Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

19. Travia im 54. Götterlauf nach Hal

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Inhalt dieser Opus-Compilation:

  1. Der Weingeist - 1. Teil
  2. Der Weingeist - 2. Teil
  3. Der Weingeist - 3. Teil
  4. Der Weingeist - 4. Teil

Der Weingeist
Erster Teil der Geschichte

Erlwulf war mehr als verwirrt. So etwas hatte er ja noch nie erlebt. Wild blätterte er in einem alten dicken Buch, Seite für Seite wälzte er, las mal hier einen Abschnitt, mal dort, aber die richtige Erkenntnis wollte ihm noch nicht kommen. Er hatte doch bei seinen letzten alchimistischen Experimenten keinen Fehler gemacht, dessen war er sich absolut sicher. Aber, was zum Boron war das nun, was ihm da widerfahren war? Entnervt legte er das Buch weg, suchte im Regal ein anderes, das er natürlich wieder nicht fand. Ob dieser Ulmion nicht neulich? Aber nein, er hatte dem kleinen Kerl schon einmal nachdrücklich gesagt, dass er es nicht gerne sah, wenn dieser in seinen Unterlagen, Büchern, Schriftrollen und Aufzeichnungen wühlte. Sicherlich, er hatte nichts dagegen, dass Ulmion ihm manchmal seltsame Fragen stellte und auch mal in einem seiner Pflanzenkundebücher blätterte, aber bitte nur in Erlwulfs Beisein, das war sicherer.
Da! Genau, hier lag es ja. Er hatte es scheinbar neulich unter die Rezeptsammlung für Dschungelfruchttorten gelegt. Erleichtert zog er ein dünnes, quadratisches Büchlein hervor, das recht abgegriffen aussah. Dieses nützliche Werk hatte er vor einem Götterlauf in Brabak von der dortigen Universität erworben. Schnell suchte er nun in diesem umfangreichen Wissenswerk, gab aber schon bald brummelnd auf. Es half alles nichts, er musste Francesca, Khirva, und natürlich Chany Bescheid geben, nicht dass noch ein Unglück im Turm geschah.

Kurze Zeit darauf war allerhand Leben im Turm zu erkennen. Nachdem der Magus die drei wichtigsten Personen wohl kontaktiert hatte, befand er sich zunächst allein im Vorraum des Turmkellers, abwartend, ob sich diese Geräusche im Weinkeller wiederholen würden. Gleichzeitig eilte nun Francesca mehr als besorgt die Treppen hinunter, sich noch eben mit ihrem guten Schwert bewaffnend, das im Arbeitszimmer lag.

Khirva blickte dem davonhastenden Erlwulf kopfschüttelnd nach, stand dann aber rasch auf. "Kommst du, Liebste? Nicht dass er mit seinem Residenzbrand noch den Turm in die Luft sprengt. Dein Hofmagus, Chany, dein Hofmagus!" fügte sie mit gespielter Strenge hinzu und flüchtete dann rasch durch die Tür, bevor ihre Geliebte eines der zahlreichen Kissen als Wurfgeschosse missbrauchen konnte. Doch die seufzte nur, barg ihr Gesicht in den Händen und schüttelte verzweifelt den Kopf. Erneut seufzte sie, erhob sich und stand auf. 
Ihr Blick fiel auf einen Besen, der an die Wand gelehnt stand, und ein Lächeln huschte über ihre Lippen. energisch nahm sie das Gerät, ließ die glatte Stange ein paarmal in die Handfläche klatschen. "Wehe Dir, Erlwulf....", murmelte sie. Ein teuflisches Lächeln im Gesicht folgte sie der kleinen Boroni...

Während Khirva über den Hof zum Turm eilte, huschte plötzlich ein wenig göttergefälliger Gedanke durch ihren Geist. 'Vielleicht hat der gute Erlwulf versehentlich Ránebet Dhana im Keller eingesperrt? Das könnte in der Tat gefährlich werden. Aber vielleicht mag sie ja Residenzbrannt.' Schmunzelnd betrat die kleine Geweihte den Turm und stieg vorsichtig die Treppe hinab, gleich darauf eilten ihr Chanya und auch Francesca hinterher. Hier im Keller erwartete sie schon Erlwulf, der recht nervös wirkte. Stumm deutete er zur Tür des Weinkellers. "Hört euch das mal bitte an." Aus dem Raum hinter der hölzernen Türe war nun ein Rumoren, Klopfen, und auch Kichern zu hören.

Erlwulf blickte die drei an. "Ich kann da nix dafür, wirklich! Vorhin habe ich das zum ersten Mal bemerkt, glaubt mir doch!" Da er gewissen Unglauben und Unverständnis in ihren Gesichtern erkennen konnte, suchte er sein Heil im Redeschwall, bevor noch schlimmeres geschehen würde. "Also, ich war im Labor und hatte gerade eine Heilsalbe fertig, Franzi, du weißt schon, von den Kräutern, die du neulich so viel gefunden hast, ja und da war da so ein Klopfen. Zunächst hab ich ja erst an Ulmion gedacht, doch der ist ja im Moment gar nicht hier, der ist doch wieder auf Reisen. Na, ich dachte mir nix dabei, hab noch die getrockneten Teekräuter zerbröselt, da war es schon wieder, dieses Gepolter. Was ist, gehen wir jetzt mal vorsichtig rein?" Erlwulf deutete zur Tür des Weinkellers, hinter der es wieder ruhig war.
"Aber gerne, Erlwulf", meinte Chany. "Das kommt sicherlich alles nur von deiner blöden Zauberei. Du wirst halt versehentlich einen Poltergeist beschworen haben. Aber gut, Du bist der Zauberer. Öffne die Tür und geh hinein. Wir werden Dir helfen, wenn es nötig ist." Mit diesen Worten stelle sie den Besen sorgsam an die Wand und zog ihren Säbel.
Khirva konnte sich in dem Moment auch eine Bemerkung nicht verkneifen. "Poltergeist? Nun, zum Glück habt Ihr die Priesterin Eures Vertrauens dabei. Da bleibt kein Geist ruhelos." Khirva unterdrückte ein Kichern. "Tut mir leid. Sag mal Chany, was war in dem Tee?" Die kleine Priesterin bemühte sich tapfer Haltung zu bewahren, atmete einige Male tief durch und griff zu ihrem Dolch. "So. Ich bin bereit."

"Klasse Erlwulf", grummelte nun Francesca vor sich hin. "Als ich Dir vorschlug, wir könnten uns das Labor teilen, hatte ich nicht damit gerechnet, dass Du weitere Gäste einlädst." Mit dem Schwert in der Hand positionierte sie sich dann neben der Türe und nickte Erlwulf auffordernd zu. 
Erlwulf atmete noch einmal tief durch, zog seinen Dolch und öffnete die Türe, die nicht verschlossen war.
Im Weinkeller war es natürlich dunkel, was die Sache nun nicht gerade erleichterte. Still war es, kein Geräusch war zu hören... Leise vor sich hin murmelnd und mit einer wedelnden Handbewegung sorgte der Magus sogleich für Licht. Ein geglückter FLIM FLAM erhellte den Raum ein wenig. "So, sehen wir uns mal vorsichtig um, ich glaube, was auch immer es ist, hier ist es noch." 
So schweiften nun die Blicke der mutigen Damen und auch des Herrn durch den Raum. Erlwulf war es wieder, der diese kurze Stille unterbrach. "Ja, also die Weinvorräte sind scheinbar nicht angetastet worden, seht mal, da sind ja noch ein paar Flaschen von dem guten Adratiello Goldkelch, und daneben ein paar dieses Praioströpfchens. Franzi hat schon einen erlesenen Geschmack." Auch die anderen wenigen Flaschen und Krüge schienen unberührt. Mit einem Schmunzeln meinte er noch: "Den Engasalwein, hast du den eigentlich auch noch?" Doch... Da war es wieder, für alle deutlich hörbar, und nun auch ersichtlich!
Ein leises Gluckern, danach ein dumpfes Poltern, das Geräusch einer schwappenden Flüssigkeit, ein Gurgeln, Glucksen, und das alles kam aus der Richtung eines der zwei größeren Fässer, die da hinten in der Raumecke an der Wand standen.
Entschlossen drängte Chanya sich vor. "He, Du da! Wer immer da ist, zeige Dich, sonst werde ich ungemütlich! Das ist kein Scherz, auch wenn der Zauberer Dich versehentlich herbeigeholt hat. Er wird sich entschuldigen, aber dann verschwindest Du!" Entschlossen schritt sie mit erhobener Waffe auf die Fässer zu...

Khirva blickte Erlwulf zweifelnd an: "Also schön, du hast da offensichtlich einen Weingeist beschworen, aber warum gibst du es nicht einfach zu? Nun, schauen wir uns diese Sache einmal näher an." Mit diesen Worten trat sie entschlossen auf das glucksende Fass zu. "Hat jemand eine Zange dabei, um diese Nägel zu lösen?"

Francesca stand nun auch bereit, jeden hier hausenden Eindringling dingfest zu machen, und überlegte sich ebenso eine passende Möglichkeit, Magie zu wirken.

Nun, es sollte alles ganz anders kommen...

Erlwulf stand nun ebenso vor dem glucksenden, leicht wackelnden Fass, aus dem nun ein mächtiger Rülpser zu hören war, und wurde boronsbleich im Gesicht. "Nein! Das darf doch nicht wahr sein! Der gute Residenzbrannt, da sind doch über fünfzig Schank drinnen!" Wild entschlossen drückte er Khirva zur Seite, machte sich an dem oberen Korkverschluss zu schaffen. "Du elender Geist! Warte, du wirst was erleben, dich schicke ich Boron weiß wohin..." Erlwulf schäumte vor Wut, was man bei ihm noch nie so erlebt hatte. "Da arbeitet man stunden- und tagelang an dem guten Brannt, und nun nistet sich sowas da ein. Mit mir nicht, das sage ich dir, mit mir nicht..."
Mit einem dumpfen Laut hatte er nun den großen Korken entfernt, nicht mehr darauf achtend, was seine Freunde hinter ihm taten oder sagten. Erlwulf sprang geschwind vom Fass, deutete mit einer geübten Geste darauf...
Blitzschnell schoss eine blaue Wolke aus dem nun offenen Fass, stürzte sich auf den Magus, der gerade einen Spruch zum Besten gab, und hüllte ihn vollständig ein. "Mischtding, eelendees..." Das war alles, was er noch sagte. 
Nach nur einem Augenblick sank Erlwulf zu Boden, und die nun kleiner gewordene blaue Wolke hickste und schlingerte unkontrollierbar durch den Weinkeller, klatsche mehrmals gegen die Wände, an denen sie jedesmal einen feuchten Abdruck hinterließ, und wurde dadurch nochmals um einiges kleiner und durchscheinender. Nach einigen missglückten Flugversuchen gelangte das nun eher an ein kleines Wölkchen erinnernde Gebilde zum Ausgang des Kellers. Den anderen drei tapferen Streiterinnen gelang es gerade noch, dieser Erscheinung mehrmals bei dem Hin-und-her-Getorkele dabei auszuweichen.

Kurz danach...

Dieses blassblaue kleine Etwas hatte definitiv den Turm verlassen und war im nahen Dschungel verschwunden, ohne weitere Bürger des Städtchens zu behelligen. Erlwulf? Ja, der lag nun mit einem heftigen Rausch in seinem Bett und stank nur so nach dem Residenzbrannt.

Fortsetzung folgt...

Erschienen in Opus no. 62 am 9.4.2000.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Der Weingeist - 2. Teil.


Der Weingeist
Zweiter Teil der Geschichte

1. Teil:
Der Hofmagus Erlwulf, seine halbelfische Kollegin Francesca, Khirva, die kleinwüchsige Boroni, und auch Chany, die Hausherrin, machen sich auf den Weg in den Keller, genauer gesagt in den Weinkeller, nachdem sie unheilvoller Geräusche gewahr wurden. Als die vier den Ort des Grauens genauer untersuchen, müssen sie feststellen, dass es sich bei dem Verursacher der Geräusche um einen irrtümlich beschworenen Weingeist handelt, der - nicht ohne zuerst für einige Verwirrung gesorgt zu haben - schließlich ins Freie gelangt.

