Leserbrief zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I, 2
An die Redaktion des Opus
Sehr geehrte Collegae,
Da Ihr Interesse an meinen Kommentaren zu den Schriften von R. Ambrosius
wohl gegeben ist und ich eine Suppe, die ich mir einmal eingebrockt habe, wenn dann schon
gründlich auslöffle (mir sei dieser Vergleich verziehen), habe ich erneut einen
Leserbrief verfaßt. Denn auch in dem aktuellen Artikel (Opus vom 27 Efferd 29 n. Hal,
"De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I, 2") meines geschätzten Collega
sind einige Ungereimtheiten enthalten.
Mit herzlichen Grüßen und aufrichtigem Dank für die Ihnen entstandene
Mühe,
Thundar Hurlemanoff
Werter Collegus Ambrosius,
Als ich Euer aktuelles Werk - "De Mysteriis Filiarum et Filiorum
Satuariae I, 2" - las, dachte ich mir zuerst, daß ich Euch wohl zuvörderst die
Gelegenheit geben sollte, zu meinen Vorwürfen Stellung zu beziehen, bevor ich Euch mit
neuerlichen konfrontiere. Dann jedoch hegte ich die Befürchtung, daß man mein Schweigen
als Zustimmung deuten könnte, und das wollte ich dann doch verhindern. Zwar ist Euer
zweiter Teil schon etwas besser geraten, als der erste, aber dennoch gibt es einiges dazu
anzumerken.
Um Ihnen, werter Collegus, und auch den Lesern des Opus die Gelegenheit zu geben die
beiden Texte direkt zu vergleichen, will ich versuchen mich an Eure Gliederung anzulehnen.
Zu Eurem Einleitungssatz habe ich ja schon das letzte Mal Stellung
genommen, und ich will es Euch zu Gute halten, daß Ihr den Text wahrscheinlich schon der
Redaktion sandtet, bevor Ihr die Gelegenheit hattet meinen Brief zu lesen; es also nicht
Eurer Starrsinnigkeit zuschreiben.
Schon im ersten Abschnitt Eures Briefes jedoch kann und muß die Kritik einsetzen. Ihr
scheint Euch da mal wieder zu lange in der Schenke herumgetrieben zu haben! Es ist einer
Hexe sehr wohl möglich "aus dem Stand heraus" einen "Fluch" zu
wirken. Die auszuführende Technik mag von "Fluch" zu "Fluch" und auch
von Hexe zu Hexe verschieden sein - je nachdem von wem sie den Fluch lernte, aber ist das
gleich so erstaunlich, daß man dies als Grund sieht, einige - zugegeben ganz nette -
Geschichten in ein wissenschaftliches Traktat einzubauen? Inspiziert allein die Thesis des
A NALÜS ARCANSTRUKTUR genauer, und Ihr werdet regionale Unterschiede feststellen. Noch deutlicher
sichtbar wird es bei elfischen Sprüchen: Je nachdem ob sie von einem elfischen
Lehrmeister erlernt wurde, oder von einem Gildenmagier, unterscheidet sich die Art wie sie
gesprochen werden. Doch nicht alleine die Art des Wirkens, auch das Arkane Liniennetz
unterscheidet sich geringfügig. So berauschend neue Erkenntnisse sind das nun wirklich
nicht mehr. Wenn ich dann kurz darauf auch noch Eure erneute "Propaganda" lese:
"[...] Fluchtechniken gewisslich nicht in das [...] Muster [...]
Hesindegefälligen Thesis [...]". Warum sollte die eine Art der Göttin eher
gefällig sein als die andere? Sind den die trockenen, gereimten Sprüche und die dabei
überlieferten Gesten HESinde gefälliger als gesungene
Elfenzauberei? Was ist falsch daran, wenn ein Druide oft keinen Ton von sich gibt,
während er zaubert? Ja habt Ihr denn noch nie unter der Wirkung eines SILENTIUM zaubern müssen? Wenn ja: War das dann auch nicht
HESinde gefällig? Ich glaube vielmehr, daß
es nicht HESinde gefällig ist, wenn dauernd
irgendwelche beschränkten Menschen - und das sind wir in diesem Sinne alle! -
beschließen, was der Göttin zu gefallen hat und was nicht!
