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Der Schwarze Limbus    

20. Travia im 54. Götterlauf nach Hal

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Eine Reise nach Brig-Lo

Der 30. PRAios, Tag der 2. Dämonenschlacht

Aus den Reisetagebuchaufzeichnungen eines Scolaren:
Wir waren schon eine seltsame Gruppe, als wir da zu sechst im Innenhof der Academia zusammenstanden:
Einmal waren da die zwei "Auserwählten", wie sie seit der ersten Lehrstunde mit Leutnant-Magister Emmerian nur noch genannt wurden. Die beiden waren körperlich gut gebaut, breitschultrig und gut und gern einen Kopf größer als der Rest von uns anderen Scolaren. Doch das, was ihnen der Leutnant-Magister da aufgebunden hatte, überstieg sogar ihre Kräfte: In der Linken hielten sie je einen Stab, auf den sie sich wie mit letzter Kraft stützten, in der Rechten baumelte ihr persönliches Reisebündel, auf ihren Rücken waren Rücksäcke gegürtet, die bis zum Rand und darüber hinaus mit allerlei verschiedenen Dingen gefüllt waren, auf die der Leutnant-Magister einfach nicht verzichten wollte. Und als dann schließlich noch Hochwürden Argelia mit ihren Bündeln voller alchimistischer Präparate und Apparaturen auf den Hof kam, da bot der Leutnant-Magister der Hesinde-Geweihten bereitwillig die Hilfe seiner beiden auserwählten Schüler an. Keine guten Worte hätten geholfen, den Leutnant-Magister zu überzeugen, dass seine beiden Schüler unter jeder weiteren Last zusammenbrächen, und so lehnte Hochwürden Argelia das Angebot bestimmt mit den Worten ab: "Habt Dank, aber diese gefährlichen Utensilien in die Hände solch unerfahrener Schüler zu geben, das wäre töricht." "Nun", erwiderte der Leutnant-Magister, "dann werde selbstverständlich ich Eure Bündel tragen." Kraftvoll warf sich Magister Emmerian die Bündel auf den Rücken, eine Leichtigkeit für ihn, den durchtrainierten Magus, als ihn die Worte Argelias wie ein Hieb trafen: "Aber, dass mir da ja nichts kaputt geht, mein Lieber! Sonst endet Ihr in einem Inferno aus Rauch, Asche und Feuer..."
Die beiden Scolaren in der Gefolgschaft Hochwürden Argelias kicherten ob dieser Worte der Geweihten, doch auf den scharfen Blick Argelias hin verstummten sie sofort wieder. So ich mich recht erinnere, waren sie es gewesen, die bei der letzten großen schriftlichen Bosparano-Wiederholung, die die Geweihte stets zweimal in jedem Mond zu machen pflegte, "auf dass auch ja kein einziges Vocabulum in die Abgründe des Vergessens verschwinde", wie sie sagte, die besten Ergebnisse hatten.
Und schließlich waren da noch mein Freund Doraio und ich. Wir beide waren von Meister Eborëus ausgewählt worden, ihn auf diese Reise zu begleiten. Wie wir zu dieser Ehre kamen, konnten wir uns beide nicht recht erklären, doch es war eine abwechslungsreiche Gelegenheit einmal das alte Gemäuer in den Goldfelsen zu verlassen...

adeptus maior Eborëus Zachariad:
In wenigen Worten erklärte ich den sechs Scolaren, was Ziel und Grund unserer Reise waren:
Das letzte Mal, als ich am Weg von Gareth ins Horasreich war, da kam ich auch im kleinen Örtchen Brig-Lo vorbei, das an und für sich eher unbedeutend ist, wäre da nicht das Faktum zu nennen, dass an eben jenem Ort am Tage der 2. Dämonenschlacht die Götter selbst in das Weltengeschehen eingegriffen hatten. Ich verbrachte dort also einen Abend mit einigen Weinbauern und Fischern aus der Gegend, die mich auf ein paar Becher Wein eingeladen hatten. Und wie es des Almadaners Art ist, so begannen diese einfachen Leute auch alsbald über ihre alltäglichen Probleme zu reden, wohl in der Hoffnung, dass ich ihnen mit meiner Zauberei weiter helfen könnte. Unter anderem erzählten sie mir auch davon, dass sich in den letzten Jahren immer mehr Novadis hier in der Nähe niedergelassen hatten, von denen aber keiner der braven Dorfbewohner zu sagen wüsste, woher sie eigentlich kämen und was sie hier wollten, geschweige denn womit sie sich ihren Lebensunterhalt verdienten. Nun war auch vor einem Mond, so erzählte mir einer der Bauern, der Baron der Gegend selbst zu Gast hier gewesen und der habe die armen Dörfler dazu angehalten, dass man diese Novadis vertreiben müsse. Den armen Leuten fiel natürlich nichts ein, was sie gegen die Wüstenkrieger unternehmen konnten, bis eines Tages ein wandernder Ordensbruder des Bundes des wahren Glaubens vorbeikam, der den Dörflern vorschlug, die Novadis doch durch ein Zeichen der Macht der Zwölfe zum Gehen zu veranlassen. Und er meinte weiter, dass man dazu nur die Feierlichkeiten am 30. Praios zum Gedenken an die zweite Dämonenschlacht nutzen müsse, indem man an diesem Tag ein imposantes Fest veranstalte. Nun, was soll ich sagen, im Laufe des Abends, den ich in Brig-Lo verbrachte, (und mehrerer Becher Wein) konnten mich diese armen Bauern und Fischer davon überzeugen, dass ich ihnen bei dieser göttergefälligen Sache zur Hand gehe und so werden wir uns nun nach Brig-Lo begeben, um dort mit allerlei alchimistischem und magischem Feuerwerk ein imposantes Fest zu veranstalten.