Francesca zog ungeduldig Kreise in Erlwulfs Gemach. Schon seit über einer Sanduhr lag er nun schnarchend auf seinem Bett und schlief seinen Rausch aus. Immer wieder war die Nesetet an den Magus herangetreten und hatte versucht ihn zu wecken. Doch Rütteln und Zerren schien nichts zu bringen. 
"Jetzt reicht's mir", murmelte die Halbelfe und verschwand energischen Schrittes aus dem Gästehaus, in dem sich Erlwulfs Wohnräume befanden. Wenig später kam sie mit einem vollen Holzeimer zurück.
Das Wasser schwappte bei jedem Schritt über den Rand und hinterließ eine feuchte Spur auf den Bodenbrettern. Mit einem an die Hekátet gerichteten "Pass mal auf, wie schnell der wieder wach wird!" durchquerte sie mit großen Schritten das Schlafgemach und kippte dem betrunkenen Magus schwungvoll das frische, kalte Brunnenwasser ins Gesicht. 
Erlwulf schnappte nach Luft und schüttelte sich wie ein Hund. Mit beiden Händen wischte er sich das Wasser aus dem Gesicht, und man konnte ihm ansehen, dass er keine Ahnung hatte, wer er war oder was gerade geschehen war, doch als er wieder halbwegs bei Verstand war, blickte er in das strenge Gesicht Chanyas. "Erlwulf? Ich will eine Erklärung! Von alleine materialisiert sich kein Geist. Also? Ich überlege ernsthaft, ob ich Dir nicht das Zaubern ganz untersagen soll..."
Erlwulf stöhnte auf. Dieses Gehämmer in seinem Kopf... "Also, ich denke", und dabei blickte er schon wieder recht grummelnd um sich, "dass es daran liegt, dass der gute Residenzbrannt gleich neben dem Labor gelagert wird. Im Labor selbst werden ja magische Energien freigesetzt, und das sicherlich schon seit vielen Götterläufen, und dadurch werden solche Weingeister nach einer gewissen Zeit richtig angezogen, wie die Maus vom Speck. Soll ich noch ein wenig weiter fortfahren? Gut, also: Bei der Anwendung der magischen Kraft bleibt immer für eine gewisse Zeitspanne ein gewisser Rest an dem Ort zurück, wo sie gewirkt wurde, und Djáset sowie seine Umgebung war ja in den letzten Götterläufen - du erinnerst dich an Ujak? - Schauplatz dämonischer Manifestationen. Da mag es schon möglich sein, dass auch Geister im Dschungel zurückblieben. Ich kann dir dazu gern mal ein Fachbuch zum Durchlesen geben, das sogar in Garethi geschrieben ist." Erlwulf versuchte dabei ein freundliches Gesicht zu machen, was im aber bei dem leichten Grünstich nicht so leicht abgenommen wurde. "Du Chany, tust du mir einen Gefallen? Lass mich jetzt hier liegen und schlafen. Kein Lärm, keine militärischen Übungen vor dem Fenster, keine Musik... Nur schlafen, schlafen, schlafen..."
Francesca konnte sich nicht mehr zurückhalten: "Das fällt Dir jetzt auch schon ein, wie? Vielleicht hättest Du Dir da eher Gedanken drüber machen sollen! Ich fasse es nicht... und alles nur wegen dieses bescheuerten Fusels. Weißt Du was? Du kannst Dein Gesöff woanders brauen, aber nicht mehr hier. Und mit hier meine ich nicht nur das Labor, den Turm oder die Insel, mein Freund! Jetzt guck bloß zu, dass Du auf die Beine kommst und Deinen Kram aus dem Labor räumst!" Die Halbelfe schäumte vor Wut. 
"Gemach, gemach, Franzi...", meinte Chany und legte ihrer Freundin die Hand auf die Schulter. "Jetzt brauchen wir zunächst mal einen Eimer kaltes Wasser. Alrik!"
Wie üblich bemerkte niemand das Hereintreten des Dieners, der nach dem üblichen "Sehr wohl?" umgehend einen Eimer kalten Wassers besorgte und ihn Chany in die Hand drückte, ehe er wieder verschwand. Mit einem Grinsen drückte sie diesen Francesca in die Hand. "Das darfst Du machen, Franzi, das hilft Dir, Dich zu beruhigen." 
"Danke, mit Vergnügen!" erwiderte Francesca und nahm Chany den Eimer aus der Hand. Erneut ergoss sich ein Schwall Wasser über den schon völlig durchnässten Magus. Langsam bildeten sich Pfützen unter der Bettstatt, und kleine Bächlein zogen ihre Bahnen durch das Zimmer. 
Nachdem Erlwulf dann also auf eine eher unangenehme, kalte und nasse Weise wieder zu den Lebenden zurückgerufen wurde, herrschte Chany ihn an: "Also, Du sagst, wenn Du zauberst, bleibt 'Restenergie', hm? Und diese formiert sich dann zu Geistern oder zieht diese an, richtig? Dann ist das Problem doch ganz, ganz einfach zu lösen: Ich verfüge für Táyarret ein Zauberverbot, bis sich diese Ujak-Nachwirkungen gelegt haben. Es ist ja schauderhaft mir vorzustellen, wenn Deine Lichtzauber irgendwann einen Dämon herbeizitieren! Und wer hat dann wieder den Ärger mit dem Vieh? Ich! Dauernd muss ich mich mit solchen Tentakelbestien schlagen. Das macht absolut keinen Spaß! Gar nicht auszudenken, wenn die Inquisitionszicke das mitbekommt! Möchtest Du dieser Hexe den Vorfall erklären, Erlwulf?"
Khirva seufzte: "Wenn mich mal jemand von Euch zu Wort kommen lassen könnte... Liebe Güte, hier geht es gerade um Wichtiges. Könntest du mir bitte einen einzigen plausiblen Grund nennen, warum ich Ranebet Dhana nicht informieren sollte. Es geht hier um eine Geistererscheinung, Erlwulf. Das ist kein Spaß. Da redest du vollkommen freiherzig über Restenergie und dämonische Manifestationen. Ist dir überhaupt klar, was das bedeutet? Ja? Hast du denn nicht den Funken von Verantwortungsgefühl in deinem Leibe? Wenn du all das wusstest, wie konntest du dann an dieser Stelle noch immer magische Experimente durchführen?" Die sonst so gelassene Priesterin gestikulierte aufgeregt mit ihren schlanken Händen, und in ihrem Gesicht war echte Besorgnis zu lesen. "Ich hatte bisher immer gedacht, dieser Residenzbrannt sei auf rein alchimistische Weise hergestellt - jetzt erfahre ich, dass du in der Tat dafür arkane Kräfte benötigst. Ich fasse es einfach nicht. Gut, ich werde jetzt einige Augenblicke hier verweilen und mich beruhigen - danach werde ich die Ránebet verständigen müssen..."
Chanya war bleich geworden. Sie legte den Arm auf Khirvas Schulter. "Moment, Moment, Liebste. Das würde ich mir gut überlegen! Im Moment ist ja nichts weiter passiert! Aber wenn diese Inquisitorin hier aufläuft, werden Dinge passieren! Dinge, die sich auf das ganze Reich auswirken können! Khirva, ich bitte Dich inständig, überlege Dir das gut! Manchmal muss man das Protokoll nicht einhalten, besonders dann nicht, wenn dadurch mehr kaputtgeht als gekittet werden kann! Erlwulf und Franzi werden hier in der Umgebung das Zaubern lassen, ich werde ein Magieverbot verhängen, und dann kann ja nichts mehr passieren! Ich bitte Dich inständig, Liebste, tu nichts, was wir alle bereuen würden!"
Francesca hatte sich während des Wortwechsels einen Stuhl herangezogen, sich rittlings darauf gesetzt und das Kinn auf die Hände gestützt. Nachdenklich folgte ihr Blick den Wasserläufen, die unter des Magus Bett hervorkrochen. Als die Hekátet ihre eindringliche Rede beendet hatte, blickte sie zu Khirva: "Ich denke Chany hat Recht. Wenn die Inquisitorin hier erst mal einläuft und zu ermitteln beginnt, dann wird sie keinen Stein auf dem anderen lassen. Ich will damit keinesfalls sagen, dass ich billige, was Erlwulf hier veranstaltet hat. Aber... wie soll ich mich ausdrücken. Hm, lass es mich so formulieren: Wir haben die Sache noch rechtzeitig in den Griff bekommen, es ist kein Schaden entstanden, niemand hatte darunter zu leiden, und wir haben alle Möglichkeiten zu verhindern, dass ähnliches erneut geschieht." Dann wanderte Ihr Blick zu dem noch reichlich bedüdelten Magus, der triefend auf dem Bettrand saß. Wesentlich unfreundlicher fuhr sie ihn an: "Vielleicht magst Du Dich auch endlich äußern, Erlwulf? Schließlich hast Du uns den Schlamassel eingebrockt?"
Khirva blickte Francesca und Chanya ernst an. "Schön, Ihr sagt, es sei kein weiterer Schaden entstanden, aber das wisst Ihr nicht. Wisst Ihr, was dieser Geist gerade tut? Möglicherweise hat ihn ja auch eine der Djáseter gesehen und ist gerade auf dem Wege zur Ránebet? Versteht doch bitte, dass ich nicht einfach nur Khirva sondern vor allem Ordensschwester bin. Ich möchte kein zweites Khefu."
Chanya schaute besorgt. "Darum geht es nicht! Du weißt selbst, was für eine Person diese Inquisitorin ist. Du weißt auch, was sich aus dieser Sache entwickeln kann, wenn Du sie einschaltest. Mit Vielleichts kommen wir nicht weiter. Und wenn Du die Ránebet holst, wird es eine Katastrophe geben, das weißt Du auch, Liebste. Ja, vielleicht wurde das Wesen gesehen, vielleicht aber auch nicht. Und wenn nicht, dann wird niemand jemals etwas davon erfahren. Ich war noch nie bereit, Befehle und Protokolle kritiklos hinzunehmen. Wenn wir nun hier das tun, was wir tun müssen, ist die nächste Auseinandersetzung unvermeidlich. Für mich ist der Preis eines Regelverstoßes auf alle Fälle angemessen, wenn wir damit den brüchigen Frieden des Reiches erhalten können. Ich habe es satt, mir von diesen dämlichen Kirchen-Fundamentalisten auf der Nase herumtanzen zu lassen! Frau muss nicht so sein wie diese Dhana, es kann doch auch Menschen geben und nicht nur verrückte Blutsäuferinnen! Ich werde morgen gleich einen Brief an die Eminenz schreiben, in dem ich die Abberufung dieses Geschöpfes bitten werde. Ihre Anwesenheit hier in Djáset bedeutet eine ständig wachsende Kriegsgefahr! Die Eminenz soll jemand anderes schicken, eine Person, die persönliche Animositäten nicht in ihre Arbeit einfließen lässt."
Khirva schaute Chanya entsetzt an: "Bitte, jetzt fang du nicht auch schon wieder an. Gerade jetzt, wo sich die Wogen einigermaßen geglättet haben. Sicher, die Ránebet ist schwierig, aber bisher ist nichts vorgefallen, was ihre Abberufung rechtfertigen würde. Bleib doch bitte sachlich. Schließlich waren es nur Vermutungen. Lass dich doch nicht davon verleiten, aufgrund von reinen Mutmaßungen Maßnahmen zu ergreifen, die wieder nur zu neuen Feindseligkeiten führen. Und ich will offen sein: Du sagst, Ránebet Dhana ließe persönliche Animositäten in ihre Arbeit einfließen. Nun, davon habe ich bisher noch nichts verspürt - sie ist zu allen gleich eklig. Bei dir hingegen verspüre ich diese Unterscheidung sehr, sehr deutlich."

