AlAnfa im
Rausch der Magie
Wenn der Name Al'Anfa fällt, dann erzeugt dies ein Bild vor dem
geistigen Auge, welches den umliegenden Dschungel mit den Plantagen widerspiegelt, aus den
Villen der Reichen und Mächtigen sowie den Unterkünften der Ärmsten der Stadt gebildet
wird. Auf den Straßen sind Sänften und Sklaven unterwegs, ein Gemisch der
unterschiedlichsten Gerüche liegt in der Luft. Die Produkte aus allen Regionen des
Kontinents geben den kaufkräftigen Bewohner eine Möglichkeit, dem Alltagstrott für
einige Stunden zu entfliehen. Mit diesem Bedürfnis haben schon viele findige
Geschäftsleute ein Vermögen gemacht. Sie tun es noch immer und werden es auch in Zukunft
verstehen, ihre von Phex gegebene Chance zu nutzen. So
verwundert es niemanden, dass derzeit ein neuer Trend aufgekommen ist. Ein Händler aus
dem hohen Norden - der für die Al'Anfaner schon im Lieblichen Feld beginnt - hat ein
Bordell aufgekauft und für seine Zwecke ausgebaut. Er bietet seiner zahlungswilligen
Kundschaft eine Orgie der besonderen Art. Der Gastgeber kann - nach entsprechender
Absprache - das Ambiente frei wählen. Dieses wird dann über Illusionszauber kunstvoll in
Szene gesetzt. Einige werden jetzt mit Recht
anmerken, dass Illusionszauber ja noch nichts Besonderes sind. Auf jedem Jahrmarkt kann
man entsprechende Scharlatane finden, die ihre Vorführungen mit geschickt eingesetzten
Illusionszaubern ausschmücken. Dem stimme ich voll zu, aber darum geht es auch nicht. Die
berichtenswerte Neuerung ist die Tatsache, dass die Gäste die Illusionen in ihre
Feierlichkeiten einbeziehen und erleben können. In
zahlreichen Expertenrunden wird über dieses Phänomen diskutiert. Im ersten Moment klingt
es sehr nach den bekannten Schelmenzaubern, doch die ersten Nachforschungen haben ergeben,
dass kein Schelm oder Kobold in den Vorgang integriert ist. Vielmehr soll für diesen
Effekt ein Pulver verantwortlich sein, das die Gäste über Getränke und Speisen zu sich
nehmen. Dieses Mittel soll angeblich die Aufnahmefähigkeit für gewirkte Zauber erhöhen
bzw. das Resistenzverhalten gegenüber Magie stark senken. Kaum auszudenken, was dieses
Pulver für Auswirkungen und Einsatzmöglichkeiten bieten würde! Aber noch ist nichts
bestätigt oder belegt, aber ich werde meine Bemühungen in diese Richtung verstärken und
bei weiteren Erkenntnissen meinen Bericht fortsetzen.
Hochachtungsvoll,
Meister Talador
Erschienen in Opus no. 91 am 14.1.2001.
Arkania berichtet:
Starke Magokratie in Arkania errichtet
Am 1. Praios 1024 BF wurde der Anführer des borbaradianischen
Putschversuches gegen die rechtmäßige exekutoriale Regierung von der Inquisition durch PRAios' reinigendes Feuer verurteilt. Nachdem der Paktierer in die
Niederhöllen gefahren war, schien es seiner hohen Exzellenz Belal Rhavin von Arkania
wichtig, Vorkehrungen zu treffen, dass dämonische Verführungen nie wieder Erfolg in
Arkania haben konnten.
Vorderstes Ziel des Rates, der sich um die Ausarbeitung der neuen Verfassung bemühte,
musste es sein, die Macht aus den Händen des Volkes, besonders der unerzogenen und leicht
zu beeinflussenden Bauern, zu nehmen. Zu diesem Zweck wurde die Bauerngilde aufgelöst, so
dass die Bauernschaft keine offizielle Repräsentation mehr besitzt.
Auch schien es gefährlich, magisch unbegabte Bürger mit der Schaffung neuer Gesetze zu
beauftragen, da - wie der Fall der magisch beeinflussten Anführerin der Bauerngilde
zeigte - es für diese schwer ist, sich gegen dämonische Einflüsterungen zu verteidigen.
