De
Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I
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Kommentar über die verwerfliche, doch ob ihrer unerklärbaren
Komplexität durchaus als interessant zu bewertende Fluchmagie der Hexen und Hexer, welche
sich selbst sind geneigt zu nennen 'Kinder Satuarias'
Nachdem wir unlängst genauer auf die verschiedenen uns
bekannten Formen der satuarischen Fluchmagie eingegangen sind, wollen wir uns im Folgenden
nun mit den diversen Techniken des Verfluchens beschäftigen, einem Gebiet, welches für
uns noch immer weitgehend im Dunkeln liegt, da die wenigsten Hexen und Hexer sich gewillt
zeigen, solcherlei Geheimnisse mit ihrer Gemeinschaft Fernstehenden auch nur ansatzweise
zu teilen. Selbst in gelehrten Kreisen herrscht noch immer die Meinung vor, seitens
einer Hexe oder eines Hexers genüge ein einfaches 'Anathema sit!', und schon sei das
Schicksal des unglücklichen Verfluchten besiegelt. Oh sancta simplicitas! Wer allen
Ernstes annimmt, zu einer Verfluchung brauche es nicht mehr als den Willen zu selbiger,
der irrt, wie man sich nur irren kann, denn Fluchen, man möge mir die Wahl meiner Worte
verzeihen, ist in gewisser Weise wahrhaft eine Kunst, das müssen wir nolens volens
anerkennen, und als solche will sie auch erlernt und beherrscht werden.
Zum einen bedeutet das nun also, daß durchaus nicht jede Hexe jeden Fluch beherrschen
wird, daß es im Gegenteil wahrscheinlich sogar keine einzige Tochter Satuarias geben mag,
die eben dies wirklich und wahrhaftig von sich behaupten könnte.
Zum anderen muß der satuarischen Gemeinschaft aus eben diesem Grunde jedoch wohl auch
ein gewisses, intuitives Verständnis für magietheoretische Betrachtungsweisen
unterstellt werden. 'Asinus ad Lyram!', höre ich da viele unter Euch ausrufen, werte
Collegae. Doch obgleich sich die verschiedenen Fluchtechniken gewisslich nicht in das
vergleichsweise beengte Muster einer hesindegefälligen Thesis werden pressen lassen, so
scheinen die Kinder Satuarias doch mannigfaltige Wege gefunden zu haben, um durch
bestimmte Verhaltens- und Vorgehensweisen einen spezifischen magischen Effekt zu erzielen,
wie ihn die satuarischen Flüche nun einmal darstellen. Es ist dies ähnlich wie mit den
uns bekannten Ritualen der Magica Conjuratio, bei welcher zum Erzielen desselben arkanen
Effektes ebenfalls eine Vielzahl an rituellen Möglichkeiten offenstehen, die sich in
vielfacher Weise voneinander unterscheiden mögen; genannt seien hier exemplarisch nur die
schier endlosen Kombinationsmöglichkeiten von Paraphernalia, welche doch ebenfalls auf
die verschiedenste Weise zum Gelingen einer Invokatio beizutragen vermögen.
So wurde mir unter anderem von einer Hexe berichtet, der es nicht möglich war, einem
Menschen den 'Hexenschuß' anzuhexen, wenn es ihr nicht zuvor gelang, ihm kräftigst in
den Rücken zu spucken. Ein reisender Händler erzählte mir wiederum, er habe in einer
Herberge im Süden unseres Kontinents einen Sohn Satuarias durch die dünnen Wände seines
Zimmers hindurch belauschen können, wie er einen Fluch, der seinem Opfer offensichtlich
den Schlaf rauben sollte, in 7x7 Verse gekleidet habe, die zu großen Teilen Anrufungen
seiner Gottheit beinhaltet haben sollen. Eine Vertreterin der Schwesternschaft des Wissens
verriet mir hingegen, sie pflege bei der Vorbereitung von Verwünschungen verschiedene
zerriebene Kräuter und Hölzer im Feuer zu verbrennen, um die für die Verfluchung
benötigten astralen Energien freisetzen zu können. Die Techniken des Verfluchens
scheinen also durchaus vielfältig und für Verallgemeinerungen prinzipiell ungeeignet zu
sein, doch ohne Zweifel gibt es sie und sind sie notwendig, um das magische Phänomen
eines satuarischen Fluches hervorzurufen.
Bezüglich der letztendlichen Übertragung von Verwünschungen auf das auserwählte
Opfer verfügen wir allerdings schon über wesentlich zuverlässigere Wissensgrundlagen.
So werden Flüche nach allgemeiner Überzeugung des Volkes hauptsächlich von den
sogenannten Hexentieren überbracht, auf welche die jeweilige Verwünschung in einem
vergleichsweise kurzen und, wie bereits erwähnt, meist individuell gestalteten Ritual
übertragen wird. Kreuzt das Hexentier nun den Weg des Opfers oder blickt es den
Unglücklichen auch nur an, so fällt die astrale Ladung gleichsam von ihm ab und fährt
auf direktem Wege in den nun Verfluchten, bei dem sich die spezifischen Auswirkungen der
Hexerei entweder sofort, oder aber binnen des nächsten Praioslaufes bemerkbar machen
dürften.
Es darf allerdings als gesichert gelten, daß den Hexen und Hexern auch noch andere,
wenn auch offenbar wesentlich kraftaufwendigere Möglichkeiten der Verfluchung zur
Verfügung stehen. Am bekanntesten und verbreitetsten ist wohl die Verfluchung im Zorn,
von der vielfach angenommen wird, daß die verfluchende Hexe schlicht und einfach eine
entsprechende Verwünschung gegenüber dem Opfer äußern müsse, um den jeweiligen Fluch
auf selbiges zu übertragen.