Erlwulf setzte nun zum Sprechen an. " Langsam, bitte langsam. Gebt mir doch bitte mal das Buch dort." Erlwulf zeigte auf ein abgenütztes Büchlein, das auf einem Lesepult lag. Nachdem Chany ihm das Buch gereicht hatte, blätterte der immer noch recht nasse Magus darin und schlug eine der Seiten in der Mitte auf. "So, dieses Werk hier ist eine Abschrift eines Rohalschen Buches, also durchaus wertvoll und mit Sicherheit von großer Richtigkeit, was den Inhalt betrifft. Es ist eine recht allgemein gehaltene Übersetzung, also ohne Schnörkel, Redewendungen und anderem Beiwerk. Das Buch habe ich vorhin auch zur Hilfe genommen, weil ich mich, und das gebe ich gerne zu, mit Weingeistern nicht auskenne. So, wo haben wir es denn..." Erlwulf suchte nun schnell ein bestimmtes Kapitel. "Ja, hier steht es. Vom Weingeiste, seiner Form, seinem Verhalten, den Gefahren, die von ihm ausgehen." Erlwulf blickte kurz in die lauschende Runde.
"Vom Weingeiste: Der Weingeist ist eine recht seltene Form einer Erscheinung. Anders als die meisten Geister handelt es sich bei ihm nicht um eine gefangene Seele, sondern um eine geistartige Materialisierung, hervorgerufen von gebundener oder freier magischer Restenergie in einem geringen Umfeld in Verbindung größerer alkoholischer Präsenz. So, was sagt uns das? Genau! Ich braue bisweilen im Labor Tränke, mit Unterstützung der Magie. So lassen sich Heiltränke, ein Krafttrunk und andere nützliche Dinge eben mal nur herstellen. Gleich neben dem Laborraum ist Francescas gut gefüllter Weinkeller, in dem auch der gute Residenzbrannt lagert. Chany wird sich gerne daran erinnern, dass ich erst vorgestern die Herstellung von 30 Schank beendet habe, die sie für ihre militärischen Zwecke noch benötigt. Der Residenzbrannt wird übrigens ohne Magie hergestellt, ich habe nie gesagt, dass ich den verzaubern muss."
Dabei blickte Erlwulf nun wirklich mit einem ehrlichen Blick zu Khirva, die ihm aufmerksam gelauscht hatte. "Gebundene magische Energie oder Kraft gibt es zum Beispiel in meinen magischen Tränken, aber auch Salben, wie ich ja schon sagte. Restenergie ist so etwas wie die Fahne bei einem Zecher, die man noch nach ein - zwei Stunden riechen kann. Damals in Tuzak, wo ich meine Ausbildung zum Magus erhielt, hat man festgestellt, dass Restenergie je nach Größe oder Mächtigkeit des oder der angewandten Zauber zurückbleiben kann. Das mag für nur wenige Augenblicke, Stunden oder sogar Tage sein. So, und nun mal ganz ehrlich: Ihr wisst doch ganz genau, dass ich hier im Labor oder in Djáset keine Beschwörungen, Beherrschungszauber oder ähnliche anstrengende Zauber wirke, oder jemals nur vom Gedanken her anwenden werde. Es gibt einige Zauber, die ich ablehne und niemals lernen werde. Darüber brauchen wir nicht weiter zu reden, denke ich?"
Erlwulfs Kopf war nun fast wieder frei von dem Druck, und nun wirkte er auch wieder sehr wach. "So ein Weingeist bildet sich also aus etwas magischer Restenergie und hat eigentlich nur eines vor, Alkohol zu sich nehmen. Und das so viel wie nur möglich. Da kommt ihm der Residezbrannt natürlich wie gerufen, und schwupps, ist er schon im Fass und fängt zu saufen an. Dadurch wird er größer und größer, bis er das Behältnis ganz ausfüllt. Nun quetscht er sich wieder raus und schwebt von dannen. Wird er dabei nicht gestört, mag er natürlich für reichlich Unruhe, Wirbel, Schrecken, und Betrunkene sorgen, bis er sich wieder auflöst. Wie das gehen soll? Erkläre ich euch gerne. Einen Moment bitte..." Erlwulf blätterte wieder ein - zwei Seiten weiter. "Hm... Ja, hier steht es schon. Ein Weingeist besteht nach der Aufnahme von Alkohol jeglicher Art praktisch nur aus diesem. Berührt ein Lebewesen, egal ob Mensch, Tier oder Drache diesen nun, setzt der Geist den Alkohol schlagartig und konzentriert frei. Je nach Berührungsdauer führt das zum leichten Schwips, Rausch, Vollrausch oder bis zur Alkoholvergiftung. Wurde dem Weingeiste seine berauschende Kraft genommen, schrumpft dieser wieder und stellt schon nach kurzer Zeit keine Gefahr mehr dar. Zumeist genügt es, diesen vom Alkohole fern zu halten, und schon löst er sich auf wie die Seifenblase in der Luft."
Erlwulf blickte sich noch einmal recht sorgenvoll um. "Gut, ich habe nur einen Teil über den Weingeist selbst gewusst, aber ich versichere euch, was ich hier vorgelesen habe, stimmt wirklich. Wo verschwand der Geist, oder besser das, was von ihm übrig war? Im Dschungel. Schön, also hat er sich nun längst aufgelöst, da er dort keinen Alkohol finden wird." Nun wendete er sich Francesca zu. "Soll ich nun wirklich das Labor räumen?"

Francesca schaute den Magus zweifelnd an. "Na, Du hast Probleme. Das mit dem Labor ist ja nun wirklich sekundär, abgesehen davon, dass diese Geistererscheinung ja tatsächlich im Zusammenhang steht mit den Auswirkungen arkanen Wirkens. Und eines ist klar. Der Weinkeller bleibt, wo er ist. Weißt Du, Deine Erklärung mag vielleicht uns, hm... sagen wir mal ausreichen, aber ich denke nicht, dass die Inquisition sich so locker abspeisen lässt. Also sollten wir uns einig werden, was wir nun tun." Fragend blickte sie in die Runde. 
Khirva blickte noch immer sehr zweifelnd. "Sag mal Erlwulf, du sagst, der Geist würde von magischer Restenergie angezogen. So. Und beim Herstellen von Residenzbrannt entstünde dieselbe. So. Nun, aber magische Restenergie kann doch nur entstehen, wenn auch magische Kräfte eingesetzt werden, nicht? Und gleichzeitig sagst du, du würdest sie nicht anwenden. Wo soll sie denn bitte schön herkommen? Ich weiß, dass beim Brauen von magischen Tränken auch arkane Energie von der Brauerin eingesetzt wird. Geschieht das bei dir so quasi von allein? Erlwulf, du widersprichst dir. Ein wenig Ahnung habe ich auch von der Magie, da gab es mal so eine junge idealistische Priesterin, die ein Gremium zur Kontrolle von Magie einrichten wollte." Khirva seufzte kurz. "Nun, jedenfalls klingt das, was du dort vorgelesen hast, seltsam. Dieser Weingeist scheint mir eher ein Elementarwesen denn ein Geist zu sein - warum Magister Rohal dies nicht schreibt, ist mir ein Rätsel, aber möglicherweise durch einen Übersetzungsfehler zu erklären - und dies wiederum ist wohl wahrlich kein Grund, die Inquisition zu alarmieren. So, Magister, und jetzt nehme ich dieses Rohals-Werk mal mit, werde für einige Tage damit verreisen und dir demnächst eine angemessenere Übersetzung zukommen lassen. Wie wäre es außerdem mal mit einer Nachprüfung an der Akademie zu Khefu?" Mit diesen Worten nahm sie Erlwulf den Wälzer aus der Hand und verließ sichtlich genervt das Schlafgemach des Magiers.
Erleichtert ließ sich Chany auf einen Stuhl plumpsen. "Puh, das war knapp. Auch wenn Khirva das missversteht, was Du gesagt hast, Erlwulf, denn so wie ich es verstanden habe, hast Du nicht bei dem Brannt gezaubert - ansonsten bringe ich Dich persönlich um, wenn Du mich verzaubertes Zeug hast trinken lassen - sondern eben in diesem Labor, worauf diese Restmagie entstand, ja? Das heißt, das Problem wäre gelöst, wenn hier nicht mehr gezaubert würde. Du kannst weiter brauen, aber es würde sich keine Restmagie halten, die sich dann irgendwie manifestieren wird. Ich werde ein Magieverbot für Táyarret aussprechen, und das war's dann."
"Danke Erlwulf", meinte Francesca resigniert. "Die ganze Sache hätten wir uns sparen können, wenn Du über solche Dinge ein wenig eher nachgedacht hättest. Wie ihr beide Euch denken könnt, bin ich von einem Magieverbot alles andere als begeistert, aber angesichts der Umstände und der Gefahren, die noch immer hier lauern, sehe ich die Notwendigkeit eines solchen ein." Dann wandte sie sich an Chanya: "Mir wär's allerdings lieber, wenn die offizielle Verlautbarung zu diesem Magieverbote von mir stammen würde. Ich werde mich gleich darüber machen. In Ordnung?"
Chany schaute ihre Freundin ernst an. "In Ordnung. Bitte versteht, dass ich nicht anders entscheiden kann. Wir haben heute den Beweis dafür gesehen, dass es sehr gefährlich sein kann, hier in der Nähe von Ujak zu zaubern. Ich will euch nicht schikanieren, aber ich habe eine Verantwortung für die Menschen hier. Deshalb werde ich auch der Eminenz nicht schreiben. Khirva hat recht, das könnte nur wieder die Wogen aufwühlen. Obwohl, irgendwann wird die Auseinandersetzung kommen, und dann werde ich nicht wieder vorbeischießen. Das Magieverbot muss solange aufrechterhalten werden, bis diese Ujak-Sache wirklich vergangen ist. Was meinst Du, Erlwulf, wie lange das dauern wird?"
"Eine gute Frage... Da müsste man nun umfassende Nachforschungen anstellen, die Umgebung von Ujak absuchen und den Dschungel durchkämmen. Dafür braucht es fähige Leute und Magiekundige. Es ist eben so, dass Erscheinungen, Geister und anderes meistens nur mit Magie geortet werden können. Solche Orte und Stellen lassen sich aber auch mit Bannzaubern belegen, damit sich dort nichts mehr manifestieren wird. Ich könnte schon so eine Expedition zusammenstellen, eine Liste der benötigten Ausrüstung erstellen, das ist gar kein Problem. Vielleicht finden wir ja auch noch ein paar tüchtige Helfer?" Erlwulf wirkte nun wieder recht tatendurstig und hatte die letzten Anzeichen des Rausches abgelegt. Lediglich seine nasse Gewandung gab von den Ereignissen tropfende Kunde...

Fortsetzung folgt...

Erschienen in Opus no. 63 am 16.4.2000 als Reaktion oder Fortsetzung zu Der Weingeist - 1. Teil.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Der Weingeist - 3. Teil.


Der Weingeist
Dritter Teil der Geschichte

1.-2. Teil:
Der Hofmagus Erlwulf, seine halbelfische Kollegin Francesca, Khirva, die kleinwüchsige Boroni, und auch Chany, die Hausherrin, machen sich auf den Weg in den Keller, genauer gesagt in den Weinkeller, nachdem sie unheilvoller Geräusche gewahr wurden. Als die vier den Ort des Grauens genauer untersuchen, müssen sie feststellen, dass es sich bei dem Verursacher der Geräusche um einen irrtümlich beschworenen Weingeist handelt, der - nicht ohne zuerst für einige Verwirrung gesorgt zu haben - schließlich ins Freie gelangt. Nachdem der durch den Weingeist in einen Rausch versetzte Magus wieder bei Sinnen ist, beratschlagen die vier, was denn zu unternehmen sei um dieser Wesenheit ein jähes Ende zu setzen. Man einigt sich schließlich auf ein Magieverbot für Táyarret, welches die Entstehung weiterer Geister verhindern soll und es wurden Magister aus Khefu herbeizitiert um bei der Ergründung des Phänomens behilflich zu sein. 

