Korrespondenz aus dem Káhet Ni Kemi
Echsenkultur kehrt zurück!
Aus dem Reisebericht der Hesindegeweihten Rala Korubur, die vor wenigen Tagen von
ihrer Forschungsexkursion im Urwald von Rekáchet zurückgekehrt ist:
"Wir schlugen uns nun schon seit sechs Tagen durch den Dschungel und hatten wohl
kaum noch Hoffnung, jemals die Ruinen von R'Quizz'chaz zu erreichen. Die Moskoitos
machten uns zu schaffen und der Proviant ging auch zu Ende. Fieber plagte uns alle,
und unsere mohischen Führer waren schon vor zwei Tagen geflohen, es gebe zu viele
böse Geister hier, riefen sie nur. Wir waren schon nahe der Verzweiflung, als plötzlich
zwei Achaz wie aus dem Nichts auf uns zutraten und uns in gebrochenem Brabaci
nach unserem Begehr fragten. So fern von jeder bekannten Achaz-Siedlung auf
Echsenmenschen zu treffen, überraschte uns doch sehr, aber freimütig erzählten wir
ihnen von unserer Suche nach ihrer versunkenen Stadt. Die Achaz schienen überrascht zu sein (sofern man ihren Mienen überhaupt irgendetwas entnehmen
konnte). Sie berieten sich kurz untereinander und dann boten sie uns an, uns zu
führen. Überglücklich willigten wir ein und nach etwa einer Stunde Fußmarsch lichtete
sich das Laubwerk und wir erreichten tatsächlich R'Quizz'chaz, doch was wir sahen,
verschlug uns zweifach den Atem. Nicht nur, dass wir mitten im Dschungel auf hohe
Pyramiden und ein Straßensystem trafen, darauf hatten wir ja gehofft - nein, auf diesen
Straßen wimmelte es auch noch von Echsenmenschen, die überall arbeiteten, um
Gebäude zu erneuern und Waren zu transportieren. Wir wurden von einem Achaz
namens Ak'Ssarr begrüßt, der uns freundlich willkommen hieß und uns einlud zu
rasten und unsere Vorräte aufzufüllen. Wir willigten beglückt ein und dankten
Tsa, deren gütige Lehren von den Echsen wohl besser befolgt werden, als von vielen von
uns Menschen. Auf unseren Spaziergängen durch die, zugegeben kleine, aber
beeindruckende Stadt, sahen wir einen Tempel der Zsahh und mehrere Schulen, in
denen die Achaz wohl in Glaubensfragen unterrichtet werden. Dazu sollen sogar
Religionsgelehrte aus H'Rabaal angereist sein. Auf unsere Frage, ob auch die alte
Echsenmagie wieder unterrichtet werde, sagte man uns, dass diese Lehren wohl leider
für immer vergessen seien. Nachdem wir zwei Tage Gäste der Achaz waren, und ich
viel erfahren konnte über Architektur und Kunst der alten Zeit, brachen wir wieder auf,
um die Gastfreundschaft nicht überzustrapazieren. Leider wurde unser Abschied
überschattet von einer Tragödie, denn unser heißsporniger junger Krieger Raîd hatte
sich in den bröckelnden Ruinen einer Pyramide wohl wieder zu weit vorgewagt und war
verunglückt. Wir fanden ihn erst am Nachmittag - Boron sei mit ihm. Trotz meiner
Trauer muss ich bekunden, wie es mich glücklich stimmt, dass die Achaz wieder zu
ihren alten Riten und Bräuchen zurückkehren. Dadurch werden völlig neue
Möglichkeiten geschaffen, den Kontakt zwischen Menschen und Echsen zu verbessern und hesindegefällig voneinander und miteinander zu
lernen."
(Im Auftrage des Hanno von Heiligenfeld)
Graf Ricardo von Grauenberg von Terkum gefallen!
