Correctura parata:
Responsio de errore filiae et filii satuariae
Gräußlich, ganz gräußlich. Niemals hätte ich mir träumen
lassen, mit meiner Artikelreihe eine derartige Reaktion hervorzurufen.
Schreibt da doch dieser unsägliche Mensch in seinem Artikel, ich hätte
durch meine Publicatio seinen Forschergeist geweckt. Ein Kompliment höchsten
Ranges, wie man meinen sollte, doch höre ich weiter, wie sich dieser
Forscherdrang bei besagtem Collegus ausgewirkt hat, so kann ich nur händeringend
auf die Knie fallen und die Göttin anflehen, dass sie es mir verzeihen möge,
durch meine Arbeit unbeabsichtigter Weise solch unsägliche Vorgänge in
Gang gesetzt zu haben.
Ad primo: Meine Meinung über die sogenannten Kinder Satuarias ist
durchaus nicht positiv. Es weckt schieres Unverständnis in mir, wie die Göttin
ihre astralen Gaben an diese Subjekte verschenken kann, denen es
offensichtlich in mehr als nur einem Punkt an der nötigen hesindegefälligen
Professionalität mangelt, um mit diesen Kräften verantwortungsbewusst
umgehen zu können. Doch wer bin ich, den Ratschluss der Göttin
durchschauen zu wollen? So nehme ich es denn als gegeben hin und kann nur
wiederholt darauf verweisen, dass die Art und Weise, wie die sogenannten
Kinder Satuarias ihre astralen Kräfte gebrauchen, ein erhebliches
Gefahrenpotential in sich birgt. Nicht die Art ihrer Magie, nicht die
Wirkung ihrer Zauber, nein vielmehr die Unbedachtheit, mit der sie ihre
Magie einsetzen, macht sie zu unberechenbaren und - den Göttern sei's
geklagt - oftmals gar sehr mächtigen Zeitgenossen, die nicht ihren Verstand
sondern ihre Laune darüber entscheiden lassen, wann sie wie ihre Kräfte
einzusetzen gedenken. Ich distanziere mich ganz entschieden von dieser
verwerflichen Form der Magieanwendung, doch niemals ginge ich soweit, den
besagten Individuen ihre Menschlichkeit abzusprechen oder sie gar als
unheilig oder götterlästerlich zu titulieren! Diesbezügliche Äußerungen,
zu denen besagter Collegus sich schändlicher Weise hat hinreißen lassen,
sind schlichtweg unhaltbar und grenzen an übelster Volksverhetzung! Denn um
das eine einmal vollkommen klarzustellen: In allen zivilisierten, zwölfgöttlichen
Landen ist der satuarische Glaube seit Rohals Zeiten ausdrücklich geduldet,
und kann niemand angeklagt oder anderweitig belangt werden, nur weil ihm die
Zugehörigkeit zur satuarischen Gemeinschaft nachgewiesen werden konnte!
Dies, werte Collegi et Collegae, ist ein Faktum! Die Verfolgung von nicht
gildenmagisch ausgebildeten Magiekundigen dürften wir seit der Zeit der
Priesterkaiser lange überwunden haben! Nein, wer heutzutage ein sogenanntes
Kind Satuarias unter Anklage zu stellen gedenkt, braucht einen triftigen
Grund, und die bloße Satuaria-Anhängerschaft reicht hierfür definitiv
keinesfalls aus!
Ad secundo: Die Manuskripte seiner Hochwürden Kunrad von Marmelund sind
mir durchaus bekannt. Ich las sie einst an einem stillen Orte und beschloss
nach kurzer Zeit, dass es das Beste sei, sie auch dort zu belassen.
Ad tertio: Bezüglich der destruktiven Prägung der satuarischen
Fluchmagie möchte ich erneut betonen, dass ich diese ebenfalls für
verwerflich halte und das gesetzliche Verbot ihrer Anwendung durchaus und
mit aller Leidenschaftlichkeit unterstütze, wie ich in meiner Artikelreihe
bereits zu Genüge zum Ausdruck gebracht haben dürfte.
Ad quarto: Die ebenfalls in diesem Artikel erwähnten, vom Autor als
Charakterstudien bezeichneten Untersuchungen an der fraglichen
Personengruppe lassen - wie eigentlich der Rest des Artikels auch - mehr als
nur zu wünschen übrig. Wer mit der satuarischen oder auch elfischen
Lebensweise und Philosophie auch nur in Ansätzen vertraut ist, wird wissen,
dass in diesen Kreisen sehr häufig eine Affinität zwischen dem Charakter
eines Individuums mit einer bestimmten Tierart betont wird, die unter
Verwendung der Bezeichnung 'Seelentier' des häufigeren Erwähnung in
durchaus angesehenen Publikationen findet. Allein, einer ganzen
Glaubensgemeinschaft ein einziges 'Seelentier' zuzuordnen, halte ich für in
keinster Weise wissenschaftlich oder auch nur empirisch vertretbar.