Magier in Djáset

Zwei Tage währte die Reise nach Ordoreum, doch das Wetter hatte sich gnädig gezeigt, und außer den mittäglichen Regengüssen hatten die khefuer Magi und ihre Begleiter keine Unbilden zu ertragen gehabt. Die Küstenstraße nach Norden war zu dieser Jahreszeit in gutem Zustand, und so kam man schnell voran. Als die Gesellschaft auf den Klippen von Táyarret auf die Hauptstadt der Tánesetet zuritten, breitete sich unter ihnen an der Pjasobmündung das erblühende Städtchen aus. Links und rechts des Flussufers schmiegten sich im nordischen Stil gebaute Häuser an die Hänge, und mitten im Fluss, auf der Residenzinsel, erhob sich ein alter, massiver Turm, dessen oberstes Stockwerk von einem Balkon umkränzt war, hoch über den anderen Gebäuden der Insel. Zu Fuße des Turmes blühte ein üppiger Garten. Die Stadt schien fast vor Geschäftigkeit zu surren. Im Handelshafen legte gerade ein Zweimaster an, und am Tárethon zugewandten Flussarm war die Baustelle des Kriegshafens auszumachen. Der Tag neigte sich schon dem Abend zu, als die kleine Reisegesellschaft das Khefuer Tor zu Djáset erreichte. Als Myrddin, Cornelius, Kristin Eve und Jarrêt an das Tor heran ritten, wurden sie von der Torwache höflich aber bestimmt nach ihren Namen und ihrem Begehr befragt. Nachdem die Reisenden sich vorgestellt und angegeben hatten, dass sie auf Einladung der Nesetet nach Djáset gekommen seien, grüßte die Wache erneut: "Willkommen in Djáset, hohe Herrschaften. Ich werde Euch einen Führer zur Seite stellen, der Euch den Weg zur Residenzinsel weisen wird. Doch, auch wenn Ihr sicherlich informiert seid, muss ich Euch noch darauf hinweisen, dass durch Ihre Hochwohlgeboren, die Nesetet, über die Provinz Táyarret ein Magieverbot erlassen wurde. Jegliche Anwendung arkaner Kräfte sei Euch somit untersagt." Die Wache winkte einer jungen Soldatin und gab ihr die Anweisung, die Gesellschaft zur Insel zu geleiten. So ritten die vier durchs Tor, überquerten den Marktplatz, auf dem gerade die Händler ihre Stände zusammenpackten, wurden über die Laguanerbrücke geleitet, von wo aus sich der Blick auf die in der Mündung liegende Boronsinsel und die stromaufwärts gelegene Residenzinsel eröffnete. Durch die westliche Stadthälfte führte nun die Straße direkt zur Residenzbrücke. Dort angekommen wurde die Gruppe von den zwei diensthabenden Wachen gegrüßt.

*  *  *

Auf der Insel angelangt, bat die Soldatin darum abzusitzen, ein Junge von etwa 12 Jahren versorgte die Pferde, und die junge Frau geleitete die khefuer Gesellschaft zum Alten Turm, der schon von den Klippen aus zu sehen war. Kurz, nachdem die Weibelin an das hohe zweiflügelige Portal geklopft hatte, öffnete ein Diener in vinsalter Tracht das Tor, und die Herrschaften wurden von der jungen Frau angekündigt. In bester Manier verbeugte sich der gestrenge Diener, der in merkwürdigem Kontrast zu dem natürlichem Garten stand, vor den Neuankömmlingen und hub an zu sprechen: "Willkommen in der Residenz Ihrer Hochwohlgeboren ni Ordoreum, verehrte Spektabilitäten, verehrte Dame, verehrter Herr." Der Diener trat einen Schritt zurück, verbeugte sich und wies mit der Hand in die Eingangshalle. "Wenn Ihr bitte eintreten mögt." Angenehme Kühle empfing die Gäste, als sie die Halle betraten. Der Diener bat abzulegen und entfernte sich mit einem beflissenen "Ihre Hochwohlgeboren erwartet Euch bereits. Ich werde Euch umgehend melden."
Von oben war ein Klopfen und ein kurzer Wortwechsel zu vernehmen, und flugs kam der Diener wieder zurück. "Wenn Ihr mir bitte folgen wollt, Ihre Hochwohlgeboren lässt bitten!" Die Gäste wurden in das zweite Stockwerk des Turmes geleitet und sehr förmlich angekündigt. Der Raum, in den die Gesellschaft gebeten wurde, war ein geräumiges Arbeitszimmer. Die Fenster an den Außenwänden waren durch ausgestellte Holzläden beschattet, so dass die südliche Sonne das Zimmer nicht zu sehr aufheizen konnte, und eine leichte, frische Brise kühlte zusätzlich. Gegenüber der Türe befand sich ein alter, schwerer Schreibtisch, hinter dem sich gerade eine junge Frau erhob, deren elfisches Erbe unverkennbar war. Rechter Hand stand eine kleine Sitzgruppe, und eine weitere Türe war zu sehen. Francesca, die in einfache, doch gut gearbeitete Leinengewandung gekleidet war, kam mit einem freundlichen Lächeln auf die Magier und ihre Begleiter zu. "Verehrte Herrschaften, Ich freue mich sehr, Euch so bald hier in Djáset begrüßen zu dürfen und möchte mich bedanken, dass Ihr meiner Einladung so umgehend gefolgt seid." Mit einer Handbewegung wies sie auf die Sitzgruppe. "Ich darf Euch zuerst einen kühlen Schluck oder einen Becher Tee anbieten, damit Ihr Euch den Staub der Reise aus den Kehlen spülen könnt?" Nachdem Jarrêt seine Begleiter vorgestellt hatte, fuhr Francesca fort: " Wie Ihr Euch sicherlich denken könnt, kam es mir alles anderes als gelegen, das Dekret bezüglich des Magieverbotes zu erlassen, doch es gibt triftige Gründe hierfür. Doch bevor ich tiefer in das Thema einsteige, denke ich, es wird Euch gelegen kommen, wenn Ihr Euch erst etwas erfrischen könnt. Das Reisen um diese Jahreszeit ist alles andere als angenehm. Alrik wird Euch Eure Gemächer zeigen.. Er steht Euch jederzeit zur Verfügung. Wenn Ihr irgend etwas wünscht, dann zögert nicht, Euch an ihn zu wenden." Mit einem Lächeln führte sie weiter aus: "Magister Erlwulf, der Hofmagus Ihrer Hoheit, der Hékatet, wird in Kürze ebenfalls hier sein, und ich bin mir sicher, er kann Euch die magietheoretischen Hintergründe besser erläutern, als es mir möglich sein würde." Die Nesetet erhob sich und nickte ihren Gästen freundlich zu: "Wir sehen uns dann bei einem kleinen Imbiss."

*  *  *

Unbemerkt war Alrik, der beflissene Diener, wieder ins Zimmer getreten und geleitete die vier ins Gästehaus, wo bereits das Gepäck der Reisenden bereitstand. Natürlich wurde allen ein Bad gerichtet. Währenddessen bekam Magister Erlwulf Norsold, der ebenfalls auf der Residenzinsel wohnte, Besuch. Khirva Tanoram, Croninspektoria und Vorsteherin des Djáseter Borontempels klopfte an Erlwulfs Tür. Khirva blickt Erlwulf ein wenig verlegen an und räuspert sich kurz. "Erlwulf, es tut mir leid, dass ich so unfreundlich zu dir war. Ich fürchte, ich war wohl etwas gereizt wegen... nun, das muss hier nicht weiter interessieren. Auf alle Fälle habe ich dir dein Buch wieder mitgebracht. Es ist eine sehr späte und auch teilweise recht ungenaue Abschrift, zudem noch durch Übersetzungsfehler garniert - ich habe dies... hm, überprüft. Wie auch immer, ich bin froh, dass diese Vorfälle nun untersucht werden. Möge die Herrin der sechs Künste euer Vorhaben segnen."

*  *  *

Kurz nach Sonnenuntergang geleitete der Diener die Gäste wieder in den Turm, wo im Speisesaal im ersten Stockwerk das Abendessen wartete. Neben Francesca war nun auch Erlwulf Norsold, ein nicht mehr ganz junger, doch erstaunlich kräftiger Magus, anwesend. Nachdem Francesca alle bekannt gemacht hatte und das Essen - natürlich von Alrik - serviert worden war, begann Francesca zu erläutern: "Vor wenigen Tagen kamen wir eher durch Zufall auf ein Phänomen, das uns Anlass zu großer Besorgnis gibt. Es scheint, als ob die Nachwirkungen der Geschehnisse um Ujak - ich nehme an, Ihr seid darüber informiert, wenn nicht, so zögert nicht zu fragen - dazu führen, dass die Ausübung der Magie, das Wirken arkaner Kräfte, durch unkontrollierbare Geschehnisse beeinflusst werden könnten, so dass es beispielsweise zu ungewollten Manifestationen kommen kann. Glücklicherweise scheint dies bislang noch nicht geschehen zu sein... jedenfalls nicht auf eine Art und Weise, dass Schaden entstanden ist. Es scheinen hier Kräfte magischer Natur zu wirken, die Einfluss auf jeden Zauber nehmen können, der hier gewoben wird. Um die Gefahr ungewollter Manifestationen zu minimieren, sah ich mich vorerst gezwungen, ein Verbot zu verhängen, das jegliches arkanes Wirken untersagt. Natürlich kann dies kein Dauerzustand sein. Ich brauche Euch sicherlich nicht zu erläutern, wie sehr dies alle Zauberkräftigen einschränkt. Ach ja, noch etwas: Um die in den letzten Jahren doch sehr geplagte Bevölkerung nicht unnötig in Aufruhr und Angst zu versetzen, enthielt ich mich bislang jeglicher Erklärung, und ich möchte Euch ebenfalls bitten, über das hier Besprochene Stillschweigen zu bewahren. Meine Intention, Euch hierher einzuladen dürfte offensichtlich sein. Ich möchte Euch bitten, bei der Erforschung des Phänomens behilflich zu sein und uns zu helfen, die Dinge wieder ins rechte Lot zu bringen. Der Magister", dabei nickte sie Erlwulf freundschaftlich zu, "und ich sind zu der Überzeugung gelangt, dass Eure fachkundige Hilfe, Euer Wissen in diesen Dingen eine unschätzbare Unterstützung wären. Doch bevor ich mich weiter in unklaren Erläuterungen ergehe, meine Herangehensweise an solche Dinge ist eher intuitiver denn wissenschaftlicher Natur, bitte ich Magister Erlwulf, seine bisherigen Erkenntnisse zu erläutern."
Magister Erlwulf Norsold räusperte sich und hub gerade an zu sprechen, als aus dem Flur im Erdgeschoss laute Stimmen zu hören waren. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und Alrik stand mit missbilligend hochgezogener Augenbraue im Türrahmen: "Hochwohlgeboren, wenn ich melden dürfte, Nechát Mer'feri Semá'tep, ordentliche Inquisitorin der Alleinseligmachenden und Heiligen Boronsstaatskirche, Trägerin des 3. Dar im Orden der Wächterinnen und Wächter des Kultes des Heiligen Raben zur Insel Laguana, im Auftrage der edlen Ránebet Dhana Chesaî'ret, Inquisitionsrätin der Alleinseligmachenden und Heiligen Boronsstaatskirche zu Terkum und Ordoreum, Trägerin des 7. Dar im Orden der Wächterinnen und Wächter des Kultes des Heiligen Raben zur Insel Laguana, Sáhet Ni Nedjes. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich meiner Pflicht mehr als genüge getan habe und den neuen Gast auf die adäquate Etikett' hinwies. Leider blieb mir der Erfolg verwehrt." Mit diesen Worten trat der Diener als formvollendete Darstellung eines personifizierten Vorwurfes einen Schritt zurück und machte den Weg für den unerwarteten Gast frei.