Mit der nämlichen Begründung könnte nun auch ein Druide unsere Rituale - die
Erschaffung von Stab, Kugel, Schwert und Schale und die auf diese gelegten Zauber - als
nicht der Sumu gefällig bezeichnen, da sie ihm vorenthalten bleiben. Es ist doch schön,
wenn sich nicht ganz Dere in ein Schema pressen läßt. Habt ihr denn nicht erkannt, daß
die Abwechslung das ist, was den Göttern auf jeden Fall gefällig sein muß? Sonst
ähnelten wir uns nämlich wie ein Ei dem anderem - und selbst Eier haben verschiedene
Formen und Farben. Geht heraus aus Eurer Studierstube (ohne gleich die nächste Kaschemme
zu betreten und macht die Augen auf - ihr könnt dabei mehr lernen als Ihr es in Eurer
Stube je fertig brächtet.
So Ihr dann in Eure Stube zurückgekehrt seid, überlegt Euch doch einmal den Unterschied
zwischen Paraphernalia und einem Ritual. Paraphernalia sind nichts anderes als die Würze.
Beschworen wird eine dämonische Wesenheit an sich immer gleich. Ihr werdet also erkennen
müssen, daß Euer Vergleich hinkt; man kann eine solche Entität sogar ohne Kenntnis des
genauen Namens und ohne eine einzige, ihm gefällige Substanz beschwören - praktisch
natürlich keineswegs zu empfehlen. Diese "Vielzahl an rituellen Möglichkeiten"
gibt es also eigentlich nicht. Das Ritual bleibt stets das gleiche! Wie bei den
Hexenflüchen eben auch...
Es folgen einige der von Euch
augenscheinlich vielgeliebten Volksmärchen - die sicherlich ab und an auch einen wahren
Kern haben, auf die einzugehen ich mir aber erspare. Nur soviel: Ihr solltet vielleicht in
weiteren "wissenschaftlichen" Publikationen davon absehen, dauernd Volksglauben
zu zitieren (es sei denn natürlich die Publikation hätte eben diesen zum Thema). So
finden sich zum Beispiel in "Druidentum und Hexenkult - Die Macht des eisernen
Willens" ebenfalls Hinweise auf die Rolle des "Hexentieres"; und aus
einem solchem Werk zu zitieren steht einem Magus wohl ohne Zweifel weit besser an, als
ständig die Überzeugungen der Plebs zum besten zu geben.
Immerhin scheint Ihr entweder ab und an richtige, eigene Schlüsse zu
ziehen, oder aber ihr habt tatsächlich "Angst - ein menschliches Phänomen"
gelesen. Ihr habt natürlich damit recht, daß bei einer Hexe - genau wie ein Magier auch,
nur noch viel stärker und offensichtlich auch verstärkend - die Zauberei von den
Gefühlen abhängt, die in ihr wirken. Zumal wenn diese Gefühle stark sind. Zu ergänzen
wären bei Eurer Aufzählung noch Liebe und Abscheu, aber auch Boshaftigkeit im
schelmischem Sinne.
Auch im nächsten Abschnitt, wo Ihr permanente "Flüche" abhandelt, zieht Ihr
eigene Schlüsse, die wahrscheinlich sogar stimmen; aber könnte es nicht auch sein, daß
einer Hexe diese "Bestrafung" meist einfach als zu hart erscheint? Ja, daß sie
sich vielleicht erst noch mit ihr Gleichgesinnten beraten will, ob das Strafmaß
angemessen erscheint? Das wäre erst noch zu erforschen.
