Durische Postille

Arachnae-Bucht
11. Woche des 2. Jahres

Es war ein großer Sieg gegen die Blasshäute.

Jubelnd reckten die Geschuppten ihre Schnauzen in die Luft und ließen krächzende und knackende Laute von sich, während andere ihre Mäuler in den Gedärmen der Gefallenen vergruben und sich an ihnen labten, einem Festschmaus gleich den es so noch nie gegeben hatte.

Mit eisernem Blick schaute der Schamane, dessen Schnauzenspitze schon weiß geworden war vom Alter, über die Reihen der tapferen Echsenkrieger, bevor er sich an den großen und stämmigen Anführer wandte, der hinter ihm Aufstellung bezogen hatte.
Die bronzene Rüstung schimmerte blutrot in der Abendsonne, sein Rückenkamm war weit aufgestellt und mit den bunten Federn des Dschungels verziert.
Überall an seinem Leib klebte der dunkle Lebenssaft der Menschen und aus seiner Schnauze troff noch Blut.

"Du weißt, was uns den Sieg gebracht hat, Ichi-Paz" raunte der Schamane und drehte dabei eine kleine, ebenfalls bronzene Schüssel um. Einsam ronn ein kleiner dunkelgrüner Tropfen aus dem Gefäß und fiel zu Boden.

"Ich weiß, alter Hrech, ich weiß..." knurrte der Anführer, bevor er ein gewaltiges Brüllen vernehmen lies, seine Kiefer klafften weit auseinander und Spuckefetzen flogen durch die Luft.
Gleichsam stimmten die Krieger der A'pax Zuatl in den Schrei ein, und das Brüllen vertrug sich über die gesamte Insel.

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Unbemerkt von den feiernden Echsen bewegten sich leise einige Blätter im Gebüsch hinter Ichi-Paz und Hrech. Die junge Frau hatte genug gehört. Vorsichtig kroch sie außer Hörweite, dann schließlich erhob sie sich und eilte so schnell wie möglich durch die Mangroven Richtung Strand. Rasch schob sie das kleine Boot, ein Überbleibsel des Landungsunternehmens, ins Wasser, setzte ein winziges Segel und vertraute sich den schier unendlichen Weiten der Zyklopensee an.
Stumm blickte sie zurück zur Echseninsel. Zuatlan. Grabstätte so vieler tapferer Männer und Frauen, die ihr gefolgt waren. Dumpf brannte das Feuer der Niederlage in ihrem Herzen. Unwillkürlich fuhr sie mit der Hand an ihre linke Wange. Eine tiefe Narbe, die der Speer eines Echsenwesens hinterlassen hatte, eine persönliche Erinnerung an das Geschehene.

Sorgfältig bündelte Ceinwen Dhechayne ihre Wut und ihre Schmach und verwandelte sie in kalten Haß. Nicht einer dieser Menschenfresser würde ihrer Vergeltung entkommen!

Ilbeoria


Tunnelkampf
10. Woche des 2. Jahres

Nun schon seit Wochen schleppte ein Auswuchs des Weltenfressers seinen gigantischen, trägen Leib durch die Tunnel - nein Lebensadern - des Myzels. Der von irdenen Stacheln, Zacken, Platten und Lamellen überzogene Körper des Ungetüms passte gerade eben durch die von Wurzeln gestützten Gänge. Schließlich war er bis unter den Vulkan in der Vongolei vorgedrungen, die Heimat des Vongol-Myzels.

Doch dank der unerschrockenen und unmittelbaren Unterstützung durch Sashnadâr standen nun zwei Heere bereit um der Abscheulichkeit Einhalt zu gebieten.

In einer natürlichen Grotte, welche mehr als genug Platz für den bevorstehenden Kampf bot, hatten sich die Verteidiger aufgestellt. Auf der linken Flanke die Krieger aus Sashnadâr, allen voran der beeindruckende Wall der sashnidischen Panzerpikeniere. Und rechts eine Sturmhyphe des Myzels: hunderte von Sporen, darunter muskelbepackte Exemplare mit mächtigen gezahnten Schwertern oder riesenhaften Armbrüsten deren Sehnen aus Wurzeln und saftführenden Venen zu bestehen schienen, Varx (angsteinflößende Schreckenswölfe deren Sporenreiter fest mit ihnen verwachsen waren), und sogar ein in aller Eile zusammengebautes Katapult.

Diszipliniert hielten die Truppen stand, als der faulig stinkende Koloss sich auf sie zu wand. Salve um Salve hagelten die Geschoße der Vorx auf die granitharten Panzerplatten ein ... und prallten großteils wirkungslos ab. Und auch die zentnerschweren Steinkugeln des Katapults konnten am verwinkelten Leib keine wirkliche Angriffsfläche finden und glitten ohne viel Schaden anzurichten von der Kreatur ab ...