Folglich wurde die gesetzgebende Gewalt in die Hände des Exekutors allein gelegt, der bei
seinem Tode seinen (magisch begabten!) Nachfolger selbst bestimmt.
Die Exekutive ist der des Mittelreiches nachempfunden: An oberster Stelle
steht der Kanzler (welcher in Personalunion mit dem Posten des Vorsitzenden der
Magiergilde verbunden ist, um zu gewährleisten, dass nur ein Magier den
zweitwichtigsten Posten im Staate besetzt), der Kanzleiräte ernennt und entlässt. Im
Moment sind dies der Kanzleirat für Heereswesen, der Kanzleirat für Steuern, Handel und
Zollwesen sowie der Kanzleirat für Arbeit und Landwirtschaft. Diese nehmen die Umsetzung
der Gesetze in den ihnen zugeordneten Bereichen vor.
Zum einen ist von Bedeutung, dass die wichtigen Posten von gläubigen
Magiern besetzt sind, so dass der arkanische Staat vor borbaradianischer Unterminierung
sicherer ist. Dies war die Lehre, die aus dem borbaradianischen Umsturzversuch gezogen
werden musste. Zum anderen bedeutet diese Straffung der Regierung eine Erhöhung der
Effizienz und Schlagkraft der Regierung, da keine ermüdenden Diskussionen mehr geführt
werden müssen.
Mit Stolz möchte ich auch hinzufügen, dass damit zum erstenmal seit Rohals Zeiten eine
zwölfgöttergläubige Magokratie errichtet worden ist. Rohals Erben (zu denen ich alle
rechtschaffenen Magier zählen möchte) besitzen damit die Macht in einem - wenngleich
noch schwachen - Staat. Und in Rohals Tradition wollen wir seine Werte in die Welt
hinaustragen und in seinem Namen kämpfen wir gegen das Böse!
In diesem Sinne: PRAios mit uns! HESinde
mit uns! Rohal mit uns!
Drakmore Eolan Cardin berichtet aus Arkania.
Erschienen in Opus no. 91 am 14.1.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Dramatische Ereignisse in Arkania: Ein borbaradianischer Putschversuch!.
Commentariolus extensivus ad
"Versuch einer allgemeinen Betrachtung der
Magie der Elfen" von M. Travian Norfold
von M.ex. Reiju Windfeder
præfacio
Gern gebe ich zu: ich kenne nur wenige der tiefen Geheimnisse jenes
Volkes, dessen 'Zauberwesen' mein Freund und Collega Magus Travian Norfold mit solcher
Faszination zu verstehen sucht, und spreche bislang auch nur wenige Worte ihrer Sprache
voll Wohlklang. Doch halte ich meines Freundes Ausführungen über die von der in unserem
- dem gildenmagischen - Kreise praktizierten und theoretisierten so wahrhaft
unterschiedlichen Auffassungsweise von Magie, nämlich jene der Elfen, für überaus
brillant und finde in seinen Ausführungen zahlreiche Erkenntnisse, die meinen eigenen
Gedanken neuen Nährboden geben, sie im Dienste der wandelbaren TSA und der
vielweisen HESinde übermütig sprossen zu lassen.
Lasst mich also, werte Collegæ, versuchen, die Theorien meines Freundes
anzuwenden auf einige eben jener weitverbreiteten canti, welche von den
bosparanischen Zauberern schon früh in der Begegnung mit dem Volk der Elfen aus ihrer
ursprünglichen Form assimiliert und in eine neue, andere prokreiert wurden - die These
unterstützend, dass diese Form mit jener ursprünglichen heutzutage kaum noch etwas
gemein hat. Ich will es gewissermaßen wagen, eine Form dieser gildenmagischen canti
zu rekonstruieren, wie sie der elfischen Betrachtungsweise entsprechen könnte - nach
Norfold wären also insbesondere die folgenden drei componentiæ harmoniæ unter
Inclusion ihrer Wechselwirkungen, interactiones, zu untersuchen: das SELBST SEIN,
das WELT SEIN und der WILLE.