Ad quinto: Ich fühle mich nicht berufen, über die moralische
Vertretbarkeit geschlechtlicher Handlungen im Rahmen der internen
Festlichkeiten einer Gemeinschaft, der selbst ich nicht angehöre, zu
urteilen. Ich möchte jedoch daran erinnern, dass die Verehrung des Levthan
an sich durchaus als den Zwölfen gefällig angesehen werden muss, gibt es
doch in so manchem Tempel der Rahja, nicht zuletzt in der Kaiserstadt Gareth
selbst, einen eigenen Schrein oder Altar dieses Halbgottes und steht doch in
Fasar gar ein ganzer ihm geweihter Tempel. Sicher, es mag schwer fallen,
sich mit dieser Glaubensausrichtung zu identifizieren, doch kann ich
prinzipiell nichts Verwerfliches daran erkennen, dem Sohn Rahjas Verehrung
zuteil werden zu lassen.
Ad sexto: Die Berufung auf Satuaria als Begründerin ihrer
Glaubensgemeinschaft ist unter den als Hexen bekannten Zauberkundigen in der
Tat weit verbreitet, wenngleich wohl nur die wenigsten meinen, ihre
Blutlinie auf die Tochter Sumus selbst zurückführen zu können. Doch mit
einer ganz ähnliche Behauptung, den Mannwidder selbst betreffend, wurde ich
während meiner Forschungen in der Tat mehrmals konfrontiert, existieren
doch offenbar einige, von ihresgleichen beinahe schon als 'Auserwählte'
betrachtete Vertreter dieser Gemeinschaft, denen in der Tat zuweilen
nachgesagt wird, dass Levthan selbst ihr Vater sei, der sich denselben
Quellen nach gelegentlich auf den bereits erwähnten Festen zeige, um sich
mit den anwesenden sogenannten Kindern Satuarias geschlechtlich zu
vereinigen. Keine dieser Aussagen konnte bisher jedoch verbindlich
verifiziert werden. Die Gleichsetzung von Satuaria mit Hesinde halte ich
persönlich zwar für sehr weit hergeholt, doch mag diese Betrachtungsweise
durchaus ihre Vorteile haben, treibt ein solcher Glaube die betroffenen
sogenannten Kinder Satuarias doch nicht selten in einen Tempel der Göttin,
und das ist mehr als man von den meisten Vertretern dieser Gemeinschaft
erwarten kann. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, dass diejenigen
unter den sogenannten Kindern Satuarias, die sich diese Überzeugung zu
eigen gemacht haben, durch diesen offensichtlichen Irrglauben vielleicht als
einzige noch nicht ganz für die Göttin verloren sind.
Ad septimo: Die unaussprechlich dilettantische Vermischung von
Halbwahrheiten über Hexerei und Schamanismus im letzten Teil des Artikels,
auf den Bezug zu nehmen ich mich genötigt sehe, bildet jedoch den unrühmlichen
Höhepunkt der Zumutungen, die der Autor der Fachwelt als wissenschaftliche
Studien aufzuschwatzen sucht. All diese Ausführungen sind einfach nur
Unsinn. Man weiß gar nicht, wo man ansetzen soll, um diesen verwirrenden
Knoten aus Un- und Halbwahrheiten zu lösen, der einem hier auf so
unverfrorene Art und Weise vorgesetzt wird. Die sogenannten Kinder Satuarias
sind sehr wohl von Natur aus magiebegabt. Oder anders ausgedrückt: Jeder
von Geburt an Magiebegabte wäre potentiell in der Lage, zu einem
vollwertigen Mitglied der satuarischen Gemeinschaft heranzuwachsen. Eben
darum ist es so wichtig, dass die Gilden alles in ihrer Macht stehende tun,
um die Begabung möglichst früh und bei allen Kindern zu entdecken und zu fördern,
um sie davor zu bewahren, durch Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft auf
einen der Göttin weit weniger gefälligen Weg geführt zu werden! Auch ist
die Betrachtung der Göttin Satuaria als Götze durchaus problematisch, denn
wie bereits erwähnt ist dieser Glaube so gut wie überall offiziell
geduldet. Die indirekte Gleichsetzung Satuarias mit dem Gott ohne Namen, zu
welcher der Autor sich hat hinreißen lassen, ist lächerlich und zeugt von
der unzureichenden Gründlichkeit, mit denen die diesem Artikel angeblich
zugrunde liegenden Nachforschungen betrieben wurden.
Wenn dieser unsägliche Artikel eines erreicht hat, dann ist es, mir die
Augen zu öffnen. Viel zu lange habe ich aus persönlichen Gründen die
Fortsetzung meiner Beitragsreihe in dieser ehrenwerten Postille vor mir her
geschoben. Viel zu groß ist das Unwissen, das selbst in gelehrten Kreisen
noch über die sogenannten Kinder Satuarias existiert. Daher sehe ich mich
berufen, möglichst bald mit der Veröffentlichung meiner
Forschungsergebnisse fortzufahren, um meinen Teil zur Verbreitung der wahren
Erkenntnisse über diese Gemeinschaft von Zauberkundigen beizutragen.
Rukus Ambrosius, Magus von: Frank Brosow Erschienen in Opus no. 36 am 3.10.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu Responsum et correctura: Responsio de errore filiae et filii satuariae.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Ad tractatii de filiae et filii Satuariae.
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