Eine furchtbare Nachricht erreichte uns Anfang des Traviamondes aus dem
Grenzgebiet zu Brabak. Graf Ricardo von Grauenberg, Held der Schlacht von Mohema
und Marschall der Schwarzen Armee, geriet mit vier Ritterrinnen des Hl. Laguan in
einen Hinterhalt von feindseligen Waldmenschen und kam dabei durch einen heimtückischen vergifteten Blasrohrpfeil ums Leben.
Der Graf befand sich gerade zu Besuch beim Edlen von Fort Westerheim, Amir Battaî,
als ihm durch einen verwundeten und abgehetzten Boten seiner seit Jahren mit
persönlicher Aufmerksamkeit aufgebauten "Dschungelpatrouille" die Nachricht
überbracht wurde, "eine Handvoll feindseliger Waldmenschen" hätten ein Lager von
Goldsuchern im dichten Dschungel an den Ufern des Taton-Flusses überfallen. So
brach der Neset umgehend mit seiner Eskorte auf, um den Bedrängten zu Hilfe zu
eilen - doch welch Verrat! - der verräterische Bote lockte den Grafen in einen feigen
Hinterhalt. Die Ordensleute kämpften heldenhaft und konnten den Feind schließlich in
die Flucht schlagen, doch für den Marschall kam jede Hilfe zu spät. Die Leiche des
großen Kriegers wurde von den vier Frauen des Lagaunaordens, die selbst teilweise
schwere Verletzungen erlitten hatten, nach Fort Westerheim gebracht und dort
aufgebahrt.
Die Umstände des Überfalls sind noch unklar, doch der Bote und die tückische Falle
lassen diesen Waldmenschenüberfall in anderem Licht erscheinen. Organisiert
der Keke-Wanaq-Oberhäuptling Anopatahwa seine Kriegerinnen und Krieger? Warum hat
die Dschungelpatrouille den Grafen verraten? Plant der Obwilde inzwischen gezielte
Angriffe auf herausragende Militärführer des Káhet, anstatt mit wilden, schreienden
Haufen unterschiedslos Kinder und Greise zu massakrieren?
Erneut blutiger Todesfall in Terkum - Vögtin Simin Îskát in die Hauptstadt beordert
Kurz nach Bekanntwerden des Todes des Grafen Ricardo von Grauenberg, der Opfer
eines feigen Attentates feindlicher Waldmenschen wurde, hat das krisengeschüttelte
Terkum erneut den Verlust eines Adligen zu beklagen. Der Leichnam von Baron T'kem
Pah'Chthon Ni Dju'imen wurde am frühen Morgen von einem braven Bäuerlein in den
Reisfeldern außerhalb von Chereteru gefunden. Nach Aussagen der Dörfler war sein
Leib gar gräulich zugerichtet und eine Identifizierung nur anhand seines Ordensdolches
möglich. Ob er gleich dem Grafen einem Anschlag zum Opfer gefallen oder aber wilde
Tiere seinen garstigen Tod zu verantworten haben, kann zur Stunde nur gemutmaßt
werden. Währenddessen wurde die Ordens-Generalin Simin Îskát, die sich auf dem
Wege nach Fort Westerheim befunden hatte, um nach eigenen Angaben‚ 'einige
Irregularitäten' mit Hochwohlgeboren von Grauenberg zu klären (Gerüchte besagen,
der Neset habe den durch Soldaten des Forts jüngst entdeckten Schatz heimlich in
einer Nacht- und Nebel-Aktion außer Landes schaffen wollen), zurück nach Merkem
befohlen, um einstweilen die ordnungsgemäße Verwaltung der Provinz zu gewährleisten.
Während in großen Teilen der Provinz Trauer und Entsetzen vorherrschen, berichten
Augenzeugen aus Nedjes und Mohema von spontanen Freudenkundgebungen der dortigen Bevölkerung, als der Tod des nicht überall wohlgelittenen Grafen bekannt
wurde. Nahe Mohema demolierten einige Störenfriede den erst kürzlich an der Grenze
zu Rek'mehi eingeweihten Handelsposten der Waldmenschen. In Nedjes konnte die
aufgebrachte Menge nur durch das beherzte Auftreten des jungen Alêan Chessarez
ibn Djerida zur Vernunft gebracht werden, eines Mannes, der in der Vergangenheit
häufiger an der Seite Ihrer Hochwürden Dhana Chesaî'ret zu sehen war und von dem
nicht viel mehr bekannt ist, als dass er ein lang verschollener Verwandter der Bischöfin
sei.