Dabei möchte ich betonen, dass ich mich nicht im Glauben wiege, ein Elf
würde mein vocabularium als zutreffend oder auch nur hinreichend akzeptieren - es
soll auch ganz und gar nicht der Belehrung eines Elfen dienen, sondern mit HESindes
Gnaden unserem gelehrten Kreis einen spekulativen und von Respekt geprägten Hintergrund
zur Liberalisierung und Ausweitung unseres philosophischen Horizonts geben!
reconstructio: BANNBALADIN
Betrachten wir ad primo den BANNBALADIN (wie
einige Kundige wissen mögen, lautet dieser cantus in seiner elfischen
Lingualrepräsentation bian bha la da´in). Diese Formel eignet sich zur
exemplarischen Betrachtung deshalb, weil sie weithin bekannt und in usu, also
gebräuchlich, ist. Nehmen wir an - unser aller Allgemeinwissen dürfte uns dies gestatten
- dass ein Elf diese Formel nicht in der Verwendung kennt, wie sie uns an den Akademien
zumeist gelehrt wird: also nicht als Mittel der Macht unseres Geistes über den Geist
eines anderen geistbegabten Wesens. Dies wäre einem Elfen wohl ein Greuel - vielmehr
liegt ihnen (und ich greife dabei auf meine kontemporären Erfahrungen am 'Seminar der
Elfischen Verständigung' hier in Donnerbach zurück) beim Wirken des bian bha la
da´in an etwas, für das wir den etwas neu-rohalistisch anklingenden Begriff der
Harmonie zu gebrauchen uns nicht scheuen sollten!
Nähern wir uns also zunächst über dieses Wörtchen der Norfoldschen trinitas
verbi: Um Harmonie in einer Begegnung zwischen Wesen der lebendigen Welt zu erzeugen,
nein besser: 'werden zu lassen', benötigt der Elf Einstimmung, gewissermaßen eine
Synchronisation des eigenen Seins, des SELBST SEINs mit seiner Umgebung - diese
repräsentiert das WELT SEIN, welches notwendigerweise für die Einstimmung eine
gewichtige Rolle spielt: Denn wie könnte das SELBST SEIN des Elfen verschieden sein oder
auch nur unabhängig von jenem Abschnitt des Sein-Tun-Kontinuums, welcher im gegebenen
Augenblick nach Harmonie strebt? Dieses Streben wiederum - die werten Collegæ werden
sicher dem Schluss des Kreises zu folgen vermögen - ist formendes Element, wie in jeder
schaffenden und schöpfenden Entwicklung enthalten, ist WILLE. Doch aufgepasst! Wille
bedeutet einem Elfen nicht Wille zur Macht, sondern der WILLE - und da möchte ich
Collega Norfold ergänzen - ist dem Elfen SEHNSUCHT, i.e. Sehnsucht nach Harmonie, nach
Konsonanz, wie sie allen Wesen, die Satinavs Wirken und TSAs göttliches
Wunder erleben können, letztlich vielleicht gemeinsam ist!
So sehnen sich also WELT und SELBST nach Identität, nach Übereinstimmung
- im Falle unseres speziellen Zaubers, i.e. des BANNBALADIN, besteht
die Welt zuerst aus Lebewesen, aus anderen SELBSTs, mit denen der Elf in Übereinstimmung,
in Harmonie zu treten ersehnt. Dies GESCHIEHT nun jedoch nicht einfach (im Gegensatz zum
gildenmagischen Zauber, der deswegen tatsächlich 'einfach geschieht', weil er keinen
Harmoniebedarf hat!), sondern erfordert eine Möglichkeit der Realisierung, ein Samenkorn,
aus welchem jener Baum der Freundschaft erwachsen kann, in dessen Schatten sich echte communicatio
ereignen kann - dabei ist nicht schwer einzusehen, dass zuallererst das WELT SEIN
Bedingung eines Gelingens dieser Realisierung ist:
Ein Elf in der Gemeinschaft seiner Sippe mag Harmonie beständig vorfinden
und sie zum Beispiel durch jenes Zaubergeschehen, welches wir BANNBALADIN
benennen, nur noch in Sphären heben, die kaum einer der unsrigen einmal in der
heimatlichen Familientrautheit erfahren wird
Stellen wir uns jedoch nun einen Elfen
vor, der im brüllenden Schneesturm (wie er übrigens hier im nordweidener Firunsgrimm
nicht selten ist) Zuflucht sucht an der Türe eines einsamen Blockhauses: das eines Bauern
oder Einsiedlers, eines Menschen jedenfalls. Des Elfen Sehnsucht in dieser Situation wird
uns nicht sehr fremd sein: Gemeinschaft und Wärme im Tosen der elementaren Gewalt, Leben
spüren und Hoffnung auf neues Wachsen und Blühen im kommenden Frühling. Das SELBST ist
hier sehr allein, ist einsam und bedroht in seiner Existenz durch Kälte und Frost. Die
WELT ist in jenem Augenblicke konzentriert auf das Poltern im Innern der Hütte, auf den
sich weitenden Spalt der schweren Tür, auf den Moment, in dem das Aug' des Zuflucht
Suchenden den Blick des Einsiedlers trifft - Harmonie GESCHEHEN LASSEN ist die einzige
Weise, hier zu überleben, ist das einzig Richtige, einzig Mögliche. Und Gemeinschaft mit
einem Menschen, der dem Bedürftigen die Türe nicht versperrt, der TRAvias
Gebote achtet und auch mit einem fremden Wesen gar die Wärme seines Herdes teilt - das
mag auch für einen Elfen eine schöne Sache sein!