Im folgenden Absatz jedoch habt Ihr Euch wieder von Eurer oberflächlichen
Seite gezeigt. Wie könnt Ihr nur behaupten kraft Eurer "Forschungen auf Hinweise,
die durchaus für die Möglichkeit [...]" sprechen Rituale vermittels Haaren,
Nägeln, Zähnen oder gar Blut abzuhalten? Einmal abgesehen davon, daß sich in diversen
alten Büchern seitenlange Abhandlungen über das Unbrauchbar machen von Haaren, Zähnen
und Nägeln für die Ritualmagie findet (z.B. "Essentia Obscura - Das Wesen des
Unbekannten" - um nur eines der bekannteren zu nennen) scheint Ihr ja nicht
einmal "unsere" eigenen, gildenmagischen Rituale zu kennen, geschweige denn die
der Druiden! So erfordert die rituelle Fertigung der Schale ja auch das Auswaschen mit
eigenem Blut; von den Druiden hingegen ist uns ja bekannt, daß diese vermittels einer
Haarlocke oder ähnlichem eine Art Beherrschung über das Opfer ausüben können (auch
hier hilft, H ESinde sei Dank, der universelle
BEHERRSCHUNGEN BRECHEN, so man die Beherrschung erst einmal erkannt hat). Was für Forschungen waren
das also, die Ihr hier wieder betrieben habt?
Zu guter letzt gibt es zu den "Hexenfesten" noch einiges zu
sagen! Etwas weniger prosaisch betrachtet haben Hexenfeste vor allem einmal einen einzigen
Sinn und Zweck: Vermittels eines großen Rituals wird während dieses Festes die
Flugfähigkeit der Hexen bis zu ihrem nächstem Treffen sichergestellt. Es geht dort - das
möchte ich keineswegs bestreiten - bisweilen auch recht "RHAjagefällig" zu, womit nicht nur die Kleider gemeint sind. Ansonsten jedoch
werden dort vor allem Erfahrungen ausgetauscht, Geschichten erzählt, gemeinsam gegessen,
getrunken, getanzt und gelacht - kurz es ist einfach eine Feier zu der "Hex"
sich trifft. (Ähnlich einem unserer Konvente, nur regelmäßiger und nicht so
knöchern-verstaubt.) Was daran nun schon wieder unheilig sein soll, ist mir ein Rätsel.
Allerdings habe ich mir selbst von einigen Hexen berichten lassen, daß es durchaus auch
andere Feste geben soll; es soll pervertierte Zirkel geben, bei denen der Ausdruck
unheilig wohl recht treffend ist. Allein alle über einen Kamm scheren zu wollen ist
sicher nicht korrekt (auch unter den Gildenmagiern gibt es Gestalten, die man wohl
wirklich nur mehr als unheilig bezeichnen kann).
Zu den auf den "Festen" gewirkten Zaubern bleibt noch zu sagen, daß gerade der
von Euch, werter Ambrosius, erwähnte Zauber oft bei Treffen Gebrauch findet (- wohl sogar
weitaus häufiger als irgendwelche mächtigen, permanent wirkenden Flüche). Dieser Spruch
stellt eine effektive Methode zum Schutz der Gemeinschaft dar. So werden anwesende
Personen, die nicht der Gemeinschaft angehören, wie zum Beispiel Musikanten, dadurch (im
übrigen recht effektiv) daran gehindert, Einzelheiten wie Ort, Zeit, Namen der Anwesenden
und ähnliches zu verraten. Auch ist dieser Zauber wohl schwerer aufzuheben als so mancher
Fluch, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Flüche jedoch lassen sich in ihrer Wirkung -
als Tip für die restlichen Leser - außer von einem Geweihten der Zwölfgötter und einem
äußerst bewanderten Magus natürlich auch von einer bewanderten Maga und
außerdem oft auch von Druiden oder eben Hexen aufheben.
Mit kollegialen Grüßen,
Thundar Hurlemanoff
Absolvent der Academia Arcomagica
Scholaque Arcania Puniensis
- zur Zeit auf Reisen -
Post bitte an: elementarist@geocities.com von: Florian Kreuzinger Erschienen in Opus no. 12 am 5.4.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I - 2.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Commentariolus zum Leserbrief (zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I, 2).
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