Aus den Reisetagebuchaufzeichnungen eines Scolaren:
Die Reise verlief eigentlich recht... angenehm. Nicht dass ich sagen möchte, ich hätte gerne mehr erlebt, oh nein, Herrin der Weisheit! Ich weiß sehr wohl, dass es viele Gefahren gibt, die dem braven Wandersmann hier und da auflauern, und dass man den Göttern danken muss für den sicheren Weg, den sie einem bescheren, aber all die Tage der Reise nur den Gesprächen Meister Eborëus und Hochwürden Argelias zuzuhören, das kann schon sehr ermüdend sein. Und die andere Alternative wäre wohl auch nicht besser gewesen, denn die ständigen Übungen, die der Leutnant-Magister seinen beiden Schülern auferlegte, waren das genaue Gegenteil von den magietheoretischen Diskussionen der anderen beiden. Aber so hatte ich zumindest die Zeit mir die Umgebung genau anzusehen, während die zwei Scolaren im Auftrag des Leutnant-Magisters "die Umgebung auskundschafteten", wie er es nannte, und die anderen beiden Scolaren von Hochwürden Argelia nebenher beständig Bosparano-Vokabeln ausgefragt wurden.

Argelia von Kuslik, Geweihte der Göttin:
Wir kamen um die 4. Mittagsstunde in Brig-Lo an, das eigentlich nur ein sehr unscheinbares Fischerdorf ist. Wir suchten uns Quartier bei einer der ansässigen Familien, und zum Glück kannte Eborëus den Besitzer, denn so kamen wir doch zu einem ansehnlichen Zimmer, mit sogar einem Tisch und einem Stuhl, wie der Hausbesitzer stolz erklärte. Ich schlug vor uns einmal kurz zu erfrischen und von der Reise zu erholen, damit man dann die Erkundungen am Schauplatz der Dämonenschlacht und der morgigen Feierlichkeiten durchführen konnte. Der 'Leutnant' (wie ihn die Schüler zu nennen pflegen) erwiderte, wie immer ein bisschen scharf und übertrieben zackig, dass er und seine Leute Erholung keineswegs nötig hätten, sie würden sofort, nachdem die Unterkünfte eingerichtet seien, noch einen kurzen Lauf zur Brigella machen, um sich dort zu erfrischen und den Straßenstaub abzuwaschen. Seine zwei Scolaren fielen bei diesen Worten vor Erschöpfung bald um, aber der Leutnant quittierte das Aufstöhnen nur mit einem "und zusätzlich 10 Liegestütz!".
Bei der gnädigen Göttin Marbo, das war zuviel, was man den jungen Menschen an körperlicher Ertüchtigung zumuten konnte, und so entsann ich mich, als ich ihr Quartier kurze Zeit später besichtigte, an ein wohl Boron gefälliges Pülverchen, das ich bei mir hatte, und so schliefen zwei Minuten später die zwei auf ihren Strohsäcken tief und fest...