Nun, Collegæ, zugegeben ein nicht wenig prosaisches Bild, doch seht Ihr
nicht auch, wie ich nun - halb spöttisch, halb traurig - fragen kann: "Und aus einem
solchen Geschehen haben wir den BANNBALADIN gemacht?!"
"'Geschehen'?" mögt Ihr zurückfragen, "im Beispiel ist doch nichts
passiert, was einer Zauberhandlung auch nur ähnelte!" Und ich wäre versucht leise
zu lächeln und zu erwidern: "Da mögt Ihr recht haben, doch wenn dem so ist, dann
sage ich: das ist gut. Und wenn doch astrale Kraft geflossen ist, dann ist das nicht
weiter erheblich, denn niemand hat den anderen in einer Weise 'bezaubert', die ein continuum
von Welt durchbrochen hätte - alles, was zählt, ist Harmonie." Doch statt so zu
antworten möchte ich der geneigten Leserschaft eine weitere situatio ad exemplum
schildern, die vielleicht einen anderen Blick auf das wirft, was wir getrost (doch
nichtsdestotrotz in gewohnter Vorsicht der Spekulation) als systema conditionum,
i.e. als Bedingungsgefüge für diesen elfischen Zauber bezeichnen können:
Ein Elf begegnet einem Menschen, welcher gerade seine Axt an einen
schönen alten Baum im Walde legt. Für den Elfen wird sich dieses Geschehen sicherlich
als gravierende Dissonanz im Seinsollen-Gefüge darstellen, vielleicht so: das SELBST SEIN
des 'Wesens Mensch' respektiert nicht das SELBST SEIN des 'Wesens Baum', respektiert nicht
dessen Recht auf In-der-WELT-SEIN, respektiert auch nicht die harmonische Schönheit des
Waldes als Lebensraum für vielerlei Kreatur, die den Baum als Nistplatz oder
Schattenspender schätzen mag. Nun, es stellt sich sogleich die Frage, wie hier Harmonie
geschaffen werden kann, wie der WILLE, die SEHNSUCHT des Elfen nach Konsonanz jene in den
Wald einbrechende Brutalität des axtschwingenden Menschen schlichten kann. Eine Antwort
mag sein (und meine Collegæ hier in Donnerbach hielten sie für durchaus plausibel), dass
so mancher stolze Elfenjäger durchaus keine Skrupel hätte, diesen Menschen mit Pfeil und
Bogen - verzeiht den Ausdruck - zu 'erlegen' und so seine missstimmige, dissonante
Präsenz im Walde kurzum zu beenden. Zweifellos eignen sich dafür auch die im Zorn
gesprochenen canti, welche wir FULMINICTUS oder BLITZ DICH FIND nennen - worauf
ich mit diesem Beispiel jedoch eigentlich hinaus wollte, ist meine folgende Überzeugung:
Keinesfalls würde es dem Elfen auch nur entferntest in den Sinn
kommen, in einer solchen Situation den BANNBALADIN zu weben - wie es
für uns Magi und Magæ ja durchaus nicht fern läge -, denn dieser ist ein Zauber der Freundschaft
(oder zumindest Freundlichkeit) und benötigt, wie zuvor schon dargestellt, ein
Bedingungsgefüge, in welchem solche Freundschaft echt harmonisch und nur so auch wahrhaftig
sein kann! Der Holzfäller ist von vornherein kein Freund des Elfen, denn es liegt
im Wesen seiner Arbeit, dem harmoniebedürfenden WELT SEIN der Waldbewohner (also auch des
Elfen) zuwiderzulaufen - für den Holzfäller gibt es gleichsam gar kein WELT SEIN im
Wald und so ist denn auch entsprechend das SELBST SEIN des Elfen der Moment des Zorns
und sein WILLE ist der Affekt, welcher Harmonie wieder herstellt - ein Zustand ohne
den unverständigen Menschen, dessen SEIN schlicht nicht in den Weltkontext gehört, in
dem es sich kontemporär befindet!
