Opus veritatis scientiaeque

Der Schwarze Limbus    

28. Efferd im 54. Götterlauf nach Hal

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Reaktion auf:
Eborëus Zachariad: "Die Magie der Menschen (Gilden): Eine Magie der Welt, oder doch nur die Magie eines jeden einzelnen?"

Wie die verehrten Collegae sicherlich bemerkt haben werden und wie es der Collega Zachariad uns gegenüber auch schon betonte - hat sein besagter Artikel im (übrigens äußerst gut gelungenen und interessanten) Opus #100 nur mittelbar mit unserem vorausgegangenen Abschluss unserer Reihe zu elfischer Magie zu tun. Nichtsdestotrotz fühlen wir uns veranlasst, einige ernste und um möglichst wenig Spitzen bemühte Reaktion zu verfassen, mit der wir uns in gewisser Hinsicht von den Aussagen des A.mj. Zachariad distanzieren möchten, in anderer Hinsicht hoffentlich Klarheit schaffen können in Bezug auf unseren Standpunkt gegenüber den genannten Begriffe der "Ignoranz" und des "Elbozentrismus".

Adeptus: Wir sind von Eurem Artikel betroffen, denn ihr verwendet polemisierende Formulierungen, die wir für nicht angebracht und standesgemäß halten. Aber wir sind von Euren Worten dennoch nicht direkt tangiert, auch wenn das vielleicht erst einmal als ein Widerspruch erscheinen mag. Nicht tangiert deswegen, weil wir weder aus Eurem ersten unsere Publikationen betreffenden noch aus Eurem aktuellen Artikel präzise entnehmen konnten, wogegen sich Eure Polemik tatsächlich richtet: gegen die Elfen oder gegen die Konsequenzen, die sich aus unserer Theorie ergeben, wenn man diese ernst nimmt. Das heißt, gegen ein Bild der Elfen, das wir implizit mit unserer Theorie transportieren, und damit gegen unsere Theorie, weil diese notwendig zu einem solchen, um es platt auszudrücken, moralisch zu verurteilenden Bild der Elfen führt? Denn dies ist ja ein großer Unterschied! Sagt Ihr nun, dass die Elfen in ihrer Ignoranz und ihrem "Elbozentrismus" Frevler an der gesamten Schöpfung sind oder wir, weil wir die Elfen in Farben malten, welche für Euch diese beiden Eigenschaften zu enthalten schienen? Es war uns leider nicht möglich, als Ziel Eurer Tiraden explizit die eine oder andere oder gar eine dritte Möglichkeit auszumachen, denn es gelang uns nur unzureichend, die Strukturierung Eures Textes als Systematik zu durchschauen.

Des weiteren und mit obigen Bemerkungen in Zusammenhang stehend, drängte sich uns die Frage auf, ob Ihr letzteren Artikel tatsächlich zwecks einer ernstgemeinten Auseinandersetzung mit unseren Thesen verfasstet, oder ob Ihr Euch nicht unseres Artikels bedientet um eine Euch außerordentlich wichtig scheinende Sache auszuführen. Eure Emotionalität mag denn auch der Sache Eurer Polemik angemessen sein, dem Zusammenhang (i.e. den Intentionen unserer Theorie) jedoch nicht (denn weder bestreiten wir, dass es böse Menschen gibt, noch dass die vergangenen Zeiten schrecklich waren), und so hatten viele Stellen Eures Textes mit unserem Anliegen gar nichts zu tun.

Deshalb behagt uns die von Euch zwecks eines Austauschs über unsere Theorien und über solcherlei Themen insgesamt gewählte Form ganz und gar nicht - denn Eure positive Emotionalität in Bezug auf die Schrecknisse der Gegenwart und Vergangenheit kann nur zu leicht (und trotz Eurer eigenen einlenkenden Worte) als äußerst negative und scharfe Emotionalität gegenüber uns verstanden werden. Wir wollen im folgenden auf verschiedene Punkte Eures Textes eingehen:

Ihr richtet Euch gegen "zwei grundsätzliche Frevel an der gesamten Schöpfung: die Ignoranz und [...] der Elbozentrismus", die Ihr als Konsequenzen bezeichnet, die sich aus unserer Theorie ergeben können (in welchem Falle, unter welcher Bedingung, bezogen worauf? - das will nicht so recht klar werden). Ganz am Ende Eures Artikels bemerkt Ihr, dass Ignoranz als "Nicht-Beachten" oder "Nicht-Wissen" gar "keinen negativen Beigeschmack" hat, was sich unserer Meinung nach nicht so recht mit Eurer anfänglichen Feststellung, hierbei handele es sich um einen "grundsätzlichen Frevel an der gesamten Schöpfung" vereinbaren lässt. Auf diese Ignoranz können wir hier deshalb nicht weiter eingehen, weil wir verständlicherweise unsicher sind, wie diese denn nun eigentlich zu verstehen und zu bewerten ist.