Aus den Reisetagebuchaufzeichnungen einer Scolarin:
Die Götter wollen mich strafen! Nicht genug, dass mich die Professora hesindae für meine - wie ich schon betonen möchte - hervorragenden Kenntnisse der Vokabeln strafte, indem sie mich für diese dumme Reise auswählte und ich so meine Studien für diese Tage mehr oder weniger einstellen musste, nein, jetzt war unsere Aufgabe auch noch ein Spektakel für die Bauerntölpel zu veranstalten. Und dann kümmerte sich Hochwürden nach der beschwerlichen Reise mehr um die Scolaren des Leutnant-Magisters als um uns; obwohl ich zugeben muss, dass es sehr lustig war, dem Leutnant bei seinen erfolglosen Versuchen die beiden aufzuwecken zuzusehen und sogar 'Ebo' (so nenn ich ihn immer in meinen Träumen) schmunzelte ein wenig...

Argelia von Kuslik, Geweihte der Göttin:
Geschockt ist wohl der richtige Ausdruck, um meine Gefühle zu beschreiben, die ich hatte. Wir, d.h. Eborëus, der Leutnant und ich, waren nach der kurzen Ruhepause doch noch zum Schlachtfeld hinübergegangen. Ich war darauf vorbereitet, dass der Tempel in einem schlechten Zustand ist, aber der wahre Anblick verschlug mir doch die Sprache. Ich eilte auf den Hügel, weil ich es einfach nicht glauben konnte: Zerstört, geschliffen - wie von Wilden! Nun ganz natürlich, dass sich die Novadis hier wohl fühlen, wo Tempel der Zwölfe zu Ruinen  verkommen. Im Stillen dankte ich der Göttin, dass sie in weiser Voraussicht nicht zu den Göttern gehörte, die sich hier niederließen.
Dies war aber für alle von uns noch mehr ein Ansporn uns zu bemühen, die Festlichkeiten unvergesslich zu machen. Ich schlug vor direkt in der Ruine (ich möchte dies nicht mehr Tempel nennen) unser Werk vorzubereiten und aufzustellen, da der Hügel ja sowieso der Blickfang für die Leute ist. Mit vereinten Kräften (und wir waren ein hervorragendes Team) produzierten wir eine Anlage, die wohl auch einem königlichen Scharlatan würdig gewesen wäre. Die speziellen Aufgaben teilten wir auf und jeder von uns beendigte sie im Quartier mit seinen Scolaren.

Aus den Reisetagebuchaufzeichnungen einer Scolarin:
Endlich! Wir konnten doch noch etwas Sinnvolles tun: Wenn alchimistisches Mixen und Rühren auch nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, war es doch sehr interessant, hier meine Genauigkeit und mein Fingerspitzengefühl zu üben und zu testen. Nur, was ich nicht verstand, und noch weniger von einer Geweihten wie der unsren, dass man den Pülverchen Götternamen gab. Gut und schön, es waren sehr komplizierte Techniken und eigentlich ein großer Aufwand, um sie herzustellen, und trotzdem finde ich es komisch, wenn ich die vier Flaschen sehe, auf denen PRAios, RONdra, EFFerd und INGerimm steht.

Argelia von Kuslik, Geweihte der Göttin:
Schon lange habe ich mich nicht mehr so auf ein Fest gefreut! Wir waren schon zeitig damit beschäftigt Anweisungen zu geben, damit am Abend auch alles gelinge, und so war der Tag an sich auch schnell vorbei. In dieser Zeit füllte sich das Dörfchen mit Menschen und man konnte meinen, dass die Häuser zusammenbrächen durch die Menschenmassen, die nach Brig-Lo strömten. Ein geschäftiges Treiben hier, ein freudiges und lautstarkes Wiedersehen dort und zu dem allen, die Brig-Loer, die sich bemühten innerhalb dieser paar Stunden soviel Geld wie möglich aus den Gästen heraus zu holen, und das sogar auf mehr oder weniger ehrliche Art!
Als der Abend kam, waren wir natürlich schon am Ort des Geschehens. Die zwei Scolaren des Leutnant-Magisters hatten wir als Platzzuweiser für die höheren Gäste eingeteilt, damit diese auch den vollen Genuss der Feierlichkeiten miterleben konnten. Die anderen gingen uns zur Hand, hatten aber auch immer wieder Mühe die Leute vom Ruinenhügel fernzuhalten.
Eröffnet wurde das Fest vom örtlichen Baron selbst, sanach wurde ich gebeten mit anderen Geweihten gemeinsam ein kleine Andacht zu halten, die sehr würdevoll und feierlich war. Dann kam der große Augenblick!
Wir drei Magistri verwandelten unsere Stäbe in Fackeln und entzündeten das Feuerwerk. In allen Farben stiegen die geometrischen Formen, die wir erwählt hatten, auf, in den Symbolen der Götter. Während der ganzen Zeit hörten wir die Rufe und das Klatschen der Zuschauer, die uns zusätzliche Freude bereiteten. Aufgebracht kam eine meiner Scolaren zu mir und berichtete, dass sie in einiger Entfernung ein paar Novadis gesichtet hatte. Nun war der Augenblick gekommen, die vier größten Werke zu beginnen. Gleichzeitig entzündeten wir vier Constructiones, die wir jeweils vor einer der Statuen aufgebaut hatten. Es war so eingeplant, dass eine kleine Pause entstand und dadurch auch eine gespannte, knisternde Stille - und plötzlich erhoben sich dann für die Augen des Betrachters  die vier Statuen der Götter über die Ruine und wuchsen an zu einer haushohen Größe. Lächelnd stellte ich fest, dass einige Rufe, die man jetzt hörte, auch etwas Ängstliches in sich hatten, und die Novadis beim Anblick der Götter verschwanden! Nicht lange dauerte dieser Moment, aber trotzdem - so hoffe ich - war er für alle - auch für uns - unvergesslich.
Am Ende ließen wir uns erschöpft nieder um nach dieser doch nicht kleinen Anstrengung auszuschnaufen. Eborëus war es dann, der uns aufforderte jetzt zu den anderen Leuten zu gehen und selbst den Ausklang des Festes zu genießen und das taten wir dann auch in einer illustren und angenehmen Runde. Auch wenn manche ernsten Magi dies vielleicht alles nur als Kinderei abtun, so waren wir doch geehrt, als der Baron zu uns kam und uns gratulierte und uns auch für nächstes Jahr wieder einlud.