Diese Behauptung ist jedoch, Praios und Hesinde sei es
gedankt, unhaltbar, sind es doch schließlich nicht die ausgesprochenen Worte allein, die
in Wahrheit zur Übertragung des Fluches führen, sondern vielmehr die intensiven Gefühle
von Haß, Zorn, Wut und Verzweiflung, die es der Hexe unter beträchtlicher
Kraftanstrengung erlauben, den Weg eines langwierigen Rituals zum Erreichen ihres
unheiligen Zieles zu umgehen. Des weiteren hört man gelegentlich von angeblich
verfluchten oder verwunschenen Gegenständen, welche den Erzählungen nach den ersten, der
sie berührt, ins Unglück zu stürzen vermögen. Zu erklären sind diese Phänomene für
mich durch das schlichte Fehlen eines Hexentieres, weswegen der oder die Verfluchende
geneigt sein mag, sich einen anderen Gegenstand zu erwählen, auf den die jeweilige
Verwünschung dann übertragen wird. Ein solches Ritual dürfte allerdings wesentlich
kraft- und zeitintensiver sein, weswegen es auch aller Wahrscheinlichkeit nach weniger
häufig praktiziert werden wird, da sich zudem die Schwierigkeit ergibt, wie man das
verfluchte Objekt dem zu Verfluchenden zukommen lassen soll, ohne, daß es zuvor ein
anderer als der Verfluchte selbst berührt.
Unzählige Märchen und Schauergeschichten berichten uns außerdem davon, wie
gefährlich es sein kann, eine Hexe in den Besitz bestimmter persönlicher Dinge wie dem
eigenen Haar, geschnittenen Nägeln, ausgefallenen Zähnen oder gar einiger Tropfen Blut
kommen zu lassen, da diese Utensilien es den Kindern Satuarias angeblich ermöglichen
sollen, selbst aus größter Entfernung und ohne das Opfer je gesehen zu haben, die
entsprechende Verwünschung wirksam werden zu lassen. Obgleich diesen Geschichten meist
ein gehöriges Maß an abergläubischen Übertreibungen anhaftet, welche der Göttin
gefälliges Wissen niemals zu ergänzen, sondern stets nur zu trüben vermögen, sollte
man diese Erzählungen nicht allesamt als Ammenmärchen und dummen Volksglauben abtun,
denn auch ich stieß bei meinen Forschungen auf Hinweise, die durchaus für die
Möglichkeit derartiger Rituale sprechen, wenngleich diese dann wohl ebenfalls ein
gehöriges Maß an astraler Kraft verschlingen dürften und allem Anschein nach zudem nur
des Nachts und auf ein schlafendes Opfer gewirkt werden können.
Zuletzt seien in dieser Aufführung noch die unheiligen Hexenfeste genannt, auf denen
die Kinder Satuarias zuweilen zusammenfinden und gemeinsam ungeliebten Gegner ihrer
Lebensweise einen Fluch anhängen sollen. Derartige Verfluchungen dürften wohl als die
mächtigsten anzusehen sein, ist ihre Wirkungsdauer doch zuweilen scheinbar unbegrenzt,
was zwar auch bei von einzelnen Hexen ausgesprochenen Flüchen vorkommen mag, jedoch
obschon des enormen Kraftaufwandes in einem mehrköpfigen Zirkel natürlich weitaus
einfacher und effizienter zu bewerkstelligen sein dürfte. Diese permanenten Flüche sind
jedoch nicht mit den magischen Effekten zu verwechseln, welche eine Tochter Satuarias
durch die längerfristige direkte Berührung ihres Opfers auszulösen vermag, und die
selbiges zwingen können, eine bestimmte Aufgabe für die Hexe zu erledigen, denn hierbei
handelt es sich erwiesener Maßen 'nur' um einen speziellen Zauber aus dem Bereich der
Magica Controllaria, der von keinerlei auffälligen Nebenerscheinungen bei dem
Verzauberten begleitet wird und dem sich ein starker Geist vergleichsweise häufig
erfolgreich zu widersetzen vermag, was bei den 'echten' Hexenflüchen nicht der Fall ist,
weswegen man es auch tunlichst vermeiden sollte, diesen Zauber mit eben diesen synonym
gehen zu lassen, obschon es zwischen diesen magischen Phänomenen gewiß einige auffallend
synchron verlaufende Parallelen geben mag. Einem wahrhaft permanent Verfluchten wird
nämlich gewöhnlich auch binnen weniger Tage eine Aufgabe gestellt, die ihm entweder
persönlich überbracht oder mittels einer Vision mitgeteilt werden muß und deren
gewissenhafte Erfüllung oft der einzige Weg für den Unglücklichen sein mag, sich jemals
wieder von dem auf ihm lastenden Fluch zu befreien, sofern sich kein auf dem Gebiet der
Magica Contraria äußerst bewanderter Magus oder gar ein Geweihter der Zwölfe findet,
der diese unheilige Last vorzeitig von seinen Schultern zu nehmen vermag.
Und eben dies, nämlich der Schutz vor und die Aufhebung von satuarischer Fluchmagie,
wird das nächste Mal unser Thema sein, wenn der geneigte Leser auch weiterhin gedenkt,
meinen bescheidenen Ausführungen über meine gesammelten Erkenntnisse auf diesem Gebiet
gewogen zu sein und aufmerksam folgen zu wollen.
Rukus Ambrosius, Magusvon: Frank Brosow Erschienen in Opus no. 11 am 28.3.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I - 1.
Zu diesem Artikel erschienen folgende Reaktionen oder Fortsetzungen: Leserbrief zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I, 2, De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I - 3. |