Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

28. Efferd im 54. Götterlauf nach Hal

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Academica Magica Mutanda Forumque Metamorphoses Cuslicienses
Consecutio Magica Mutanda Et Metamorphoses
Moral, Ethik und Rechtmäßigkeit

Spect. Caranosis Traumenstein

Getreulicher Bericht aus der Halle der Metamorphosen
(diese besuchen...)

Langsam und prüfend lässt seine Spectabilitas Minor Caranosis Traumenstein seinen Blick über die ihn aufmerksam und erwartungsvoll anblickenden Scolari schweifen.
"Die Herrin Hesinde mit Euch!" nach einer Weile durchbricht der Gruß die gespannte Stille. "Moral, Ethik, Rechtmäßigkeit der magica mutanda. Habt Ihr überhaupt eine Ahnung davon was das bedeutet?" Der Blick des Magus gleitet erneut prüfend und streng über die Handvoll junger Scholaren. "Erahnt Ihr überhaupt was, moralische Verantwortung bedeutet? Scolari, Ihr wandert auf einem schmalen Grat zwischen Gut und Böse - zwischen götterfürchtigem Handeln und blasphemischer Lästerung der Zwölfe! Die allweise Herrin HESinde gab uns die Macht das Wesen, den corpus, das Erscheinungsbild einer Kreatur und sogar unserer selbst zu transformieren. Bedenket aber, bedenket, die Götter selbst... der ewig weise Ratschluss der Zwölfe gaben und geben ein jeder Creatura den ihr zugedachten corpus. Und wer sind wir, dass wir uns erlauben können, diesen Ratschluss anzuzweifeln und zu revidieren? Wer sind wir? Aber ist es nicht wie mit vielen anderen Dingen? Erlauben uns Pflug, Axt und Schaufel nicht auch das Antlitz Deres zu verändern? Und ist es dann nicht erst Recht, wenn wir die heilige und großzügige Gabe der Herrin Hesinde nutzen um uns oder andere vor Schaden zu bewahren? Aber. Aber meine Scolari. Es ist niemals Recht und Wille der Göttin, dass diese Gabe dazu benutzt wird anderen zu schaden, sie zu übervorteilen oder sich ihrer zu bemächtigen. Deswegen steht vor jedem usus der magica mutanda die ausführliche Prüfung der Notwendigkeit und der Rechtfertigung. Rechtfertigt es die Situation in das Wirken der Götter einzugreifen? Wie mir zugetragen wurde, scheinen ja einige Scolari bereits intensive Studien mit Hilfe des VISIBILI VANITAR betrieben zu haben, die allen Geboten des Anstandes zuwiderlaufen." Mit ernsten Blick fixiert der Magister einen jeden der Schüler für einige Herzschläge bevor sein Blick weiterwandert. "Das ist Frevel! Das ist Missbrauch der Gabe der Herrin! Das ist eine unmögliche Unverschämtheit! Das zeiht nur wieder einmal, dass kein Fünkchen Anstand in so manchem von Euch steckt! Und seid Euch gewiss, die Herrin wird diesen Frevel ahnden! Sie wird die Übeltäter, diese Frevler, zur Rechenschaft ziehen. Und lasst es Euch gesagt sein: Wer einmal den rechten Pfad verlassen hat, findet nur schwerlich dahin zurück! Der Pfad der Gerechten ist eng und steinig, der Pfad der in die Irre führt ist breit und ausgetreten. Der Pfad der Gerechten - das ist der Weg zur Wahrheit, zur Erkenntnis, zur ultima ratio, der Weg zur Vollkommenheit und Perfektion - der ist niemals leicht, niemals einfach. Jeden Tag, jede Stunde, jeden Herzschlag fordert er von uns die völlige Hingabe an die Herrin HESinde, an die Weisheit, die völlige Versenkung in die Lehren der Wissenschaften! Studium, Forschung und Wissensdrang sind die Zier unseres Lebens! Nicht Gold, nicht Schmuck, nicht Macht - den was für eine Macht könnten wir schon gewinnen? Verglichen mit der Macht der Zwölfe sind wir doch nur stets der Wurm im Staube auf den wir mit Bedauern hinabsehen! Die Wissenschaft allein soll unser Lebenszweck sein! Wer sein Leben der Herrin weiht, der weiht sein Leben dem Wissen - dem Sammeln und Gewinnen von Wissen, aber auch der Verbreitung des Wissens! Das wollen wir nie vergessen! Es ist die heilige Pflicht eines jeden von uns, dass Wissen was wir erlangen festzuhalten und es weiterzugeben!