Da fassten sich die Panzerpikeniere ein Herz und setzten zum Sturmangriff an. Die im Fackelschein glitzernden Spitzen und Klingen ihrer Mordwerkzeuge setzten zu einem präzisen und konzentrierten Angriff an, der schließlich eine der Panzerplatten zum bersten brachte. Doch die selbstlose Tapferkeit wurde den Sashniden gar grauslich vergolten als der scheunentorgroße Schlund des Chetonwurms seine diamantharten, schwertgleichen Zahnreihen um sie schloss und die gesamte Einheit mit Haut und Haar verschlang ...

Nicht umsonst sollten die Pikeniere gefallen sein, denn ihre leichter bewaffneten Kameraden zusammen mit der Tausendaschaft an Sporen strömten wie Ameisen über das lebende Gebirge und nutzen jede noch so kleine Schwachstelle um ihre Waffen tief in das Fleisch ihres Feindes zu treiben.

Zugleich konzentrierten die hühnenhaften Armbrustschützen der Vorx ihr Feuer auf die klaffende Wunde welche die Pikeniere freigelegt hatten. Und so fuhren immer wieder unterarmdicke, lanzenartige Geschosse mit schmatzenden Geräuschen fast bis zum Anschlag in das Unding.

Stundenlang dauerte der Kampf an bevor sich die Kreatur schließlich zum letzten Male aufbäumte. Noch unter ihren unvorhersehbaren Todeszuckungen wurden mehr als zweihundert Sporen zwischen dem Wurm und der Tunnelwand zermalmt. Doch schlussendlich waren die vereinten Kräfte der Vorx und Sashnadârs siegreich. Fast ungläubig musterten die vollkommen erschöpften Kämpen ihren schrecklichen Opponenten bevor sie sich ihres Sieges bewusst wurden. Dann brach tosender Jubel unter den Menschen aus und schon bald schlossen sich die Vorx mit schrillem Geheul an.

Vorx-Myzel


Revolution in Orèberge
10. Woche des 2. Jahres

Durch einen Streik der 43 Braumeister von Orèberge, beschlossen am grossen Eichenrund, wurde König Thorram Eisenklaue in den vorzeitigen Ruhestand getrieben. Er selbst und alle anderen Zwerge konnten es nicht länger ertragen ohne den köstlichen Gerstenssaft zu leben. Nun gut die Braumeister dursteten nicht, aber welches Mittel blieben ihnen noch angesichst der Bedürfnisse des Volkes, die der König nicht länger erfüllen konnte. So gräbt Thorram nun seinen Altersstollen während das Reich neu Erblüht.
Der durch das ganze Zwergenvolk bestimmte und sich in der Königsprüfung bewährte Artin Humnaheim, er schaffte in der Axtprüfung den legendären dreifachen Odin bei fünf Zielen, ist nun neuer Hochkönig. Als erste Amtshandlung verkündete er einen drei Stufigen Sofortmaße Plan:

Punkt 1 Reichsumbennung:

Das Reich soll absofort unter dem Titel Edelsteinberge, ESB im Schriftverkehr,
bekannt sein.

Punkt 2 Heer:

Alle Auseinandersetzungen mit anderen Völkern sind einzustellen. Sollte ein
Angriff erfolgen, wird dieser zurückgeschlagen und Axthieb mit Axthieb
vergolten.
Ferner werden alle Mitglieder der Armee ins Reich zurück befohlen, zwecks
Hochköniglicher Inspektion.

Punkt 3 Diplomatie:

Wir bitten alle Nachbarn, Freunde, Bekannte, Handelspartner und
Saufkumpanen um eine Neuaufnahme der Diplomatischen Kontakte.
Handelsabkommen werden überprüft und bei Lohnenden Aussichten
fortgeführt.
Bündnisse zur Bekämpfung gemeinsamer Bedrohungen werden
nach der Hochköniglichen Inspektion der Armee wieder aufgenommen.
Erste Diplomatin des Reiches wird Elwyinde Bronstein.

Konig a.D. Thorram Eisenklaue

Hochkönig Artin Humnaheim 1106 Diamanta Thronsaal

Edelsteinberge


Patenschaftsurkunde an den hochachtbaren Herrn Nulfu Zurack
6. Woche des 2. Jahres

Der Rat der Förderer von Wald und Wiesen (FWW) ist hocherfreut im 6. Wochenlauf des 2. Jahres nach dem Erwachen vor aller Völker Augen kund zu tun, dass sich der

hochachtbare Herr Nulfu Zurack
Herr des Reiches der Nulfuiten

in besonderer Weise um den Schutz der Weltenseele verdient gemacht hat.

750 Rechtschritte ursprünglich kultivierten Elbenwaldes im Herrschaftsgebiet des Bundes der Alten Weisheit unterstützt der hochachtbare Herr Nulfu Zurack mit seiner großzügigen Spende.
Diese Gelder werden insbesondere zur Einrichtung einer gesondert ausgezeichneten und gesicherten Waldschutzzone genutzt. In diesen ursprünglich gehaltenen Wäldern sollen bedrohte Tier- und Pflanzenarten eine Heimat finden, ohne bedrängt zu sein durch Jagd und Kahlschlag. Allein den Waldhütern der Förderer von Wald und Wiesen (FWW) sei der Zutritt gestattet, um insbesondere die erneute Ansiedlung bedrohter Arten wie der großen Treiberspinne und des rotwangigen Wurzelmolches zu gewährleisten.