Eine persönliche Anmerkung sei mir gestattet: Ich selbst verehre neben
der Weisen Herrin HESinde ihre Schwester, die Junge Göttin TSA, zutiefst und ich bemühe mich allzeit ihre Lehren zu achten und zu
leben. Natürlich möchte ich es deshalb in principio nicht gutheißen, wenn der
Elf in meinem Beispiel dem 'Wesen Mensch' eben das antut, was jenes sonst dem 'Wesen Baum'
angetan hätte. Doch sagt mir mein Glaube auch, dass es nicht an mir ist, einen Elfen zu richten,
dessen Handeln Teil einer wunderbaren Vielfalt ist, für die die Junge Göttin einsteht
und in welcher ihre ordnende Hand wirksam ist.
Verzeiht die kleine Abschweifung. Ich hoffe sehr, die geschätzten
Collegæ mit meiner Ausführung nicht ermüdet zu haben - es wäre schön, wenn sich
Kritiker sowie Befürworter der Betrachtungsweise elfischer Magie, die hier entworfen wird
und die wir vorläufig die Norfoldsche Trinitätstheorie nennen wollen, nicht
zieren würden einige Zeilen mit ihrer begehrten Meinung niederzulegen und der Redaktion
des Opus oder den Autoren selbst zukommen zu
lassen!
Mit Gruß und Segen auch im Namen meines Collega M. Travian Norfold
verbleibt
M.ex. Reiju Windfeder
Möge die Junge Göttin den wachsenden Baum eures
Geistes zahlreiche Frucht tragen lassen!
Möge die Vielwissende Herrin euch mit der Weisheit
segnen, nur die reifen Früchte zu ernten!
von: Tyll Zybura Erschienen in Opus no. 91 am 14.1.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Versuch einer allgemeinen Betrachtung der Magie der Elfen.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Über die Elfische Verständigung.
Die "Sprache der Gilde" als das beste Mittel
für eine allgemein nachvollziehbare und kulturübergreifende Verständigung über Magie?
Kommentar zu M. Thundar Hurlemanoffs Ad DE NATURA
MAGICULTURAE
von M. Travian Norfold
Zunächst einmal sei Euch, Collega Hurlemanoff, gedankt für die lobenden
Worte, die Ihr zu Beginn Eures Kommentars findet, und nur nebenbei möchte ich
korrigieren, dass nicht ich der Verfasser von DE NATURA MAGICULTURAE (Opus # 88) bin,
sondern mein Freund und Collega M.ex. Reiju Windfeder. Nichtsdestotrotz möchte ich auf
Euren Beitrag reagieren - und zwar, weil er einige grundsätzliche Missverständnisse zu
enthalten scheint, deren Beseitigung Collega Windfeder und mir derart stark am Herzen
liegt, dass wir eine längere Erwiderung für opportun hielten. Bitte verzeiht den
gelegentlich etwas scharfen Tonfall, er richtet sich gewiss nicht gegen Eure geschätzte
Person, sondern gegen eine Auffassung von Welt und Magiekultur, die in unser aller
gildenmagisch geschultem Denken immanent scheint, der wir jedoch (und dies zuallererst in
uns selbst) explizit entgegenzutreten versuchen.
Zum besseren Verständnis des Folgenden auch für den Rest der
Opus-Leserschaft will ich noch einmal - hoffentlich nicht in unzulässiger Verkürzung -
an den Inhalt Eures Beitrages erinnern. Ihr bezeichnet die Magietheorie in einem durchaus
gelungenen Bild als 'Sprache', zudem nehmt Ihr an, Sinn und Zweck dieser Sprache sei es,
die möglichst präzise Beschreibung der stattfindenden Magie zu ermöglichen. Thesenhaft
zusammengefasst scheint Ihr weiterhin zu sagen:
1. Bestimmte Sprachen sind geeigneter als andere, einen Sachverhalt zu
beschreiben und zu erläutern und zudem einen hesindegefälligen Disput zu ermöglichen,
da sie ein präziseres Werkzeug zur Beschreibung bieten.