Wer diese Akademie besucht, gelobt der Herrin ewige Treue und den Weg des Gerechten! Ihr sollt denn weisen und umsichtigen Gebrauch der kostbaren und heiligen Gabe der Herrin zu Eurer Lebensmaxime machen! Magie ist kein Spielzeug, kein Mittel zum Zweck, kein Werkzeug - sondern Magie ist stets wie ein Gebet an die allweise Hesinde. Die arkanen Kräfte wurden uns nicht gegeben für billigen, lästerhaften Jahrmarktsbudenzauber, Schabernack und andere Schelmereien. All dies mag den Gemeinen unterhalten und sogar dem Phex gefällig sein - aber der Göttin der Weisheit wird es sicherlich nicht zur Freude gereichen, wenn die Gabe der Magie, in diese Welt geboren durch das Blut ihrer Tochter Mada, für solch sinnloses Treiben vergeudet wird! Die Herrin liebt das Spiel, die Freude und das Leben - es ist jedoch nicht zu vertreten - ach was sage ich - es ist unzumutbar dass solche Amateure, solche Scharlatane sich der Magie bedienen! Diese Einfaltspinsel stochern mutwillig in den matrices herum ohne zu wissen was sie dort tun! Ohne jemals auch nur einen Gedanken an die möglicherweise verheerenden Konsequenzen ihres unreifen Tuns zu verschwenden! Aber auch die feinen Magister, die meinen sich mit Kapriolen der magica phantasmagoria einen Ruf erwerben zu können, mögen sich fragen, ob es der Herrin der Weisheit, der Lehre und Wahrheit wohl gefallen mag, andere durch Lug, Trug und Illusion und anderes unsinniges Blendwerk zu verwirren, zu irritieren, zu verhöhnen!?" Der Magister holt tief Luft. "Beugt Euch dem Willen der Herrin! Schreitet mutig auf dem fordernden rechten Pfad voran! Dann werden Euch die Zwölfe eines fernen Tages dafür entlohnen. Aber seid Euch sicher, dass es bis dahin ein langer schwieriger, steiler und steiniger Weg sein wird. Aber es gibt keinen größeren Sieg als sich selbst zu besiegen! Auch wenn das Fleisch schwach sein mag, lasst nicht zu, dass sich Euer starker Geist diesem beugt!" Caranosis füllt seinen Becher mit frischem Wukka, dann lässt er sich in seinem Sessel nieder. Der alte Magus nimmt einen tiefen Schluck des heißen, dampfenden Getränks. Seine Züge entspannen sich deutlich. Langsam und ruhiger setzt er seine Vorlesung fort: "Ethik der magica mutanda. Ein schwieriger Bereich. Ich frage Euch: Welches Verbrechens macht sich ein Magus schuldig, wenn er einen anderen aus reinem Trieb erschlägt? Ein abscheuliches Verbrechen - ohne Zweifel. Mord so nennt es die Jurisdiktion. Aber nehmen wir nun mal an dieser Magus verwandelt sich in einen Wolf. Und während er ihm corpus dieser creatura gefangen ist, übermannt ihn der Geist des Tieres - und von dort an lenkt nun wieder ein animalischer Instinkt das Tun und Treiben jener Kreatur. Was aber ist, wenn diese Kreatur, dieser Wolf, der an sich gar nicht da gewesen wäre, hätte sich der Magus nicht in jenen verwandelt, einen Menschen durch seine scharfen Zähne und Klauen das Leben entreißt?"
Abwartend blickt der Magus in die Runde. Die Scolari schauen sich betreten und etwas irritiert an. Mit diesem Gedanken haben sie sich wohl bisher noch gar nicht befasst. "Ist es Mord? Hat der Magus einen Mord begangen in dem ihm fremdem corpus der Kreatur? Oder ist er ebenso Opfer? Oder war es fahrlässig? Aber wann ist es fahrlässig diese Mutatio durchzuführen? Ist der Magus für die Handlungen der Kreatur verantwortlich in die er sich verwandelte? Gut... sagen wir mal nein. Nein er ist nicht verantwortlich. Dann können wir ihn hierfür auch nicht bestrafen oder zur Rechenschaft ziehen. Aber woher wissen wir, dass er in dem Augenblicke nicht die Kontrolle über den Geist der Kreatur innehatte? Woher wollen wir das wissen? Konsultieren wir hierzu Präzedenzfällen, Dispute und den Codex Albyricus dann müssen wir uns erkennen, dass kein Weg daran vorbei führt, als anzuerkennen, dass der Zaubernde im vollen Umfang für das Handeln der von ihm erzeugten Kreatur verantwortlich ist. Denn einerseits ist ein Zauberer immer für die von ihm gewobenen arkanen Wirkungen verantwortlich und zweitens wäre es fahrlässig, wenn er sich bewusst wäre, dass er den Geist der Kreatur nicht beherrschen kann, es sich aber dennoch in der Nähe anderer Menschen in eben jene verwandelt. Betrachten wir aber nun diese Mutatio aus einer ganz anderen Perspektive. Auch hier möchte ich einen Präzedenzfall vortragen. Es ereignete sich 667 BF im Mond des Herren Praios. Der weit über die Grenzen des Lieblichen Feldes hinaus bekannte Magus Alirion Montague befand sich auf der Reise durch das wunderbare Horasreich. An einem Abende entschloss er sich zur Übung und zu Studienzwecken sich mit Hilfe des ADLER, WOLF UND HAMMERHAI in eine andere Kreatur zu transformieren. Als Ziel wählte er den Fuchs. So streifte er an jenem Abend als Fuchs durch den nahegelegenen Wald und die angrenzenden Weiden. Auf einer Weide jedoch verspürte er plötzlich einen großen Schmerz und erkannte, dass er durch die Pfeile eines geübten Jägers getroffen wurde. Ehe er sich versah, traf ihn ein zweiter Pfeil - dieser durchtrennte dann auch den nur noch dünnen Lebensfaden. Doch mit letzter Kraft ist es dem Magus noch geglückt, die Transformatio zu beenden - jedoch zu spät, um sein Leben noch zu retten. Als der Jäger nun seine vermeintliche Beute erreichte, erblickte er den mit zwei Pfeilen durchbohrten Magus. Entsetzt über seine Tat brachte er diesen augenblicklich zum nächsten Richter und bat diesen über ihn zu richten.