Zum Elbozentrismus: Wir scheinen nicht explizit genug beschrieben zu haben, was wir mit 'Welt' meinen, denn Ihr sagt, aus unserer Theorie würde sich folgendes ergeben: "wenn ein Elf von Welt redet, so kann er ... gar nicht die gesamte Welt mit all ihren Sphären, Domänen oder Globulen meinen ... [sondern er] versteht ... darunter seine direkte Umgebung, sein Wahrnehmungsfeld, in welchem er sich derzeit gerade befindet." Das ist nicht richtig, und eine solche Aussage haben wir auch nie intendiert. Norfold hat in seiner Trinitätstheorie (lest nun sorgfältig:) das Wesen des Teils der spezifischen, momentanen Umgebung des Elfen, die mit seiner Zauberhandlung in Zusammenhang steht, als WELT SEIN bezeichnet.

Wir haben jedoch niemals Aussagen darüber getroffen, was ein Elf sagen würde, wenn er von irgendetwas redet, sondern haben immer wieder betont, dass unsere Beschreibungen sich eines menschlichen Vokabulars bedienen, das uns angebracht erscheint, den Menschen - speziell den Magiern - die elfische Magie, wie sie sich uns darstellt, näherzubringen, haben aber niemals den Anspruch erhoben, dass ein Elf dieses Vokabular tatsächlich teilen würde. Unsere Theorie macht schlicht keine Aussage darüber, was ein Elf meint, wenn er von Welt redet, jedoch möchten wir an dieser Stelle anfügen, dass wir überzeugt sind, dass für einen Elfen die Welt natürlich nicht nur in seiner momentan wahrgenommenen Umgebung besteht, sondern dass er ein mindestens (!) ebenso umfassendes Weltbild und Weltverständnis besitzt wie wir Menschen - und zwar auf dem Hintergrund einer wesentlich längeren Geschichte und eines fundamental anderen, aber in vieler Hinsicht tieferen Verhältnisses zu Magie, einer mithin außergewöhnlichen Sensibilität für magische Strömungen, die den wenigsten Magiern (auch denen Eurer Akademie wahrscheinlich) zu eigen ist.

Ihr zieht also völlig zu Unrecht, wie wir meinen, aus unserer Theorie den Schluss, dass die Elfen nur einen kleinen Teil der Welt als WELT betrachten, (ganz abgesehen davon, dass dies bei Euch den Vorwurf des Hedonismus einzuschließen scheint, wie sich aus Eurer Interpretation, dass ein Elf nur das "Jetzt und Hier" sieht, das er - in augenscheinlich hedonistischer und selbstverliebter Motivation - "in einen Zustand des Gleichgewichts mit seinem SELBST SEIN bringen" will; hier ist unsere Theorie schlechthin ganz und gar missverstanden) dass also ein wesentlicher Teil der Welt, der Realität, wie wir Menschen sie verstehen, für sie nicht existent ist. Das ist zwar formal gesehen richtig (denn tatsächlich gibt es wahrscheinlich für einen Elfen keine Sphären und Domänen und Globulen), aber inhaltlich falsch, da diese Tatsache von Euch einer falschen Interpretation unterzogen wurde: Denn Ihr geht implizit davon aus, dass unsere (menschliche oder gildenmagische) Welt, also unser Weltbild und Weltverständnis, absolute Realität ist, also objektiv die wahre Art, die wahre Gestalt, das wahre Sein der Welt beschreibt! (Und deshalb geht für Euch aus unserer Aussage, für die Elfen gebe es bestimmte Dinge unserer Welt nicht, hervor, dass Elfen nur bestimmte Teile der objektiven Realität kennen, und nicht etwa - wie von uns gemeint - dass Elfen eine andere Realität haben als wir.)