2. Ein Bericht über einen magischen Vorgang, der in der "Sprache der Gilde"
verfasst ist, ist allgemein nachvollziehbar und verständlich für jeden, egal aus welcher
Kultur und Magietradition er stammt, wenn er diese Sprache erlernt hat.
3. Die Magietheorie ist damit der bisher gelungenste Versuch, ein möglichst
wirkungsvolles, wissenschaftlich eindeutiges Werkzeug zur Verständigung über Magie zu
schaffen.
zu 1. "Es gibt Sprachen, die [...] geeigneter scheinen, einen
Sachverhalt zu beschreiben und zu erläutern, während andere gänzlich ungeeignet sind,
um einen hesindegefälligen Disput zu ermöglichen, da sie kein präzises Werkzeug
bieten." Schon diese Aussage geht allzu selbstverständlich und geradezu
gedankenlos von nicht wenigen impliziten Annahmen und Grundlegungen aus, die in Frage zu
stellen gerade unsere Absicht war.
Alle Sprachen der verschiedenen uns bekannten Völker sind nur bis zu einem gewissen Grad
ineinander übersetzbar, und es gibt in jeder Sprache Wörter oder Bedeutungs-Bereiche,
die für einen Fremden auch in der besten Übersetzung nur sehr unvollständig zu
verstehen sind. Ein 'komplett(er)es' Verständnis erfordert gewiss bestimmte Kenntnisse
der Kultur, mit der die Sprache untrennbar verbunden ist, die der Fremde jedoch nicht
besitzen kann - wäre er doch dann nicht mehr fremd. Gerade das Isdira ist ein
hervorragendes Beispiel dafür, wie jeder schnell einsehen wird, der sich einmal mit
dieser Sprache auseinandersetzt.
Da eine Sprache und die Kultur, aus der sie stammt, immer miteinander verbunden sind,
stellt sich die Frage, warum die "Sprache der Gilde" ein objektiv besseres
Werkzeug zur Beschreibung eines Sachverhaltes sein soll als beispielsweise die
(wohlgemerkt: ebenfalls sicherlich 'magietheoretische') "Sprache der
Moha-Schamanen". Ganz sicher ist die gildenmagische Magietheorie ein besseres
Werkzeug, um einen gildenmagischen Zaubervorgang zu beschreiben, da sich hier Kultur und
Sprache entsprechen. Ich würde mich aber entschieden dagegen wenden, dass die
gildenmagische Magietheorie auch besser als die "Sprache der Moha-Schamanen" in
der Lage sein soll, den Zaubervorgang eines Moha-Schamanen zu beschreiben. Diese Annahme
geht eben auf jenes Denken zurück, gegen das M.ex. Windfeder und ich uns wenden, da es -
obwohl Ihr im Abschluss Eures Artikels dieser Meinung nominell widersprecht - davon
ausgeht, dass die Sprache der Gildenmagie bzw. davon ausgehend insgesamt das Denken
unseres Volkes und unserer Kultur besser in der Lage ist, Aussagen über die Welt zu
treffen als andere Kulturen.
zu 2. "Wenn aber ein Beobachter in der 'Sprache der Gilde' einen
Bericht verfasst, so ist dieser allgemein nachvollziehbar und verständlich. Und das nicht
nur für ein Mitglied der Gilde, sondern für jeden, der sich die Mühe macht, diese
Sprache zu erlernen. Sei es nun Hexe oder Elf." Diese Aussage möchte ich aufs
Stärkste bezweifeln und die Selbstverständlichkeit, mit der Ihr sie trefft, aufs
Schärfste kritisieren. Gerade gegen diese Selbstverständlichkeit richtet sich der
Artikel des Collega M.ex. Windfeder im allgemeinen und der meinige über die Magie der
Elfen (Opus # 88)
im besonderen! Wenn ich noch einmal zitieren darf: "Elfische Magie kann niemals
unabhängig von der Umgebung und des wirkenden Individuums sein oder betrachtet werden.