Die junge Inquisitorin betrat festen Schrittes den Speisesaal und blieb vor dem Tisch stehen. Sie hob militärisch knapp die Faust zur harnischbewehrten Brust und verkündete mit erhobener Stimme: "Aufgrund der noch ungeklärten Zusammenhänge zwischen den daimonischen Umtrieben zu Ujak und dem Wirken von arkanen Kräften in näherer und weiterer Umgebung der ehemaligen Brutstätte der Finsternis kann nicht mit Sicherheit entschieden werden, dass eine Gefährdung des Seelenheiles der anwohnenden und anwesenden Recht- und Irrgläubigen auszuschließen ist. Somit wurde durch die Heilige Inquisition des Allmächtigen Raben verfügt, dass die Anwesenheit mindestens einer Dienerin derselben bei jedweden Besprechungen und Untersuchungen zu diesem Behufe unbedingt geboten ist. Wiewohl meine Aufgabe in erster Linie eine beobachtende ist, bin ich befugt, bei offenkundigem Verstöße gegen die Heilige Ordnung oder Gefährdung derselben im Rahmen der Untersuchung dieser Phänomene ohne Umschweife und mit gebotener inquisitorischer Härte einzuschreiten. Möge der Rabe SEINE Schwingen wohlwollend über unsere Mission breiten." Die junge Kemi hatte ihre Ansprache in fließendem Brabaci gehalten, obwohl ihr der Unmut über die Verwendung der Sprache der Besatzer oder möglicherweise bereits die Anwesenheit der Irrgläubigen in diesem Raume deutlich von ihrem ansonsten steinernen Gesicht abzulesen war. Ihr Blick schweifte kurz über die versammelten Spektabilitäten und richtete sich dann auf Francesca.
Die Nesetet nickte der Inquisitorin zu, begrüßte sie mit dem dem Anlasse entsprechenden kem'schen Äquivalent zum brabak'schen "Boron zum Gruße" und fuhr dann in Brabaci fort: "Tretet ein und nehmt Platz, Nechát Mer'feri. Nachdem wir alle das Ziel verfolgen, Unheil zu bekämpfen und eine Gefährdung der hier Lebenden auszuschließen, steht wohl einer Zusammenarbeit nichts im Wege." Der Nesetet war deutlich anzusehen, was sie über das unerwartete Auftreten der Inquisitorin dachte. "Magister Erlwulf, Ihr wolltet gerade mit Euren Ausführungen beginnen, bevor wir unterbrochen wurden." Während der Magister nun endlich mit seinen Erläuterungen beginnen konnte, legte Alrik, der wieder einmal völlig unbemerkt in den Raum gekommen war, noch ein Gedeck für die Inquisitorin auf.
Die Nechát ignorierte das für sie aufgelegte Gedeck und ging statt dessen durch den Saal zum Fenster, schaute kurz hinab, bevor sie sich wieder den versammelten Gästen zuwandte und regungslos stehen blieb. Mit einer knappen Handbewegung gab sie Magister Erlwulf zu verstehen, dass sie nun bereit war, seinen Ausführungen zu lauschen.
Doch noch bevor der Magister wieder ansetzen konnte, waren erneut Schritte auf der Treppe des Turmes zu vernehmen. Ein Bediensteter in weißer Perücke und Lakaienkluft öffnete die Türe des Speisesaales und kündigte formvollendet die Hekátet ni Chentasû an. Mit hoheitlich-hochmütigem Blick betrat die Herzogin den Saal, schon ihr Auftreten kündete von ihrem Stand. Chanya Al Mout'pekeret war in ein grünes, körperbetontes, enges und geschlitztes Kleid gewandet, an den Armen silberne Armringe, Ohrringe aus Silber und eine recht wertvolle Halskette aus Edelsteinen und Silber um den Hals, die altkem'sche Symbolik und Ornamentik zeigte. Sie trug bis über die Waden geschnürte Sandalen; das Haar hatte sie hochgesteckt, ihr Gesicht war dezent geschminkt. Zuerst begrüßte sie die Nesetet, die sich beim Eintreten der Hekátet von ihrem Stuhle erhoben hatte, dann wandte sie sich der Inquisitorin, dem Hofmagus und den Gästen zu. Alle knieten vor der Herzogin und küssten den Siegelring Chentasûs. Nachdem die ranghöchste Adelige entsprechend empfangen worden war, setzte sich Chanya in einen bequemen Sessel, ließ sich Wein reichen und gab mit einer Handbewegung zu verstehen, dass die Konferenz fortgesetzt werden könnte.

Die Nesetet fasste das bislang Gesagte noch einmal kurz zusammen und bat dann Magister Norsold erneut um seine Stellungnahme. Der Magus blickte kurz in die Runde und begann zum dritten Male mit seinem Bericht. "Bei meinen Forschungen stieß ich, unter der Zuhilfenahme eines Werkes aus der Rohal'schen Zeit, auf einige interessante Theorien um die Zusammenhänge zwischen Magie, wie sie von den Kultisten gewirkt worden ist, und den Nachwirkungen, die solch verwerfliches Handeln haben kann. Wie wir alle wissen, gab es damals auf Kultistenseite einige Beschwörungen, verderbte Magie, Rituale und anderes unheiliges Werk. Bei all dem Einsatz der arkanen Kraft wurde wohl so etwas, ich nenne es Restenergie, zurückgelassen, die nun als, sagen wir, Nährboden von Erscheinungen, Sphärenwesen und anderem dienen mag. Ich gehe sogar soweit und behaupte, dass ein jeglicher Zauber, in der Nähe eines solchen Ortes gewirkt, diese freien Kräfte noch verstärkt. Unsere Aufgabe mag es nun sein, eine Lösung dieses Problems zu finden, diese Restkräfte ausfindig zu machen und zu neutralisieren. Ich will nun nicht behaupten, dass direkt bei der Klosteranlage zu Ujak solche magischen Zonen zu finden sind, das hätte man sicherlich erfahren, aber im Dschungel mag so etwas durchaus ungesehen möglich sein. Nun, gemeinsam mit Eurer Hilfe mag es uns bestimmt möglich sein, diesen Dingen auf die Spur zu kommen, und dem Spuk ein Ende zu machen."
Chany bat mit einer kurzen Handbewegung um Aufmerksamkeit: "Da Wir Zeugin eines solchen Vorkommnisses waren, sind Wir darob natürlich besorgt. Wir wollen deshalb hier an dieser Stelle zu bedenken geben, dass Wir übermäßiges Theoretisieren für überflüssig halten. Ziel dieser Besprechung kann und soll es in Unseren Augen alleine sein, eine Gegenstrategie zu den entsprechenden Vorkommnissen zu entwickeln, auf dass Wir ohne Sorge für die Uns untertanen Menschen, für das Uns gegebene Land und für die Uns übertragenen Aufgaben Unsere Regentschaft weiterhin ausüben können."
Nechát Mer'feri schaute überrascht auf. "Ihr wart Zeugin eines derartigen Vorfalles? Was genau ist geschehen? Und warum wurde die Heilige Inquisition nicht verständigt?"
Chanya hob missbilligend eine Augenbraue und wandte sich der Inquisitorin zu. "Gute Schwester, es war Uns nicht bewusst, dass das Heilige Offizium allenthalben informieret werden muss, wenn sich magische Kräfte manifestieren. Aber wenn sie Uns nun darüber unterrichtet, dass dies so sei, dann würden Wir ihr empfehlen, sich in der Nähe des Zauberers, Unseres zauberkundigen Sohnes und der Nesetet einzuquartieren. Will sie Uns aber dafür tadeln, dass Wir nicht das für die Heilige Inquisition irrelevante magische Wirken von dem, was für die Inquisition relevant ist, scheiden können, so nehmen Wir den Tadel hin, versprechen aber keine Abhilfe. Es dünkt Uns nicht sonderlich erstrebenswert, Uns im Detail mit der arkanen Wissenschaft vertraut zu machen."
Die Inquisitorin musterte Chanya kalt, erwiderte jedoch nichts. Eines Tages wird auch diese vor Rethon stehen. Und dann wird sich auch ihre hochmütige Arroganz in wehleidiges Wimmern wandeln, wenn ihr Herz für zu leicht befunden wird... Arme Sünderin, arme verdammte Seele.
Francesca blickte in die Runde. "Mir ist vor allem daran gelegen, das angesprochene Problem so schnell als möglich in den Griff zu bekommen, die Gefahr zu bannen." Dann wandte sie sich den Gästen zu: "Verehrte Gäste, Ihr konntet Euch nun einen ersten Eindruck von dem verschaffen, weswegen Ihr hierher gebeten wurdet." Und mit einer ermunternden Geste fuhr sie fort. "Bitte, sprecht frei. Was denkt Ihr darüber?"

Magister Jarrêt folgte der Aufforderung der Nesetet und hub an zu sprechen, wurde jedoch von dem vorlauten Kauz, der auf Myrddins Schulter saß, kurzzeitig ruhig gestellt: "Ich möchte mich, auch im Namen meiner Begleiter, zunächst für die große Gastfreundschaft bedanken, welche Ihre Hochwohlgeboren uns bisher entgegenbrachte." Die Spektabilität Myrddin und seine Gehilfin Kristin machten leise lächelnd eine dankende Geste, was Francesca mit einem freundlichen Nicken quittierte. "Werte Spektabilität Jarrêt, Ihr wolltet noch etwas hinzufügen?"
"Ähem, was Eure Ausführungen angeht, Hochwohlgeboren, so glaube ich, dass ich mit meinem Kollegen ohne weitere Konsultationen dahingehend überein stimme, dass wir selbstverständlich unser Möglichstes unternehmen werden, um den jetzigen Problemzustand zu beseitigen. Doch gestaltet sich die Lage schon im Anfang recht schwierig: Wenn wir keine Lokalisierung des Problems vornehmen können, so können wir auch nicht konkret an einem Ort, oder im Zweifel auch mehreren Orten, operieren. Es dürfte recht wenig bringen, wenn wir uns durch den Dschungel von Problem zu Problem schlagen. Im schlimmsten Fall sind wir gerade an einem Ort und beseitigen eine Kleinigkeit, während an einem anderen Ort ein größeres Unheil droht. Auch eine allumfassende Thesis an einem Ort, sozusagen auswirkend für die ganze Tá'akîb, zu sprechen dürfte recht schwierig sein. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass wir über die Kräfte verfügen werden."
Nun gab Magister Norsold seine Meinung zur Anwendung von Magie kund: "Es ist doch so, dass wir diese Manifestationen magischer Art ohne die Anwendung von Magie nur schwerlich beseitigen können. Also ist es unumgänglich, dafür unsere arkanen Kräfte einzusetzen. Ich persönlich schlage dazu bannende Kräfte vor, wobei wir jetzt uns auf die Vorgehensweise einigen sollten. Besteht die Möglichkeit, dass man durch die genauere Erkennung des magischen Gefüges diese möglichen Orte lokalisieren könnte? Soweit es mir bekannt ist, müsste das möglich sein, nicht? Wobei, und das gebe ich sogleich zu, das ein längerer, schwieriger Weg sein könnte, diese Punkte nach und nach zu beseitigen."
Seine Spektabilität Dur Avarc Syn nahm genussvoll einen Zug Wein, dann einen Schluck Wasser. "Was ich zum jetzigen Zeitpunkt von meiner Seite aus vorschlagen möchte sind drei Dinge: Erstens suchen wir den ersten Ort der Manifestationen auf und werden dort nach dem Rechten sehen. Gab es mehrere Manifestationen und/oder Ereignisse, welche Euch zu Eurer Annahme bewegen, oder lediglich eine, die Ihr auf die genannte Ursache zurückführt, Kollege? Zweitens gedenke ich, bestimmte Persönlichkeiten zumindest temporal zu sichern, so dass ihnen nach meinem besten Ermessen kein Schaden mehr widerfahren mag." Er blickte dabei Francesca an. "Dies gilt natürlich auch für Eure Tochter." Dann dachte er einen Augenblick nach... "Sagt Hochwohlgeboren, wisst Ihr, ob Eure Tochter ebenfalls Madas Gabe in sich trägt? Wenn ja, dann müssen wir nicht nur sie besonders schützen, da es ja bei ihr noch zu völlig unkontrollierten Phänomenen kommt, sondern auch in Betracht ziehen, dass sie von der generellen 'Restmagie' negativ beeinflusst werden könnte! Drittens schlage ich eine enge Zusammenarbeit mit der Heiligen Inquisition vor. Zum einen können Kräfte dann besser eingeteilt werden, und zum anderen dürften die Berufenen der Kirche uns sehr gute Berater sein. Wer weiß, welche umfassenden Auswirkungen die 'Restmagie' hat. Wir sollten nichts übertreiben und übereilen, doch große Vorsicht walten lassen." Dann wendete sich Jarrêt wieder dem 'Imbiss' zu und lächelte die Anwesenden freundlich an...
Die Blicke der Inquisitorin ruhten einige Zeit auf dem genüsslich speisenden Magister, und ihre Augen schienen ein wohlwollendes 'Brav, Sohn' zu formulieren, während ihre Lippen schwiegen.
Nachdenklich war die Nesetet den Ausführungen Jarrêts gefolgt. "Ja, Euer Spektabilität, auch meine Tochter trägt die Gaben Madas in sich. Vielleicht sogar stärker, als es zu erwarten wäre." Sorge sprach aus ihrem Blick, als sie fortfuhr. "Ihr spracht von Schutz? Woran dachtet Ihr?"
"Ich schlage magischen Schutz und umfassenderen militärischen vor", erwiderte Magister Jarrêt. "Es wäre vielleicht ganz ratsam, wenn die adligen Personen dieses Hauses sich für einige Zeit nicht unnötig von der Insel entfernen würden. Das soll nicht heißen, dass ich jemanden einschränken will, aber es ist überschaubarer, wenn nicht alle an unterschiedlichen Orten sind. Deshalb rate ich zu dieser vorübergehenden Einschränkung."