Genau dieses Weltverständnis haben wir kritisiert und möchten uns hier nicht scheuen, in Anlehnung an Euer eigenes Vokabular und Eure eigene Argumentation, dieses als Anthropozentrismus zu bezeichnen, der, wenn man Eurer Argumentation in diesem Sinne folgen würde - was wir nicht tun! -, genauso verdammenswert wäre wie der sogenannte Elbozentrismus, weil es ebenso eine Form von Egozentrismus ist. Lasst uns dies ausführen:

Ihr definiert Elbozentrismus erstens als eine den Elfen eigene Einstellung zur Magie, die sich dadurch auszeichnet, dass Magie für Elfen etwas Natürliches und nichts Sonderbares ist, womit eine "Ignoranz ... gegenüber unserer Form von Welt" einhergeht. Dieses können wir durchaus gelten lassen und würden es nicht unbedingt kritisieren: warum auch sollten wir den Elfen vorhalten, ein gewisses Desinteresse für eine Welt zu hegen, wenn für die Elfen eine Begegnung und Beschäftigung mit ihr zu einer schlimmen (zur schlimmsten) "Krankheit", dem badoc-Werden führt? Diese Tatsache ist ja keine kulturelle Willkürlichkeit, keine genuine Seltsamkeit des Elfenvolkes, keine prinzipielle Arroganz und Herablassung - sondern ein Ergebnis von geschichtlichen, kulturellen, und auch philosophischen Prozessen, in welche wir Menschlein mit unserem Geschichtchen schlicht nicht genug Einblicke haben können, um Urteile zu fällen, wie Ihr das tut.

Zweitens definiert ihr den Elbozentrismus dann als "eingeengte Betrachtungsweise der Welt, nämlich [als] Betrachtung lediglich ihrer jeweiligen Umwelt", was ja, wie wir oben dargelegt haben, schlicht weder unserer Theorie noch unserer Auffassung der Sichtweise von Elfen entspricht (und somit gegenstandslos ist).

Dass es einen Elbozentrismus gibt, würden wir ebenso sehen, dass dieser zu kritisieren oder gar zu verdammen wäre, würden wir aber aufs Schärfste bestreiten - oder aber, wir müssten ebenso Eure Weltauffassung als verdammenswert betiteln (was uns völlig fern liegt), da diese, wie wir gleich ausführen werden, eben als anthropozentrisch (gar als anthropozentristisch?) zu bezeichnen ist. Da die Worte Egozentrismus und Elbozentrismus ersteinmal nur bedeuten, dass das Subjekt, welches mit diesen Worten gemeint ist - also ganz allgemein das Ich oder eben der Elf (als Gesamtheit der Elfen) - sich als Mittelpunkt seiner Welt sieht, ist eine Anwendung des Wortes Anthropozentrismus auf die Weltsicht, die Ihr für Euch in Anspruch nehmt durchaus legitim, besagt dies doch nichts anderes, als dass der Mensch der Mittelpunkt dieser Welt ist - und dass dies Eure Meinung ist, scheint uns aus Zitaten wie dem folgenden nur zu offensichtlich zu werden: "Tausende und abertausende von tapferen Kämpfern fragen zu recht, wo denn die Elfen waren, als ihnen ihr Auge ausgestochen, ihr Bein abgehackt, ihre Geschwister zu Tode gequält oder ihre Eltern erhängt wurden!" Ganz abgesehen davon, dass die Art der Beschreibung, die ihr hier wählt, schlechter Stil ist, der eher der emotionalisierenden Polemik eines Rhetorikers angemessen wäre als der Argumentation eines Gelehrten, wird in diesem Zitat doch offensichtlich, dass Ihr die Belange der Menschen und der menschlichen Welt (i.e. der Welt, wie sie sich den Menschen darstellt und nicht! des Teiles der Welt, der die Menschen betrifft) als das Maß aller Dinge betrachtet und deshalb natürlich die Elfen dafür kritisiert, dass sie in diesen Belangen (die Ihr als die objektiv Wichtigsten seht) nicht ihre schuldige Pflicht getan haben (mit Verlaub und um einer abermaligen emotionalen Reaktion vorzubeugen: auch wir haben gekämpft, haben Leiden gesehen und haben Freunde verloren - bitte seht davon ab uns Blindheit oder mangelnde Einsicht in den Ernst der Bedrohung unserer Welt zu unterstellen.)

Kurz gesagt ist für uns die Konsequenz aus Eurem Elbozentrismus-Vorwurf: entweder verdammenswerter Egozentrismus für Elfen und Menschen oder, wie es unsere Theorie besagt, ein Elbozentrismus oder Anthropozentrismus des jeweiligen Volkes, der gar nicht anders denkbar ist, der a priori als Bedingung der Möglichkeit von Welterfahrung gegeben ist und deshalb nicht in moralische Kategorien gefasst werden kann (nach Windfeders De Natura Magiculturae ist dies eigentlich unnötig, nocheinmal zu betonen...)