Für Elfen gibt es schlicht eine solche Trennung zwischen sichtbarer Welt und davon
abgegrenzter unsichtbarer, aber sichtbar zu machender matrix magica nicht, nicht einmal
eine Vorstellung einer solchen Matrix oder von einer Trennung innerhalb der Welt, von
einer Einteilung oder Aufspaltung der Welt." Wenn aber, wie Ihr sagtet, ein Elf
ebenso gut wie ein Gildenmagier in der Lage sein sollte, die Sprache der Gilden - und
damit auch das Denken (das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich betonen, da mir
diese Tatsache immer wieder übersehen zu werden scheint) der Gildenmagier zu erlernen,
müsste er ja zuallererst einmal eine solche Einteilung der Welt begreifen lernen! Da
diese nicht nur seiner vertrauten "Theorie von Magie", sondern auch dem gesamten
Denken seiner Kultur fremd ist, kann man das Problem des Erlernens dieser Sprache nicht
einfach mit "wenn er sich die Mühe macht" abtun. Ich kann also nur einmal mehr
wiederholen: "Die Magie der Elfen" - und das trifft auf die Magie aller anderen
fremden Kulturen zu - "ist nicht einfach eine andere Interpretation der
vermeintlich objektiven vires astralae wie wir Gildenmagier sie definieren, also eines
continuum astralum, das in der Welt einen eigenen, spezifischen Platz einnimmt [...],
sondern ist nur möglich in einer eigenen Wirklichkeit von Welt gedacht." Und das
bedeutet auch:
zu 3. Die Magietheorie ist nicht das bisher bestmögliche,
'wirkungsvollste' Werkzeug zur Verständigung über Magie, sondern höchstens das
"wissenschaftlich eindeutigste" ausschließlich in Bezug auf unsere eigene
Kultur und Denkweise! Ihr verwendet in Eurer Conclusio dieses Attribut
"wissenschaftlich" offenbar nicht als Einschränkung, sondern eben doch als
Äquivalent zu dem Attribut objektiv (in der Bedeutung von wahr), mit dem Ihr die
Gildenmagie implizit zu charakterisieren scheint.
Auch der Einschätzung, die Magietheorie sei das bislang wirkungsvollste Werkzeug, muss
ich vehement widersprechen. Sicher erscheint mir, dass alle Kriterien, die man positiv
für diese Einschätzung nennen könnte, dem Denken unserer Kultur schon inhärent wären
- und damit (unserer festen Überzeugung nach) per se nicht als kulturübergreifende
Kriterien dienen können.
Noch einmal unsere Grundthese: Wir als Gildenmagier können nur Aussagen über die
Gildenmagie machen, keinesfalls aber über andere Magiekulturen, zumindest nicht in einer
'wirkungsvolleren' Art und Weise als die zu jener Kultur gehörige Sprache das könnte!
Gerade was die Magie der Elfen angeht, bin ich immer wieder auf solcherlei
Anmaßungen gestoßen. In meinem kürzlich veröffentlichten Artikel habe ich versucht,
diesen zu entgegnen und ein Denksystem aufzustellen, welches es uns als Gildenmagiern
ermöglichen könnte, elfische Magie verstehend zu betrachten, ohne ihr mit 'unserem
Werkzeug' Gewalt anzutun. Dabei kann diese Beschäftigung mit der Magie der Elfen durchaus
als Beispiel dienen, an dem sich die Thesen von M.ex. Windfeder konkretisieren lassen, in
erster Linie geht es mir jedoch nach wie vor um dieses faszinierende Thema, das in den
Kreisen der Gildenmagier m.E. immer noch häufig mit zu großer Selbstverständlichkeit
abgehandelt wird. Collega Windfeder und ich möchten im folgenden den Schwerpunkt unserer
(seit kurzem gemeinsamen) spekulativen Forschung auf die Vertiefung eben jenes Themas -
der Magie der Elfen - legen. Dazu ist (nach den Grundlegungen unserer letzten Artikel)
auch der in diesem Opus veröffentlichte Beitrag meines Collega ein Beginn, auf welchen in
den folgenden Wochen Explikationen in verschiedenen spezielleren Bereichen folgen werden,
welche vor allem dazu dienen sollen, Materie für eine kontroverse Diskussion zu bieten.
Magus Travian Norfold,
Schule der Hellsicht zu Thorwal, z.Z. in Donnerbach
von: Tyll Zybura Erschienen in Opus no. 91 am 14.1.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Ad DE NATURA MAGICULTURÆ. |