Magister Erlwulf richtete nun sein Wort an die anwesenden Personen. "Nun, ich habe Kenntnis von einer Manifestation, die ich auch persönlich gesehen habe. Der Ort dieser ist recht schnell erreicht. Er befindet sich im Weinkeller der Nesetet Ni Ordoreum, gleich neben unserem gemeinsamen Laborraum." Dem älteren Mann war dabei anzusehen, dass dieses Ereignis ihn doch etwas überrascht hatte. "Im Weinkeller wurden wir dieser Manifestation auch gleich darauf ansichtig. Mit vereinten Kräften gelang es uns, also der hier anwesenden Hekátet, der Nesetet, sowie Schwester Khirva und meiner Person, diese auch zu vertreiben. Ich persönlich klassifizierte diese als etwas recht ungewöhnliches, aber nicht sehr gefährliches: als Weingeist. So Ihr nun wollt, können Wir diesen Ort sogleich gemeinsam aufsuchen." Erlwulf ließ diese Erklärung für einen Augenblick auf die Gäste wirken, wobei er auch mit weiteren Fragen rechnete.
"Ein Weingeist also, wie?" Der Kauz guckte Erlwulf fragend von der Schulter seiner Spektabilität Myrddin herab an. "Nicht, dass hinterher der Geist des Weines Eure Sinne benebelt haben könnte?" Der Magier schaute zu seinem geflügelten Begleiter: "Cornelius, der Herr hat ein Problem, und du musst es gleich revidieren, lass uns erst mal das Problem in Augenschein nehmen ..."

Erlwulf betrachtete den Kauz neugierig "Ihr habt da einen recht interessanten Kauz, werte Spektabilität. Bei Gelegenheit würde ich liebend gern mehr über diesen gefiederten Begleiter wissen, so ihr wollt." Bevor Myrddin sich dazu äußern konnte, meldete sich Cornelius wieder zu Wort: "Es hört sich gar so an, als wolltet Ihr etwas ausleihen, fragt mich doch lieber, ob ich Euch ein wenig über mich erzählen möchte, werter Erlwulf."

Der Blick der Inquisitorin schien Magister Erlwulf geradezu zu durchbohren. "Ein Weingeist also. Ich nehme in Eurem Interesse, Magister, an, dass dieser in die Kategorie der Mindergeister fällt und somit nur bedingt in den Aufgabenbereich der Heiligen Inquisition."
Erlwulf blickte kurz zur Inquisitorin. "Genau so ist es, nur dank seiner seltsame Erscheinungsform wird dieser Mindergeist Weingeist genannt. Je nach der Alkoholdichte ein mehr oder weniger störender Minderer. Ihr scheint recht versiert in diesem Gebiet zu sein, was magische Phänomene angeht?"
Mer'feri trat einen Schritt auf Erlwulf zu und zischte leise: "In der Tat, Magister. Daher wählte mich Ránebet Dhana für diese Aufgabe aus. Und wo liegen Eure Talente?"
Der Magus hielt dem Blick der Inquisitorin mit einem wütendem Augenaufblitzen stand und gab sogleich eine passende Antwort: "Dies mag ich Euch gerne einmal erklären, zu einem anderen Zeitpunkt und einem anderen Ort, meint Ihr nicht?" Sogleich wandte er seinen Blick wieder in Richtung der Spektabilität.
Auf dem Antlitz der Inquisitorin zeigte sich der Hauch eines Lächelns. "Gern, ich werde Euch eine formelle Benachrichtigung zukommen lassen, Magister."
Recht entgegen der sonst üblichen Etikette, die Seine Spektabilität Dur Avarc Syn zu wahren pflegte, ließ Jarrêt seinen Wein, den er gerade trinken wollte, wieder in den Becher zurückfließen und entgegnete etwas verwirrt: "Je nach Alkoholdichte?"
Magister Norsold beantwortete diese Frage sogleich. "Ja, es scheint mir, dass diese mindere Erscheinung, als Weingeist bekannt, von Alkohol angezogen wird, je mehr, um so mehr Alkohol, sei es nun Wein, Bier oder Branntwein, desto eher ist es scheinbar in diesem Falle möglich, dass sich so eine Mindererscheinung manifestiert." Nun kam der Hofmagus der Hékatet nochmals auf das Amulett zu sprechen. Er war seit kurzem im Besitz eines magischen Schutzamulettes, das wohl in der Lage war, einen magischen Angriff abzuwehren. Der Magister räumte sogleich ein, dass dieser Schutz natürlich nur bis zu einer gewissen Stärke wirken würde, aber gegen mindere Erscheinungen, schwache Manifestationen und auch gegen einen sogenannten Weingeist seine Wirkung erfülle. Jede Person, die dieses Amulett trug, war gefeit gegen solche Übergriffe, dessen war sich der Magier absolut sicher. "So würde auf jeden Fall ein Schutz für die Tochter der Nesetet möglich sein, was uns unsere Aufgabe durchaus erleichtert." Mit einem Seitenblick auf die Inquisitorin fuhr er fort: "Natürlich bin auch ich für eine enge Zusammenarbeit mit unserer heiligen Inquisition. Uns dürfte ja allen bekannt sein, dass die Waffen dieser tapferen Streiter und Streiterinnen auch gegen unheilige, underische und andere Mächte wirken."
Jarrêt nickte nur zustimmend, und Myrddin enthielt sich jeglicher Kommentare und Gesten.
Nicht eine Regung im Gesicht der Inquisitorin zeigte Missfallen oder Zustimmung gegenüber der letzen Äußerung des Magisters: "Es gibt einige Diskrepanzen in Euren Ausführungen, Magister. Wie kann ein Amulett gleichzeitig gegen einen Mindergeist, welcher doch an die diesseitige Sphäre gebunden und nach der Meinung einiger Gelehrter zu den Elementaren zu rechnen sei, als auch gegen eine unheilige Creatura aus der siebten Sphäre wirken, mit welchen wir es demnächst eventuell zu tun haben werden? Falls das Amulett jedoch - wie ich Euren Ausführungen entnahm - lediglich gegen mindere Manifestationen Wirkung zeigt, dann ist es ohnehin bei unserer Vorgehensweise nicht von Nutzen, da Mindergeister an sich nur bei Personae Schrecken verbreiten, welche nicht stark in ihrem Glauben ruhen."
Erlwulf räusperte sich. "Ich wurde gefragt, wie die Tochter der Nesetet vor solchen Mindergeistern geschützt werden könnte, und ich sagte soeben, dass dieses Amulett das wohl vollbringen könne. Ich habe nicht gesagt, dass dieses auch gegen unheilige Wesen, Geister, und andere Schrecken hilft. Habe ich mich so verwirrend ausgedrückt? So will ich das gerne nun berichtigt haben." Dem Magister war anzusehen, dass er über diese Worte der Inquisitorin nicht gerade erfreut war.
Mer'feri trat wieder zurück ans Fenster. "So behauptet Ihr also, dass die Tochter der Nesetet, obschon rein und unschuldig in ihrer Jugend, bereits derart schwach in ihrem Glauben sei, so verderbt von den Einflüssen in ihrer unmittelbaren Umgebung, dass sie eines solchen Schutzes bedürfe? Könnt Ihr Belege für Eure ... Theorie vorbringen?"
Erlwulf murmelte etwas Unverständliches und brachte sogleich einige Worte als Antwort zu dieser Frage. "Ich behaupte nicht, dass die Tochter der Nesetet schwach im Glauben ist, und um es noch einmal einfach zu erklären: Meines Wissens nach können Mindergeister, um diese Art handelt es sich ja hier ja, Menschen durchaus schrecken sowie Unheil anrichten. Im Falle des sogenannten Weingeistes hilft nun mein Amulett so, wie die Sansaropaste gegen Insekten, es schreckt diese ab. Etwas anderes wollte ich damit nie sagen, das ist alles."

Schweigend war die Nesetet dem Disput zwischen dem Hofmagus und der Inquisitorin gefolgt. Ihre Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt, doch war ihrer Miene keine weitere Regung anzumerken. Scheinbar hatte sie sich entschlossen, den Meinungsverschiedenheiten keine weitere Nahrung zu geben, um nicht weiter vom ursprünglichen Thema abzuweichen.

Die Inquisitorin musterte den Magus mit kühlem Blick. "Nun, Ihr zieht es also vor, Eure Belege zu einem späteren Zeitpunkt anzubringen, da Ihr die öffentliche Anklage scheut? Gut. Wie gesagt, eine Benachrichtigung zu einem Gespräch wird Euch in Kürze erreichen." Mit diesen Worten wandte sie sich ab. Scharlatan, dachte sie verächtlich, nichts als ein unwissender, kleiner Scharlatan.