Was aber sollte der Richter als Urteil fällen? Der Jäger hat mit zwei Pfeilen einen unbescholtenen und angesehen Bürger des Reiches getötet. Aber er konnte es ja nicht erkennen, denn er zielte und tötete einen Fuchs. Nichtsdestotrotz hat er damit einem Menschen das Leben geraubt. Das Gericht entschied auf unschuldig, denn dem Jägersmann war kein Vorwurf zu machen. Und nicht zuletzt würde diesem die Erinnerung an diese grausame Verwechslung sein Leben lang zu schaffen machen.
Nun, Scolari. Fazit der Betrachtung dieser beiden Perspektiven sollte sein, dass ihr Euch dessen bewusst sein müsst, dass ihr für das Handeln der von Euch geschaffenen Mutationsform voll verantwortlich seid und dass Euch in einem tierischen Korpus Gefahren drohen. Aber diese Gefahr kann nicht nur Euch das Leben entreißen, sondern auch einen Unwissenden in tiefste Verzweiflung stürzen!
Betrachten wir nun mal die Konsequenzen einer anderen formulae. Dem SALANDER. Der SALANDER befähigt Euch ein Lebewesen in ein anderes Lebewesen zu transformieren. Wir stoßen hier sicherlich nicht an moralischen, ethische oder rechtliche Grenzen wenn wir aus einem heranstürmenden Keiler eine zahme Haussau machen - obwohl sich hier die Frage der Wilderei aufwirft. Was aber ist, wenn wir eine friedliche Kuh in einen reißenden Wolf verwandeln, der auf der Nachbarweide die ahnungslosen Schafe reißt. Hierfür trägt der Magier allein die Verantwortung! Er ist für alle Regressansprüche haftbar zu machen!
Was aber ist, wenn ein Magus eine andere Person in ein Tier verwandelt? Geschieht es im Einverständnis des Person, dann gibt es sicherlich keine Probleme. Oder? Angenommen der Gefährte eines reisenden Magus bittet diesen ihn in ein möglichst kleines Tier zu verwandeln. Der Magus gewährt seinem Gefährten diesen Gefallen. Als Zielform wählt der Magus eine Ratte. In der Gestalt der Ratte eilt der Gefährte davon und dringt in das Anwesen eines reichen Bürgers ein. Dort stiehlt er einen wertvollen Ring. Mit diesem Ring kehrt er zu seinen Gefährten zurück. Wie sieht es hier aus? Hat der Magus Mitschuld an diesem Diebstahl? Oder trifft die alleinige Schuld den Gefährten? Auch hier kann man sich streiten. Denn wenn der Magus nichts von den üblen Absichten des Gefährten wusste, wie sollte man ihn zur Rechenschaft ziehen? Aber es liegt ja auch auf der Hand: Hätte der Magus seinen Gefährten nicht in die Gestalt der Ratte transformiert, hätte er den Diebstahl wohl nicht begehen können. Ihr seht, auch hier ist die Sachlage nicht immer ganz einfach zu entscheiden.
Eine schweren Verbrechens macht sich jedoch ein jeder Magus schuldig, wenn er jemanden gegen seinen Willen seiner Urform beraubt - vor allem wenn dies mit der Absicht auf eine permanente Mutatio geschieht. Der Codex Albyrics sieht hierfür die härtesten Strafen vor. Des weiteren werden solchen Aktivitäten auch durch den Orden der "Pfeile des Lichtes" geahndet. Und diese Damen und Herren gehen nicht besonders zimperlich mit erwiesenen Delinquenten um.
Nun... Ich denke wir haben in dieser Vorlesung nun die wichtigsten rechtlichen, moralischen und ethische Aspekte der Mutatio angerissen. Ich erwarte zur nächsten Vorlesung von jedem ein Elaborat mit einer ausführlichen Analysis und Disputio zu einem bekannten Fall. Und ich erwarte bei jedem einen anderen Fall und ich denke ich werde keine Überarbeitungen bereits im letzten Jahr vorgebrachter Thesen zulassen. Nun geht. Hesinde mit Euch!" Caranosis lehnt sich zurück in seinen Sessel, nicht ohne vorher einen weiteren Schluck vom noch immer dampfenden Wukka genommen zu haben.

Erschienen in Opus no. 73 am 2.7.2000 als Reaktion oder Fortsetzung zu Ratio Magica Mutanda II, Thesis und Praxis.

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