Die Bischöfin selbst weilte zum Zeitpunkt der Unglücksfälle ebenfalls in Fort
Westerheim, wo sie den dortigen Rabenschrein weihte und den Räblein der Edlenschaft endlich den langersehnten Priester brachte, Seine Gnaden
Dewen-râ,
welcher fürderhin für das Seelenheil der Soldaten und Soldatinnen aber auch der
ansässigen Zivilbevölkerung sorgen solle. Manch einem mochte es wie ein makabrer
Zufall scheinen, dass die Mehibet noch am Abend vor dem Mord an Neset von Grauenberg in einer mitreißenden Predigt von einem baldigen Zeichen kündete,
welches der Herr all jenen senden werde, die aufrecht SEINEN Weg beschritten,
indem ER jene strafe, die den Wahren Glauben verrieten und das Heilige Land mit ihrer
Anwesenheit beschmutzten. Es ist kein Geheimnis, dass die ehemalige Rebellin dem
Gardemarschall offene Feindseligkeit entgegenbrachte, und so baten wir sie behutsam
um eine Stellungnahme. "Hätte mein Schwert ihm den Tod gebracht", so die Antwort
Ihrer Hochwürden, "so hätte ganz Kemi davon erfahren. Eine Streiterin des Reinen
Weges verbirgt ihre Taten nicht."
Unterdessen liegt von der Fürstin der Kirchenprovinz noch keine offizielle Stellungnahme über die Nachfolge der beiden vakanten Adelsposten vor, doch
es kann als gesichert gelten, dass der Tem'kat-Sproß und Akîb Ni
Rek'mehi, Tiàmar Tem'k'at'nafe'phi, für das Grafen amt in die engere Wahl Ihrer Durchlaucht von Nedjhit
fällt.
(Aus der Feder unserer geschätzten Korrespondentin Nâset al'Weiss.)
Nach dem Sterben nun der Exodus?
- Der Auszug des Wachtelfelser Adels -
Kaum hatte sich die Nachricht vom Heldentod des Grafen von Grauenberg, sowie Tags
darauf vom grausigen Tod des Barons der Dschungelprovinz Dju'imen verbreitet,
erreichte uns weitere Kunde aus dem krisengeschüttelten, wilden Dschungelland von
Terkum. Der äußerste Westen der Provinz war es, der unsere Aufmerksamkeit
erregte, denn dort im tapferen Wachtelfels, ereignete sich ein spektakulärer
Massenexodus.
Innerhalb nur weniger Tage trat der gesamte dort ansässige Adel kollektiv von Posten,
Ämtern und Würden zurück und ließ die kleine Grenzprovinz verwaist hinter sich. Die
Kanzlei des Königinnenreiches erreichten Rücktrittsgesuche sowohl von Akîb
ni'Chthon, wie auch von Sahet Rondragebund, Sahet Stragonez und Sahet di Monti.
Selbst der Kanzler Chentasûs, Magister Erlwulf Norsold, schloss sich dem Auszug an
und verließ gemeinsam mit seiner Verlobten Nadjeijda Ni Lofran ihr jüngst erst
bezogenes schmuckes Häuschen im ordoreer Djáset. Zurück blieben eine verwirrte
wachtelfelser Bevölkerung, ein einsamer Zauberstab und viele ungeklärte Fragen...
(Aus der Feder unserer geschätzten Korrespondentin Nâset al'Weiss.)
Opus-Korrespondent Doctor Enrico Radan Barmin
von: Armin Abele Erschienen in Opus no. 127 am 28.10.2001.
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