Der alte Magier räusperte sich, auch wenn er bisher eher ruhig war, hatte er alle Äußerungen für sich abgewogen. Zwar hoffte er nicht, dass seine Befürchtungen sich bewahrheiten, dennoch wollte er sein Wissen nicht den anderen vorenthalten. "Werter Myrddin, könnte es etwas mit den Geschehnissen im Norden zu tun haben?" Die Gehilfin nahm ihm die Worte aus dem Mund. "Daran dachte ich auch schon, möchte es aber auch den hier Anwesenden offerieren." Er schaute in die Reihen und sprach dann weiter: "Ich möchte jedoch keine voreiligen Schlüsse ziehen, so dass es zunächst nur eine Vermutung sein soll. Nun, wo war ich..." "Norden... Borbarad", der Kauz zerrte dem Magier an seinem Spitzhut, damit er wieder zum Wesentlichen kam. "Natürlich, nun wie bestimmt bekannt ist, kam es zur dritten Dämonenschlacht, welche der schwarze Hexenmeister Borbarad jedoch verloren hat und wieder von dieser Sphäre gebannt wurde. Diese beiden Ereignisse hatten jedoch u.a. zur Folge, dass sich ausgesprochene Zauber nicht so konstant verhalten, wie in der Vergangenheit. Es wird 'wilde Magie' beim Zaubern freigesetzt, welche jedoch an sich keine schädliche Wirkung mit sich bringt. Der gleiche Zauber zerrt bei einem zweifachen Sprechen unterschiedlich stark an den Kräften des Zaubernden, auch kann sich die Wirkung, die Reichweite oder die Wirkungsdauer verändern. All dies kann zum Ausbruch des - nennen wir ihn mal weiterhin - Weingeistes resultiert haben. Wenn es im nahen Dschungel einen Knotenpunkt von Kraftlinien gibt und es in der letzten Zeit häufig zu dämonischen Erscheinungen kam, haben diese beiden Evente nur das Erscheinen des Weingeistes beschleunigt. Doch sollten wir wirklich zunächst mal den Ort des Geschehens in Augenschein nehmen, um nicht mehr so lange in Unwissenheit zu bleiben." "Gut, sehr gut." Der Kauz war sichtlich zufrieden mit 'seinem' Magier.
Nun erbat Magister Norsold wieder das Wort. "Wir sollten nun dieses Gespräch beenden und zusammen den Ort aufsuchen, der jener war, an dem sich diese mindere Erscheinung zeigte." Entschlossen begab er sich sogleich zur Zimmertüre und öffnete sie.
"Gut," stimmte die Nesetet dem Hofmagus der Hekátet zu und mit den Worten "Meine Damen und Herren, ich denke, es spricht nichts dagegen, dass wir dem Herrn Magister folgen" erhob sie sich und blickte fragend auf die im Raume Versammelten.

Fortsetzung folgt...

Erschienen in Opus no. 64 am 23.4.2000 als Reaktion oder Fortsetzung zu Der Weingeist - 2. Teil.
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Der Weingeist - 4. Teil.


Der Weingeist
Vierter und letzter Teil der Geschichte

1.-3. Teil:
Der Hofmagus Erlwulf, seine halbelfische Kollegin Francesca, Khirva, die kleinwüchsige Boroni, und auch Chany, die Hausherrin, machen sich auf den Weg in den Keller, genauer gesagt in den Weinkeller, nachdem sie unheilvoller Geräusche gewahr wurden. Als die vier den Ort des Grauens genauer untersuchen, müssen sie feststellen, dass es sich bei dem Verursacher der Geräusche um einen irrtümlich beschworenen Weingeist handelt, der - nicht ohne zuerst für einige Verwirrung gesorgt zu haben - schließlich ins Freie gelangt. Nachdem der durch den Weingeist in einen Rausch versetzte Magus wieder bei Sinnen ist, beratschlagen die vier, was denn zu unternehmen sei um dieser Wesenheit ein jähes Ende zu setzen. Man einigt sich schließlich auf ein Magieverbot für Táyarret, welches die Entstehung weiterer Geister verhindern soll und es wurden Magister aus Khefu herbeizitiert um bei der Ergründung des Phänomens behilflich zu sein. Nach einer Besprechung in Anwesenheit der Herzogin Chanya, einer Inquisitatorin der Boronkirche, ebenjener Magier sowie aller am Vorfall Beteiligten macht man sich nun erneut in den Weinkeller des Hauses auf, um dort die nötigen magischen Analysen vorzunehmen.

Gemeinsam verließen nun alle Anwesenden den Raum und begaben sich in die Kellerräume des Turmes. Hier zeigte Magister Norsold das betreffende Weinfass, mit dem so gesagt alles begann. Zusammen, soweit das von der Personenanzahl überhaupt möglich war, inspizierte man den Weinkeller. Erlwulf beschrieb kurz, was hier vorgefallen war, zeigte danach mit der Nesetet den Herrschaften das angrenzende Labor, verwies darauf, dass in diesem sicherlich schon seit etlichen Götterläufen geforscht, gebraut, und manchmal auch gezaubert wurde, und schlug danach die Möglichkeit eines Hellsichtzaubers vor, um erkennen zu können, ob sich diesen Räumen eine arkane Kraftlinie näherte oder sogar kreuzte. Das würde nun auch seiner Meinung nach die erste Spur zur Lösung des Vorfalles sein.
Cornelius, der Kauz auf Myrddins Schulter, gab seine Meinung kund: "Nun, ich denke, dass die anwesenden Magister bestimmte gerne einen Spruch aus der Kategorie der Clarobservantia tätigen würden, doch besteht nicht noch das Verbot der Magiewirkung?" "Ein Oculus Astralis oder ein Odem Arcanum wäre zunächst wohl angebracht, doch danach sollte man mittels eines Analüs Arcanstruktur, falls es sich um eine magische Quelle handelt, die Situation genauer untersuchen", brachte Myrddin ein, "so wenn uns das Wirken zweier Sprüche erlaubt sei."
Francesca nickte zustimmend. "Nachdem wir hier zusammengekommen sind, um den Dingen auf den Grund zu gehen und dies ohne das Wirken arkaner Kräfte kaum möglich sein dürfte, bitte ich Euch, verehrte Spektabilitäten, Magister, die Sprüche zu wirken, die Euch notwendig erscheinen. Ich bin mir sicher, dass Ihr Euch der... ungewöhnlichen Situation bewusst seid."
Chanya blickte in die Runde. Dann sprach sie: "Nun, bevor Ihr, Hochwohlgeboren, Eurer Pflicht genüge tut und Uns um Dispens von jenem Dekret zu bittet, wollen Wir Euch zuvorkommen und Eure Anweisung bestätigen. So sei zu Ermittlungszwecken in diesem Falle der Einsatz von Zauberwerk von Uns selbselbsten gestattet." Nachdenklich schwieg die Herzogin einen Moment, dann fuhr sie leise fort: "Und an Euch, Inquisitorin, ergeht die Aufforderung, Eure Kindereien hinten anzustellen. Magister Erlwulf ist ein tadelloser, anerkannter Mann seiner Zunft, und Wir verbürgen Uns für ihn. Ihr sollt deshalb einen guten Rat von Uns erhalten: Vermeidet es, Uns unleidlich zu machen... Wir schlagen nun vor, dass die Herren Zauberer ihr Werk beginnen."
"Ich werde die Variante des ODEM ARCANUM SENSEREI anwenden, so wird keine große Kraft freigesetzt, und es gibt so nichts zu befürchten." Spektabilität Beryllius konzentrierte sich auf jenes 'unheilverheißende' Fass und sprach: "Odem Arcanum Senserei, weht hier ein Hauch von Zauberei." Nach kurzer Zeit schienen seine Augen alles zu durchschauen, als er sich im Raum umblickte, wobei er von seiner Gehilfin stets gestützt wurde. Nun schaute er sich das Fass genauer an, und auch der Fußboden schien recht interessant zu sein, bis er die Wand, welche in die ungefähre Richtung von Ujak stand, sehr intensiv betrachtete. Dann ließ der Zauber wieder von ihm ab, wissbegierig schauten alle Anwesenden ihn an. "Nun, ich bin mir nicht sicher, aber hier scheint tatsächlich ein Geist am Werk zu sein. Die Ursache dafür kenne ich noch nicht, ich würde mich aber gerne nach draußen begeben, da ich dort diese vermute. Diese astralen Reste scheinen von einer Quelle magischer Kraft zu stammen, die sich hier, eventuell aufgrund der Art des Baus des Gebäudes, sammelte und schließlich zu einem minderen Geist wurde. Es dürfte keine große Aufgabe sein, den Geist zu vertreiben, doch denke ich, dass die Ursache zunächst wichtiger ist, sodass ich die werten Damen und Herren nun nach draußen bitten würde."

*  *  *

Spektabilität Jarrêt folgte der Gruppe nachdenklich nach draußen. Kaum dort angekommen, ließ er der Frage, die ihm auf der Zunge brannte, freien Lauf: "Astrale Reste, die zu einem minderen Geist wurden? Wie haben wir uns dies zu erklären, verehrter Kollege?"
Erlwulf meinte dazu nur, dass er dazu keine Theorie hätte. Auf dem Gebiet der Magie gab es noch vieles, dass es zu erforschen galt. Demnach könne man nun noch eine Sanduhr lang diskutieren, ohne vielleicht nur einen Spann näher an die Sache zu kommen.
Die Inquisitorin blieb abrupt stehen und wandte sich Jarrêt zu, der die seltene Gelegenheit hatte, deutliche Spuren von Verblüffung auf dem sonst so strengen Gesicht der Glaubenswahrerin wahrzunehmen. "Möglicherweise habe ich mich vorhin nur unzulänglich ausgedrückt, aber in etwa diese Frage versuchte ich bereits vor einer geraumen Weile - leider vergeblich - durch Magister Erlwulf beantworten zu lassen. Es beruhigt mich durchaus, dass die Zusammenhänge auch für Euch anscheinend nicht restlos geklärt werden konnten." Nachdenklich trat die junge Kemi einen Schritt zurück und musterte die versammelten Spektabilitäten eindringlich.
Erlwulf seufzte kurz auf. "Und, was soll ich noch sagen? Wir sind eben noch dabei, diesen Vorfall zu klären. Mit vereinten Kräften wird uns das auch gelingen, denke ich."
Jarrêt blickte die Inquisitorin an, wobei ihm ein charmantes Lächeln um die Lippen spielte: "Dann wollen wir diese Frage doch vielleicht jetzt zu unser aller Zufriedenheit klären. Schließlich scheint sie mir von essentieller Bedeutung. Derzeit erscheint der Casus so, dass dieser Geist aus dem Nichts entstanden ist. Wie können astrale Reste einen Geist 'formen'? Das setzt doch einen magischen Vorgang oder, sagen wir mal, zumindest ein professionelles Einwirken gleich welcher Art voraus. Das geschieht nicht häufig in einem Weinkeller ... Naja, vielleicht doch..." Seine Spektabilität trat neben die Inquisitionsrätin und wartete gespannt auf die Antwort.
Der alte Magier wendete sich nach einigen Schritt an seinen Kollegen. "Nun, ich habe eine starke astrale Kraft gespürt und mittels des Hellsichtzaubers durch die Hauswand noch leicht schimmern sehen, nun wollte ich mich, so wenn mir dies erlaubt ist, nochmals eine Formel der Clarobservantia aussprechen, um meine Vermutung zu unterstreichen. Ich möchte mich nämlich noch nicht festlegen wollen." Nach einem Nicken der Hoheit machte der Magier noch einige Schritte, dann sprach er wieder die Formel: "Odem Arcanum Senserei, weht hier ein Hauch von Zauberei", verblieb kurz auf der Stelle und schaute dann erneut um sich, wobei Myrddins Blick diesmal schon nach kurzer Zeit in einer Richtung verharrte. Er machte kehrt und schritt auf die Gruppe zu. "Nun, wie ich mir schon gedacht habe. Es läuft eine Kraftlinie an diesem Ort vorbei, nicht genau hier, aber die 'Seitenarme' dieser Kraftlinie sind in der Lage, auch diese Ländereien zu beeinflussen."
Magister Erlwulf mischte sich nun wieder in die Besprechung mit ein. "Entschuldigt, werte Damen und Herren, aber mir ist da gerade ein vielleicht interessanter Gedanke gekommen. Wir haben es hier also mit einer Kraftlinie zu tun, deren Seitenarme bis hierher ausstrahlen. Zudem hatten wir hier die Manifestation eines Mindergeistes, der sich im Keller zeigte. Nun, da diese meist kommen und gehen, wie sie wollen, es sich aber nicht um ein minderes Wasserelementar handelte, muss es sicherlich an Land entstanden sein. Könnte man nun sagen, dass es sich in der Nähe der Kraftlinie gerne aufhielt, so könnte es doch vielleicht wie auf einem Pfad hierher gelangt sein? Ist es also sogar möglich, dass es einen Ort, einen Platz, eine Stelle im Dschungel gibt, an dem sich diese Minderen aufhalten, sammeln, entstehen, um danach in naher und weiter Umgebung zu erscheinen? Wie gesagt, das ist nur ein Gedankengang von mir, aber ich meine, so etwas sollte man durchaus berücksichtigen. Ich denke, wir sollten den Versuch wagen, uns anhand der Kraftlinie einen Weg in den Dschungel bahnen, um dieser Theorie einmal nachzugehen. Zunächst möchte ich aber um Eure Meinungen bitten. Mag ja sein, dass es noch andere Lösungen gibt." Der Magister schien recht überzeugt von seiner Theorie zu sein, was man seinem nun energischen Blick entnehmen konnte. 
Mürrisch schüttelte Hoheit Chanya Al'Mout'pekeret den Kopf. "Also wirklich, Unseretwegen dürft Ihr gerne in den Dschungel spazieren. Löst das Problem, aber fix." Und mit einem Blick in die Runde meinte sie: "Vier Verrückte auf einem Fleck, meine Güte, meine Güte..." Die Hoheit nickte Cornelius zu: "Der einzig Vernünftige in diesem Konglomerat von Händewedlern seid Ihr, Herr Kauz", drehte sich um und marschierte in den Turm zurück.