Aufzeichnungen eines Scolaren:
...all dieser Festlichkeiten und vor allem deren Nachwirkungen zum Trotz holte uns der 'Leutnant' , wie wir ihn nennen, schon früh morgens aus den Federn. Obwohl sogar die anderen Magister anfangs noch etwas rebellierten bewegte uns der Leutnant doch noch dazu aufzustehen. Seine armen zwei Auserwählten zufürderst, denn sie mussten ja noch ihre Übungen absolvieren.
Schnell war alles zusammengepackt und Meister Ebor
ëus schaffte es sogar noch, uns ein ordentliches Frühstück zu organisieren. Was hätten wir auf der Reise nur ohne ihn getan... Aber andererseits hoffe ich, dass ihm der viele Lärm und das Getöse gestern und auch der Magistra Argelia für die Rückreise etwas die Sprache verschlagen hat, sowie der Leutnant genug von seinen Übungen hat, sonst bin ich nicht unbedingt erpicht darauf zu wissen, wie die Rückreise verlaufen wird.

Aufzeichnungen eines Scolaren::
Denkt man! Die Rückreise war ein einziges Fiasko! Die Beine begannen uns schon zu schmerzen, als wir losgingen und unsere Köpfe waren immer noch hohl und taub von dem Feuerwerk, als ich von meiner linken Seite schon nur mehr "Arcanium" und "um...um...um..." wahrnehmen konnte. Und dessen nicht genug, muss mein armer Freund Doraio auch noch ob der Hitze ohnmächtig werden. Magistra Argelia nahm sich mit dem Jungen eine Kutsche, um zumindest keine Tagesreise hinten zu liegen, doch als wir sie am Abend in einer der Reichsstraßenkaschemmen trafen war er immer noch nicht aufgewacht! Mit allen Zaubermitteln auf der einen und allen Gebeten auf der anderen Seite vermochten die Magistri es nicht zu schaffen, meinen Freund aufzuwecken. Doch sein Herz schlug, er war am Leben! Nach einer langen Debatte entsandte Meister Ebor
ëus Magistra Argelia mit dem Bewusstlosen in Richtung der Akademie, wir mussten weiterlaufen... Und es war herrlich gewesen, dass bis zu den Goldfelsen Meister Eborëus niemanden hatte, der mit ihm über magietheoretische Dinge diskutieren konnte und wir waren glücklich, dass der Leutnant seinen Zöglingen eine Last abnahm und sie nicht mehr umher hetzte, damit kein weiterer umfiel, so musste uns beim Anstieg zur Akademie auch noch ein Berglöwe den Weg abschneiden! Selbstbewusst warf sich Meister Eborëus in den Weg zwischen uns und den Löwen, und der Leutnant zog sein Schwert. Viel haben wir nicht mitbekommen, weil Meister Eborëus und gleich weiterlaufen hieß, doch die Beiden stießen recht unversehrt wieder zu uns.
Nur gut, dass wir jetzt wieder in diesem schützendem alten Gemäuer sitzen...

von: Philipp Schumacher, Philipp Radi & Christoph Huber
Erschienen in Opus no. 141 am 3.2.2002.

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