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Der Schwarze Limbus    

20. Travia im 54. Götterlauf nach Hal

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Das Siebente Element

Magiephilosophische Diskussion des Riva'er Denkerkreises
Es spricht: Darius Rakorium Furthausen, Alchemist und Magietheoretiker

Geschätzte Kollegen, Studenten, Zauberer

Viel gemunkelt und noch viel mehr umstritten war und ist der Sachverhalt um die Beschaffenheit der elementaren Zusammensetzung unserer Welt. Die am meisten verbreitete Theorie ist heutzutage die, die die Struktur der sechs Elementarkräfte beschreibt, als da seien Luft, Erz, Feuer, Wasser, Erde und Eis. Diese bilden den Stern des gegenseitigen Gleichgewichts, koexistieren auf eine Weise, die die Beschaffenheit unserer Welt bestimmt. Keines von ihnen könnte ohne sein genaues Gegenstück bestehen, stellt dieses doch das Argument für seine Existenz dar, und umgekehrt. Keine Starrheit und Unbeweglichkeit, wo es nicht auch Bewegung gibt. Kein Inferno ohne löschende Woge. Kein Leben... [bedeutungsvolle Pause] ...ohne den Tod.

Nun, diese sechs Kräfte bilden eine Einheit, ein Kontinuum, könnte man sagen, die die Welt, wie wir sie kennen, bestimmt. Ist das alles? Es könnte alles sein, aber es gibt da noch eine vertrackte Sache, die nicht in dieses Gefüge passen will: Die Magie.

Die Magie, meine Herren, mit der wir uns tagtäglich von neuem befassen, passt nicht in dieses Schema der sich gegenseitig bejahenden Kräfte. [beginnt, schneller und lauter zu sprechen, vorwurfsvoll] Und wir, die wir hier sitzen, glauben mit unserem begrenzten Verstand die Magie hineinbringen zu können, in dieses Konzept! Geschwafelt wird da, von einem neuen Element, dem SIEBENTEN Element, das da heißt Magie, Geist, was auch immer. [wird wieder ruhiger] Meine Herren, ihre Argumentation führt sich selbst in die Irre. Haben wir nicht gerade festgestellt, dass ein jedes Element erst durch die Existenz seines Gegenparts selber existieren kann? Wo soll er denn sein, der Gegenpart der Magie? Hm? Gibt es einen? Ich sage: Nein!
Wir können und dürfen dies nicht über einen Kamm scheren. Genauso wenig wie die Götter mit uns Menschen verglichen werden können, dürfen wir die Magie vergleichen mit einem Element. Doch was ist es dann? Um die Antwort zu finden, stellen wir es erst einmal beiseite, das Phänomen der Magie, neben unseren Elementenstern.

[er malt einen Sechszackigen Stern an die Tafel und versieht ihn mit den Symbolen der Elemente]

Und sehen wir uns diesen Stern einmal genauer an. Was genau verbindet all diese Elemente? Ich habe behauptet, es sei die Gegensätzlichkeit, die die Existenz der Elemente bejaht. Was ist dann der Knoten in der Mitte dieser Gleich- und Entgegensetzung? Ich will es ihnen sagen. Das sind wir. Und dieser Raum, diese Stadt, unser Abenddessert - an dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön an den geschätzten Kollegen Wildesbrand, der uns diese Lokalität zur Verfügung gestellt hat und dem wir dieses vorzügliche Abendessen zu verdanken haben. Wo war ich? Ah ja.
Der Schnitt- oder besser Brennpunkt des elementaren Gleichgewichtes ist nichts anderes als unsere Welt selbst, unser geliebtes Aventurien.

[malt Kreise in die Mitte des Sterns]

Doch es geht noch mehr durch diesen Knoten als die Elemente. Das Vorhandensein der magischen Kraft lässt sich nicht leugnen und diese kann auch Einfluss auf die Elemente nehmen, weshalb auch sie in meinem geistigen Bilde durch diesen Knoten geführt werden muss. Doch als was? Sicher nicht als das siebente Element, dieses Absurdum haben wir bereits hinter uns. Eine alles zusammenhaltende Kraft ist es auch nicht, denn die Magie nimmt Einfluss, beansprucht jedoch nicht die Position der Notwendigkeit. Belassen wir sie erst einmal nur als nebenstehend und widmen uns weiter dem Knoten.

[malt einen Kreis neben den Stern und verbindet ihn mit dem Zentrum]

Was beinhaltet er noch? Da fällt mir einmal der Glaube ein. Und der Glaube ist an die Zwölfgötter selbst gerichtet. Ich bin einmal so dreist, sie als Ganzheit mit zu unserem Gefüge zu nehmen.

[malt ein krakeliges Etwas über den Stern und verbindet es]

Dann fallen uns als gebildeten Leuten auch gleich die Nichtgötter ein, sie wissen, wovon ich spreche, also muss ich es nicht aussprechen. Ich mag sie einmal auf die Unterseite des Sterns setzen, gegenüber den Zwölf.
Sehen sie etwas? Dort haben wir wieder einen Gegensatz. Und ich werde mich hüten, diesen als weiteres Elementenpaar zu klassifizieren, ich bitte sie, meine Herren, die Götter sind doch kein Element. Und noch etwas möchte ich hinzufügen: Die Zeit.
Hier wird es interessant. Wie soll ich die Zeit in meinem Bilde eintragen? Hat jemand eine Tafel mit mehr Dimensionen zur Hand? Denken sie sich eine Linie, die mitten durch die Tafel hindurchgeht. Dort hinten jenseits der Wand - ich glaube, es ist die Küche - liegt die Zukunft, hier vorn die Vergangenheit. Das verdeutlicht auch sehr schön, dass auf die Zeit nichts und niemand Einfluss nehmen kann. Die Elemente nicht, die Götterwelt nicht, sie sehen, ich vermag sie nicht einmal greifbar darzustellen.

Haben wir vielleicht hier unser siebentes Element gefunden, dass gleich zwei Zustandsformen miteinander verbindet? Vergangenheit und Zukunft. Sie treffen beide wieder hier [malt weitere Kreise in die Mitte des Sterns] zusammen und bilden dort die Einheit der Gegenwart.
Und nur hier kann all dies [kreist die anderen Symbole ein und verwandelt das Tafelbild in abstrakte Kunst] überhaupt existieren.

Die Elemente, die Welt, kann nur existieren, wenn es Zeit gibt, in der es sie gibt. Der Raum, in dem sich unsere Welt befindet, muss Zeit haben, in der er Raum sein kann. Dies, meine Herren, ist das so viel diskutierte siebente Element, das alles verbindet, ohne das es nichts geben kann. Und tatsächlich, es hat keinen Gegenpart, weil es in sich zwei Gegensätze vereint. Vergangenheit und Zukunft, die sich in der Gegenwart treffen. Ohne Vergangenheit keine Zukunft - aus nichts kann nichts entstehen - und ohne Zukunft keine Vergangenheit - wenn etwas nach nirgendwo strebt, dann strebt es nicht, dann gibt es keine Gegenwart, in der das eine in das andere übergeht. Dann gibt es keine Zeit, dann gibt es auch all das andere nicht, denn wann sollte es existieren, wenn es kein "wann" gibt?

In diesem Sinne.
Guten Abend
[verlässt das Pult und hinterlässt eine bis zur Unkenntlichkeit bekritzelte Tafel]

Erschienen in Opus no. 134 am 16.12.2001.

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