Alles, was Jarrêt dazu zu erwidern hatte, war ein Runzeln seiner Stirn und ein höfliches Beugen des Kopfes, als Ihre Hoheit entschwand.
"Nun, diese Mindergeister manifestieren sich an einem Ort, welcher starke arkane Kraft, eine arkane Ballung, in sich trägt, diese Geister sind gewissermaßen ein Nebenprodukt", erhob Myrrdin wieder das Wort. " Nehmen wir mal einen mächtigen Wirbelsturm, so würden wir wahrscheinlich, wenn wir nahe genug an ihn gelangen würden, bestimmt einige Luftmindergeister erspähen können. Wenn der Mindergeist aufgrund des Seitenarmes entstanden ist, so haben wir es mit einer gewaltigen arkanen Ballung zu tun, wenn der Geist jedoch hierhin gelangt ist, verwundert es mich, dass es sich um einen minderen Wassergeist handelt." Myrddin schaute zu seiner Gehilfin, dann zum Kauz, danach wandte er wieder das Wort an die Gruppe: "Wenn die Entscheidung feststeht, dass die Suche weiter in dem Urwald stattfinden soll, so möchte ich mich entschuldigen, da mein Alter es wohl kaum zulassen wird, dass ich mich durch dieses dichte Strauchwerk bahnen werde. Ich weiß nicht, ob ich diesen Anstrengungen gewachsen wäre, aber mein werter Collega Jarrêt wird ja, so denke ich, mitgehen und mir später alles berichten können. Doch zuvor sollten wir den Mindergeist bannen."
"Ihr meint also nicht, dass es sich um einen minderen Geist handelt?" Mit hochgezogener Augenbraue blickte die Nesetet zum Hofmagus der Hoheit. "Erlwulf? Ich weiß ja nicht. Natürlich, weder Geister noch Magietheorie sind etwas, womit ich mich beschäftigt habe, doch klingt mir dies alles doch noch recht verworren." Sie blickte in die schweigende Runde bevor sie fortfuhr. "Nun, jedenfalls werde ich mich nun darum kümmern, dass alles Notwendige für eine eventuelle Expedition in den Dschungel bereit ist. Einen Führer solltet Ihr wohl nicht benötigen, Magister Erlwulf kennt sich in den Wäldern um Djáset bestens aus, und ich denke doch nicht, dass Ihr vorerst soweit in den Dschungel vordringen wollt, dass eine Übernachtung in den Wäldern vonnöten ist, nicht wahr? Doch gestattet mir noch eine Frage, verehrte Spektabilitäten. Wie oder wodurch wollt Ihr den Geist bannen?" 
Magister Erlwulf gab nun nochmals einen Gedankengang zum besten. "Also, wir haben hier noch immer nur Vermutungen, denen wir auf den Grund gehen sollten. Dieser mindere Weingeist scheint eine Ausnahmeerscheinung zu sein, da mir und den werten Kollegen hier zumindest solch eine Erscheinung noch nicht begegnet ist. Solch eine Erscheinung lässt sich am besten mit einem GEISTER AUSTREIBEN bannen. Das geht natürlich nur, wenn diese in der Nähe erschienen ist. Mit 'in der Nähe' mag dabei durchaus ein größerer Wirkungskreis des Spruches gemeint sein, das lässt sich aber nicht so leicht festlegen und berechnen."
Myrddin und Jarrêt nickten einander zu, Myrddin bot ihm an, das Wort zu erheben, doch machte er eine ablehnende Geste, so dass Myrddin wieder sprach: "Nun Kristin, was denkst Du?" Die junge Gehilfin war etwas überrascht, dass ausgerechnet sie gefragt wurde. Sie schaute sich zum alten Magier um, überlegte kurz und wandte sich den anderen zu: "Nun, man könnte es mit einem GEISTER AUSTREIBEN versuchen, welcher sich für Geister natürlich anbietet, wie in dieser Situation, doch hat er eine recht große Reichweite. Anders der PENTAGRAMMA DRUDENFUSS, der nur halb so weit reicht, einfacher auszuführen wäre, jedoch auch stärkere Beanspruchung mit sich brächte als der GEISTER AUSTREIBEN." Sie hielt kurz inne. "Eine drastische Möglichkeit böte der AUGE DES LIMBUS, doch wäre er wohl zu gefährlich."
Seine Spektabilität Dur Avarc Syn blickte die junge Begleiterin der Gruppe an. Dann wandte er sich wieder der Gruppe zu: "Dass Euer gesetztes Alter keine langen und schwierigen Dschungelexpeditionen mehr zulässt, kann ich gut nachvollziehen. Dennoch erscheint es mir nicht ratsam, auf Eure kostbaren Kräfte dort - wo immer uns der Weg auch hinführen mag - zu verzichten. Wie Ihr wisst, könntet Ihr uns in jedem Fall folgen. Ich würde meine Hilfe dazu gerne offerieren." Mit einem zufriedenen Lächeln blickte Jarrêt seinen Kollegen an.
Eifrig diskutierend standen die Herren Magier noch vor dem Turm, schritten dabei auf und ab, versuchten Theorien aufzustellen, dass es einem Magieunkundigen nur so in den Ohren rauschen mochte. So war die Nesetet die erste, die dieses seltsame wolkenähnliche kleine Gebilde, nicht größer als ein zenacher Kürbis wohl, zuerst bemerkte. Durch die Luft schlingernd, sich dabei rasch dem Turm nähernd steuerte dieses Wölkchen direkt auf die Gruppe Leute zu. "Magister, seht!!!" erscholl der Warnruf der Nesetet, aber schon einen Augenblick später war dieses Etwas heran. Nun endlich hatten die anderen es auch erblickt, konnten aber nicht mehr verhindern, dass dieses Etwas durch die offene Turmtüre verschwand. Aus dessen Inneren hörte man sogleich einen überraschten Ruf der Haushälterin und danach ein Poltern. "Esme!" war die Nesetet zu vernehmen, und schon stürmte sie an den versammelten Magistern und der Inquisitorin vorbei in den Turm.

*  *  *

Esme stand nahe des Einganges neben einem umgestürzten Stuhl, blickte verwirrt auf die Nesetet und brachte zunächst nur ein "Das grüne Zeug ist in den Keller geflogen" zum Besten. Den Göttern sei Dank schien sie unverletzt zu sein.

Cornelius, der aufgrund des stürmischen Vorgehens der werten Nesetet aus seiner Meditation erwacht war, wollte schon zum Gezeter ansetzen, doch kam er kaum dazu. Die Spektabilität Myrddin Beryllius wendete sich zur Inquisitorin um: "So wenn es mir erlaubt ist, einen letzten Zauber für heute zu wirken?" Mit einem nahezu ausdruckslosem Nicken gab man ihm die Erlaubnis, und er setzte sich mit einem "Ich denke, der Turm wird nun des Geistes Ende sein" ebenfalls in Bewegung. Natürlich war er mit seinem Alter und der Robe nicht mehr der Schnellste, aber dennoch beachtlich rasch. Am Turm angekommen schien er die Größe des hohen Gebäudes abzuschätzen, dann zeichnete er mit seinem Stab ein Pentagramm auf den Boden recht nahe der Mauer. Er konzentrierte sich einige Sekunden und sprach, für die restliche Gruppe, die natürlich nachgekommen war, deutlich zu hören die antimagische Formel: "PENTAGRAMMA DRUDENFUSS, Heb dich fort in Rauch und Russ!"

Der Hofmagus der Hekátet war sich nicht sicher, ob man nun diesen Mindergeist mit dem Pentagramma-Spruch bannen konnte, aus diesem Grunde handelte er fast ebenso schnell wie Myrddin. Schnell zeichnete er ebenfalls ein Pentagramm auf den Boden und sprach die Formel des 'Geisteraustreibens', um den minderen Weingeist zu bannen. Nun würde es sich zeigen, um was es sich wirklich handelte. Gleich darauf war ein Rumoren aus dem Turm zu hören. Aus dem Eingang erschien nun diese kleine grüne Wolke, hinter sich wiederum einige Rufe der Überraschung lassend. Beständig änderte sie ihre Form, einmal lang, dick, geballt, und wieder kugelförmig. Schlingernd flog sie zunächst auf die Magiergruppe zu, änderte zwei-, dreimal seine Richtung, so als könne sie sich nicht entscheiden, was sie tun sollte. Hin und her gezogen von den antimagischen Sprüchen blähte sie sich noch einmal zu einer beachtlichen Größe auf, flog auf Erlwulfs Pentagramm zu und verging in diesem lautlos. Das alles war recht schnell geschehen, und nun war dieser mindere Geist endgültig gebannt.

*  *  *

Was nun folgte waren einige weitere Unterredungen, Mutmaßungen, Gespräche. Eine weitere Untersuchung des Turmkellers brachte kein Überbleibsel des Weingeistes zu Tage, auch war in Djáset sowie der näheren Umgebung nichts Ungewöhnliches bemerkt worden, was die Leute hier erschrecken würde. Eine von Magister Norsold und Seiner Spektabilität Dur Avarc Syn angeführte kleine Dschungelexpedition brachte, den Göttern sei Dank, auch keine unheilvolle Kunde aus dem Landesinneren. Zwar gab es diese leichte Kraftlinie, doch fand sich kein Ort, an dem Manifestationen gefunden wurden. So zerschlugen sich zwar einige Theorien, aber weitere Erscheinungen oder gar Schlimmeres wurde in den nächsten Tagen, Wochen und Monden in Táyarret nicht gesichtet.

Da jedoch die Ursachen für die seltsamen Vorkommnisse um den Weingeist nicht geklärt werden konnten, wurde das táyarretweite Magieverbot bis auf weiteres beibehalten und gleichzeitig der Hofmagus der Hekátet von ebenjener zu weiteren Forschungen an die Dekata entsandt, wo er vermutlich auch heute - noch Monde danach - wie jeden Tag murmelnd und brummelnd in den Archiven anzutreffen ist, auf der nimmer endenden Suche nach dem Geist des Weines, und von einigen Schülern inzwischen ebenso bereitwillig als lebendes Inventar der Akademie anerkannt wird wie Cornelius, der eigenwillige Kauz Seiner Spektabilität Berrylius, während Seine Spektabilität Dur d'Avarc-Syn einige Wochen nach jenen Vorfällen in der Nähe des Kalten Sees zu Ahami verscholl und allein sein treues Maultier Rasputin vor kurzem an den Hort der Gelehrsamkeit zu Khefu zurückkehrte, um - wie nur wahrlich böse Zungen behaupten - den freigewordenen Platz seines Herrn einzunehmen.
'Spektabilität' Rasputin schwieg sich bislang dazu aus und kaut weiter jeden Morgen zufrieden auf seinen Möhren...

FINIS

Erschienen in Opus no. 65 am 30.4.2000 als Reaktion oder Fortsetzung zu Der Weingeist - 3. Teil.

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