Angesichts der großzügigen Spende des hochachtbaren Herrn Nulfu Zurack besteht darüber hinaus die einzigartige Möglichkeit die letzten verbliebenen Handaufzuchten der Blauzapfenblüte in ihrem natürlichen Lebensraum anzusiedeln und so den Fortbestand dieser gefährdeten Blumenart zu sichern.
In Würdigung der eingegangenen Fördersumme soll diese Art in Zukunft den Namen „Nulfublüte“ tragen und als solche unter allen Völkern bekannt sein.

Zudem kann sich der hochachtbare Herr Nulfu Zurack rühmen, dass durch seinen Beitrag die Waldwächter am Baumhüters des Ostens auch weiterhin ihre Wacht über die betreffenden Wälder aufrechterhalten können. Somit bleibt der Friede hier gewahrt und der üble Atem des Cheton wird auch in Zukunft zurück gedrängt.


Gegeben und gezeichnet durch den Rat der Förderer von Wald und Wiesen (FFW) in dessen 503. Sitzung.

Aethoralyel Fen’Andor


Die Jahreswende
50. Woche des 1. Jahres

//Es war zur Jahreswende als sich folgende Ereignisse in den nulfischen Ländereien zutrugen:

Alle Bauern und Bürger der nulfuitschen Regionen wussten bereits, was sich den Diplomaten und Besuchern dieses Landstriches als besonderes Ereignis darstellte.

In Trodreon und Fahermad, der Metropole des Reiches, begannen die Festlichkeiten der Jahreswende. So wurde schon seit Monaten daran gearbeitet dieses Schauspiel als bisher größtes in Durien auszurichten.

Nulfu Zurack, der Erste der Nulfuiten, wollte sein Reich damit nicht nur erblühen lassen, sondern auch allen andern in Durien verkünden, dass man die Stärke eines Reiches auch durch friedliche Taten festigen kann.
Ein Drittel des kompletten Jahresvorrats, an Gütern die die Nulfuiten besaßen, wurde herangeschafft um den Bewohnern des Landes einen guten Jahresstart zu gewähren. So sollte jeder, egal ob fleißiger Bauer oder armer Bettler etwas davon haben.

Köche, Spielmänner, Turnierkämpfer und selbst auch magische Duellanten wurden in die zwei größten Haine der Nulfuiten angesammelt; auf dass diese Feierlichkeit nicht nur den Geschmack der Fey, sondern auch für alle Bewohner von Durien ein Geschehen von unglaublichem Werte darstellen sollte.

So trug es sich zu, dass nach stundenlanger Erfreulichkeit, in dem es an Speis und Trank nicht fehlte, Nulfu Zurack persönlich zu seiner Sala sprach. Er trat am Bergfried vor die Menge hin und jeder seines Volkes erkannte ihn schon allein dessen an dem prächtigen feuerroten Saumengewand, in dem sich die Siegel und das Wappen der Nulfuiten in herrlichsten Farbspiel zu erkennen gab:

„So freue ich mich über das zahlreiche Kommen. Wisset das ich für alle meine Freunde ein Geschenk bereitgestellt habe! So soll jeder von meiner Sala einen Sack voll Korn heute Nachhause tragen und ein Fass voll frischem Bergkristallwasser.

Lasst uns alle samt beten, auf dass sich dieses Jahr als freundlicher für unsere Sala herausstellt.
Mögen die sinnlosen Kriege ein Ende haben.
Dankt euren Nächsten für deren Beistand. Lasset auch sie eurer Großzügigkeit und eurer Hingabe für unsere Salasandra zuteil werden.
Meine Kinder: Gedenkt der Gefallen, die für unsere Sala ihr Leben hingaben.
Und vor allem: Freut euch über die Befreiung von der schrecklichen Tyrannei in unseren Gebieten.
So möge nicht nur hier sondern auch in allen Gebieten des schönen Durien immerwährender Frieden herrschen.

Ich danke jeden von euch für eure Stärke und euer Vertrauen. So werde ich uns ins ewige Licht führe und diese Welt von allen Schandtaten befreien.“

Nachdem der Herr selbst, Nulfu Zurack, gesprochen hatte, begann ein bisher ungesehenes Schauspiel. Feuerbälle zierten den Himmel. In verschiedensten Farben erstrahlte der Nachthimmel. Und das Volk selbst jubelte und schrie:

„Nulfu, Nulfu, Nulfu!
Führe uns ins Licht.“

Und so wurde die ganze Nacht hindurch Nulfu Zurack gepriesen und gefeiert, auf dass die Bürger selbst diesen Tag für immer in Erinnerung bewahrten.
Und am selbigen beziehungsweise am nächsten Tag gab es in jeder der nulfuitischen Provinzen die Ausgabe der Vorräte für jeden bekannten Bürger, also auch für jeden Diplomaten der sich dort befand.

Und diese Einmaligkeit sprach sich sogleich in aller Welt herum, so dass selbst die entferntesten Völker über die Güte und Großzügigkeit der Nulfuiten Bescheid wussten.

Nulfuiten