "Finster ist der Anblick des Todes für den, der ihn nicht kennt, nicht wahr? Was dachtet Ihr, würdet Ihr hier finden?... Meister Barius wird verärgert sein über eure Schnüffelei..." Als ihr euch alle erschrocken umdreht, seht ihr die
Silhouette eines nicht allzu großen Mannes in der Tür zum Labor. Er tritt näher und ihr erkennt Colonileus, den Assistenten des dunklen Meisters mit ungepflegtem Bart und langen strähnigen schwarzen Haaren. An seinem Körper trägt er eine graue Robe und darüber einen blutverschmierten ledernen Schurz...
von: Frank Brosow Erschienen in Opus no. 36 am 3.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Die Pforte V.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Die Pforte VII. |