Nicht nur in diesem philosophischen, sondern auch im moralischen Sinne möchten wir allerdings eine Aussage Eures Textes scharf kritisieren: Ihr möchtet aufzeigen, "wie wichtig es ist, auch die Elfen ein gesamtheitliches Weltbild, welches durchaus geteilt ist in Strukturen und mehrere Sub-Welten, jedoch im Ganzen gesehen werden kann, zu lehren und ihnen vom unabdingbaren Gleichgewicht zu berichten". Es scheint, obwohl Ihr unseren Texten mehrfach Lob ausgesprochen habt, als würdet Ihr unser wichtigstes und vordringlichstes Anliegen dennoch nicht teilen: Eine fremde Kultur als eine zu behandeln und zu sehen, der wir mit unseren angestammten Kategorien nicht gerecht werden können, sondern der wir vor allem erst einmal Respekt und den Willen, sich tatsächlich auf sie einzulassen, entgegenbringen sollten.

Ihr tut hier so, als seien die Elfen kleine Kinder, denen die weisen Gildenmagier erst einmal die wichtigsten Belange der Welt beibringen müssen. Ihr scheint dabei zu übersehen, dass, wie oben schon angemerkt, die Elfen auf eine wesentlich längere und ereignisreichere Geschichte zurückblicken, die man mit unserer kaum vergleichen kann. Mit Verlaub: Alt-Güldenländisch wurde in Aventurien zum ersten Mal gesprochen als die Zeit der Hochelfen schon vorbei war. Die Elfen haben sich schon vor Jahrtausenden die Finger an Erfahrungen verbrannt, die wir vielleicht erst noch machen werden! Unter der Prämisse, dass auch die Geschichte einer Kultur, eines Volkes unabdingbar zu deren Weltbild dazugehört, lasst uns ein Zitat aus einer älteren Opus-Ausgabe anbringen, welches in einigermaßen prosaischen Worten verdeutlicht, worauf wir hinaus wollen:

"Ich möchte Euch zu bedenken geben, bei dem was ich euch gleich erläutern werde, dass die Elfen lange vor den Menschen das Land besiedelten. Dass die Elfen Völker kommen und verschwinden sahen, sie erlebten wie sich mächtige, gewaltige Städte erhoben und wie sie wieder zu Staub zerfielen... ja sie erlebten sogar den Untergang und das Sterben von mächtigen Göttern. ... [Diese Erfahrung] war schmerzhaft, sie ist schmerzhaft und sie ist noch immer bitter. Aber andererseits ist sie die Grundlage dessen, was wir Elfen am meisten achten: Die Freiheit!" (Magister Magnus Isandrian Desgrandan zu Kuslik; Eine Einführung in die Magie der Elfen - Teil I; Opus #75)

Und dann sprecht Ihr davon, dass wir Menschen uns nicht nur anmaßen können, sondern dies sogar sollten, den Elfen "ein ... Weltbild ... zu lehren und ihnen vom unabdingbaren Gleichgewicht zu berichten"?! Die Elfen wissen wohl, was Gleichgewicht bedeutet, doch mögen sie es aus einem anderen Blickwinkel betrachten, als Ihr und wir - was ist daran verdammenswert? Desweiteren scheint Ihr den Elfen auch noch sagen zu wollen, wie sie ihre Magie einschätzen sollen und wie sie mit ihr umzugehen haben? Wenn wir es nicht ablehnen würden, uns den Kategorien Eurer Argumentation zu bedienen, müssten wir wohl eher Euch als ignorant bezeichnen...

Lieber Adeptus Zachariad: wir haben uns bemüht, nicht im Zorn zu sprechen und sorgfältig jenen Stil zu vermeiden, welcher uns in Euren Ausführungen so scharf entgegensprang. Nocheinmal müssen wir betonen, dass wir Euren Groll und sicherlich viele Eurer Erfahrungen teilen - ihn bloß nicht unserer Sache angemessen sehen und deshalb in dieser Länge reagierten. Es wird nicht nötig sein, diese Diskussion bis zum Letzten auszufechten - sie sollte sich vielmehr entweder verlagern (sowohl das Gleichgewicht der Sphären, als auch die Magie der Elfen bleiben interessante Themen), oder in Friedlichkeit ruhen.

Mit Gruß, M. Travian Norfold und M.ex. Reiju Windfeder

von: Tyll Zybura & Katharina Pietsch
Erschienen in Opus no. 101 am 25.3.2001 als Reaktion oder Fortsetzung zu Die Magie der Menschen (und Gilden): Eine Magie der Welt, oder doch nur die Magie eines jeden einzelnen?.

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